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Weihnachten - 02. Advent

Geschichte Info
Der 2. Advent steht vor der Tür.
8.2k Wörter
4.6
5.6k
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2. Advent

Christina war total nervös, die ganze Woche schon. Die Botschaft war ganz klar: Ihre kleiner Ausflug war nicht unbeobachtet geblieben. Die Unterwäsche konnte ein absurder Zufall sein, der fehlende Slip dagegen nicht. Jemand hatte sie gesehen.

Im Grunde hätte sie damit rechnen müssen. Ihr wilder Sprint in Richtung Wachraum war kaum zu überhören gewesen. Wer immer im Gebäude war, hätte sie mit Sicherheit bemerkt. Und die Tatsache, dass sie niemanden gesehen hatte, hieß nicht, dass keiner da gewesen war.

Vermutlich musste man nicht mal vor Ort sein, um sie zu beobachten. Die Kameras waren allgegenwärtig. Zumindest die im Eingangsbereich und bei der Treppe hatten sie bestimmt erfasst. Dazu kam der Alarm. Wer immer das Signal erhielt, würde sofort aufmerksam werden. Das allerschlimmste daran war: Das wurde aufgezeichnet. Es gab ein Video von ihr, und jemand wusste es.

Ein anderes Model, das sie kannte, hatte ihrem Freund ein paar weitaus harmlosere Aufnahmen von sich geschenkt. Leider hatte er sie wenig später mit einem anderen erwischt und Schluss gemacht. Es dauerte nicht lang, dann hatten die Fotos ihren Weg ins Internet gefunden. Das Mädchen hatte kaum noch Aufträge bekommen. Die wenigen, die sie kriegte, waren entweder mies bezahlt oder schlecht getarnte Aktaufnahmen gewesen. Vom dem Geschwätz und dem Gespött mal ganz zu schweigen. Vermutlich hatte sie damals selber mitgemacht, erinnerte sie sich dunkel. Irgendwann hatte das Mädchen einfach aufgegeben und war weggezogen. Christina hatte nie wieder was von ihr gehört. Das durfte nicht passieren. Nicht ihr.

Auf der anderen Seite, sie hatte nichts unrechtes getan. Okay, sie hätte die Unterwäsche nicht anprobieren sollen. Aber es war nicht so, als hätte sie die Wäsche geklaut. So peinlich die Geschichte war, es war doch keine Verbrechen. Und wenn sie ihre blauen Augen aufschlug und dazu noch etwas weinte, würde sich jeder Vorwurf schnell in Luft auflösen.

Und es blieb weiter ruhig. Jeder Tag, der ereignislos verstrich, beruhigte sie ein bisschen mehr. Es gab keine Drohungen, keinen Versuch, sie zu erpressen. Keine Polizei, die vor ihrer Tür stand. Niemand sprach sie auf die Sache an. Sie hatte ein Geschenk gekriegt, und mehr war nicht passiert. Ein anonymes Geschenk, aber ein Geschenk. Und noch dazu ein schönes. Sie hatte das noch nie gemacht, aber sie hatte sogar die Verpackung aufgehoben. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor ein schöneres Geschenkpapier in der Hand gehalten zu haben, oder eine Schleife, die so glitzerte. Das war die Arbeit eines Profis, eines echten Künstlers.

Was den Inhalt anging, hatte sie sich zuerst nicht getraut, die Wäsche anzuziehen. Dann hatte sie es doch getan. Sie hatte sich vor ihren großen Spiegel gestellt, das Set angezogen und sich in Pose geworfen. Dass der Slip fehlte, machte es nur noch unanständiger. Sie liebte sexy Wäsche, und dieses Set besonders.

Christina versuchte sich abzulenken, aber nichts half wirklich. Je mehr sie sich anstrengte, die Geschichte wieder zu vergessen, desto mehr beschäftigte sie sich damit. Kein Tag verging, ohne dass sie ihren Lauf durchs Atrium und ihren noch aufregenderen Weg zurück noch mal Revue passieren ließ. Meistens unter der Dusche oder auf dem Klo, die Hände zwischen ihren Schenkeln vergraben.

Vermutlich hätte sie der Vorfall ängstigen müssen, aber das war nicht der Fall. In ihrer Erinnerung durchlebte sie die Anspannung erneut, fühlte, wie ihr Herz schlug, als sie durch die stillen Flure rannte, auf der Flucht vor unsichtbaren Verfolgern. Sie fühlte wieder die seltsame Mischung aus Scham und Aufregung in sich aufsteigen, die sie so vollständig durchdrungen hatte, als sie halbnackt und auf allen vieren durch das Atrium gekrochen war. Das war vermutlich nicht normal, sagte ihr eine innere Stimmte. Und gerade deshalb geil, antwortete eine andere Stimme.

Sie zog die Wäsche wieder an, komplett mit ein paar Pumps. Dann masturbierte sie dazu, und dachten an den Samstag. Danach war sie so beunruhigt über ihr eigenes Verhalten, dass sie die Wäsche weggepackt und in das oberste Fach ihres Kleiderschranks gestopft hatte. Sie hätte die Sachen einfach wegwerfen können, aber sie brachte es nicht über sich. Die Wäsche war zu schön. Und auch nicht gerade billig.

Die ganze Situation faszinierte sie auf eine seltsame, noch nie dagewesene Art und Weise. Da spielte jemand Katz und Maus, das war ihr sonnenklar. Ein Erpresser hätte sich gemeldet, hätte versucht, Druck aufzubauen. Und jemand, der ihr Schaden wollte, hätte sie längst verpfiffen.

Doch das war etwas anderes. Jemand provozierte sie, testete ihre Reaktion. Jemand mit Geduld. Ein sorgfältiger Planer, der sie erst mal auszuloten versuchte, bevor er sich ihr näherte. Und alles deutete auf Paul. Er hatte die Gelegenheit, und ganz bestimmt die Mittel. Die Blende war geschlossen, als sie an dem Abend an seinem Büro vorbei gegangen war. Sie hatte einfach angenommen, dass er längst daheim war, aber wissen konnte sie es nicht, gegeben die Zeiten, zu denen der Mann arbeitete.

Und die Annahme, dass er Zugriff auf das Sicherheitssystem und jede der Kameras hatte, war nicht weit hergeholt. Wer würde sich schon beobachten lassen, ohne sich eine Kontrollmöglichkeit vorzubehalten? Christina wurde rot vor Scham, wenn sie darüber nachdachte, was für eine Show sie ihm geboten hatte. Sie sah Paul vor ihrem inneren Auge, wie er grinsend in seinem verdammten Büro hockte und zusah, wie seine sexy Aushilfe in Reizwäsche durch die Gänge sprintete. Hatte er sie beobachtet, als sie nackt an ihm vorbei robbte? Ganz heimlich über sie gelacht? Was für ein mieses Schwein.

Und trotzdem turnte es sie an. Es ließ ihr keine Ruhe, verfolgte sie den ganzen Tag. Christina stellte ihn sich vor, wie er sie betrachtete, gelassen in seinem Sessel sitzend, immer im Bewusstsein, alle Karten in der Hand zu halten. Wie er süffisant lächelnd zusah, wie ihr Hintern schwankend die Treppe runter verschwand und sie splitterfasernackt in das kalte, schmutzige Becken stieg.

Und das war noch nicht alles. Je länger sie darüber nachdachte, desto merkwürdiger erschien ihr der ganze Ablauf. Da war das Schloss, das ganz spontan versagte. Ausgerechnet, als sie beinah nackt vor der Tür des Wäscheladens stand. Und dann der Fehlalarm. Das erste konnte Zufall sein, aber der Alarm? Genau in dem Moment? Wer sagte ihr, dass der Plan mit den Kameras wirklich vollständig war? Hatte Paul sie sehen können, über das System? Gab es Kameras, die niemand außer Paul bekannt waren, und die niemand außer ihm betrachten konnte? Konnte er vielleicht sogar einzelne Schlösser manipulieren? Dann hätte er sie ausgesperrt, und zwar mit voller Absicht. Christina wurde rot vor Scham. Der Mistkerl hatte sie gespielt, sie einfach ausgetrickst. Sie wie eine Marionette an unsichtbaren Fäden tanzen lassen, und ihr am Morgen unschuldig ins Gesicht gelächelt.

Scham wechselte mit Wut, und Wut wurde zu Erregung. Die Erinnerung an den Abend stieg wieder und wieder in ihr hoch. Sie konnte förmlich fühlen, wie die rauen Fliesen über ihre Brüste rieben und das schmutzige Wasser an ihr hochstieg. Ihre Finger tauchten in sie ein, streichelten und pumpten, bis die keuchend kam. Vermutlich wurde sie verrückt. Und schuld daran war Paul.

Es konnte niemand anders sein, da war sie sich ganz sicher. Sie hatte ihm seine unerschütterliche Freundlichkeit eh nie abgekauft. Kein Typ war einfach freundlich, zumindest nicht zu ihr. Die wollten alle was. Der Unterschied lag nur darin, wie sie es ihr dann zeigten. Und Paul war offenbar der Typ, der gern mit Frauen spielte.

Der Gedanke an das kommende Wochenende und die nächste Nacht im Einkaufszentrum erfüllte sie gleichermaßen mit Besorgnis wie Erwartung. Ein Gefühl von Beunruhigung kämpfte mit einer eindeutig erotischen Spannung, und die Spannung wuchs beständig. Die Vorstellung, wie jemand sein unsichtbares Netz auswarf, erregte sie ohne Ende. Eine mysteriöse Gestalt, überlegen und geheimnisvoll, die ihre heimlichsten Fantasien zu erahnen schien. Die sie tiefer und tiefer in ihren Bann zog, ohne sich zu offenbaren. Was würde auf sie warten? Ein neues Abenteuer? Ein weiteres Geschenk? Irgendwie traf es einen Nerv.

Vermutlich war es gerade die gespielte Naivität, die aufgesetzte Zurückhaltung, die sie so an ihm reizte. Diese Fassade der Anständigkeit. Das konnte gar nicht wirklich sein. So anständig war keiner. Irgendwo gab es einen Abgrund, eine dunkle Seite, die nur darauf wartete, geweckt zu werden.

Sie hatte keine Angst vor ihm. Wenn Paul auf solche Spielchen stand, dann konnte er das haben. Jedes Spiel hatte einen Gewinner und einen Verlierer, und sie hatte nicht vor, zu verlieren. Er wollte sie beobachten? Das war genau ihr Job. Deshalb war sie ja Model. Sie würde ihm eine Show bieten, an die er sich noch lange erinnern würde.

Und dennoch blieben Zweifel. Die Möglichkeit, dass es Luigi selbst gewesen war, der das Geschenk vor ihrer Tür deponiert hatte, war leider nicht zu leugnen. Er hatte sie beobachtet, liefe oder via Kamera. Und er kannte sich aus. Er war ja schließlich Detektiv. Er hätte das Päckchen nehmen und einfach am nächsten Morgen vor der Tür abstellen können. Vielleicht glaubte er, er könne er sich auf die Art und Weise bei ihr einschmeicheln.

Andererseits, er wirkte nicht, als wäre das sein Stil. Er wirkte eher wie jemand, der ihr das Geschenk einfach in die Hand gedrückt, sie angegrinst und erwartet hätte, dass sie es ihm vor lauter Dankbarkeit an Ort und Stelle besorgte.

Und wenn es doch der Wachmann war? Der dicke, ungepflegte Walter? Walter war daheim gewesen, aber was hieß das schon? Vermutlich konnte man sich von jedem Ort der Welt ins Überwachungssystem einloggen. Sie stellte ihn sich vor, allein in seiner Wohnung, über dem Monitor seines PCs brütend, die leeren Gänge fest im Blick. Und dann tauchte sie auf dem Bildschirm auf.

Aber Walter würde ihr nichts schenken. Das war der verbitterte Typ. Enttäuscht von Frauen im Allgemeinen und denen, die er nicht haben konnte, im Besonderen. Was eigentlich das gleiche war, bei jemandem wie ihm. Außerdem konnte er sie nicht leiden. Walter hätte sie angezeigt, wenn er sie erwischt hätte. Die Polizei gerufen, oder Paul Bescheid gesagt. Etwas so subtiles wie das Geschenk, das war jenseits von ihm. Oder doch nicht?

Christina schmiss die Gabel hin. Sie klirrte auf dem Teller. Ein paar Leute schauten rüber, und sie funkelte sie wütend an. Nicht mal der teure Salat in ihrem Lieblingsbistro schaffte es, sie abzulenken. Ihre Gedanken kreisten nur noch um die Wäsche, und um ihren geheimnisvollen Verehrer. Sie musste das jetzt klären. Christina zog ihr Handy raus und wählte Steffis Nummer. Steffi ging beim zweiten Läuten ran.

Steffi war sofort bereit, sich mit ihr zu treffen. Scheinbar freute sie sich wirklich. Sie hätte eh noch nichts geplant und Freitagabend Zeit. Das war natürlich Quatsch. Niemand hatte Freitagabend Zeit, jedenfalls nicht spontan. Sie war ganz sicher lesbisch.

Christina schlug das Einkaufszentrum vor. Wenigstens würde sie bei dem Treffen keine Zeit verlieren, dachte sie. Sie konnte den Abend nutzen, um noch etwas zu shoppen. Schließlich kam das Geld im Anschluss wieder rein. Es machte wenig Sinn, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen, und dann nichts davon zu haben.

Sie steckte ihre Karte ein und schminkte sich. Sie schminkte sich immer, wenn sie unterwegs war. Man wusste nie, auf wen man treffen würde. Zum Beispiel auf Paul Ehrlich. Außerdem würde es ihr helfen, Steffi aus der Reserve zu locken.

Einen Moment zögerte sie, dann legte sie sich ihre Lieblingswäsche raus. Ein schwarzer Spitzen-BH von La Perla, komplett mit einem kleinen Slip. Nicht für Steffi. Sie dachte an den blassen Nerd mit Informatik-Hobby. Die würde sie garantiert nicht in so was zu sehen kriegen. Aber ihre erste Nacht im Einkaufszentrum hörte nicht auf, sie zu beschäftigen. Auf angenehmste Weise. Sie wollte vorbereitet sein, was immer auch geschah. Und dafür angezogen. Ihre Finger strichen über die Front des Slips.

Als sie in das kleine Café kam, dass sie vorgeschlagen hatte, saß Steffi bereits da und schlürfte einen Cappuccino. Christina setzte sich und bestellte ebenfalls einen Cappuccino. Das Café war eigentlich ganz nett. Nicht ihre übliche Szene, aber ganz nett. Steffi sah sie fröhlich an und lächelte dazu.

„Wie war denn deine erste Nacht? Was Spannendes passiert?"

Christina schaute auf.

„Ich fürchte, da ist nichts passiert, das ich erzählen könnte." Sie lächelte gelangweilt. Dann verengten sich ihre Augen. Die Frage klang zu beiläufig, um zufällig zu sein. Sie musste wachsam bleiben. Und mehr herausfinden. Sie zwang sich, etwas freundlicher zu schauen.

„Wobei, ich hab mich schon erschreckt. Da war ein Kerl am Morgen, ein Italiener, glaube ich. Luigi Angeli. Der stand ganz plötzlich in dem Raum. Ich dachte, da kommt keiner rein, der keine Karte hat?"

Steffi nickte eifrig.

„Luigi ist der Detektiv. Vermutlich braucht er wieder Geld, dann schiebt er Sonderschicht. Der hat natürlich Zutritt." Sie legt die Stirn in Falten und zählte an den Fingern ab.

„Und Klaus vom Wachdienst kommt hier rein. Und Pawel, der vom Sexshop." Christina zog die Brauen hoch. „Vom Sexshop? Hier gibt es einen Sexshop? Und wieso hat der Zutritt?"

Steffi lachte. „Klar gibt es einen Sexshop. Erotikfachgeschäft, wie Paul es nennt. Der Laden war schon immer hier, schon vor dem Bau des Einkaufszentraums. Pawel hat damals nur unter der Bedingung verkauft, dass er Räume kriegt, um weiter machen zu können. Passt natürlich nicht in das Konzept. Ehrlichs haben ihm was am Ende des Ganges gegeben, weit weg vom Schuss." Steffi deutete in Richtung des langen Gangs mit dem Dessousshop. „Ganz hinten, nach der Biegung. Kein Wunder, dass es nicht so läuft. Von daher macht er nebenher den Job als Hausmeister. Kümmert sich um die Anlage, wenn was nicht stimmt, macht nachts den Notdienst, schaut, dass alles funktioniert. Wenn du magst, ich muss noch hin. Ich wollt mir was bestellen." Sie zwinkerte Christina zu.

Christina schaute irritiert. In einen Sexshop gehen? Mit Steffi? Nun, warum eigentlich nicht. Sie hatte eh noch Zeit totzuschlagen. Und die Leute kennen zu lernen, die hier Zutritt hatten, war bestimmt nicht verkehrt. Insbesondere die mit Nachtschicht. Theoretisch war jeder, der nach Ladenschluss hier rein konnte, ein Kandidat für die Position ihres heimlichen Verehrers.

Steffi plauderte vergnügt, während sie zusammen durch das Einkaufszentrum schlenderten. Christina hörte gar nicht hin. Eine Schar kleiner Kinder kam kreischend auf sie zugerannt. Sie hatten billige Weihnachtsmannmasken aus bunt bedruckter Pappe ergattert, die sie sich vor die Gesichter banden. Scheinbar gab es sie umsonst. Zwei kleine Weihnachtsmänner rempelten sie an. Christina schimpfte ihnen wütend hinterher. Typisch für die Zeit. Alle drehten durch. Sie drehte sich zu Steffi um und zeigte Richtung Eingang.

„Das ist doch völlig überdreht. Ich mein, die ganze Deko. Ich hab nichts gegen Weihnachten, aber das hier..." Sie zuckte mit den Schultern und ließ den Satz wortlos ausklingen. Steffi folgte ihrem Blick und nickte. „Paul hat das alles aufgestellt. Er ist verrückt nach Weihnachten. Und steht auf diesen Kitsch."

Christina schnaufte abfällig. Das würde er sich abgewöhnen müssen, wenn sie erst zusammen waren. Dafür würde sie schon sorgen. Vermutlich war eh es nie verkehrt, von Anfang an klarzustellen, wer in einer Beziehung die Hose anhatte. Eine klare Rollenverteilung war Grundlage jedes gefestigten Miteinanders.

Sie wollte gerade zu einer längeren Tirade gegen Weinachten ansetzen, als ihr Blick auf die Auslage des Juweliergeschäfts fiel. Das Collier lag immer noch im Schaufenster. Kein Wunder, bei dem Preis. Steffi folgte ihrem Blick.

„Der Laden ist ja gar nicht schlecht. Nur leider viel zu hochpreisig. Manchmal frag ich mich, wer das eigentlich kaufen soll."

Christina starrte weiter auf das Halsband. Ein wirklich schönes Stück. Sie seufzte sehnsüchtig. Steffi zog sie weiter. „Komm, lass uns endlich gehen. Das Ding ist viel zu teuer."

Christina riss sich los. Das Ding war nicht zu teuer. Man brauchte einfach nur das Geld. Ihre Gedanken wanderten schon wieder, und ein Bild von ihr und Paul tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Sie saß in seinem Porsche, das Halsband um den Hals, und die Welt flog an ihr vorbei. Sie lächelte zufrieden, während sie Steffi den Gang entlang folgte.

Das Dessousgeschäft erinnerte sie daran, wozu sie eigentlich hier war. Sie zeigte auf das Schaufenster.

„Kein Wunder, dass hier keine Kameras sind. Vermutlich traut sich keiner rein, wenn er auch noch gefilmt wird."

Steffi schüttelte den Kopf. „Ich glaub, das ist der Sexshop. Pawel hatte da Bedenken. Er hat wohl Angst, dass ihm die letzten Kunden abspringen, wenn hier Kameras angebracht werden."

Christina schnaubte nur. „Das kann man heimlich machen."

Steffi lachte leise. „Das sag mal lieber nicht zu laut. Offiziell musst du darauf hinweisen, wenn irgendwo gefilmt wird. Das ist sonst illegal. Und Paul ist viel zu anständig, um so was durchzuziehen."

Christina schnaubte erneut. Zu dem Thema hatte sie ihre eigene Meinung. Sie war sich sicher, dass Paul sie beobachtet hatte.

Der Sexshop war eher unauffällig, nicht mehr als eine dunkle Scheibe, eine ebenso dunkle Tür und das obligatorische, rot leuchtende Schild. Kaum durch die Tür, steuerte Steffi zielstrebig auf den Inhaber zu, einen kräftigen, deutlich auf die fünfzig zugehenden Polen mit dunkler Haut, fettig wirkenden, schwarzen Haaren und einem kaum zu ignorierendem Geruch nach Knoblauch. Christina fächelte sich unauffällig Luft zu. Sie machte einen Schritt zurück und sah sich erst mal um.

Der Laden wirkte überraschend aufgeräumt. Die unvermeidlichen Pornoheftchen und Regale mit Videos waren deutlich in der Unterzahl. Pawel setzte wohl eher auf Produkte für das junge Paar, oder aufgeschlossene Singles mit Sinn für Ausgefallenes. Sie ließ ihren Blick über die ausgestellte Ware schweifen und beschloss, den Laden zu besichtigen.

Der vordere Teil enthielt vor allem Wäsche, aber nichts, dass Christinas Aufmerksamkeit lange auf sich lenkte. Sie erkannte Qualität, wenn sie sie sah, und die Sachen, die hier ausgestellt waren, konnten mit den Luxusteilen aus dem Wäscheladen vorn im Flur nicht annähernd mithalten. Im nächsten Gang war Sexspielzeug. Dildos, Vibratoren und exotischere Dinge füllten die Regale. Christina schaute neugierig, hielt sich aber auch hier nicht lange auf. Sie hatte nie ganz verstanden, warum man sich für teures Geld Ersatzteile anschaffte, wenn das echte Exemplar nicht nur umsonst zu haben war, sondern auch noch ohne Batterien auskam.

Sie setzte ihren Rundgang fort. Das war schon interessanter. Ein paar gewagte Stücke aus Leder und Latex waren ausgestellt, und Halsbänder und Knebel füllten die Regale. Dicke Seile, eine Reihe verschiedenster Handschellen und ein paar schwere Lederfesseln hingen dramatisch von der Decke herunter. Christina schaute interessiert, dann drehte sie sich um. Steffi schien immer noch in ihr Gespräch mit dem Inhaber vertieft zu sein. Christina wollte gar nicht wissen, was sie redeten. Es konnte nur was Unappetitliches sein. Sie machte einen Schritt nach vorn und hätte beinahe eine Schaufensterpuppe umgestoßen. Fast wäre sie umgefallen, aber Christina streckte ihre Hand aus und fing die Puppe gerade noch mal auf.

Sie sah sie staunend an. Sogar an diesem Ort hatte Weihnachten Einzug gehalten. Die Puppe trug schenkelhohe Stiefel aus eng anliegendem, tiefrotem Wildleder mit halsbrecherischen Absätzen, die in einer schmalen Krempe aus plüschigem, weißem Fell endeten. Dazu trug sie ein Minikleid aus dickem, rotem Samt, dessen skandalös kurzer Rock und Corsage von einer Borte aus dem gleichen, weißen Fell geziert wurden. Auf dem Kopf trug die Puppe die unvermeidliche Zipfelmütze, ein langes, rotes Ding mit breiter weißer Krempe und ebensolchem Bommel. Christina musste lachen. Wie wunderbar ironisch. Das war bestimmt nicht das, was Santa brachte, wenn er zu den braven Kindern kam. Eher was für die unartigen. Die Idee gefiel ihr. Sie strich über das weiche, rote Leder der Stiefel. Nicht das übliche Billigprodukt, das sich nach einmal tragen aufzulösen drohte, stellte sie fest. Das war Qualität. Sie rümpfte kurz die Nase. Wo kam die Knoblauchwolke her? Sie drehte sich herum.