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Thao 06

Geschichte Info
Simon wird depressiv, Katja erzählt ihre Geschichte...
6.3k Wörter
4.67
9.3k
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Teil 6 der 48 teiligen Serie

Aktualisiert 06/09/2023
Erstellt 09/23/2019
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53. In der Klasse

Simon wurde von seinen Mitschülern eingehend betrachtet. Er las in ihren Gesichtern, dass es nicht so schlimm war, was er anhatte. Es war der letzte Test für ihn gewesen, um ein wenig Selbstvertrauen zuzulassen.

„Was geht denn mit dir, Simon? Ist jetzt die Coolheit bei dir ausgebrochen, oder was?"

Resa sah ihn fragend an. Simon aber erinnerte sich an die Demütigungen, die Ignoranz und Willkür ihm und Karl gegenüber und antwortete nicht. Ihn konnten alle in diesem Raum am Arsch lecken.

Resa drehte sich mürrisch wieder nach vorne. Sollten diese Volltrottel doch ihr Dasein fristen, er hatte es nur gut gemeint.

„Machst du dir noch Sorgen wegen Deines Auftritts?"

Simon zuckte mit seinen Schultern.

„Ich weiß nicht, Karl. Mir ist im Moment ziemlich alles scheißegal, weißt du?"

Karl tippte ihm an die Schulter.

„Red schon! Was ist los?"

Sein Freund wollte nicht mit der Sprache herausrücken.

„Haben wir nicht im Moment eine Glückssträhne?"

Simon schüttelte den Kopf.

„Du hast eine Glückssträhne, Karl!"

Der blonde Junge rieb mit der rechten Hand seine Stirn.

„Tut mir leid, ich weiß im Moment nicht, was mit mir los ist."

Karl aber glaubte es, zu wissen.

„Du magst sie, oder?"

Simon sah ihn an, überrascht und peinlich berührt. Schließlich nickte er.

„Was soll ich lügen. Ich beneide dich, hast halt Schwein gehabt."

Karl wollte das aber so nicht im Raum stehen lassen.

„Du, ich habe zig Monate gebraucht, um sie anzusprechen und auch noch von ihr die Fresse vollbekommen, wenn du dich daran erinnern magst. Da ist nichts mit Schwein gehabt."

Er war wütend.

„Komm endlich raus aus Deiner Scheißphase, Simon!"

Der blonde Junge antwortete nicht, drehte sich von Karl weg und sah aus dem Fenster.

„Du brauchst nicht mitkommen, ich geh allein."

Karl schüttelte ungläubig den Kopf.

„Was geht denn jetzt mit dir ab? Spinnst du?"

Sein Freund reagierte nicht. Karl wollte es erst nicht glauben, doch schließlich gab er es auf, nachdem auf eine Reaktion nicht mehr zu hoffen war.

„Mach was du willst."

Er packte seine Sachen und setzte sich in eine freie Bank, die weiter hinten stand.

54. Auf dem Pausenhof

„Was ist los?"

Thao sah auf den ersten Blick, dass mit Karl etwas nicht stimmte.

„Passt schon!"

Karl setzte sich neben ihr auf die Bank und starrte vor sich hin. Thao machte sich Sorgen, auch wenn sie zu spüren glaubte, dass es nicht um sie ging.

„Gab es Stress in der Klasse?"

Karl schüttelte den Kopf.

„Es ist nichts. Lies einfach weiter!"

Das Punkermädchen nickte und gab sich damit zufrieden. Wenn ihr süßer Hungerhaken arschig sein wollte, sollte er das mit sich ausmachen.

Karl aber war in Gedanken. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er sich das letzte Mal mit Simon gestritten hatte. War es so einfach? Eine Frau kam und schon zerbrach eine langjährige Freundschafte daran?

„Wann geht Ihr zum Vorspielen?"

Karl seufzte.

„Gar nicht. Ich habe Kopfschmerzen und leg mich nach der Schule hin."

Thao kniff die Augen zusammen.

„Was ist los? du würdest ihn doch niemals im Stich lassen, dazu bist du viel zu spießig korrekt."

Ihr Freund wollte aber nicht damit rausrücken. Das Mädchen seufzte.

„Hey! Ich möchte nicht die ganze Zeit neben dir sitzen und mir Gedanken darüber machen, wer oder was dir ins Hirn geschissen hat."

Karl rang mit sich.

„Simon ist neidisch auf mich, weil ich mit dir zusammen bin."

Thao starrte ihn mit offenem Mund an.

„Er ist was???"

„Hast schon richtig gehört. Vor ein paar Tagen hatte er Angst, in Zukunft nur noch allein verarscht zu werden, und heute ist er anscheinend in dich verknallt und eifersüchtig."

Thao dachte an den gemeinsamen Einkauf und Simons Spiel auf der Gitarre. Das reichte, um einen Kerl zu verführen? Sie musste lächeln. Wie primitiv Männer doch eigentlich waren. Und was war mit den Frauen? Sie warf einen Blick auf Karl, er schien sich wirklich Sorgen zu machen.

„Lass Simon! Wenn ihm Eure Freundschaft was wert ist, meldet er sich bei dir."

Karl nickte. Sie hatte recht. Er hatte keinen Grund, die Schuld bei sich zu suchen.

Gespräch mit Katja

Thao störte dieser Streit zwischen Karl und Simon sehr. Sie konnte Fetti zwar irgendwo verstehen, aber dass er sich Karl gegenüber so blöd aufführte, kapierte sie nicht. Sie selbst hatte, außer Heinrich, nie wirkliche Freunde besessen. Vielleicht sah sie das alles auch falsch. Diese Erkenntnis bereitete ihr Bauchschmerzen. Ihr wurde wieder bewusst, wie sehr ihr der Alte fehlte.

Ein Blick zur Tafel ... Hermann Hesse war das Thema. Sie kannte einiges von diesem Schriftsteller, nicht alles lohnte sich für sie, in Erinnerung behalten zu werden. Manche seiner Werke hatten sie aber sehr bewegt. Sie dachte an „Der Wolf," sie hatte geheult, als sie es vor Jahren gelesen hatte. Sie seufzte. Heinrich kam ihr wieder in den Sinn. So wie der Wolf würde auch er, nach Entbehrungen und Not, allein dem Tod entgegensehen. Wie banal schienen dagegen Simons Sorgen zu sein, wie egoistisch und niederträchtig wirkten sie jetzt auf Thao.

Die Schulglocke klingelte. Sollte sie nach Hause gehen? Oder zu Karl, um dort auf ihn zu warten? Sie entschloss sich für das Letztere. Sie wollte nicht, dass er wegen Simon scheiße drauf war. Sie grinste. Sie machte sich tatsächlich um ihn Sorgen. Sie versuchte sich sein hageres, knochiges Gesicht in Erinnerung zu rufen. Thao musste lachen. Sie liebte ihn, sie liebte ihn so sehr.

Auf dem Rückweg von der Schule durchliefen die letzten Tage und Wochen noch einmal ihre Erinnerung. Karl, der um sie kämpfte und gewann, ihr erstes Mal, Heinrichs Krankheit, die Gespräche im Krankenhaus und ihre Begegnung mit Bernard und Sylvia. Es wunderte sie selbst, dass sie mit allem so gut zurechtkam.

„Hi! Jemand zu Hause?"

Sie hörte jemanden in der Küche und sah nach.

„Hallo! Geht´s dir gut?" Katja drehte sich zu ihr um und wischte sich über die Augen.

„Ich hasse Zwiebel schneiden."

Thao lächelte.

„Ich bring nur schnell meine Sachen in Karls Zimmer, dann helfe ich dir, wenn du möchtest."

Katja schien dankbar.

„Schneidest du dann die Zwiebeln für mich?"

Thao grinste breit.

„Dass ich dann heulen muss? Nee, danke."

Katja lachte und blickte dem Mädchen nach, bis es durch die Tür verschwunden war. Sie war erleichtert, dass Thao das Gröbste hinter sich hatte. Die Sache mit diesem Heinrich hatte sie arg mitgenommen.

Karls Mutter war dem Mädchen dankbar. Vor allem dafür, wie positiv Karl auf einmal mit dem Leben umging. Er hatte viel mehr Spaß, wirkte ausgeglichener und auch reifer, schien nicht mehr unter Druck zu stehen. Lächelnd dachte sie an gestern Abend. Was so ein wenig Vögeln doch bewirken konnte. Ihre Gedanken schweiften zu Harald, wie glücklich er gewesen war, als sie ihn geweckt, gestreichelt und dann gefordert hatte. Sie hatten nach fast zwanzig Jahren immer noch ein ausgeglichenes Sexleben, auch wenn es schwer war, das Besondere, das Knistern, den spannende Moment wieder zu erwecken.

„Lass mich! Ich mach schon."

Katja überließ ihr das Wiegemesser. Aha! Das Mädchen stellte sich geschickt an.

„Kannst du kochen, Thao?"

Das Mädchen schüttelte den Kopf.

„Nicht wirklich, nur ein paar kleine Sachen. Was willst du denn machen?"

Katja deutete auf die Schale.

„Einen gemischten Salat. Meine Männer essen ihn aber nur, wenn es auch Hackfleischbällchen dazu gibt. Er wäre ansonsten zu fade, sagen sie."

Thao grinste.

„Wenn ich ehrlich bin, geht es mir genauso."

Katja stieß dem Mädchen in die Seite.

„Wehe, du fällst mir vor ihnen in den Rücken, Liebchen!"

Das Punkermädchen stieß zurück.

„Prügeln, oder was?"

Sie lachten.

„Du und Harald, ihr seid cool drauf."

Das Mädchen meinte das ernst.

„Ich weiß nicht, ob mich jede Familie so aufgenommen hätte. Sieh mich an! Der Schock jeder Schwiegermutter."

Katja nickte.

„Mir ging es da ähnlich, wenn ich ehrlich bin. Aber Aussehen ist nicht alles, Thao, gerade heute nicht, wo sich die Menschen so sehr hinter ihren Fassaden verstecken."

Das Punkermädchen dachte nach.

„Kriegst viel mit als Polizistin, oder?"

Die kleine Frau bejahte.

„Meine Arbeit lässt mich oft an den Menschen verzweifeln, Thao. Du lernst Mörder kennen, Vergewaltiger, Betrüger, Diebe, Herrn Müller, der seinen Dackel verloren hat, Korrupteure und alle haben ihre Geschichte. Du versuchst, sie in Schubladen einzusortieren, die es dir leichter machen, mit den einzelnen Schicksalen umzugehen, sie nicht verurteilen zu müssen und spätestens mit der Akteneinsicht siehst du dann, was das Leben für viele Menschen zu bieten hat. Nichts! Nur Scheiße! Die meisten von ihnen hatten gar keine Wahl, als so zu werden, wie sie sind."

Katja sah auf einmal sehr müde aus.

„Ich bin mittlerweile fest überzeugt davon, dass es immer schlimmer werden wird, Thao. Die Menschen kranken an sich selbst und gerade bei dem Gedanken an euch wird mir ganz elendig zumute. Aber ich will dir auch keine Angst machen, Süße."

Thao war anderer Meinung.

„Aber schau doch Harald und dich an! Ihr habt Euch doch gefunden und jeder von Euch beiden tut für sich sehr viel, dass die Welt nicht noch schlechter wird. Von daher verstehe ich dich nicht so ganz."

Sie reichte Katja die Zwiebeln.

„Im Grunde genommen hast du recht, Thao, aber mein Job lässt mich halt oft verzweifeln. Ich fühle mich irgendwie um mein Leben betrogen und wenn ich Harald ansehe .... Er liebt seinen Job genauso wie ich meinen, aber wir hatten in den letzten Jahrzehnten nie wirklich Zeit füreinander. Selbst die gemeinsamen Urlaube ..., es gab kaum Momente, in denen wir uns wirklich gehen lassen konnten. Wir haben ja vor allem unsere Defizite Karl gegenüber ausgeglichen."

Thao lachte.

„Da bin ich ja gerade recht gekommen. Den nächsten Urlaub lade ich mir Euren Kleinen auf und dann habt Ihr etwas Zeit für Euch. Na? Wie klingt das?"

Katja lachte.

„Das klingt sehr schön, Mädchen."

Sie deutete auf den großen, zweiteiligen Kühlschrank.

„Da müssen Ziegenkäsewürfel sein. Reich sie mir bitte!"

Thao öffnete den Kühlschrank und suchte.

„Wohin wollt Ihr denn fahren? Habt Ihr schon Pläne?"

Katja dachte kurz nach.

„Irland oder Island, das hat mir Harald immer schon versprochen. Kein Telefon, kein Krankenhaus in der Nähe, nur er und ich."

„Und du meinst, das klappt?"

Katja lachte.

„Du meinst, weil wir aus der Übung sind? Ich hoffe doch. Mach mir jetzt keine Angst, Thao! ... Hey? Was grinst du denn so?"

Katja rempelte das Punkermädchen an.

„Ich überlege gerade, was passiert, wenn ihr so glücklich in Zweisamkeit verbunden einen Urlaub verbringt, und dann ... die nächsten 18 Jahre wieder Feierabend."

Katja schüttelte ihren Kopf.

„Ich habe dir doch gesagt, du sollst mir keine Angst machen."

Sie lachten. Thao wurde neugierig.

„War Karl denn so schlimm?"

Katja wiegte ihren Kopf ein wenig unschlüssig.

„Als Kleinkind war er ein Teufel. Egoistisch, aufbrausend und manipulierend. Später ging es dann, nur in der Pubertät hatte er viele depressive Phasen. Kam sich schäbig, hässlich und nutzlos vor. Das war eine richtig schwere Zeit, vor allem, weil er sich von niemandem helfen ließ. Es wurde übrigens erst besser, als er sich in dich verknallt hatte."

Thao sah sie fragend an.

„Wie denn das?"

Katja überlegte, wie sie es erklären könnte.

„Ich habe ihn vor langer Zeit gefragt, ob ihn ein Mädchen interessieren würde und er hat tatsächlich ja gesagt. Ich war natürlich neugierig, aber er wollte nicht so recht raus mit der Sprache. Doch ich spürte, dass er ein Ziel hatte, wenn es auch anscheinend sehr lange dauerte, bis er seinem Verlangen nachgegeben hat. Tja, und dann sah ich dich viele Monate später in unserem Flur stehen. Ich wusste nicht so recht, was ich von dir halten sollte. Ich hatte wirklich Angst, dass du ihn nur ausnutzen würdest."

Thao sah Katja gespannt an.

„Und was hat dich umgestimmt?"

Katja mischte den Salat.

„Harald. Er hat mir die Geschichte von Heinrich erzählt. Das passte nicht mit meiner Horrorversion von dir zusammen. Tja, und Karl, der hat sich verändert. Er ist glücklich, Thao, und das ist für eine Mutter das Wichtigste."

Sie kam zu dem Mädchen herüber und küsste es auf die Wange.

„Dafür danke ich dir, egal, was die Zukunft zwischen euch bringen mag. Das, was du ihm gegeben hast, kann man ihm nicht wieder nehmen."

Thao war peinlich berührt.

„Hör auf, Katja! Ich komme mir jetzt richtig scheiße vor."

Karls Mutter lachte.

55. Karls Zorn

Die beiden Frauen zuckten zusammen, als die Haustür mit einem Knall ins Schloss fiel.

„Karl?"

Katja hatte einen zornigen Gesichtsausdruck.

„Was führst du dich so auf? Sagst du wenigstens Hallo?"

Man hörte im Flur, wie Karl seine Sachen ablegte.

„HALLO!", rief er in die Küche hinein und ging zu seinem Zimmer.

Erneut ein Knall, dann war auch diese Tür von ihm geschlossen worden.

„Was ist denn in den gefahren?"

Sie sah erstaunt zu Thao rüber.

„Simon ist eifersüchtig. Auf der einen Seite auf mich und auf der anderen auch auf Karl. Zumindest stelle ich es mir so vor."

Katja schüttelte ungläubig den Kopf.

„Hätte niemals gedacht, dass die beiden einmal streiten würden."

„Glaub mir bitte, dass wollte ich nicht!"

Thao macht dieser Gedanke wirklich zu schaffen.

„Ich war am Anfang ziemlich arschig zu Simon, aber Karl hat mir diesen Zahn sofort gezogen. Seitdem habe ich nichts gemacht, um sie auseinanderzubringen. Glaubst du mir!?"

Katja reagierte bestürzt.

„Beruhig dich, Mädchen! Das ist leider das Normalste auf der Welt. Wahrscheinlich warst du sogar ziemlich nett zu Simon, richtig?"

Das Mädchen verstand nicht, worauf sie hinaus wollte.

„Na ja, ich wollte in ihm einen Kumpel haben. Ich habe gedacht, dass das ganz cool sein würde, für uns alle drei mein ich."

Katja seufzte und füllte eine Schüssel mit dem Essen. Dann schob sie eine Pfanne auf den Herd.

„Du bist hübsch, Thao, und hast Esprit. Für einen Jungen wie Simon, der kaum Kontakt zu Mädchen in seinem Alter hat, reicht das Wenige, was du ihm gegeben hast, schon aus, um sich Illusionen hinzugeben und sich Hoffnungen zu machen. Ich habe dasselbe mit einem Kollegen durch, den ich jeden Morgen freundlich gegrüßt habe."

Katja verzog eine Grimasse.

„Eines Tages habe ich dann erfahren, dass ich auf ihn stehe und am liebsten meinen Mann für ihn verlassen würde. Er hat es zumindest so jedem erzählt, der es wissen wollte."

Thao schauderte.

„Krasse Scheiße! Du Katja, ich gehe mal zu Karl. Vielleicht kann ich ihn ja wieder aufheitern."

Karls Mutter nickte.

„Mach das! Ich geb Euch eine Stunde, dann wird gegessen."

56. Nicht mehr allein

„Hey!"

Karl lag auf seinem Bett mit dem Gesicht zur Wand. Thao drückte ihn ein wenig zur Seite, worauf er ihr miesepetrig Platz machte.

„Bist du wütend auf mich?"

Er schüttelte den Kopf.

„Tut mir leid, Thao!"

Er reichte ihr seine Hand nach hinten. Thao nahm und küsste sie.

„Was ist passiert?"

Karl drehte sich langsam zu ihr um.

„Er hat mich vor die Wahl gestellt. Entweder du oder er."

Thao starrte ihn an.

„Tickt der noch ganz richtig? Was soll denn der Scheiß?"

Sie wurde unsicher.

„Karl, das ist der Hammer. Ich wollte das nicht."

Karl atmete tief durch.

„Du brauchst dir keinen Vorwurf zu machen! Vor solch ein Ultimatum stellt mich keiner! Wäre Simon mein Freund, hätte er sich einfach damit abgefunden. Er ist jetzt echt das Letzte für mich."

Thao drückte ihren Körper an den seinen.

„Ich habe nie Freunde gehabt, Karl. Aber wenn Simon einer ist, dann wird er schon merken, dass er Mist gebaut hat. Warte einfach ab, okay! Du bist loyal, das weiß er. Schließlich hast du es ihm bewiesen, als ich so fies zu ihm war."

Karl drehte sich langsam zu ihr um.

„Er ist mir im Moment scheißegal, Thao. Simon soll einfach bleiben, wo der Pfeffer wächst. So ein Arschloch, echt."

Ihre Hände streichelten ihn über seine Stirn.

„Was kann ich machen?"

Er schüttelte den Kopf und gab ihr einen kurzen Kuss.

„Sei einfach da, das ist super."

Das Mädchen lächelte, sie wusste genau, was er meinte. Sie legte ihre Stirn an die seine und spürte die Wärme seiner Haut. Karl küsste sie, seine Bartstoppeln piksten sie dabei. Lachend kniff sie ihn in die Haut an seinem Kinn.

Eine halbe Stunde lagen sie zusammen und gaben sich ihrer Nähe hin. Karl berührte das. Es war unglaublich, wie schnell sich sein Zorn auf Simon legte.

„Wie arm wir vorher waren, nicht wahr?"

Thao sah in seine Augen und verstand, was er meinte. Trotzdem konnte sie der Versuchung nicht widerstehen, sich lustig über ihn zu machen.

„Da hast du recht. Ich finde, jede Frau sollte einen Karl zu Hause haben. Er ist so vielseitig nützlich."

Der Junge boxte sie.

„Dass du alles immer gleich lächerlich machen musst."

Sie nahm noch einmal seine Hand.

„Ist nicht bös gemeint."

Er ließ seine Finger über die rasierten Stellen ihrer Haare gleiten. Ihm gefiel das sehr.

„Ich weiß. Bist halt sozial ein wenig behindert. Mir macht das nichts."

Sie kniff ihn in die Brustwarze.

„Du beschwer dich nochmal, du Freak!"

Karl schrie auf und schlug ihre Hand weg.

„Deine Mama hat uns Essen gemacht. Wenn wir nachher fertig sind, gehen wir zu mir, okay?"

Karl wurde blass.

„Warum denn?"

Thao ließ ihre Finger über die Bettdecke laufen.

„Ich weiß nicht? Fällt dir nicht etwas ein?"

Karl seufzte.

„Krieg ich wieder Dresche von dir?"

Sie boxte ihm auf die Brust.

„Die kannst du überall haben. Mann! Es macht dir doch auch Spaß. Komm schon! Gib es zu!"

Er dachte an seine Domina.

„Zeigst du mir deine neuen Klamotten?"

Sie lächelte.

„Möchtest deine neue Herrin kennenlernen, stimmt's?"

Sie blinzelte ihm lasziv zu.

„Huh! Hoffentlich muss sie nicht allzu böse zu dir sein."

„Übertreibst es aber nicht, oder? Bitte!"

Thao schüttelte den Kopf.

„Es wird dir Spaß machen."

Sie küsste ihn.

„Komm, wir gehen zu Deiner Mama."

Sie rieb sich die Hände. Der Junge ging hinter ihr her, sich innerlich schon auf seine Herrin vorbereitend. Er starrte auf ihr üppiges Hinterteil und spürte Erregung in sich aufsteigen.

Thao aber blieb abrupt stehen, starrte ihn böse an und zeigte auf den Boden.

„Knie nieder!"

Er schüttelte den Kopf.

„Geh weiter, du blöde Alte!"

Sie drohte mit ihrem Zeigefinger.

„Oh! Oh! Da verlangt aber jemand nach einer harten Hand. So ein böser Junge. Nein! Das kann ich nicht dulden."

Karl dachte nochmals an Simon. Er schüttelte den Kopf. Für nichts auf der Welt würde er dieses Mädchen wieder hergeben. Thao aber packte ihn am T-Shirt und zog ihn hinter sich her.

„Komm schon! Pennen kannst du später, wenn ich dich vernascht habe."

Thao grinste, in ihren Augen lag etwas Gieriges.

57. Hingabe, Schmerz und Abbruch

Eine geschlagene Stunde schon war Thao im Badezimmer. Das war die zweite Schattenseite von Thaos Drang. Karl musste warten, bis sie sich wieder in seine böse Herrin verwandelt hatte.

Er kauerte nackt im Flur und wartete darauf, dass sie aus dem Bad wieder herauskam. Er dachte an Simon, eigentlich müsste er jetzt beim Vorspielen sein. Karl schüttelte den Kopf. Er würde es nie schaffen, allein aus einem eigenen Antrieb heraus, dort hinzugehen.

Das Essen mit seiner Mutter und Thao war sehr entspannt gewesen. Die beiden verstanden sich, eine Konstellation, die er so nie für möglich gehalten hätte. Sie redeten viel miteinander, rissen Witze und er war derjenige, der ihnen zuhörte und sich irgendwie fehl am Platz fühlen durfte. Besser so, als anders herum.

„Bin gleich so weit, mein Scheißerchen!"

Karl grinste. Sie hatte sich so sehr darauf gefreut, ihm wieder die Domina machen zu dürfen, dass ihm gar keine andere Wahl blieb, als sich davon anstecken zu lassen. Er hatte Angst vor dem Schmerz, den sie ihm unvermeidlich bei diesem Spiel zufügen würde, aber die Furcht davor war nicht mehr so schrecklich, wie bei den ersten Malen.

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