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Wahlverwandschaften Teil A

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Im Taxi war ich so still, dass es auch den anderen auffiel, aber ich konnte es einfach nicht erklären, auch nicht mir selber. In der Wohnung meiner Mutter angekommen, eilte ich nur ins Bett, nur die nötigste Abendtoilette ausführend.

Chris ist verwirrt

Am nächsten Morgen wachte ich wie gerädert auf. Ich hatte Alpträume gehabt, das wusste ich. Ich konnte mich aber an keinen einzigen erinnern. Und dann erinnerte ich mich an den letzten Kuss. War das nun auch ein Traum gewesen oder ein Alptraum? Nein, das war real. Ich rannte schnell zur Dusche. Ich stellte mich unter den Wasserstrahl. Ich zitterte unter dem kalten Wasser, aber es weckte mich auf.

Im Bademantel am Frühstückstisch sah ich Mama an: „Du hast recht!"

Sie sah mich verwirrt an. Dann nahm sie einen Schluck Tee und nahm mich ins Auge: „Okay, junge Dame. Spuck es aus. Was ist passiert? Womit habe ich recht?"

„Gestern hast du mir gesagt, ich sollte zumindest eine Untersuchung durchführen lassen. Schön, das sehe ich jetzt ein. Wann kann ich das machen?" Sie verschluckte sich und prustete den Schluck Tee heraus, den sie gerade eben erst genommen hatte. Sie starrte mich überrascht an:

„Christian! Was ist passiert, dass du deine Meinung von gestern auf heute geändert hast?"

Wenn sie mich ‚Christian' nennt, dann weiß ich, dass sie nicht zum Scherzen aufgelegt ist. Entsprechend vorsichtig antworte ich:

„Mama, du hast recht behalten. Ich habe jemanden kennengelernt. Es hat mir klar gemacht, dass ich mich möglichst bald untersuchen lassen muss. Ich möchte nicht darüber reden, wen ich kennen gelernt habe."

Mir ist klar, dass Mama sich vermutlich nicht damit zufrieden geben wird, aber ich weiß ja selber noch gar nicht, was da passiert ist in mir. Jetzt überrascht sie mich, als sie einfach nickt und irgendetwas von verstehen murmelt. Das sieht ihr gar nicht ähnlich. Aber sie überrascht mich weiter.

„Christian, ich habe mit so etwas ähnlichem für diese Woche gerechnet, als du gestern den kürzeren Rock gewählt hast. Du kannst heute schon einen Termin bei einem Freund in Bonn wahrnehmen, dem ich das allerdings erst für Aschermittwoch angekündigt hatte. Er arbeitet auch mit Kliniken in Frankfurt und Berlin zusammen. Und er ist mir einen Gefallen schuldig."

Ihre Stimme klingt so sachlich und alltäglich, als ob das ganz normal wäre. Ich falle bald von dem Stuhl herunter. Aber ich bin ihr auch sehr dankbar, dass sie es so nüchtern aufnimmt und auch erst einmal nicht weiter hinterfragt, weshalb ich meine Meinung geändert habe. A m späten Vormittag besuchte ich die Praxis in Bonn, nachdem ich mit der 16 von Rodenkirchen nach Bonn gefahren war, und dort zu Fuß in die Stadt ging. Ich kam gleich in ein Behandlungszimmer. Eine Minute später kam eine gelangweilt wirkende Krankenschwester hinein, die mir zuerst Blut abnimmt und mich dann auffordert:

„Machen Sie sich ganz frei -- und ziehen das Krankenhaushemd an, bitte. Der Doktor kommt gleich."

Er kommt herein, bittet mich auf die Liege und schaltet das Ultraschallgerät ein. Dann schiebt er das Hemd hoch und setzt die Sonde an. Er zieht kurz die Augenbrauen hoch, als er die Abwesenheit von Hoden konstatiert und die mangelnde Ausprägung des Penis.

„Sie sind mit einem erworbenen AGS-Syndrom zur Welt gekommen und dann nach der Tumor-Operation nicht weiter behandelt worden?"

Ich sah ihn nur verständnislos an. Was redete er da? Ich verstand es einfach nicht.

„Herr Doktor, ich bekomme seit fünf Jahren pubertätshemmende Medikamente, weil ich eine Operation in Betracht ziehe. Ich überlege, ob ich mich nicht in eine Frau umwandeln lasse."

Das fiel mir weiß Gott nicht leicht, diese Gedanken laut auszusprechen, aber ich musste Klartext reden, sonst nutzte die ganze Untersuchung nichts. Er starrte mich sprachlos an.

„Sie wissen schon, dass Sie genetisch eine Frau sind, ja?"

Ich fiel aus allen Wolken. Was sagte er da??? Der war doch verrückt -- und das wollte ein Arzt sein? Ich gloderte ihn aufgebracht an:

„Herr Doktor -- falls es Ihnen nicht aufgefallen sein sollte. Ich habe einen Penis, auch wenn er klein ist. Und sie wollen mir erzählen, ich sei eine Frau?"

Er reagierte ganz kühl und holte seinen Bericht hervor: "Hier steht Karyo-Typ 46,XX -- genetisch sind Sie eindeutig definiert, junge Frau."

Jetzt war ich an der Reihe sprachlos zu sein. Ich begriff es nicht. Das konnte nicht sein: „Und warum habe ich dann einen Penis? Und wieso heiße ich Christian?"

Er lächelte beruhigend: „Genau das werden wir hoffentlich alles im Rahmen der Untersuchung herausfinden. Aber sagen Sie mir erst einmal, wo Sie geboren worden sind und ob nach Ihrer Kenntnis Ihre Mutter Medikamente in der Schwangerschaft bekommen hat."

„Ich bin in Indien geboren, in einer abgelegenen, schönen Gegend, wo meine Eltern ein neues Entwicklungshilfeprojekt betreut haben. Und ja, Mama hat mir mal erzählt, dass sie zur Vermeidung von vorzeitigen Wehen Medikamente bekommen hat."

Er nickte, als ob ich ihm eine Bestätigung gegeben hätte: „Ich vermute, dass hierfür bestimmte Gestagene gegeben worden sind, die auch damals schon nicht mehr das Mittel der Wahl waren, aber in einer abgelegenen Gegend braucht der medizinische Fortschritt so seine Zeit. Ich vermute eine medikamenten-induzierte Virilisierung des Fötus, die zu einem Pseudohermaphroditismus femininus geführt hat. Dieser ist aber wohl nicht erkannt worden. Aber lassen Sie uns das überprüfen. Ich werde Sie einer Ultraschalluntersuchung und einer Computer-Tomographie unterziehen. Wir unterhalten uns danach."

Er setzte die Sonde auf meinen Bauch und erkundete alles vom Bauchnabel bis Anus. Dann schickte er mich in die Röhre. Die ganze Zeit sprach er nicht ein einziges Wort mit mir. Ich durfte mich wieder anziehen und musste auf die Ergebnisse warten. Endlich kam ich in sein Sprechzimmer. Er sah mich ruhig an.

„Chris, ich werde Ihnen kurz die Ergebnisse vorstellen, dann können Sie Fragen stellen. Danach schlage ich Ihnen mögliche Alternativen vor. Sie können auf keinen Fall die Einnahme der pubertätshemmenden Medikamente fortsetzen. Fünf Jahre sind viel zu viel!"

Ich nickte, als ich seine Vorgehensweise verstand. Er war mir nicht gerade sympathisch, aber er schien durchaus kompetent zu sein.

„Chris, Sie haben alle internen weiblichen Organe gut ausgebildet, von den Eierstöcken über die Eileiter bis hin zur Vagina. Die Vulva ist hingegen unter der Haut verdeckt, aber angelegt. Es gibt keine Spuren von Hoden, aber Ihr Harnleiter läuft über den Minipenis. Alle Befunde sind im Einklang mit der Hypothese einer Virilisierung durch Gestagen-Einnahme Ihrer Mutter während der sensiblen Phase der Schwangerschaft. Haben Sie Fragen, Chris?" Ich konnte nur den Kopf schütteln. Ich war einfach geschockt.

„Chris, Sie haben folgende Optionen. Erstens müssen Sie die pubertätshemmenden Medikamente absetzen, sonst bekommen Sie Knochenprobleme. Das ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Zweitens, wenn Sie das absetzen, werden Sie natürlich früher oder später den Einsatz der Pubertät erleben. Ich empfehle hier den Einsatz einer Hormontherapie, um diesen Prozess zu steuern. Drittens, kann ich Ihnen nur dringend empfehlen, zumindest Ihre Vulva zu eröffnen, sonst haben Sie Probleme mit Menstruationsblutungen. Viertens können Sie den Eingang Ihres Harnleiters verlegen in die dann geöffnete Scheide. Fünftens könnten Sie den Penis danach zu einer Klitoris umgestalten lassen, um ganz zu einer Frau zu werden. Alternativ kann ich Ihnen auch einige Wege vorschlagen, die Sie zum Mann werden lassen, aber das nehme ich nicht als Ihr Ziel an."

Das war mir alles zu viel an Information und Handlungsmöglichkeiten. Ich brauchte Zeit um all das verdauen zu können: „Ich danke Ihnen für all diese Informationen, Herr Doktor. Ich melde mich in der nächsten Woche wieder, wenn ich alles geschluckt habe."

Chris trifft Alex am Samstag wieder

Leichtsinnigerweise habe ich ja Alex zugesagt, ihn am Samstag wieder zu treffen. Es ist mir unklar, wie ich mich verhalten soll. Ich denke, am einfachsten wird es sein, ihm zu erklären, dass dieses ‚Date' nur der gelockerten Stimmung vom Donnerstag zu verdanken ist. Ich kann ja einfach die große Altersdifferenz als Grund vorschieben. Das sollte ja durchaus plausibel sein. Natürlich könnte ich auch einfach den Termin ‚vergessen', aber das finde ich nicht fair ihm gegenüber. Keiner hat Lust versetzt zu werden.

Ich sehe aber keinen Grund, nicht doch Karneval zu feiern, nur nicht mit ihm. Erlebnisse wie am Donnerstag möchte ich allerdings lieber vermeiden. Also wähle ich eine neutralere Verkleidung und ein weniger feminines Kostüm. Die engen Damenjeans und meine Unterwäsche lassen mich trotzdem weiblich genug fühlen, aber die Verkleidung als Clown ist nicht so sexy mit der bunten, langen Flickenjacke, die die hübschen Applikationen auf der Jeans verbirgt. Die rote Pappnase tut das ihrige, um eher den Spaß-Charakter zu unterstreichen als den Sex-Appeal. Zuerst ziehe ich die Sneaker an, aber dann holt mich doch der Kick mit den Stiefeletten wieder ein. Ich ziehe sie einfach an, obwohl sie zum Clowns-Kostüm eigentlich nicht so richtig passen. Ich komme pünktlich zur vereinbarten Zeit im Lokal an. Ich halte nach dem attraktiven ‚Inder' Ausschau, sehe aber keinen. Damit habe ich nicht gerechnet. Hat er mich jetzt versetzt? Unauffällig versuche ich die Leute in dem großen Lokal zu scannen.

Dann taucht plötzlich ein schlanker Mann mit wattierten Schultern vor mir auf, der in einem weißen Streifenanzug gekleidet ist. Seine Gesichtsfarbe besitzt einen rosigen Teint, deshalb brauche ich einige Sekunden, bevor ich begreife, dass es Alex ist. Er schlägt mir einen Spaziergang am Rhein vor. Ich bin damit einverstanden. So wird es mir leichter als im Lokal fallen ihm zu erklären, dass es keine gute Idee ist, wenn wir heute gemeinsam herumziehen. Während wir zum Rhein hin schlendern, blicke ich ihn von der Seite an. Sein Gang ist entschlossen und er sieht elegant im Anzug aus. Wie ausgerechnet der mich aufgefordert hat zum Tanzen und dann auch noch den ganzen Abend mit Beschlag belegt hat, ist mir absolut unklar. Der hat doch bestimmt eine an jedem Finger seiner Hand!

Dann hält er an und blickt mir in die Augen. Ich wappne mich schon, ihm höflich aber konsequent eine Absage zu erteilen, aber was er mir zu sagen hat, habe ich nun wirklich nicht erwartet. Ich traue meinen Ohren nicht, als er bekennt, dass er gar kein Mann ist sondern eine Frau, die sich als Mann verkleidet hat! Wo gibt's denn sowas? Das ist doch nicht wahr oder? Aber der Ton seiner Stimme ist ernst -- und jetzt dämmert es mir auch. Die für einen Mann relativ hohe Stimmlage und die eher zierliche Statur stimmen mit seiner oder besser ihren Worten überein. Einerseits erleichtert mich das, andererseits lässt mich die offensichtliche Komik der Situation auch nicht mehr an mich halten. Sie hat sich für einen Mann ausgegeben und ich habe mich als Frau verkleidet -- das ist ja wie in einer abgefahrenen Komödie im TV. Ich muss einfach lachen und lachen, bis ich so außer Atem bin, dass ich einhalten muss und dann noch etwas atemlos alles nämlich erklären kann. Sie sieht mich schon ganz komisch an. Ich benutze etwas flippig ihre eigene Erklärung und kann mein Grinsen irgendwie nicht unterdrücken:

„Alex, auch ich muss mich dann wohl entschuldigen. Ja, ich komme aus Berlin und ja, mein Rufname ist Chris, aber Chris steht in meinem Fall für Christian. Wenn du dich als Mann ausgegeben hast, so bin ich laut Personalausweis tatsächlich einer, was ja nicht ohne Komik ist. Aber es gibt noch mehr zu erklären..."

Ich halte meine Erklärung an, als sie bleich wird und wirklich betroffen aussieht. Plötzlich tut sie mir leid: „ Es tut mir leid, wenn dich das schockiert."

Sie lächelt tapfer und streitet ab, dass sie schockiert oder ärgerlich ist. Aber es ist auch klar erkennbar, dass sie doch erschüttert ist. Vielleicht hat sie ja ein Recht auf etwas mehr als nur die lapidare Erklärung, dass ich eigentlich Christian heiße. Ich zögere, aber dann erkläre ich:

„Alex, es war das erste Mal, dass ich voll als Mädchen akzeptiert worden bin. Das war für mich emotional aufwühlend, mehr als ich erwartet habe. Du hast mir damit ein ungeheuer wertvolles Geschenk gemacht. Ich habe das außer meiner Mutter noch keinem in dem Umfang erzählt, aber dir kann ich das jetzt anvertrauen."

Ich weiß nicht, ob sie das jetzt beruhigt oder nicht, aber sie hört mir einfach zu. Ihre Haltung macht mir deutlich, dass sie tatsächlich zuhören will. Es ist für mich nicht so einfach zu formulieren, aber ich versuche es einfach. Ich weiß nicht ob ich es gut erklären kann oder nicht, aber das ist vielleicht auch nicht so wichtig. Wichtig ist eigentlich nur, dass sie erkennt, dass ich ihr keinen üblen Scherz spielen wollte, sondern dass ich weiblich sein will und jetzt auch die Entscheidung dafür getroffen habe. Mir ist auch klar, dass ich unendlich viel komplizierter bin als sie. Schön, sie hat auch eine Außenseiterrolle mit ihrer lesbischen Veranlagung, aber sie ist im Einklang mit ihrem Körper, was ich nicht bin.

Dann überrascht sie mich mit ihrer Erklärung, als sie mich ruhig anschaut und mir tief in die Augen blickt, als sie langsam und deutlich spricht:

„Chris, wir setzen einfach alles auf Null zurück und tun so, als ob wir uns jetzt das erste Mal treffen, einverstanden? Also ich bin Alexandra, kurz Alex genannt. Ich bin eine Frau, die gerne burschikos auftritt und weiblich aussehende, anmutige Wesen liebt und ich bekenne mich im Privatleben dazu. Ich komme aus Hamburg und mag im Karneval gern tanzen und flirten."

Ich zögere, denn diese Idee ist doch etwas absurd. Ich meine, wir haben uns nun einmal getroffen und wir haben Erinnerungen, aber ich begreife, dass dies ihre Art und Weise ist mit der ungewohnten Situation zurecht zu kommen. Also tue ich ihr den Gefallen. Vielleicht ist das gar nicht mal so schlecht, es mal auszusprechen. Ich deklariere mich also als femininer Junge, der lieber ganz fraulich sein möchte. Dann springe ich über meinen Schatten und erkläre fest dass ich mich in Zukunft auch im Alltag dazu bekennen will. Und seit gestern weiß ich auch, dass ich männlich aussehende, bestimmende Wesen mag, was immer das auch für mich heißen mag. Das stürzt mich sofort in konfliktbesetzet Gedanken, als ich es laut ausgesprochen habe. Bin ich damit schwul? Gut, gestern habe ich gehört, dass ich genetisch eigentlich ein Mädchen bin, aber es fällt mir immer noch schwer mich uneingeschränkt als Mädchen anzusehen, solange ich diesen Penis trage, so klein er auch sein mag.

Alex schlägt einen pragmatischen Tonfall an, der natürlich seine Berechtigung hat: „Chris, lass' uns heute einfach tanzen und singen und amüsieren, es ist Karneval. Wir können später mehr reden. Das alles muss erst einmal verdaut werden."

Er nahm einfach meine Hand von Chris und zog mich wieder ins Getümmel. Ich wehre mich nicht dagegen, obwohl ich das eigentlich gar nicht vorhatte. Die laute Musik und das Tanzen lassen die ernste Unterhaltung erst einmal vergessen. Es dauert nicht lange, bis Alex mich wieder in die Arme nimmt zum Paartanzen. Ich sträube mich für einen Moment, aber Alex kann so verdammt gut führen. Ich ergebe mich einfach in den Rhythmus der Musik und in die Führung. Und ja, es macht Spaß!

Alex verschwindet auf die Toilette. Als sie zurückkommt, muss ich erst einmal hinschauen, aber es ist tatsächlich so. Sie hat lässig ihr Jackett über die Schulter gehängt. Ihr Oberhemd zeigt deutlich die Andeutungen von runden Busen. Ich kommentiere das nicht, aber ich begreife nun, was sie mit Bekennen meint. Sie zeigt ihren weiblichen Körper aber trägt männliche Kleidung und bewegt sich auch eher männlich. Kampflesbe, Butch oder Dyke sind auf einmal Begriffe, die in meinem Gehirn auftauchen. Ich traue mich nicht irgendetwas zu fragen. Was bin ich dann? Sie bestellt noch ein Mineralwasser. Wie in einem geheimen Abkommen verzichten wir auf Alkohol für diesen Abend Wir tanzen wortlos weiter.

„Wird dir nicht warm? Warum ziehst du nicht auch deine Jacke aus? Du musst doch bald umkommen?"

Natürlich hat sie recht damit, aber es ist mir auch genierlich. Unter der Bluse trage ich den push up-Büstenhalter, und so wird man uns mehr oder weniger Busen an Busen tanzen sehen. Natürlich ist diese Hemmung idiotisch, wenn man es rational betrachtet. Immerhin bin ich ein femininer Junge, der seinen Penis in einem hübschen Schlüpfer verbirgt und somit per se schon eigenartig ist. Andererseits ist es eine große Hemmschwelle in der Öffentlichkeit als junges Mädchen mit einer erwachsenen Lesbe zu tanzen, wenn ich in Berlin so tue als ob ich ein ganz normaler Junge wäre. Aber sie zieht mir einfach die Jacke aus und fragt mich nicht -- und ich lasse es geschehen.

Meine Gefühlswelt ist einfach ein totales Wirrwarr. Ich lasse mich von ihren Armen halten. Sie ist schlank aber muskulös. Irgendwie ist sie weder richtig Mann noch richtig Frau. Androgyn kommt als Vokabel bei mir hoch. Es gefällt mir von ihr gehalten zu werden. Wenn sie androgyn ist, was bin ich dann? Ich kenne mich nicht mehr aus. Gewissheiten, an die ich noch vor wenigen Tagen glaubte, haben keine Gültigkeit mehr. Im Verlauf des Abends spüre ich ihre Hände, wie sie ab und zu meinen Körper erkunden. Ich lasse es zu -- ihre Hände sind diskret und angenehm. Es ist eher so, als ob es zufällig geschehe, aber ihre Augen verraten mir dass es nicht so ist. Ich kann zwar nicht begreifen, was sie an mir findet, aber ich genieße es. Es sind sanfte Liebkosungen. Ich habe so etwas weder in Berlin noch in Köln erlebt. Wer wollte in Berlin schon als Mädchen mit einem eher dicklichen Jungen ausgehen? Mit solchen aus der Schule war ich schon mal in einer Gruppe von Jungen und Mädchen ausgegangen, aber das war auch alles. Und in Köln hatte ich zu viel Angst als Mädchen allein mit einem Jungen auszugehen -- und dann den Schock von dem Jungen aushalten zu müssen, wenn er mein ‚Extra' entdeckte - bloß das nicht!

Als ein langsames Lied kam, legte sie ihre Hände an meine Hüften und zog mich näher heran, um wiegend mit mir zu tanzen. Verstohlen blickte ich mich um, aber keiner nahm mehr Notiz davon als mit einem flüchtigen, amüsierten Blick. Plötzlich hatte sie ihre linke Hand auf meinem Po und ihre rechte in meinem Nacken und lehnte sich zu einem Kuss herunter. Nach einer Schrecksekunde öffnete ich meine Lippen und ließ mich küssen. Und dann war es mir egal, wer zuschaute oder nicht. Sie schmeckte nach leicht herber Vanille und der feuchten Wärme ihrer Zunge. Ich ertrank in dem Gefühl, als sie mich an sie drückte. Das war viel mehr als eine Liebkosung! Der Kuss ging mir durch Mark und Bein. Ich fühlte meine Knie schwach werden. Ich war ergriffen. Sie küsste mich voller Inbrunst und Leidenschaft, obwohl sie wusste was ich war oder besser gesagt, was ich nicht wahr. Ich war nicht normal, aber sie akzeptierte mich. Und es kam noch besser, als sie mir leise ins Ohr flüsterte:

„Du, Chrissie -- ich mag deinen Po so gerne anfassen. Mit der Jeans ist es schon toll, aber noch schöner wäre es, wenn du den Rock vom Donnerstag anhättest und meine Hand darunter..."

Ich war einfach hin und weg. Der Kosename ‚Chrissie' ließ mich dahinschmelzen. Und die Vorstellung wie sie unter meinen Rock fasste, ließ mich rot werden, aber auch erregt werden. Ich konnte kein Wort herausbringen, sondern offerierte ihr nur wortlos noch einmal meine Lippen und kuschelte mich eng an sie.

Fortsetzung folgt demnächst.

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