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Thao 13

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„Schönen guten Abend, Frau Passow!"

Die alte Frau nickte und Thao glaubte, ein angedeutetes Lächeln auf deren Lippen erkennen zu können.

Sie hörte Xenas Stiefel auf die Steinstufen knallen, sah den behandschuhten Arm am Geländer und ab und an den weißblonden Haarschopf.

„Grüß dich, Kleine! Schau mal!"

Die Blondine in ihrer schwarzen Lederkluft hielt zwei riesige Becher vor Thaos Gesicht.

„Vanille und das andere ist Melone."

Thao verzog ihren Mund zu einem breiten Grinsen.

„Milchshakes?"

Xena nickte.

„Ich weiß! Das ist noch schlimmer als Alkohol, oder?"

Sie folgte der Punkerin ins Wohnzimmer.

„Komm! Setze dich, wohin du magst."

Die Domina nahm auf dem längeren Flügel der Eckcouch Platz und stellte die beiden Becher auf den flachen Wohnzimmertisch.

„Was magst denn?"

Thao entschied sich für Melone.

„Okay!"

„Du weißt, was das heißt, wenn Frauen zu Zucker greifen?"

Xena sah Thao fragend an.

„Wenn ich ehrlich bin, nicht."

Die Punkerin grinste.

„Du hast Kummer, oder? Liegt es an Günter?"

Xena wurde blass. Das Mädchen hatte zielsicher bei der sonst so resoluten und beherrschten Frau ins Schwarze getroffen.

„Gefällt er dir?"

Xenas blaue Augen sahen nachdenklich zu ihr hinüber.

„Ja! Sehr sogar. Er ist wirklich nett."

Thaos Herz schlug Purzelbäume.

„Wow! Geil! Na das ist doch super."

Die Domina schüttelte ihren Kopf.

„Gar nichts ist super, Thao."

„Wie meinst du das?"

Xena nahm den Becher und zog am Trinkhalm. Sie schien Zeit zu brauchen, um die richtige Antwort zu finden.

„Günther ist wirklich ein Guter. Ich habe ihn, wie du es mir geraten hast, in die Wohnung gelassen, Kaffee gekocht ...", sie blickte Thao lächelnd in deren Augen, „... und fast vier Stunden mit ihm gequatscht."

Xena deutete auf Thaos Milchshake.

„Trink schon, blöde Kuh!"

Thao zeigte ihr den Mittelfinger, griff aber lachend zu ihrem Becher.

„Und wo ist jetzt dein Problem?"

Xena drehte den Becher zwischen ihren Fingern im Kreis.

„Mehr geht nicht. Würde er mich berühren, kämen Bilder aus meiner Erinnerung hoch und ich würde austicken."

„Und wenn ich dich berühre, ist alles normal?"

Sie packte Xena an deren Arm. Die lächelte und sah auf die Hand des Mädchens hinunter.

„Ja! Waren auch keine Frauen damals."

Thao sah ihre Freundin flehentlich an.

„Komm schon! Vielleicht geht es dir dann besser!"

Die Blondine mit den harten Gesichtszügen starrte vor sich hin, schüttelte dann aber den Kopf.

„Ich bin einfach noch nicht so weit. Vielleicht kommt es ja noch, oder?"

Sie warf einen flüchtigen Blick auf die Punkerin.

„Du hast doch mal gesagt, du würdest ihm dann gern weh tun. Und dann kannst du ihn berühren?"

Xena nickte.

„Bei meinen Kunden ist es ja im Grunde nichts anderes."

Thao hatte das nicht gemeint.

„Und ... Du weißt schon."

Sie deutete auf ihren Schritt und die Brüste. Xena lächelte.

„Ja, wahrscheinlich auch. Ich bin es dann, die quält und kontrolliert, weißt du?"

Thao dachte an Amelies Bruder.

„Hast du mit ihm darüber gesprochen?"

Xena sah sie schockiert an.

„Spinnst du? Was denkst du, was er dazu sagen würde, wenn ich ihm die Domina preisgebe?"

Die Punkerin versuchte, sich Günters Reaktion vorzustellen.

„Was kann dir schon passieren?"

Xena schüttelte ihren Kopf.

„Du meinst, ich solle ihn bitten, sich von mir quälen zu lassen, damit ich ihn berühren und lieben kann?"

Thao nickte. Xena hatte recht, das schien wirklich abwegig. Das Punkermädchen stand auf und setzte sich neben die Domina, nahm sie in den Arm und drückte sie an sich. Die ließ das anfänglich nur widerwillig zu, entspannte sich dann aber doch.

„Weißt du was!?! Dann sag ihm, dass du im Moment nicht kannst. Vielleicht wird ja eine Freundschaft draus, oder? Wäre doch auch schon ein Fortschritt für dich."

Xena lehnte sich zurück, zog an diesem so gar nicht zu ihr und ihrem martialischen Outfit passenden Strohhalm und nickte nachdenklich.

„Wäre schön, wenn er das annehmen würde."

„Er hat sich in dich verknallt."

Xena starrte Thao erschrocken an.

„Nee! Komm bitte! Das ist jetzt nicht wahr, oder?"

Ihre blauen Augen verrieten Thao, wie ihr zumute war.

„Was ist so schlimm daran? Er kann doch auch nichts dafür."

„Das weiß ich doch. Aber das tut mir so leid für ihn."

Thao kam ein Gedanke.

„Ich hab eine Idee! Wie wäre es, wenn wir alle am Freitag zur Abiparty gehen?"

Xena schüttelte ihren Kopf.

„Geht bei mir nicht. Es kommt ein Kunde. Und bei Günter wird es auch nicht klappen."

Sie sah Thao nachdenklich an.

„Und genau so etwas würde ihm auch Hoffnung machen, verstehst du? Ich muss mit ihm reden. Sehr dringend sogar."

Xena seufzte.

„Kannst du mir über Amelie seine Nummer besorgen? Ich rufe ihn an und kläre das lieber, oder?"

Thao fand das nicht passend.

„Sag es ihm nicht durchs Telefon! Ist doch Kacke sonst."

Die Blondine musste ihr Recht geben.

„Du hast ja recht. Klugscheißerin!"

Sie grinste und kniff Thao in die Wange.

„Ey! Blöde Alte!"

Sie boxte die große Frau zurück.

„Thao, ich finde es super, dass wir Freundinnen geworden sind. Das ist echt cool!"

Das Mädchen grinste und zwinkerte der großen Frau zu.

„Das kommt, weil ich so toll bin."

Xena lachte.

„Ja, wahrscheinlich."

Sie schlürften schweigend ihre Shakes, lümmelten auf der Couch und sahen vor sich hin.

„Soll ich Mucke anmachen?"

Thao ging zur Anlage.

„Ich habe auch softe Scheiben von meiner Mutter, wenn du magst."

Xena lachte schallend.

„Echt? Was denn für welche? Zeig mal!"

Die Domina brachte ihren Lachanfall kaum noch unter Kontrolle.

„Roland Kaiser? Ist das dein Ernst?"

Thao legte eine Platte auf den Teller.

„Santa Maria ... Insel wie aus ....", sang sie mit.

„Du hast so einen Knall, weißt du das?"

Die große Blondine lachte sich schief. Thao aber kannte keine Gnade.

„Komm schon! Ich fang nochmal von vorne an!"

Xena stellte sich neben sie. Thao staunte. Nach anfänglichen Schwierigkeiten sang die Domse gar nicht mal schlecht. Sogar den Text konnte sie ziemlich schnell wiedergeben.

„Hast du das schon mal gemacht?" Fragte die Domina schließlich.

Thao nickte.

„Als ich noch klein war, mit meiner Mutter zusammen. Mein Vater hat abgekotzt, sag ich dir. Er hasste Schlager."

Sie musste bei diesem Gedanken lachen, schwieg dann aber plötzlich. Er tat auch gleichzeitig sehr weh.

„Komm! Ich hole Wein. Wir müssten noch welchen in der Speise haben."

Xena verstand sie nicht.

„Du wolltest doch noch was schreiben. Du machst dir jetzt keine Umstände wegen mir, oder?"

Thao schüttelte genervt den Kopf.

„Quatsch nicht! Leg schon mal das nächste Lied auf und hör gut zu! Wenn ich die Flasche offen habe, singen wir mit!"

46. Sehnsucht

„Na mein Süßer, was machst du?"

Sie hielt das schnurlose Telefon an ihr Ohr, während sie den Korken in die leere Weinflasche presste. Xena war vor fünf Minuten gefahren. Nach dem Shake, einem Dutzend Lieder und einem einzigen Glas Wein wollte sie nach Hause. Thao spürte, dass die Gedanken ihrer neuen Freundin immer wieder bei Amelies Bruder waren. Sie schien sich in diesem Moment selbst nicht leiden zu können.

„Ich lerne. Mann, ist das zum Kotzen, wenn du nicht da bist."

Thao lächelte. Ihr ging es nicht anders.

„Lass mich mal heute hier. Ich habe noch einiges zum Schreiben, weißt du?"

Karl zeterte richtig.

„Aber ich vermisse dich nunmal so."

Thao lachte.

„Was denn genau? Spricht da mein Karl oder das geile Fickerle?"

Der Junge fand das nicht lustig.

„Ich gebe ja zu, dass ich gern mit dir schlafen würde, aber tu nicht immer so, als ob ich nur deshalb mit dir zusammen wäre."

Thao spürte seine Gereiztheit.

„Klappt nicht so mit dem Lernen, oder?"

Der Junge seufzte.

„Überhaupt nicht."

Sie spürte eine gewisse Spannung bei ihm.

„Ist irgendetwas?"

Karl zögerte.

„Nein, warum?"

Das Mädchen war verunsichert.

„Ich spüre, dass dich was beschäftigt."

Das Gespräch verlief für beide nicht so, wie erhofft. Frustriert über die Sorgen und die Trennung voneinander, wünschten sie sich eine gute Nacht. Kurz überlegt Thao, ob sie zu ihm gehen sollte, aber es war ihr die Mutter in diesem einen Augenblick wichtiger. Sie wollte sich darauf konzentrieren und zwang sich, ins Bett zu gehen. Morgen würde sie weiterschreiben müssen, um Bernard und Sylvia dazu zu bringen, ihr zu helfen. Es konnte nur gut sein, wenn sie etwas Konkretes hatte, das sie dabei unterstützte. In Gedanken an ihre Mutter, aber auch Karl und Xena, ging sie schließlich ins Bett und vergaß, dass Amelie eigentlich noch ihren Anruf erwartete.

47. Karls Verzweiflung

„Kann ich dich mal sprechen?"

Karl kam ins Arbeitszimmer seiner Mutter herein.

„Du Karl? Was verschafft mir die Ehre? Warst lange nicht mehr hier."

Die zierliche Frau hatte noch ihre Uniform an und schien sogar in ihrer Freizeit weiter an ihren Dienstprotokollen zu schreiben. Fragend wandte sie sich ihrem Sohn zu, der unschlüssig vor ihr stand und anscheinend etwas auf den Herzen hatte, mit dem er nicht so recht herausrücken wollte.

„Komm! Raus mit der Sprache, Junge! Was hast du auf den Herzen? Geht es um Thao?"

Karl sah sie zerknirscht an. Es war ein Kampf für ihn, die eigene Mutter um Hilfe bitten zu müssen. Er hatte aber die ganze Nacht darüber nachgedacht und keinen anderen Weg für sich gefunden.

„Ich habe dir von der Abi-Party erzählt?"

Katja nickte.

„Simon und ich hatten Stress mit einem Klassenkameraden. Simon hat mir geholfen und der Typ wollte uns eigentlich beide an dem Tag nach Schulschluss im kleinen Park verprügeln, ist aber dort nicht aufgekreuzt. Jetzt wurde er deshalb für feige befunden und muss jetzt an mir und Thao ein Exempel statuieren."

Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus.

„Es geht nicht um mich, Mama, nur um Thao mach ich mir Sorgen. Sie wird ihm niemals ausweichen. Und er kommt wahrscheinlich auch nicht allein. Tja und ich ... bleiben wir mal realistisch."

Seine Mutter sah ihn nachdenklich an.

„Was hat Thao damit zu tun?"

Katja begriff das nicht. Karl konnte ihr darauf keine Antwort geben.

„Vielleicht, weil sie meine Freundin ist?"

„Du hast Angst, als feige dazustehen, weil du mich um Hilfe bittest?"

Katja verstand ihn nicht, das war ein typisches Männerding. Sie sah, wie Karl ihr zunickte.

„Hast du den Namen?"

Karl hatte ihn ihr aufgeschrieben.

„Andreas? Ich glaube, ich kenne seinen Vater. Wir haben uns mal auf dem Elternabend unterhalten. War ganz nett eigen ... "

Karl verzweifelte.

„Mama! Hilfst du mir nun?"

Katja nickte.

„Ich rede mit ihm. Er wird Euch die Feier nicht vermiesen."

Katja sah ihrem Sohn an, dass es ihn einige Überwindung gekostet haben musste, sich an sie zu wenden. Karl fühlte sich schlecht. Für ihn war das der letzte Schritt gewesen. Ihm war nicht wohl bei der Sache und er fühlte sich klein und schäbig diesen Konflikt nicht selbst lösen zu können. Oft hatte er daran gedacht, in ein Fitnessstudio zu gehen und zu trainieren, aber der Vorsatz war an Trägheit, anderen Interessen und der mangelnden sportlichen Leidenschaft wieder eingeschlafen. Er dachte auch an eine Kampfsportart, so wie Karate oder Kickboxen.

Er ging wieder in sein Zimmer, die Schulbücher warteten auf ihn. In Gedanken aber blieb er bei Andreas, seiner Mutter und Thao, die es zu schützen galt. Es durfte ihr einfach nichts passieren.

Er seufzte und seine Augen flogen über die Seiten hinweg, ohne irgendeine Information aufnehmen zu können. Er fühlte sich immer noch gedemütigt. Was war er für ein Mann, wenn er seine eigene Freundin nicht schützen konnte? Er sah auf die Unterlagen vor ihm. Ach Scheiße! Es wollte einfach nichts in seinem Kopf hängen bleiben. Der Tag heute war genauso Mist, wie der gestrige. Thao war nicht einmal in die Schule gekommen, sie hing über dem fingierten Auftrag, den sie ihrer Mutter zukommen lassen wollte. Wenigstens hatte sie ihm versprochen, am Abend zu kommen und bei ihm zu schlafen. Karl grinste. Bei diesem Gedanken regte sich bei ihm unten etwas im Schritt. Wenigstens das klappte noch.

48. Thao und Amelie

Es war schon fast Mittag, als sie wieder vom Arzt zurück nach Hause gekommen war. Heute und Morgen war sie von der Schule befreit, was ausreichte, um ein gehöriges Stück weiterzukommen. Sie hing ihre Jacke an die Garderobe und horchte kurz in die Wohnung hinein. Sie seufzte. Warum hätte ihre Mutter auch zu Hause sein sollen? Sie holte sich aus der Küche etwas zu trinken und ging in ihr Zimmer, um sich wieder an die Arbeit zu machen. Der Blick fiel kurz auf das schnurlose Telefon, vielleicht hatte ja Karl angerufen? Nein! Es war zwar eine Nummer auf dem Display zu sehen, aber sie kannte diese nicht. Sie wählte und wartete auf das Freizeichen. Eine helle Frauenstimme flötete in den Hörer.

„Scheiße, Amelie! Es tut mir so leid. Ich habe dich vergessen."

Thao fasste sich an die Stirn und verzog das Gesicht.

„Ehrlich! Mann, Scheiße!"

Amelie wäre nicht Amelie gewesen, wenn sie Thao nicht sogleich beruhigt hätte.

„Macht doch nichts. Sag mir lieber, wie es gestern mit Xena gelaufen ist! Dann kann ich Günter erlösen."

Sie lachte fröhlich, während die Punkerin ein schlechtes Gewissen hatte.

„Oh mein Gott, der Arme. So schlimm bei ihm?"

Das dicke Mädchen bestätigte es ihr sogleich.

„Ja, es hat ihn ziemlich erwischt."

Thao atmete hörbar durch.

„Mann ist das scheiße für ihn ..."

Amelie merkte auf.

„Wieso? Hat Xena kein Interesse?"

Die Punkerin dachte an die Beichte der Domina.

„Doch! Sie findet Günter super. Nur ... Mann, Amelie, ich weiß nicht, wie ich es Euch beibringen soll ..."

Thao strich mit langsamen Strichen die Kringel durch, mit denen sie ein leeres Blatt vollgekritzelt hatte, konzentrierte sich aber wieder sogleich auf das Gespräch mit der Freundin.

„Gib mir mal Günters Telefonnummer und Adresse! Xena will es ihm persönlich erklären. Vielleicht warnst du ihn vor und sagst ihm auch, dass es nicht an ihm liegt, sondern an ihrer Vergangenheit. Er soll aber nicht fragen, sie wird es ihm nicht sagen. Okay?"

Amelie blieb eine Weile stumm. Es schien selbst ihr dieses Mal die gute Laune vergangen zu sein.

„Meinst du, sie wurde vergewaltigt oder so etwas?"

Das Punkermädchen wusste es ja selbst keine Details, aber irgendetwas in diese Richtung war Xena zugestoßen.

„Kann sein. Aber wie gesagt, sie spricht mit mir nicht drüber."

„Mein Bruder wird sie verstehen, da bin ich mir sicher. Finde ich toll von ihr, dass sie es ihm selbst sagen will."

Sie gab Thao die Daten durch.

„Tust du mir einen Gefallen, Amelie?"

„Was immer du willst."

„Ich würde gern wissen, wie es Günter geht, nachdem Xena es ihm erklärt hat. Und sie selbst wahrscheinlich auch."

Amelie versprach Thao, sie sofort anzurufen.

„Tut mir leid für Deinen Bruder. Er ist wirklich cool drauf."

Ihre Freundin lachte schon wieder.

„Ach, Günter kommt darüber weg. Bei so etwas ist er kein Pessimist, der allzu lange leidet."

Thao lächelte.

„Soll ich dich am Freitag aus dem Krankenhaus abholen?"

Amelie freute sich.

„Würdest du das machen?"

Thao zögerte, überrascht dass sie diesen Vorschlag gemacht hatte.

„Ach, warum nicht? Meine Nerven sind so gut erholt, seitdem du mich in den Pausen in Ruhe lässt, da kann ich´s riskieren."

„Du bist lieb."

Die Punkerin rollte mit den Augen. Jeder andere Mensch hätte ihr Kontra gegeben.

„Ich weiß. Eine kleine, liebliche Fee mit engelgleichen Antlitz."

Amelie lachte wieder schallend in die Muschel. Thao musste den Hörer von ihrem Ohr fernhalten.

„Ich lege jetzt auf, sonst wird's mir doch noch zu doof mit dir."

„Bis dann, Thao! Ich rufe dich an, ja?"

„Jo, das mach mal! Bis denne!"

Sie legte auf, blickte nachdenklich auf das Telefon, legte es aber schließlich zur Seite. Stattdessen nahm sie ihr Handy und schickte Xena Günters Daten per SMS.

„Viel Glück!", schrieb sie noch und hoffte für die beiden, dass es nicht zu traurig werden würde.

Sie versuchte, sich wieder auf ihr Projekt zu konzentrieren. Der Umfang ihrer Arbeit hatte deutlich zugenommen. Wenn vielleicht noch ein paar Ideen von Bernard und Sylvia dazukamen, wäre es vielleicht möglich, für 1.000 Euro einen Auftrag zu erteilen. Es kam ihr ein genialer Gedanke. Und wenn sie eine Anzahlung leistete? Praktisch bei ihrer Mutter ein Kontingent kaufte?

Ihr Handy gab einen Nachrichtenton von sich. Es war Xena.

„Danke Süße! Na dann will ich ihn mal anrufen. Wünsch mir Glück! Vielleicht kann ich es ja schnell hinter mich bringen. Danke für alles! Deine Domse!"

Thao lächelte. Natürlich wünschte sie den beiden Glück. In dem Moment, als sie das Handy auf die Tischplatte legte, fiepte es erneut.

„Hab ich vergessen. BABYBITCH!"

Thao grinste sich einen. Xena war so doof. Das Mädchen hatte eigentlich keine Lust mehr. Der kleine Stapel an Blättern hatte ihr einiges an Kraft abverlangt. Sie brauchte jetzt etwas, um sich auf andere Gedanken zu bringen, und da war Karl mit seinem Schwänzchen genau das Richtige. Sie lächelte, packte ihre Klamotten zusammen und nahm ihr Skateboard in die Hand. Noch einmal warf sie einen Blick zurück in die Wohnung und löschte das Licht.

„Guten Abend, Frau Passow!"

Die alte Frau antwortete nicht und schloss bereits wieder ihre Wohnungstür.

49. Abendbrot

„Komm, Thao! Setze dich zu uns!"

Harald hielt dem Mädchen sogar den Stuhl und half ihr beim Platz nehmen. Sie zwinkerte Karl und Katja zu.

„Dein alter Herr hat ja so eine guten Knigge, da hätte ruhig ein wenig für den Sohn überbleiben können." Stellte die Punkerin fest.

Katja schmunzelte, während ihr Sohn dem Mädchen einfach nur in die Augen schaute. Die Frau spürte förmlich, dass den beiden nach einer ganz anderen Mahlzeit war.

„Nimm von der Suppe, Thao! Die wird dir gut tun. Es ist merklich kälter geworden."

Das Mädchen hatte wirklich Hunger, nahm sich dazu eine Scheibe Brot und ließ es sich schmecken.

„Im Winter fährst du aber nicht mit dem Skateboard, oder?"

Thao grinste.

„Klar! Dann schraube ich Kufen drunter."

Die Familie lachte.

„Wie läuft es bei Euch so? Viel Stress in der Arbeit?"

Harald schmunzelte.

„Da fragst du die Falschen, Thao! Mehr Stress geht eigentlich schon gar nicht mehr. Bei Katja wird es nicht anders sein, fürchte ich."

Seine Frau nickte. Die Punkerin aber runzelte ihre Stirn.

„Wie kommt es dann, dass Ihr diese Berufe ausgewählt habt? Das ist doch bescheuert."

Katja warf Harald einen Blick zu.

„Ich glaube, es ist schwer, die Prioritäten richtig zu setzen. Harald wollte schon in der Schule Arzt werden, Karl geht es ja ähnlich und ich ..., tja, ich fand Uniformen schon immer sexy."

Thao grinste.

„Kann nicht einer von Euch halbtags arbeiten? Das würde euch doch schon einiges mehr an gemeinsamer Zeit verschaffen, oder nicht?"

Harald musterte das Mädchen nachdenklich.

„Warum bist du so interessiert daran, Thao?"

Die Punkerin neigte nicht zum Lügen.

„Ich finde, Ihr seht oft so abgespannt und traurig aus. Das macht mir Angst. Das hört sich vielleicht scheiße an, aber ich möchte mit Karl nicht so enden."

Der Junge verschluckte sich fast und sah sie geschockt an. Thao sah ärgerlich aus.

„Was? Hast du noch nie darüber nachgedacht?"

Karl wusste nicht, was er sagen sollte.

„Nee! Ich bin erstmal froh, wenn ich das Abi hab."

Harald lachte.

„Mach ihm keinen Vorwurf, Thao! Da ticken Männer anders."

Das Mädchen sah Katja fragend an. Die nickte aber nur.

„Er hat recht. Und glaube mir, das ist ganz gut so. Die Zukunft kann man schwer planen, Thao. Es kommt immer anders, als man es sich vorgestellt hat."

Sie deckten gemeinsam den Tisch ab. Harald und Katja schmunzelten. Man sah förmlich, warum Thao und Karl sich so beeilten.

„Ihr könnt uns den Rest lassen. Falls wir uns nicht mehr sehen: Gute Nacht!"