Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Wie ich meine Tochter lieben lernte

Geschichte Info
Von Kummer, Trost und unserem ersten Mal.
7.4k Wörter
4.65
22.1k
15
Teile diese Geschichte

Schriftgröße

Standardschriftgröße

Schriftabstand

Standard-Schriftabstand

Schriftart Gesicht

Standardschriftfläche

Thema lesen

Standardthema (Weiß)
Du brauchst Login oder Anmelden um Ihre Anpassung in Ihrem Literotica-Profil zu speichern.
ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

Ich stand am Herd und kochte gerade das Mittagessen, als meine Tochter Linda zur Wohnungstür hereinkam. „Hey Schatz, du kommst genau richtig. Die Pilzpfanne ist gleich fertig."

„Schön, kannst du alleine essen", sagte Linda nur und stampfte auf direktem Weg in ihr Zimmer, wo sie die Tür laut zuschlug.

Ich seufzte. Sie hatte wieder so einen Tag, wie sie ihn zuletzt immer häufiger hatte. Ich hatte gelernt, damit umzugehen, aber es war trotzdem immer wieder schwierig, nicht mir die Schuld daran zu geben.

Der eigentliche Schuldige war sicher der Krebs. Meine Frau hatte monatelang im Krankenhaus gelegen, diese Zeit war für uns als Familie furchtbar zermürbend und schlussendlich war es besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende gewesen.

Ich wusste nicht genau, wie unser Sohn Robert es verkraftet hat, denn er wohnte in einer anderen Stadt und studierte. Aber Linda, die noch ihr Abitur machte und vor einem halben Jahr erst achtzehn geworden war, hat es erkennbar mitgenommen. Da auch ich mir manchmal noch ziemlich schwer tat, diesen Schicksalsschlag zu akzeptieren, kam es leider immer wieder zu Reibereien zwischen Lindas Problemen und meinen Problemen.

An jenem Tag also aß ich das Mittagessen allein, ließ aber eine Portion für Linda übrig. Sie blieb den Nachmittag über in ihrem Zimmer. Das tat sie in letzter Zeit sehr häufig. Allmählich bekam ich das Gefühl, ich verlöre jeden Draht zu ihr. Aber nachdem meine Frau gegangen war, wollte ich auf keinen Fall auch noch meine Tochter verlieren.

Ich fragte also eine Freundin um Rat. Sie zeigte Verständnis für Lindas Verhalten und riet mir, mal vorsichtig Interesse zu zeigen, wie es ihr geht. Sie fand, dass wir ja eigentlich das gleiche Problem zu bewältigen hatten und es uns bestimmt besser gelänge, wenn wir darüber redeten und uns gegenseitig unterstützten.

Soweit die Theorie, der ich zustimmen konnte. Aber als Vater fällt es mir manchmal nicht leicht, den richtigen Ton zu treffen und überhaupt Gefühle zu signalisieren. Am Abend dieses Tages ging ich dennoch das Wagnis ein und klopfte an Lindas Tür.

Beim ersten Klopfen tat sich nichts. Nach dem zweiten öffnete ich die Tür vorsichtig einen Spaltbreit. Linda lag auf dem Bett und hatte Kopfhörer in den Ohren. Ich blieb, wo ich war, und klopfte nochmals gegen die nun offene Tür.

Jetzt hörte sie mich und nahm einen Kopfhörer heraus. Sie sah mich an. „Was?"

„Falls du doch noch Hunger verspüren solltest, dein Essen steht im Kühlschrank."

Linda sah wieder auf ihr Handy. „Ich will nichts essen."

„Mag sein, aber für alle Fälle wollte ich es dir sagen. Kann ich irgendetwas für dich tun?"

„Du kannst die Tür zu machen, Papa."

Ich seufzte. „Also gut. Aber Lin, wir sitzen doch im selben Boot und machen dasselbe durch, das könnten wir auch geneinsam versuchen, anstatt dass jeder für sich unglücklich ist, oder?"

Auf diese Worte erwiderte Linda nichts mehr, außer dass sie den Kopfhörer wieder ins Ohr steckte und demonstrativ auf ihr Handy starrte. Also machte ich die Tür zu und ging in mein Schlafzimmer.

Das war ja super gelaufen. Ich sah allmählich kein Land mehr, wie ich das Verhältnis zu meiner Tochter wieder hinbekommen sollte. Statt zu schlafen, zerbrach ich mir den Kopf darüber, was ich falsch machte und was ich noch versuchen könnte. Ich kam zu keinem Ergebnis.

Frustriert stand ich irgendwann auf und ging in die Küche. Dort erwärmte ich mir eine Tasse Milch in der Mikrowelle, um vielleicht besser einzuschlafen. Als ich auf dem Rückweg an Lindas Zimmer vorbeikam, hörte ich ein Schluchzen. Hatte ich mir das eingebildet? Ich lauschte eine Weile, bis ich mir sicher war, dass ich richtig hörte. Zum zweiten Mal an diesem Tag -- falls es zu jenem Zeitpunkt noch nicht Mitternacht war -- klopfte ich an das Zimmer meiner Tochter.

Das Weinen ging weiter, ich öffnete die Tür. Linda lag im Dunkeln, nur der Schein einer Straßenlaterne fiel schwach auf ihr Bett. Ich ging leise zu ihr und setzte mich auf die Bettkante.

„Hey", sagte ich und legte eine Hand auf ihre Schultern.

Sie lag mit dem Rücken zu mir, den Kopf unter einem Kissen begraben. Zwar schlug sie meine Hand nicht weg, aber auch sonst zeigte sie keine Reaktion.

„Ich wünschte mir auch, sie wäre noch da", sagte ich schließlich. „Sehr sogar. Und nein, ich kann es immer noch nicht akzeptieren. Aber ich versuche es, indem ich mich frage, was sie sich nun von mir gewünscht hätte. Und... sie würde verstehen, wie es mir geht. Sie würde auch verstehen, wie es dir geht und sie würde von mir erwarten, dass ich mich zusammenreiße und mich um dich kümmere. Deshalb... wenn ich etwas für dich tun kann, bin ich da, okay?"

Ich war überrascht, dass Linda antwortete. „Sie hätte nicht gewollt, wie ich jetzt bin." Kurz und knapp.

„Sie hat dich immer geliebt, Linda."

„Als ich noch kein Idiot war. Du machst alles richtig, kümmerst dich und bist nett, während ich nur noch jeden anschreie oder mich verkrieche."

Das konnte ich so nicht stehen lassen, nichts lag der Wahrheit ferner. „Wenn ich immer alles richtig machen würde, müsste meine Tochter jetzt nicht daliegen und Krokodilstränen weinen. Ich glaube, dass ich zuletzt alles Mögliche falsch gemacht habe, und versuche irgendwie, es zu retten."

Eine Weile sagte keiner was, während ich ihre Schulter streichelte. „Mama hat mich immer in den Arm genommen, wenn ich mich verkriechen wollte", sagte Linda irgendwann.

„Hat sie das?" War es so einfach? „Hm, wenn das der magische Trick ist... willst du dich aufsetzen?"

Zunächst rührte sich Linda nicht und ich dachte schon, sie würde ablehnen. Plötzlich aber kam sie unter ihrem Kissen hervor, drehte sich um und warf sich mir an die Brust. Ich schloss sie in die Arme. „Es tut mir leid", bekannte sie unter Tränen.

Ich spürte ihre Traurigkeit, vielleicht weil unsere Herzen so eng aneinander lagen, und sie erinnerte mich an meine eigene Traurigkeit aus demselben Grund, sodass auch mir die Tränen kamen. Trotzdem hielt ich Linda fest und sie hielt mich fest. So waren wir in unserer Trauer vereint und auch, wenn ich es mir fröhlicher vorgestellt hatte, so war es dennoch wunderschön, wieder Zugang zu meiner Tochter gefunden zu haben. Ich hätte sie einfach früher in den Arm nehmen sollen.

Irgendwann waren die Tränen versiegt und das Schluchzen verstummt. Wir hielten uns immer noch in den Armen. „Denkst du, du kannst jetzt schlafen?", fragte ich da leise.

„Weiß ich nicht", antwortete Linda. „Musst du gehen?"

„Ich kann auch bleiben."

„Bis ich eingeschlafen bin?"

„Wenn du das möchtest."

Linda löste sich aus der Umarmung und strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Ich glaube, allein kann ich nicht einschlafen."

„Also gut. Aber dann rutsch mal ein bisschen nach hinten, damit ich mich zumindest auch hinlegen kann."

Linda gehorchte und legte sich auf die eine Seite des Bettes unter die Decke, während ich mich mit Abstand an den vorderen Rand legte. Wir wünschten uns gegenseitig eine gute Nacht und an mehr erinnere ich mich nicht, was darauf hindeutet, dass zumindest ich sehr bald darauf eingeschlafen war.

Am nächsten Morgen war es Linda, die mich wach rüttelte. „Papa, ich muss in die Schule."

Verschlafen öffnete ich die Augen. „Schaffst du das allein?", fragte ich. „Es ist doch noch mitten in der Nacht."

„Schön wär's. Also schön, dann bleib halt liegen, aber ich muss jetzt raus." Mit diesen Worten kletterte Lina über mich drüber und stand auf. Als sie im Bad verschwand, war ich bereits wieder eingeschlafen.

„Willst du diesmal etwas essen?" Als Linda nachmittags wieder nach Hause kam, ging sie nicht wortkarg in ihr Zimmer, sondern kam zögernd in die Küche. „Es gibt Nudeln mit Pilz-Käse-Soße", erklärte ich.

„Schon wieder Pilze?" Linda schnupperte am Kochtopf mit der Soße.

„Die müssen gegessen werden. Aber du kannst auch noch das von gestern aufwärmen. Sind halt auch Pilze."

„Pilze sind ok." Ohne Aufforderung ging Linda zum Geschirrschrank, holte zwei Teller heraus und stellte sie auf den Tisch. Ich freute mich, dass unsere Annäherung gestern Nacht anscheinend nicht nur vorübergehend war. Beim Essen unterhielten wir uns darüber, wie es ihr mit der Schule gerade ging. Anscheinend kam sie trotz allem ganz gut mit und war zufrieden mit ihren Noten. Sie war eben ein kluges Köpfchen, wie ihre Eltern.

Ich schlug ihr vor, dass wir ja mal wieder etwas zusammen machen könnten, und wir einigten uns darauf, am Abend einen Film zu schauen.

Bis dahin gingen wir noch unseren eigenen Sachen nach -- sie hatte Hausarbeiten zu erledigen und ich holte die Arbeitszeit nach, die ich morgens verschlafen hatte. Bei flexibler Arbeitszeit und Homeoffice ist das zum Glück keine große Sache. Am Abend trafen wir uns dann im Wohnzimmer. Eine kurze Diskussion entbrannte, in der ich Arrival vorschlug und sie Guardians of the Galaxy, bis wir uns darauf einigten, dieser neuesten Starwars-Serie einmal eine Chance zu geben und die erste Folge anzuschauen. Also hockten wir uns nebeneinander aufs Sofa, leckere Gemüsesnacks und eine Karaffe frischen Trinkwassers vor uns auf dem Tisch, und starteten den Stream.

Die Folge gefiel uns, obwohl wir keine übergroßen Starwars-Fans waren, also fuhren wir mit der zweiten fort.

„Möchtest du ein Glas Wein?", fragte ich Linda spontan, schließlich war sie inzwischen 18.

„Rosé?"

Ich nickte und Linda bejahte. Während das Intro lief, holte ich die Flasche aus dem Kühlschrank und schenkte zwei Gläser ein. Wir stießen an und widmeten uns wieder dem Film. Linda lachte über meine treffsicheren Kommentare zur Sinnhaftigkeit des Filmgeschehens, worin anscheinend mittlerweile jeder ein Lichtschwert hatte, und nachdem sie ihr Weinglas ausgetrunken hatte, rutschte sie näher zu mir und lehnte sich mit dem Kopf bei mir an. „Schauen wir noch eine Folge?", fragte sie beim Abspann. „Ich hasse diese Cliffhanger."

Ich sah auf die Uhr. „Hm, es ist schon recht spät, oder?"

„Ich hab morgen früh Freistunde und du hast heute auch kein Problem gehabt, länger zu schlafen."

Da hatte sie recht. „Also gut, eine geht schon noch."

„Du bist ein Schatz, Paps", freute sich Linda und kuschelte sich an mich.

Ich legte meinen Arm um ihre Schultern und war so glücklich wie nie, seit Lindas Mutter von uns gegangen war. Tatsächlich fühlte ich mich zurückversetzt in die Zeit vor der Geburt unserer Kinder, als wir genau so Seite an Seite auf dem Sofa saßen und sie sich damals an mich geschmiegt hatte, wie Linda es jetzt tat. Linda, die ihrer Mutter so ähnlich sah, von der Frisur über das Gesicht bis zur Statur und ja, auch ihre Brüste hatten dieselbe perfekte Form. Klein und fest, nicht zu groß und doch klar umrissen. Ich strich ihr gedankenverloren eine Strähne aus dem Gesicht und freute mich, dass ich eine so hübsche Tochter hatte. Darüber durfte man sich als Vater ja noch freuen. Oder war das schon der Wein?

Als die dritte Folge zu Ende war, konnte Linda die Augen kaum mehr offen halten. Trotzdem nuschelte sie irgendetwas von weiterschauen. „Ich glaube, du schläfst gerade ein", bemerkte ich.

„Ich will nicht schlafen", widersprach Linda.

„Freistunde hin oder her, ohne Schlaf stehst du die Schule morgen nicht durch. Komm, von mir aus trage ich dich ins Bett."

Ich schaltete den Fernseher aus, aber Linda protestierte. „Ich will aber nicht allein sein."

Ich schluckte. Das verstand ich nur allzu gut. Auch ich hasste das Alleinsein, und die einsamen Nächte seit damals waren das Schlimmste. Aber wir waren nun einmal allein.

Ich erinnerte mich an die Worte der Freundin, die ich um Rat gefragt hatte, dass wir unsere Probleme gemeinsam durchstehen sollten. Vielleicht hatte sie ja recht? Dieser gemeinsame Filmabend war für uns beide eine schöne Erfahrung. Vielleicht wäre mehr Nähe die Lösung?

„Also gut", gab ich mich geschlagen. „Von mir aus hol deine Bettsachen und leg dich ins Schlafzimmer. Aber wehe, du schnarchst!"

Meine Worte weckten Lindas Lebensgeister. „Danke Paps", frohlockte sie und sprang auf. „Schnarchen? Was ist das?"

Ich seufzte und erhob mich ebenfalls, um mich bettfertig zu machen.

Wenig später lagen wir nebeneinander im Doppelbett, jeder auf einer Hälfte mit eigener Decke und eigenem Kissen. „Gute Nacht, Lin", sagte ich und schaltete das Licht aus.

„Gute Nacht, Paps", erwiderte meine Tochter. Dann kehrte Stille ein. Ich versuchte zu schlafen und in einen halben Dämmerzustand schaffte ich es auch, aber weiter kam ich nicht. Anscheinend ging es auch Linda so. „Papa?", fragte sie irgendwann. „Schläfst du schon?"

„Nein, warum?"

„Glaubst du, dass es irgendwann nicht mehr so schlimm ist?"

Ich wusste, was sie meinte, ohne dass sie es spezifizierte. Aber ich musste überlegen, ehe ich antwortete. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jemals nicht mehr weh täte. Aber ja, vielleicht fühlt es sich irgendwann weniger schlimm an."

„Wann wird das sein?"

„Ich weiß es nicht. Wenn wir uns daran gewöhnt haben. Wenn andere, bessere Dinge passiert sind."

„Hm. Ich kann mir das nicht wirklich vorstellen."

„Du bist jung, Lin. Da passieren noch eine Menge Dinge, auf die du dich freuen kannst. Du findest jemanden, der heillos in dich verliebt ist, und dann sieht die Welt schon ganz anders aus."

„Bis er Krebs bekommt."

„Lin!" Ich richtete mich empört auf. „Sag so etwas nicht."

„Tut mir leid."

Ich hörte, wie sie sich wegdrehte. Also gut, was jetzt? Vielleicht half der magische Trick auch hier? „Hey, Liebling. Wie wär's mit einer Umarmung?"

Erst schien Linda nicht zu reagieren, aber dann drehte sie sich doch um und kam in meine Arme. Sie sagte nichts, als ich sie an mich zog, aber ich spürte eine heiße Träne an der Wange.

„Es passieren wirklich noch schöne Dinge, glaub mir", flüsterte ich in ihr Ohr. „Das Leben ist manchmal brutal. Warum auch immer. Aber es hat auch eine Sonnenseite, die sich immer wieder von Neuem zeigt."

„Ok." Linda hielt sich an mir fest, als wäre ich ein Rettungsanker. Ich strich ihr beruhigend über den Kopf und sagte nichts. „Kannst du mich so festhalten, bis ich eingeschlafen bin?", fragte sie mich irgendwann.

Ich seufzte. „Bist du dafür nicht ein wenig zu alt?" Linda löste sich sofort aus meiner Umarmung und wollte sich zurückziehen. „He, schon gut", versuchte ich sie aufzuhalten. „War nicht so gemeint. Ich muss doch erst üben, wie man mit einer Tochter umgeht. Deine Mutter war ein Naturtalent, ich brauch da etwas mehr Zeit." Ich sank rücklings aufs Bett und klopfte neben mich. „Na komm schon her, wenn du magst."

Linda folgte der Einladung, legte den Kopf auf meine Schulter und schlang einen Arm um meinen Oberkörper. „Du musst ja nicht wie Mama werden, nur ein bisschen weniger wie ein Roboter."

Ich legte den Arm um ihre Schulter. „Ein Roboter bin ich also?"

„Ein bisschen. Ich hatte immer das Gefühl, eu magst keine Gefühle. Deswegen bin ich dir zuletzt aus dem Weg gegangen."

„Das stimmt überhaupt nicht", protestierte ich erbost. „Da hättest du deine Mutter fragen sollen!"

„Habe ich auch. Sie war auch anderer Meinung. Aber vielleicht, weil du sie manchmal umarmt hast und mich immer nur angeschaut."

Ich dachte über ihre Worte nach. „Nur angeschaut?" Hatte ich so viel falsch gemacht? „Es tut mir leid", sagte ich leise.

„Macht ja nichts", erwiderte Linda großzügig. „Du kannst dir ja einfach vorstellen, ich wäre Mama."

Mein erster Impuls war, dagegen Einwände zu erheben, aber dann spürte ich, wie Lindas Worte eine tiefe Wunde anrührten und eine gewaltige Sehnsucht aufweckten. Ich schluckte. Natürlich war Linda nicht ihre Mutter, aber sie hatte ich noch und vielleicht konnten wir uns gegenseitig Trost spenden in unserem Verlust. Instinktiv zog ich Linda enger zu mir heran. Da gab sie mir plötzlich einen Kuss auf die Wange. „Schlaf gut, Paps", sagte sie.

„Du auch", brachte ich mit brüchiger Stimme hervor. Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen traten, und hoffte, dass Linda nichts merkte. Sie sagte nichts und ihr regelmäßiger Atem beruhigte mich allmählich. Ich beschloss, die Nähe zu meiner Tochter zu genießen, zu einem Menschen, den ich über alles liebte, auch wenn er nicht meine Frau war. Und mit diesem Gedanken schlief ich ein.

Es war meine Frau, von der ich träumte. Im Traum war sie an meiner Seite und nicht Linda und wir liebten uns wie am Anfang unserer Ehe. Es war ein schöner Traum, doch mein Unterbewusstsein musste irgendwann eingeschritten sein, dass das doch nicht möglich sei. Also wachte ich auf, als es noch mitten in der Nacht war, und der Schmerz des Verlustes und die Sehnsucht überkamen mich wie eine Sturmflut. Ich wünschte mir, meine Frau wäre hier und würde mich umarmen und sich an mich schmiegen. Entsprechend musste ich mich an meine Tochter geklammert haben, die in Wirklichkeit bei mir lag, denn sie wachte auf. „Papa?", fragte sie.

„Alles gut, schlaf weiter", sagte ich.

„Dann darfst du mich aber nicht erdrücken."

„Oh, tut mir leid." Ich lockerte meinen Griff um ihre Schulter. „Ich habe nur geträumt."

„Macht ja nichts", antwortete Linda. „Siehst du, wie schön Umarmungen sind?" sie schmiegte sich wieder an mich und legte ein Bein über meine. Da registrierte ich beschämt, wie erregt ich war, sicherlich eine Folge des Traums. Ich hielt die Luft an und hoffte, dass Linda nichts merken würde, aber sie rührte sich nicht mehr und schien weiterzuschlafen. Also versuchte auch ich, wieder einzuschlafen, ohne mich zu bewegen.

Als ich das nächste Mal aufwachte, war es Tag und die Sonne schien durchs Fenster. Ich sah zur Seite und erblickte Linda, die etwas von mir weggerollt war und noch schlief. Ihr Gesicht lag friedlich da, als träumte sie etwas Schönes.

Ich rutschte herüber und schlang einen Arm um sie. Dann beugte ich mich zu ihr herunter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Als unsere Gesichter dicht an dicht nebeneinander lagen, öffnete sie die Augen und wir sahen uns an.

„Hey", sagte ich. „Gut geschlafen?"

„So gut wie lange nicht", flüsterte sie, ohne den Blick abzuwenden.

Darauf wollte ich etwas erwidern, doch mir fiel nichts ein und ich versank in den meerblauen Augen meiner Tochter, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte. „Du hast schöne Augen", sagte ich schließlich.

Sie lächelte und ich glaube, sie wollte mir einen Kuss auf die Wange geben, aber weil auch ich mich in dem Moment bewegte, trafen sich plötzlich unsere Lippen. Wir beide erstarrten. Aber keiner von uns zog sich zurück. Dann dachten wir wohl gleichzeitig, dass doch nichts dabei wäre, und unsere Lippen gaben sich einander hin. Es wurde ein inniger, langer Kuss, der ein warmes Kribbeln in mir hervorrief. Ich nahm Linda gleichzeitig in den Arm und sie schmiegte sich an mich. Es war mir egal, dass mein morgendlich erigierter Penis gegen ihren Bauch drückte. Als sich unsere Lippen voneinander lösten, sahen wir uns an, als wäre es ein schöner Traum und wir wären noch nicht aufgewacht. Keiner sagte etwas. Linda schloss die Augen und lehnte ihre Stirn gegen meine. Wieder trafen sich unsere Münder, die Lippen umspielten sich und plötzlich durchzuckte mich ein Stromschlag, als sich unsere Zungen berührten. So lagen wir eine ganze Weile da, küssten uns uns hielten uns in den Armen. Ich fragte mich am Rande, ob das nicht zu weit ging, aber nur am Rande. Was verstand ich schließlich schon vom richtigen Umgang mit einer Tochter? Offensichtlich musste ich ja noch viel lernen und das gehörte vielleicht dazu.

Als wir irgendwann voneinander abließen und Linda sich erhob, war gefühlt eine Ewigkeit vergangen. „Wie spät ist es?", fragte ich.

Linda rieb sich die Augen und warf einen Blick auf den Wecker neben dem Bett. „Mein Bus kommt gleich."

„Oh. Na, dann solltest du keine Zeit verlieren. Sonst musst du im Schlafanzug zur Schule."

Sie nickte und wollte aufstehen, dann besann sie sich und beugte sich kurz herab, um mir einen flüchtigen Kuss auf den Mund zu geben. „Bis nachher, Paps", verabschiedete sie sich, als sie anschließend zur Tür heraus eilte.