Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Insel Fortsetzung 05

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier
Gesa
Gesa
103 Anhänger

Inzwischen saßen sie alle im Van. Er lächelte als Peter Fuller Freda höflich einlud auf dem Beifahrersitz neben ihm Platz zu nehmen und ihren begeisterten Blick sah. Er überreichte ihr auch noch eine cognacfarbene Handtasche. „Ein elegantes Täschchen für eine elegante Dame, damit Johannes seine Dokumente in netter Weise bekommt."

Damit würde Michael auf dem Rücksitz neben Michelle sitzen. Und so geschah es. Die Fahrt war aber kürzer als gedacht, weil Peter wie ein Rennfahrer fuhr. Aber es war trotzdem nett neben Michelle zu sitzen.

Bei der Tanzschule verkündete Peter: „Michaela und Michel, ihr müsst den Vertrag unterschreiben und zum Sekretariat gehen. Michel, gehst du schon mal dorthin? Freda kommt gleich mit mir wegen der Wagenpapiere zur Werkstatt, die Johannes braucht. Die ist gleich hinter der Tanzschule. Kündigst du uns bitte schon einmal dort an, Freda? Michaela, kann ich vorher noch einmal kurz mit dir reden?"

Peter wirkte sehr konzentriert. Als beide schon einige Meter weg waren, zog Peter eine Karte aus seinem Portemonnaie.

„Ruf' mich in einer spätestens einer Stunde über das verschlüsselte Satellitentelefon von dem Fahrer an. Ihr müsst jetzt schnell weg. Beim Empfang wartet ‚John', seinen echten Namen braucht ihr nicht zu wissen. Ich habe eine Waffe und Fotos vom Trainingszentrum in die Handtasche gelegt. Bei der Werkstatt warten Beamte von Scotland Yard, denen ich angekündigt habe, dass ein Terrorist zur Werkstatt kommt. Wenn alles so klappt, wie ich mir das gedacht habe, stürmen die sofort das Trainingszentrum und Johannes und Freda werden festgenommen. Johannes kann die Verfolgung vorerst nicht aufnehmen und die Organisation bekommt massive Probleme, wenn das streng geheime Trainingszentrum untersucht wird. Das erzähle ich nur dir alleine, weil ich von Gloria weiß, dass Michelle für ihn schwärmt und sie vielleicht unüberlegt handelt. Ich fahre den Van in den Feuerlöschteich im Wald und reise dann per Bahn."

Michael nickte langsam. Er verstand mehr und mehr die Reichweite und auch das perfide Spiel hinter all den Operationen. Offensichtlich war Scotland Yard nicht eingeweiht in die geheime Operation des Militärs.

„Du und auch Michelle, ihr müsst euch so verändern, dass ihr nicht so schnell identifiziert werden könnt. Hör auf Michelle, verstehst du? Los jetzt, fahrt sofort mit ‚John ab!"

Er nickte wieder nur und beeilte sich zur Rezeption zu kommen. ‚John' stand schon dort und komplimentierte sie beide in einen BMW mit verdunkelten Scheiben. Er fuhr rasant los.

Bei der Ankunft im Hafen reichte John ihm wortlos das Satellitentelefon. Michael nahm es und wählte die Nummer von der Karte. Peter meldete sich nach einer Sekunde, er musste auf den Anruf gewartet haben.

„M? Es ist etwas Unerwartetes passiert. Die Klone von F und J sind im Trainingszentrum vermutlich verbrannt. Offensichtlich hat es eine automatische Selbstzerstörungsanlage gegeben. Ich kann nicht sagen, ob sie noch vorher transferieren konnten. Wenn nicht, dann weiß das Militär noch nicht einmal, dass ich dabei gewesen bin, weil F's Original das dann nicht wissen kann und das Original von J schon gar nicht. Ich weiß noch nicht einmal, ob J überhaupt im Trainingszentrum ‚angekommen' ist. Der Commander wird toben! F und noch mehr J werden sich rechtfertigen müssen. Und sie werden beide alles erzählen. Seid vorsichtig!"

Michael war geschockt. Er mochte sich nicht vorstellen, was Freda empfunden hatte, als ihr Klon sich im brennenden Zentrum befunden hatte. Sie war seine Cousine und er empfand noch immer eine Verbundenheit mit ihr, auch wenn er inzwischen realisiert hatte, dass sie an ihm nie interessiert gewesen war und er sich nur Illusionen gemacht hatte.

‚John' drängelte. „Wir müssen auf das Tragflächenboot. Wir haben keine Zeit zu verlieren."

Vorsichtig erzählte er auf dem Boot Michelle alles, um ihre Gefühle für Johannes zu schützen. Sie reagierte weit rationaler als er gedacht hatte. Aber sie war eindeutig betroffen und zog sich zurück. Das Boot war groß genug um dies zu ermöglichen.

Beide nutzten sie danach den Aufenthalt an Bord für ein kleines Nickerchen und den Besuch der Toilette. Kurz vor Le Havre wechselten sie noch auf hoher See in ein kleines Motorboot, das von einem ‚Jean' gesteuert wurde.

7.4 Vorbereitungen zur Flucht

Michelle erkannte sofort die Gefahr, die in einer intensiven Befragung von Freda und Johannes lag. Sie konnte nur hoffen, dass weder Michael noch sie selber irgendwelche unbedachten Äußerungen gemacht hatten, die nun ihre Flucht beeinträchtigen würden. Es würde jetzt noch dringender sein ihr Äußeres so zu verändern, dass sie sich unerkannt bis zum Schiff durchschlagen konnten.

Der Bootsfahrer ‚Jean' brachte sie in einen kleinen Flussarm der Seine und dann per Auto zu dem privaten Schönheits-Institut, dass Gloria ihr genannt hatte. Es besaß eine Abteilung von kosmetischer Chirurgie und eine für Maskenbildner.

Michelle wusste von Gloria, dass sie wegen der Überwachungskameras kleine und schnell auszuführende semi-permanente Operationen brauchten, die es für die Gesichtserkennungssoftware schwer machte, sie zu identifizieren. Für Europa selber brauchten sie auch noch Änderungen, die es Personen schwer machte, sie wiederzuerkennen. Sobald das Schiff den europäischen Bereich verlassen würde, bräuchten sie sich nur noch auf die Kameras zu konzentrieren.

Diskret wurden sie von einem Ehepaar Courage empfangen. Er stellte sich als Dr. Courage und Schönheitschirurg vor. Madame Courage präsentierte sich als Maskenbildnerin. Michelle nannte nur Michel und Michaela als Vornamen ohne weitere Details zu nennen. Das nahm das Ehepaar ohne sichtbare Regung hin.

Dr. Courage stellte gleich am Anfang klar, dass bei der geforderten Eile nur Injektionen mit Füllmitteln möglich wären. Richtige Operationen seien nicht möglich. Er sah sie beide kurz an:

„Michel, Ihnen würde ich eine kleine Kinnkorrektur für ein markanteres Kinn empfehlen und Michelle, Ihnen würde ich ein Aufspritzen und Formen der Lippen vorschlagen. Beides sind kleine Korrekturen, die aber ausreichen, um Gesichtserkennungssoftware aus dem Takt zu bringen."

Michelle nickte einfach, während sie sah, wie Michael zögerte. „Das ist erst der Anfang, Michaela. Vertraue mir. Denk daran, was das Ziel ist..."

Michael zog die Augenbrauen hoch, kommentierte das aber nicht. Offensichtlich hatte der Appel an sein Vertrauen gefruchtet.

Nun ergriff Mme. Courage das Wort: „Für die Augenfarbe würde ich Ihnen ebenfalls permanente Korrekturen empfehlen, die aber erst später greifen würden. Bis dahin sollten Sie mit Kontaktlinsen arbeiten. Ein dunkles Grün für Michaela und braun mit blauem Innenring für Michel. Viel wichtiger ist aber Frisur und Haartracht für eine größere Veränderung. Michaela, Ihnen würde ich eine Haarverlängerung auf gut schulterlang anraten und eine Färbung auf einen rötlichen Kastanienton mit weich fallenden Locken sowie eine Typveränderung durch passende Kosmetik und hübsche Ohrringe."

Michael machte große Augen bei dieser Beschreibung und sah hilfesuchend zu Michelle hin, die aber zustimmend nickte. Sie konnte sich sehr gut vorstellen konnte, wie erstens das Aussehen stark verändert würde und zweitens wie gut diese Veränderung wirken würde, wenn sie an den Vergleich mit Freda dachte.

"Michel, Ihnen würde ich eine dunkelbraune Haarfärbung mit einem 12 mm Haarschnitt empfehlen. Außerdem wären Koteletten aus den abgeschnittenen Haaren eine sinnvolle Variante."

Michelle musste schlucken. Einen Bart zu tragen, war schon ziemlich gewöhnungsbedürftig und noch viel mehr ihre Haare so extrem stutzen zu lassen. Ausgerechnet den Ratschlag wollte sie eigentlich nicht hören, aber sie sah das Gesicht von Michael, der lächelte, als ob er sagen wollte, müssen wir nicht alle eine Kröte schlucken? Natürlich war das durchaus logisch, aber ihre Haare waren nun mal ihr neuralgischer Punkt. Andererseits bot er auch gleich einen Trost an: „Du kannst es ja gleich wieder wachsen lassen, Michel."

„Na gut, fangen wir doch mit meiner Frisur an und gleichzeitig mit der Lippenkorrektur von Michaela. Dann können wir wechseln für mein Kinn und ihre Frisur. Ich möchte aber nachher bei der Kosmetik für Michaela mit dabei sein."

Gesagt -- getan. Michelle folgte Madame Courage und Michael folgte Dr. Courage. Die Frau setzte sie in seinen Sessel und binnen einer Viertelstunde war Michelle ihre Haare zu einem Großteil los. Das Färben war auch kein großer Aufwand. Es war verblüffend zu sehen, wie die andere Haarfarbe im Spiegel der Madame wirkte.

Danach musste sich Michelle in ein weißes, steril wirkendes Zimmer auf einen Behandlungsstuhl setzen, der sie unangenehm an den Zahnarzt erinnerte und auf den Doktor warten. Als er hereinkam, hatte er eine Skizze in der Hand. Es zeigte sie mit einem markanteren und minimal breiterem Kinn. „Ist das so okay, Michel?"

Michelle nickte gottergeben. Wenn das half, heil aufs Schiff zu kommen, dann war es okay. Der Doc war gut, sie spürte die Einstiche seiner Spritze kaum. Sie musste eine Viertelstunde warten, bis sie wieder aufstehen durfte. Erst danach durfte sie zu Michael.

Michelle starrte Michael verblüfft an und er sie. Sie hörte ihn ausatmen: „Meine Güte, Michel -- du siehst ja bald so männlich ‚tough' wie ein Lance Armstrong aus."

Michelle fand das Kompliment etwas zweischneidig. Erstens war der ehemalige Profiradfahrer war ja nicht nur ‚tough' sondern auch betrügerisch gewesen und zweitens fand sie ein besonders männliches Aussehen als ein etwas zweifelhaftes Kompliment für ein Mädchen. Aber in Michaels Gesicht spiegelte sich eher Bewunderung, so nahm sie das als Zeichen für eine gut gelungene Organisation der Flucht - und natürlich war sie ja auch in der Haut eines Jungen.

Immerhin veranlasste es sie selber vorsichtiger mit ihren Kommentaren über ihn zu sein, obwohl es wirklich spektakulär war. Michaels Gesicht war von einer kastanienroten Lockenpracht umgeben, die sich bis auf die Schulterblätter ergoss. Die Lippen waren jetzt geschwungen und mit einen gut gewählten Lippenstift in bordeauxrot akzentuiert. Die Augenfarbe war durch Kontaktlinsen von blau-grün in Richtung dunklerem Grün geschoben. Es war ein echter Wow-Effekt, aber Michelle begnügte sich mit einem zurückhaltenden Wort: „Michaela, das ist eine große Veränderung, wie sie gebraucht wird und gleichzeitig ist es wirklich sehr stimmig und gelungen."

Es dauerte einen Moment, aber dann erblühte ein Lächeln auf den geschminkten Lippen und Michelle war sich sicher, dass ihr Kommentar positiv aufgenommen war. So fuhr sie beruhigt mit weiteren Forderungen fort:

„Wir brauchen für die Reise aber auch noch Kleidung, die garantiert nicht auf den Kameras der Anlage gespeichert war. Und es muss bei dir mit der weiblich eleganten Frisur übereinstimmen. Ohrringe wären auch schön, nicht wahr, Madame Courage?"

Michael schüttelte spontan den Kopf und war sichtlich nicht einverstanden, auch wenn Madame Courage sofort wortreich zustimmte. Michelle war hier aber entschlossen sich durchzusetzen:

„Michaela, das hast du mir beim Tanzen versprochen, erinnerst du dich?"

Das traf ins Schwarze. An der sofort einsetzenden Rötung des Gesichtes erkannte Michelle, dass sie einen Punkt hatte. Michael erinnerte sich sehr wohl an sein Versprechen. Andererseits waren es wohl viele Änderungen für ihn und er versuchte auf Zeit zu spielen: „Michel, können wir nicht erst einmal reisen und dann in Muße...?"

Michelle schüttelte energisch den Kopf: „Die Reise ist doch gerade der Grund, weshalb all diese Änderungen sinnvoll sind. Auch ich werde mir andere Kleidung zulegen. Also stell' dich jetzt nicht so an, Michaela! Denk an das was Deine Schwester gesagt hat."

Das reichte komplett. Michaels Widerstand brach in sich zusammen. Er brachte keine weiteren Argumente mehr vor. Michelle war zufrieden und konnte jetzt der Versuchung nicht widerstehen, ihn zu necken: „Außerdem müssen wir noch eine hübsche Strumpfhose für dich aussuchen. Und eigentlich brauchst du auch ein hübsches Nachthemd für die Fahrt oder möchtest du dich mir lieber in neckischer Unterwäsche zeigen?"

Michelle genoss es wie ihr Gegenüber nun tiefer rot anlief, während Madame Courage lächelte und sich anscheinend schon den Profit aus weiteren Einkäufen ausrechnete nach dem zufriedenen Ausdruck auf deren Gesicht zu urteilen. Aber just in diesem Moment merkte Michelle, wie das Bild einer ‚Michaela' in Lingerie nicht nur ein Necken war, sondern auch eine reizvolle Vorstellung.

„So, ich brauche jetzt erst einmal einen Anzug für die Reise. Hilfst du mir beim Aussuchen, Michaela?" Michelle brauchte Abstand zu den Vorstellungen in ihrem Kopf.

Michael war sichtlich erleichtert. Er stimmte sofort zu. Sie gingen alle drei in das angrenzende Bekleidungsgeschäft. Das Schönheitsinstitut hatte mit seinem kleinen Bettenhaus für die stationären Fälle wohl automatisch auch Kunden mit Bekleidungsbedarf. Und angesichts der zahlungskräftigen Klientele war das Niveau des Ladens durchaus dementsprechend.

Michael war jetzt offensichtlich gefühlt in sichererem Fahrwasser. Er äußerte sofort seine Meinung, dass für die Reise auch gute Schuhe nötig wären, die mit dem Anzug passen sollten. Michel nickte zustimmend.

Sie verschwand in der Ankleide und ließ sich sowohl von Michael als auch von Madame Courage Anzüge, Hemden und Schuhe reinreichen. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht laut herauszulachen, als Madame Courage einen Anzug mit dem Etikett Hochzeitsanzug hereinreichte. Irgendwie war das alles absurd. Die Vorstellung als Mann zu heiraten war zum Schreien komisch. Sie stellte sich das alles in einer Sitcom vor und beschloss das später Michael zu erzählen. Jetzt wo die Dame dabei war, ging das natürlich nicht. Sie zog aus Lust und Tollerei ein weißes Dress Shirt mit verdeckter Knopfleiste zu einem Nadelstreifenanzug an und schlüpfte in glänzende, schwarze Halbschuhe mit Ledersohlen. Dann trat sie effekthascherisch heraus und erwartete von Michael einen Lachanfall: „Ist das nicht hollywoodreif?"

„Du siehst darin toll aus!"

Michelle war verblüfft und nicht darauf vorbereitet: „Meinst du das wirklich oder ...?"

„Das kommt aufs Schiff mit."

Sein Ton war entschlossen und er zeigte keinerlei Zweifel. Michelle hörte nur, als auch Madame Courage einstimmte wie gut der Anzug säße. Sie war überrascht und fühlte sich überrumpelt, aber auch geschmeichelt. Das war echt. Michael war offensichtlich begeistert von ihr in diesem Aufzug. Ob auch bei ihm die Hormone verrücktspielten? Er strahlte sie regelrecht an und die ausdrucksvollen grünen Augen in seinem von den kastanienroten Locken umrahmten Gesicht schimmerten nun feucht. Das haute Michelle jetzt total um. Das war keine Blödelei von Michael, er meinte es absolut ernst. Michelle streichelte ihm spontan die Wange. Sie war gerührt und konnte nur zustimmen.

Dann kam wieder ihre pragmatische Ader durch: „Aber für die Reise brauche ich etwas Unauffälligeres."

Sofort reichte Michael ihr ein modernes, leichtes Sakko in marineblau mit einem lässigen Schnitt herein und eine leichte, hellgraue Hose. Das war eine bequeme Variante, wie sie sofort merkte: „Das nehme ich!"

Dann lächelte Michelle träge: „Bis zum Nachtzug haben wir noch ein paar Stunden, die wir ausnutzen sollten. Als allererstes Ohrlöcher und hübsche Ohrringe für dich, liebe Michaela. Und dann können wir einen Mittagsimbiss machen, bevor wir zu den anderen hübsche Sachen übergehen."

Michael seufzte auf, aber protestierte nicht. Er wusste wohl ganz genau, dass auch Gloria auf gewissen Dingen bestehen würde und dass er sich wegen des Streifenanzugs auf dünnes Eis begeben hatte.

Michelle ging zu der Juweliers Abteilung herüber. Sie wählte delikate rotgoldene Hänger mit einem zierlichen Blattmuster, die sanft pendeln würden. Die Stecker, an denen der Hänger befestigt war, würden als Erstohrringe dienen. „Madame Courage, setzen Sie bitte die Ohrlöcher in Michaelas Ohrläppchen."

Michelle beobachtete wie Michael den Anweisungen der Dame folgte und sich auf einen Hocker setzte. Die Maskenbildnerin bevorzugte das Stechen. Michelle hörte den leisen Aufschrei der hellen Stimme, als die Nadel durchs Ohr schoss. Sofort ging sie hin, um für das zweite Ohrloch die Hand zu halten. Zuerst zögerte Michael diese zu ergreifen, aber dann nahm er es an. Michelle hörte dann beim zweiten Mal nur ein schreckhaftes Einatmen und spürte das plötzliche Zucken der kleineren Hand in ihrer eigenen. Sie streichelte die weiche Haut und sah den dankbaren Blick der grünen Augen.

Sie wandte sich an Madame Courage: „Ich setze die Ohrhänger ein, Madame Courage, wenn sie damit einverstanden sind."

Diese nickte und Michelle setzte die beiden Hänger behutsam ein und beobachtete mit einem sinnlichen Vergnügen, wie diese dann mit jeder Bewegung des Kopfes von Michael sanft hin und her schwangen: „Jetzt bist du schön für mich, Michaela."

Sie hielt die grünen Augen fest und sah in ihnen eine Verwirrung, als sie ihren Satz aussprach, aber auch einen Ausdruck eines eigenartigen Stolzes.

„Zuerst müssen wir jetzt die ‚Passfotos' machen und sie schicken. Dann nehmen wir einen Imbiss, machen uns frisch und danach geht es in die Damenabteilung, liebe Michaela."

Michelle verspürte eine gewisse Vorfreude bei dem zweiten Teil des Shoppings. Woran das lag, analysierte sie vorsichtshalber nicht.

7.5 Die Flucht per Bahn

Michael war ziemlich erleichtert als der Zug vom Gare d'Austerlitz in Richtung Marseille bzw. Nizza abfuhr. Der Tag hatte es in sich gehabt. Und bis jetzt wusste er eigentlich nicht, was Michelle aus purer Notwendigkeit gefordert hatte, oder was sie gemacht hatte um ihn zu ärgern oder zu necken oder was sie auf Forderung und Anweisung von Gloria gemacht hatte, ohne selber dahinter zu stehen oder was sie vielleicht gemacht hatte, weil sie es mochte, wie er aussah.

Die Sonnenbrille und den Schal um den Mund im Regionalzug von Le Havre nach Paris hatte er eingesehen, zumal auch Michelle eine Sonnenbrille getragen hatte. Seine bisherigen Sneakers gegen Riemchensandalen mit Absatz auszutauschen war nachvollziehbar im Hinblick auf die Benutzung der 1. Wagenklasse im Nachtzug und auf Michelles Argument eines geänderten Ganges. Bei letzterem hatte er allerdings den Verdacht, dass Michelle das auch nicht ungern sah.

Das mit einem passenden Reisekleid hatte er auch eingesehen. Wenn Michelle in Sakko und Hose unterwegs war, konnte er schlecht mit Speakern, Jeans und Top im Gammel Look am Bahnsteig auftauchen. Das würde automatisch mehr Aufmerksamkeit bedeuten. Also hatte er dem Vorschlag des leicht geschäftsmäßig aussehenden Reisekleides mit dem plissierten Rocksaum zugestimmt.

Gegen das kleine Schwarze hatte er sich zunächst wegen des Rocksaumes weit über dem Knie gewehrt, aber war dann nicht gegen das Totschlagargument angekommen, dass dies die logische Konsequenz des Streifenanzuges für Michelle war, den er selber für das Schiff gefordert hatte. Strumpfhosen an sich hatte er auch eingesehen, aber das was Michelle ausgesucht hatte, war ihm teilweise doch etwas genierlich beim Anprobieren gewesen. Sie hatte partout auf halterlosen Strümpfen in Kombination mit dem kleinen Schwarzen bestanden, was beinahe zu einem Streit geführt hätte. Und die Auswahl der Unterwäsche hatte wirklich zu einem Streit geführt. Madame Courage hatte sich diskret zurückgezogen, als er Michelle angezischt hatte. Aber dann hatte sie ihn mit einem geflüsterten und eindringlichen „Bitte mir zuliebe!" einfach sprachlos gemacht. Ihr bittender Blick dabei hatte ihn einfach nachgeben lassen. Er hatte es ihr nicht abschlagen können, genauso wenig wie den Kauf von zwei Nachthemden. Er hatte eigentlich einen Pyjama bevorzugt.

Aber jetzt waren sie ja in der Bahn im Schlafwagenabteil. Es gab ein Mini Bad und zwei Betten übereinander. Michelle würde unten liegen und den Schlafwagenschaffner abwarten, der noch den Wein bringen sollte. Er durfte oben schon dösen.

Gesa
Gesa
103 Anhänger