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Eli und Nils

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Es ist schon halb acht -- er kommt bald rüber. Wir wollen ein paar DVDs gucken. Es klopft, da ist er schon!

Eli

Eli betrat den Raum. Nils saß auf der Couch und starrte ihn an. Er hatte einen Blick in den Augen, den Eli absolut nicht kannte. Etwas, das so neu für ihn war, dass er es sofort bemerkte.

War er sauer? Nein, das war nicht der wütende Blick. Worauf hätte er auch sauer sein sollen? Eli war nur mal kurz um die Ecke noch ein paar Bier holen an der Tankstelle. Denn irgendwie war sein Vorrat schneller aufgebraucht gewesen, als er es geplant hatte.

Eli stellte das Bier auf den Boden, hing die Jacke an den Haken, drehte sich um und sah noch immer den Blick.

„Was ist los?", fragte er verunsichert.

„Was los ist? Wie erklärst du mir denn das hier?", Nils nahm ein Buch zur Hand -- und Eli wäre am liebsten gestorben.

„Du hast nicht ..."

„Sicher habe ich. Was denkst du dir nur dabei?"

Eli stand da, rührte sich nicht. Sämtliches Gefühl war aus seinem Körper gewichen. Er fühlte sich so träge, dass er keinen Millimeter Bewegung in seine Knochen bekam, nicht einmal die Idee des heraus Stürmens kam ihm. Er stand da, sein Kopf leer wie eine Dose, als wenn er die Situation nur als unbeteiligter Zuschauer beobachten würde.

Nils stand auf, endlich kam Bewegung in seine Füße. Er trat einen unbeholfenen Schritt zurück, wäre beinahe über ein dort liegendes paar Schuhe gefallen. Plötzlich konnte er nicht weiter, die Tür war im Weg. Er hatte vergessen, wie man sie öffnet. Er hatte alles vergessen. Einzig an die Worte, die er geschrieben hatte, konnte er denken.

„Eli. Wo willst du denn hin?"

„Weg.", sprechen viel also genau so schwer, wie denken. Nils kam auf ihn zu. Sein Blick, noch immer nur auf sein Gesicht geheftet. War das Panik, das er da fühlte? Er wollte am liebsten verschwinden, nie wieder auftauchen und hoffen, dass die Geschichte, die Sache niemals ans Tageslicht kam.

Seine Hände zitterten, als er versuchte den Türknauf zu drehen. Welcher Folterknecht kam nur auf die Idee einen Türknauf in die Innenseite zu verlegen? Von außen gab es Klinken. Elis Finger waren so feucht, dass er es einfach nicht schaffte den Knauf richtig zu fassen. Er glaubte auch nicht, dass er genug Kraft dafür in den Fingern hätte.

„Komm her. Wir müssen darüber reden."

Eli rührte sich nicht. Er hörte auf mit seinen kläglichen Versuchen die Tür zu öffnen und drehte sich langsam um. Er starrte ihn an. Was hatte er erwartet? Dass Nils ausholen würde, ihn zusammenschlagen würde. Gehen würde? Alles, nur sicher nicht eine so unglaublich raue Stimme.

Aber er könnte sich auch genauso in den Hintern treten. Als wenn er nicht aus unzähligen Büchern und Filmen wusste, dass Tagebücher nie eine gute Idee waren. Irgendwann kam das, was in ihnen stand, zum Ausbruch. Er atmete tief ein, stellte fest, dass er die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte. Er ließ die Arme an seine Seite sinken, den Blick zum Boden gleiten.

„Reden?", presste er unter Anstrengung hervor, „Worüber denn reden?"

„Uns.", war die simple Antwort.

Eli blinzelte. Es gab ein „uns" nach all dem, das Nils gelesen hatte? Er blinzelte noch ein paar Mal, hob dann den Kopf an und fragte: „Uns?"

Nils sah ihn an, stand nur wenige Meter von ihm entfernt. Er wäre am liebsten hingegangen, hätte seinen besten Freund in den Arm genommen. Aber alles, was er tun konnte, war stehen und starren. Es fiel ihm schwer, Ruhe zu bewahren.

Sein bester Freund liebt ihn seit sie sich kennen. Aber das war nicht schlimm. Irgendwie war es schon immer anders mit Eli gewesen, als mit all den anderen Freunden, die er hatte. Er war schon immer etwas besonderes für ihn gewesen und so verwunderte es ihn nicht, dass es so eine Art Liebe gab. Er mochte Eli ebenso, wenn auch nicht ganz auf diese Weise. Jedenfalls war er sich darüber nicht sicher. Wie hätte er auch? Er hatte nie das empfunden, was er für Eli empfand. Er wäre nie auf die Idee gekommen, dass es nicht Freundschaft ist. Ja, keine normale Freundschaft, das war ihm klar. Aber doch Freundschaft. Als er diese Stellen las, in denen Eli sagte, wie sehr er sich zu ihm hingezogen fühlt, war da eine Wärme, ein Wissen, dass ihn glücklich amchte. Gleichzeitig wusste er, wenn es tatsächlich nur Freundschaft ist, das sie verbindet, dann hätte er sich unwohl fühlen müssen. Aber das tat er nicht. Es war nicht schlimm, dass Eli ihn offensichtlich liebte. Oder eben nicht so offensichtlich, denn wirklich darauf gekommen wäre er nie, hätte er es nicht gelesen. Und hätte er nicht den Blick gesehen, den Eli hatte, als er das Tagebuch hoch hielt.

Es war auch nicht schlimm, dass er ihm nie gesagt hatte, dass er eindeutig nicht auf Mädchen stehen würde. Das allerdings erklärte einiges. Eli war nie der Typ für Party gewesen, darum verbrachten sie Silvester nun zum vierten Mal alleine auf der Couch. Es war ein stiller Packt: Silvester im Haus, aber Geburtstage groß und draußen. Das lag auch daran, dass beide keine großen Freunde der Kälte waren. Sie hatten im Sommer Geburtstag und da war es schön warm.

Das schlimmste an der Sache war auch nicht, dass er nie etwas gesagt hatte. Natürlich, es verwirrte ihn noch mehr, als alles, was in den letzten Monaten war. Mehr, als dieser Kerl, der ihn ... er wollte gar nicht daran denken. Er war sauer darüber, dass Eli ihm nie erzählt hatte, was mit seinem Vater und seiner Mutter wirklich war. Er hatte ihm eine Geschichte aufgetischt, die zwar von der Wahrheit nicht weit entfernt lag, aber davon genug abwich, dass er denken musste, er könne Nils nicht vertrauen. Es fühlte sich an, wie eine Lüge, auf der ihre Freundschaft aufgebaut war. Ein Stützpfeiler, der einzubrechen drohte.

„Natürlich gibt es ein uns. Komm bitte her. Setze dich hin, bitte.", Nils ging selbst zurück und setzte sich auf die Couch. Langsam, wurde Eli wieder deutlich, wie man geradeaus läuft, er setzte sich mit einem so schlechten Magen neben ihn, schaute ihn nicht an, starrte auf seine Finger, die er vor seinem Bauch in seinem Schoß verschränkt hatte.

„Eli, ich weiß überhaupt nicht, was ich sagen soll."

Schweigen von beiden Seiten.

„Das ist ja nicht unbedingt etwas, das man jedem erzählt.", murmelte Eli nach einer Weile.

„Aber deinem besten Freund doch sicher."

Eli hob den Blick, sah ihn verwirrt an: „So nach dem Motto: „Herz-Ausschütten"? Das kannst du doch gar nicht ernst meinen. Wie überflüssig ist denn das?"

„Du kannst mir alles erzählen. Wirklich.", versuchte Nils zu bekräftigen.

„Kann ich eben nicht."

Nils konnte es einfach nicht fassen.

„Wir kommst du auf die Idee, dass du mir das nicht sagen kannst? Wie kommst du nur darauf, dass ich nicht alles über dich wissen will?"

Es entstand wieder eine unbequeme Stille.

„Also hast du kein Problem damit? Das wird nichts ändern zwischen uns?", fragte Eli nach einer Weile.

Nils war nun derjenige, der etwas verwirrt schaute. Irgendwie beschlich ihn das Gefühl, dass sie leicht aneinander vorbei redeten: „Wie sollte das unsere Freundschaft ändern?"

„Ich liebe dich und das ändert nichts?", Eli sah Nils fest in die Augen. Es tat gut, es zu sagen. Es tat so unendlich gut, zu gestehen, was er so lange fühlte, so lange ein Teil von ihm gewesen ist, dass er gar nicht mehr daran gedacht hätte, dass es irgendwann einmal über seine Lippen kommen würde.

„Was? Das meine ich doch gar nicht.", Nils schaute ihn entrüstet an, „Ich meine diese Sache mit deinem Vater."

„Oh, scheiße.", zischte Eli. Wieder Stille. Eli wandte sich ab, starrte auf seine Schuhe.

„Wäre auch zu schön gewesen.", murmelte er.

„Wie meinst du denn das?", Nils rückte näher an ihn heran. Eli sagte nichts. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich soetwas nicht schon erwartet habe, oder?"

Das war nun zu viel für ihn. Die Nähe, sein unglaubliches Verständnis und er hatte es gewusst? Eli sprang auf.

„Du wusstest es? Komm mir nicht so nah. Ich ... Wie ...", seine Stimme versagte, er wandte sich zum Fenster, starrte in die Nacht von der er gehofft hätte, sie sei dunkler. Dunkler, damit er sich in ihr verlieren konnte. Aber hier war nicht der Vorort, hier war das pulsierende Leben und acht Stockwerke unter ihm konnte er es sehen. Die Leute, die unbeschwert auf das neue Jahr warteten. Die, die nur Lachen und Trinken im Kopf hatten. Die, deren bester Freund soeben nicht gesagt hatte, dass er ihn schon die ganze Zeit über durchschaut hatte.

Plötzlich fühlte er eine Hand auf seinem Rücken, sie brannte sich durch seine Kleidung, fraß sich auf seine Haut, wie ein Feuer. Er erschrak, jede Berührung war wieder neu und aufregend. Sein Körper tat einfach nicht, was er wollte. Er reagierte sofort. Wut fiel von ihm ab. Er war nicht sauer, er schloss die Augen, genoss die Hand. Es war so schön berührt zu werden. Etwas, das ihm nicht häufig passierte. Eli war zwar ein überaus netter Mensch. Aber das war's dann auch schon, was er für die meisten Menschen war. Nett. Der in der Tat unauffällige Typ, die nicht aus der Masse stach, was auch gar nicht sein Anliegen war. Der Schüler mit den immer guten Noten, der aber nie wirklich Anschluss gefunden hatte. Der Student, der im Hörsaal saß, den aber niemand vermissen würde, wenn er einmal nicht auftaucht. Der unauffällige Typ, nie viele Freunde. Auch wenn er keine Probleme hatte Menschen kennen zu lernen. Er kannte viele, aber er wurde nie persönlich. Er blieb der Spaßvogel, der er sein wollte. Auffällig unauffällig und am besten in dem Ruf, wenn er denn einen hatte, immer entweder gut gelaunt und überaus freundlich zu sein, oder muffig in sich vergraben und nachdenkend. Eli war nicht der Typ für das große Herumerzählen. Er war immer alleine und hatte sich daran gewohnt einen Kokon aufzubauen, der ihn vor Schlimmerem schütze. Bis zu dem Tag, an dem Nils kam. Der Kokon blieb, aber er macht doch große Löcher in ihn hinein. Er wollte, dass Nils an seinem Leben Teil nahm. Aber er wollte nicht alles mit ihm teilen. Was natürlich immer schwieriger wurde, je mehr er ihn liebte. Bis es letztendlich weh tat daran zu denken ihn nicht mehr zu lieben. Diese Liebe wurde Teil seines Kokons.

„Eli. Wie glaubst du nur, hast du keine Chance bei mir?"

Er dreht sich um. Starrte in blaue Augen über ihm. Nils war kaum größer, es fiel eigentlich gar nicht auf, aber aus irgend einem Grund, musste Eli immer aufsehen, wenn er in seine Augen sah. Er sagte gar nichts, aber der Blick muss alles gesagt haben.

„Ich würde es vielleicht nicht Liebe nennen. Aber sicher doch irgendwas, mehr als Freundschaft. Eli, du bist der wunderbarste Mensch auf der Welt. Du bist wundervoll, genau so wie du bist."

Plötzlich berührten sich ihre Lippen. Eli wusste, dass er es nicht war, der den Kuss initiierte. Er hatte zu oft davon geträumt, sich zu oft zurück gehalten, als er die Gelegenheit dazu gehabt hätte. Ihre Gesichter so dicht beisammen, aber er wusste, dass er es nicht war. Er wusste es.

Es hielt ihn nicht davon ab die Augen zu schließen. Diese Lippen auf seinen zu genießen. Zu schmecken. Langsam bewegten sie sich, lagen nicht nur länger still aufeinander.

Eli fühlte eine Zunge, die Eintritt verlangte und er war mehr als bereit ihn ihr zu gewähren. Er empfing Nils' Zunge und sandte seine eigene aus, um zu erkunden. Es war unglaublich. Er hatte natürlich schon rumgemacht, er wusste, wie Küssen funktionierte. Auf dieser Party, einer der wenigen, zu denen Nils ihn hatte überreden können, hat er jemanden geküsst. Er wusste, dass dieser nur betrunken war, aber er nutzte die Gelegenheit.

Doch jetzt fühlte er, dass es damals total anders war. Es war Rummachen, es war nichts, als platonisch. Ein wenig Spaß für beide Seiten, Training für ihn. Aber dieser Kuss mit Nils war so viel besser. Er dauerte und dauerte und keiner der beiden wollte sich lösen. Bis ihnen die Luft so unendlich knapp wurde, dass Nils sich von den weichen Lippen seines besten Freundes löste.

Eli öffnete die Augen, sah, dass auch Nils seine wieder öffnete.

„Wow. Besser, als ich dachte", hauchte Nils schwer atmend.

„Was macht du?"

„Keine Ahnung. Ich .. komm wir setzen uns.", Nils nahm Eli bei der Hand, er hatte das Gefühl dahin zu schmelzen.

Sie nahmen nebeneinander auf der Couch Platz. Nils ließ Elis Hand los, sie sahen sich an, bis Nils wenige Sekunden später den Kopf sinken ließ. Er machte keine Anstalten zu reden. Also ergriff Eli die Initiative „Was war das gerade?"

„Ein Kuss, Idiot."

„Hmm, ich glaube da wäre ich auch noch alleine drauf gekommen.", gab er mit einem Zwinkern zurück, „Nein, mal Ehrlich. Was war das?"

„Ich weiß nicht, was in letzter Zeit mit mir los ist. Ich habe ein bisschen herumgewühlt. Ich hätte das nicht tun sollen. Aber als ich das Buch fand, dachte ich mir nichts dabei. Ich dachte es seien vielleicht Aufzeichnungen aus einer Vorlesung, oder so. Ich hab's aufgeschlagen. Ich konnte nicht widerstehen. Und als ich dann erkannte, was ich da vor mir hatte, wollte ich es auch weglegen, aber ich konnte nicht. Ich las.", er machte eine kleine Pause, „Eli, warum hast du mir nicht gesagt, dass dein Arsch von einem Vater so etwas mit dir gemacht hat?"

Eli atmete tief ein: „Keine Ahnung. Ich habe das niemals jemandem erzählt. Das erzählt man ja auch nicht. Es tut mir auch leid."

Er faltete seine Hände im Schoß zusammen.

„Ist in Ordnung, ich kann das verstehen. Irgendwie."

Sie schwiegen wieder. Es war eine ungewöhnliche Situation und keiner von beiden wusste so wirklich, was er sagen sollte. Elis Finger wanderten zu seinen Lippen. Er berührte sie.

„Und was war das gerade?", fragte er, blickte auf, ihre Blicke trafen sich.

„Keine Ahnung. Wie ich sagte, ich war etwas verwirrt in letzter Zeit."

„Okey."

Eli nahm sich eine Hand voll Chips aus der Tüte, hielt sie Nils hin, er lehnte ab.

„Kann ich ... Ach, vergiss es.", Nils sah wieder weg.

„Was? Du willst, dass ich dir alles sage, fang du als gutes Beispiel an."

Nils rückte näher, nahm Elis Hand: „Du küsst gut."

„Danke, du auch.", sagte er leise.

„Woher kannst du ..."

„Peter.", antwortete Eli kurz, „War letzten Sommer, auf der Grillparty. Er war total betrunken. Ich bin nicht stolz drauf."

Nils lachte auf: „Die Schwuchtel? Man, Eli, du hast besseres verdient!"

„Nenn ihn nicht so. Er hat immerhin den Mut dazu zu stehen. Er ist nett. Und was besseres hätte ich nicht kriegen können. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, dass er sich überhaupt daran erinnert. Wie gesagt, ich bin nicht stolz drauf.2

„Ach was, jeder hat mal eine, die betrunken ist. Oder einen.", fügte Nils mit einem Seitenblick hinzu. Sie lachten auf.

„Und du bist wirklich cool damit?", fragte Eli. Nils nickte.

„Wollen wir mit dem Film anfangen?"

„Ehrlich? Jetzt noch? Es ist kurz nach elf.", Nils sah ihn an.

„Wenn du nicht willst ... wir können auch eine Folge gucken. Das schaffen wir noch."

„Wovon?"

„Keine Ahnung. Such dir was aus. DVDs liegen da im Regal.", Eli zeigte auf seine unglaubliche Sammlung.

„Man, du musst lernen, dein Geld besser einzusetzen."

„Was soll ich machen? Ich bin süchtig!", Eli breitete sich auf der Couch aus, nahm ein Bier und öffnete es. Er beobachtete Nils. Das alles war so unglaublich unrealistisch. Er hatte soeben seine tiefsten Geheimnisse geteilt und er kam klar damit. Er wusste zwar nicht, wie Nils reagieren würde, wenn er am nächsten Morgen aufwachte, aber im Augenblick genoss er es zum ersten Mal nicht mehr so zu tun, als ob.

Sie hatten ja wirklich nicht viele Worte gewechselt, aber wieder spürte Eli, was für einen Schatz er in Nils hatte. Sie verstanden sich ohne Worte. Er fühlte sich sicher und geborgen. Sein Herz begann sogar langsam wieder normal zu schlagen. Nur seine Lippen brannten. Alles Bier wusch die Flammen nicht fort.

„Was ist das denn hier?" - Nils hielt eine DVD-Box in die Höhe.

„Kennst du das nicht? Das ist so eine kurzlebige Serie. Noch gar nicht so alt. Im Grunde ganz neu."

„Deutsche Tonspur?", Eli nickte. Nils hasste nichts mehr, als Filme im O-Ton zu gucken, ganz anders als Eli. Für ihn gab es nichts besseres. Aber Nils hatte auch nie ein sonderlich gutes Verhältnis zu der englischen Sprache. Er verabscheute sie. Eli studierte sie. Da unterschieden sie sich gewaltig voneinander.

„Worum geht es?"

„Ähm, also da ist dieser Kerl, Ned, er kann durch seine Berührung Tote zum Leben erwecken. Aber nur für eine Minute, alles was darüber hinaus geht, macht, dass ein anderer für diesen Menschen stirbt. Er erweckt seine Jugendliebe und lässt sie am leben. Jetzt darf er sie aber nicht mehr berühren, weil sie dann stirbt, zum letzten Mal."

„Klingt traurig."

Eli sah ihn kurz an, sah zur Seite: „Ist es auch. Aber der Wortwitz darin ist unglaublich. Erinnert ein wenig an eine Mischung aus Amelie und keine Ahnung .. Charlie und die Schokoladenfabrik mit Johnny Depp. So irgendwo dazwischen und doch ganz anders. Aber wirklich witzig."

„Okey. Dann schauen wir da einmal hinein."

Sie setzten sich und sahen die erste Folge aus der Serie an.

„Komm, wir gehen Feuerwerk gucken. Es ist in ein paar Minuten so weit."

Sie machten sich auf den Weg auf das Dach. Nils hatte den Schlüsse von der Hausmeisterin geborgt. Also eigentlich hatte er ihn geklaut, er würde ihn morgen wieder zurück in das Büro legen. Aber er wollte so unbedingt das Feuerwerk vom Dach aus genießen, dass er einfach im günstigen Augenblick zugelangt hatte.

Hier oben war es still.

„Und sie darf ihn wirklich nicht berühren?", fragte Nils als sie auf dem Dach nebeneinander standen.

Eli schüttelte den Kopf: „Nein, niemals. Er tötet sie dann für immer. Und er verliert sie dann für immer."

Sie standen wartend am Geländer. Schauten in den Himmel, es war sternenklar und absolut kalt. Ihr Atem stieg in kleinen Wölkchen auf, Nils Zähne schlugen leise aufeinander. Vielleicht hätte er doch die wärmere Jacke anziehen sollen.

„Das ist traurig."

Eli nickte: „Ja ist es."

Von Unten wehte ein Countdown zu ihnen hinauf.

Zehn -- neun -- acht

Eli schaute in den Himmel, der Mond schien sein kaltes Licht. Er dachte daran, wie das letzte Jahr verlaufen war. Was er geschafft hatte.

Sieben -- sechs

Was er nicht geschafft hatte.

Fünf -- vier

Was er gerne erreichen würde.

Drei

Eine Hand stahl sich in seine. Er warf Nils einen Seitenblick zu, er schaute in den Himmel. Eli sah nicht fort. Schaute seinen Freund an, fühlte seine Hand in seiner.

Zwei

Nils wandte den Blick von Himmel ab. Fand Elis Blick. Sie schauten sich an.

Eins

Kaum war die Zahl herauf geweht gingen die Raketen zwischen den Bäumen unter ihnen los. Sie waren genau auf Explosionshöhe. Es war ein magische Augenblick. Die glitzernden Farben, das laute Krachen und Heulen. Die entfernten Stimmen.

„Du zitterst.", stellte Eli fest, als er Nils betrachtete. Dieser nickte.

Eli zog Nils zu sich heran, legte seinen Mantel um sie beide.

„Frohes Neues.", flüsterte Nils in die Umarmung, dicht an Elis Gesicht. Es war eine grüne Rakete, die explodierte und ihr funkelndes Licht in den Augen des Gegenübers spiegeln ließ, als sich Nils wieder zu einem Kuss vor lehnte. Nur dieses Mal war Eli vorbereitet. Er empfing die Lippen seines Freundes mit Vorfreude. Sie waren kalt, Nils musste wirklich frieren. Ihre Zungen tanzten langsam, nicht so wild wie zuvor.

Sie lösten sich langsam voneinander.

„Ich will nicht dein Ned sein.", flüsterte Nils, „Ich will nicht, dass meine Berührng dich jedes mal tötet. Ich will, dass es etwas schönes ist. Etwas, das wir immer wieder wollen."

„Ich verstehe das nicht, Nils.", offenbarte Eli.

„Eli, ich ... ich weiß nicht, wie man soetwas sagt. Habe ich nie. Warum auch? Aber das hier ist wichtig. Ich finde dich toll. Du bist mein bester Freund. Aber ich will nicht nur Freundschaft."

„Freundschaft mit Vorteil?"

„Mehr.", hauchte Nils und küsste ihn wieder. Ihre Lippen berührten sich ganz eben.

In Eli brannte ein Feuer, das jede Kälte vergessen ließ. Einzig Nils' Zittern erinnerte ihn daran, dass es Minustemperaturen waren und sein bester Freund mit einer dünnen Jacke in der Kälte stand. Er war verwirrt über all das, was soeben passierte. Er hatte so lange davon geträumt Nils' Lippen zu fühlen, ihn zu halten, zu schmecken. Für ihn war der Abend bisher, wie ein Traum, der wahr geworden war. Aber wenn er daraus aufwachen würde, würde alles so sein wie zuvor? Würde er noch immer einen besten Freund haben? Würde er mit Nils eine Linie überschreiten, die ihre Freundschaft nicht überleben würde? Er wusste es nicht, und wenn er ehrlich war, interessierte es ihn nicht. Ein Gedanke kam ihm in die Quere. Ein einzelner Wunsch, der all sein Denken übernahm. Er wollte diese Lippen wieder fühlen. Sich wieder in einem Kuss gehen lassen. Aber nicht hier, das war ihm klar. Es war einfach viel zu kalt.