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Downtown No. 01

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Ich warte bis die letzten Strahlen der Sonne es nicht mehr schaffen mein Gesicht zu wärmen. Der Wein ist leer. Ich fühle mich besser.

Ich gehe zu den Menschen unter der Brücke. Obwohl ich keinen von ihnen persönlich kenne, sind sie mir sehr vertraut. Hier, in dieser meiner Welt, sind sie meine nächsten Verwandten. Und sind wir uns nicht alle ein wenig ähnlich? Die blutunterlaufenen Augen. Die dünnen blauen Äderchen auf der Nasenspitze. Fettige, mit Flusswasser zurückgekämmtes Haar. Der gleiche abgestandene Geruch vom täglichen Leben auf der Straße. Sie sind gastfreundlich solange man ihren Schlafplatz respektiert.

Ich geselle mich zu ihnen. Ich zähle elf Brüder. Der Älteste ist um die Fünfzig, der Jüngste noch keine Zwanzig. Alles Repräsentanten verschiedener Nationen. Ein Gipfeltreffen der besonderen Art. Ohne große Worte werde ich in ihre Runde aufgenommen. Ein kurzes Nicken hier, ein sparsames Grunzen da. Niemand hat etwas zu sagen. Niemand hat mehr Geld. Niemand hat was zu trinken. Ich habe Geld, fühle mich gut. Was soll´s? Ein paar Flaschen kann ich mir ohne Probleme leisten. Für das Ticket ist immer noch genug da. Ich vertraue Susanne.

Vladimir begleitet mich zur Tankstelle. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, kam er mit einem Containerschiff aus St. Petersburg. Dort lebt seine Frau mit dem gemeinsamen Sohn. Vladimir wollte hier Arbeit suchen und nach einer gewissen Zeit seine kleine Familie zu sich holen. Er musste wie so viele bald erkennen, dass die Wirklichkeit auf Träume scheißt und nur für die wenigsten ein Ticket in sonnigere Gefilde bereithält. Nachdem er ohne Erfolg versucht hatte, als Hafenarbeiter unter zu kommen, dafür war er wohl zu schmächtig, verkaufte er sich an reiche alte Säcke. Er schickte seiner Frau Geld, das er mit seinem festen Hintern und dem Lutschen von Schwänzen verdiente. Um den aufschreienden Stolz zu betäuben, begann er zu saufen.

Mit der Zeit vergaß er immer öfter, den wöchentlichen Brief abzuschicken, bis er ganz damit aufhörte. Er war jetzt ein starker Trinker, was ihn für die meisten Freier unattraktiv werden ließ. Die Einnahmen wurden immer geringer, schließlich landete er auf der Straße und begann seine Kunden auszurauben. Doch wie es kommen musste, geriet er dabei irgendwann an den Falschen. Er wurde schlimm zugerichtet. Als der Kerl Vladimir halb totgeschlagen hatte, ritzte er ihm als abschreckendes Zeichen ein X in die linke Wange.

Vladimir ist klein und mager. Durch die schlecht verheilte kreuzförmige Narbe auf seiner Wange ist er gebrandmarkt. Niemand wird sich mehr mit ihm einlassen. Seine Zeit als Stricher ist vorbei. Er ist noch sehr jung, sein Bart wächst unregelmäßig.

Während wir den gleichen Weg zurückgehen, jetzt mit ein paar Flaschen Wein, bemerke ich, dass Vladimir sehr nervös ist. Vielleicht ist er wütend, dass ich die Flaschen erst unter der Brücke anbrechen will. Dauernd rollt er mit den Augen und schaut sich hastig nach allen Seiten um, als würde uns jemand folgen. Dabei versucht er mit mir Schritt zu halten. Ich bin größer als er und mache lange Schritte. Er hechelt, doch ich sehe nicht ein langsamer zu gehen. Ich mag Vladimir nicht besonders. Ich habe bereits eine Menge solcher Typen kennen gelernt, sein Schicksal ist das vieler. In meinen Augen ist er kein Mann, er hat sich brechen lassen, hat sich gefügt, die Verantwortung in die Hände anderer gegeben. Ich habe mich bewusst für dieses Leben entschieden, er hingegen hat sich einfach ohne zu überlegen in den reißenden Strom fallen lassen, und lange wird er sich nicht mehr an der Oberfläche halten können. Außerdem sieht er aus wie eine Ratte.

Während ich selbstzufrieden den aufkommenden Nebel am Ufer des Flusses betrachte, seinen feuchten Geruch tief in mich aufnehme und meine Sinne auf die sonnige Zukunft einstelle, hat Vladimir sein Taschenmesser gezogen, mit dem wir eigentlich den Wein öffnen wollten, und rammt es mir in die Seite. Ich verspüre sofort eine merkwürdige Mischung aus erfrischender Kälte und unheilschwangerer Hitze sich an dem Loch in meinem Körper ausbreiten. Ich stoße einen überraschten Schrei aus und sinke auf die Knie. Mit der einen Hand stütze ich mich ab, mit der anderen halte ich meine blutende Wunde. Vladimir beugt sich über mich. Er zerrt hektisch an meiner Jacke, sucht das Portemonnaie des Alten. Warum habe ich ihm auch nur einen Blick hinein werfen lassen, als wir an der Kasse der Tankstelle standen? Ich sehe in die Augen des Jungen. In ihnen scheinen keinerlei Gefühle mehr vorhanden zu sein. Sie wirken wie abgestorben. Das schiefe X verstärkt diese Wirkung. Er scheint mich gar nicht zu sehen. Hat nur sein Ziel vor Augen. Er hechelt. Dünne Speichelfäden bedecken mein Gesicht.

Er scheint gefunden zu haben was er suchte. Eine Art Lächeln umspielt seine Lippen. Er sieht wirklich aus wie eine Ratte. Dann verschwindet er aus meinem Blickfeld. Ich blicke gen Himmel. Der Mond ist schwach durch den Nebel zu sehen. Er hat beinahe seine volle Größe erreicht. Wie betäubt starre ich in den schwindenden Himmel. Ist es nur der Nebel, der sich wie ein Schleier um mich legt, oder tauche ich bereits ein in die längste aller Nächte?

Unendliche Schwere lässt meine Glieder erschlaffen, eine nie gespürte Müdigkeit erfasst mein Bewusstsein und ich drifte hinfort, lasse mich treiben, der Nebel wird dichter, die Lichter gehen aus, so müde, so schwach-

Nein, noch nicht. Noch lebe ich, noch kann ich mir selber helfen. So leicht soll es die alte Knochenfresse nicht mit mir haben. Ich richte mich auf, was einen rasenden Schmerz durch meinen Körper jagen lässt.

Immerhin hat mir der Junge das Messer hinterlassen. Die Klinge steckt bis zum Anschlag, am breiten Ende ist eine Art Widerhaken, ich habe keine Lust sie zu entfernen, trotzdem entschließe ich mich dafür, bevor sie noch mehr Schaden anrichtet.

Ich beginne zu weinen, zu schnaufen, um Hilfe zu krächzen. Der Fluss antwortet mir mit seinem monotonen Plätschern, sonst niemand. Meine Hand zittert. Sie umschließt den roten Plastikgriff des Messers. Dabei spüre ich den im Griff untergebrachten Korkenzieher und denke an Vladimir, wie der jetzt verzweifelt versucht, den Korken seiner (meiner) Weinflasche mit dem Finger einzudrücken.

Die Schmerzen werden jetzt stärker. Chirurgen zittern nicht, ich schon. Bei jeder Bewegung könnte ich schreien. Ich versuche die Haut an meiner Seite ein wenig zu dehnen, damit das Loch groß genug ist und der Widerhaken keinen größeren Schaden anrichten kann. Mit lautem Lachen versuche ich einer Ohnmacht zu entgehen. Mit jedem Zittern zerstört die Klinge weitere Innereien. Ich muss mich beeilen. Ich ziehe. Sie hängt. Die Schmerzen bringen mich um den Verstand. Sachte drücke ich die Klinge noch einmal tiefer in meinen Körper. Dabei pisse ich mir in die Hose. Ich kann nichts dagegen tun. Schweiß läuft mir in die Augen und vermischt sich mit meinen Tränen. Gott es ist so heiß. Ich werde verbrennen. Ich dehne noch einmal die Haut unter den Rippen mit meiner freien Hand um das Loch für den Austritt des Messers zu vergrößern. Ich rutsche ab. Verliere fast das Bewusstsein, beiße mir auf die Lippe. Alles ist voller Blut. Ein weiterer Versuch. Ich ziehe. Augenblicklich sacke ich zusammen. Blut schießt aus der Wunde. Ich werde ohnmächtig. Wärme, nur noch Wärme. Der Schmerz ist meilenweit entfernt. Ich rieche meine Pisse und sterbe.

7

„Wachen Sie auf!"

Der Nebel lichtet sich und während ich hinaus trete, auf die gleißend helle Lichtung öffne ich meine Augen.

Eine alte Frau starrt mich an. In Ihren tiefen Augenhöhlen sehe ich das Aufblitzen Ihrer stahlblauen Augen. Sie trägt schwarz, ein altmodischer Hut thront geneigt auf ihrem Haupt. Im Hintergrund erkenne ich die Umrisse eines alten Segelschiffes. Der schiefe Hauptmast neigt sich gen Ufer und droht das gesamte Schiff zu kippen. Die Segel hängen schlampig aufgerollt in der Luft. Sie sind starr, denn ich betrachte ein Bild, welches kitschig umrahmt an einer alten Backsteinmauer hängt. Oder einer Innenwand. Ich versuche mich ein wenig umzuschauen, doch irgendetwas hält mich davon ab. Ich kann mich nicht bewegen.

„John?"

Die Stimme einer Frau. Ein wenig gehetzt.

„John! Komm her! Ich glaube er ist wach.

Fortsetzung folgt...

Oder nicht? Ich bin gespannt auf eure Kommentare. Ach ja, falls ihr euch über die vielen Stilwechsel aufregt, das wird in Zukunft sicherlich besser.

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