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Kampf des Willens Ch. 01

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Lange Zeit war nichts zu hören als ihr eigener, ruhiger Atem, und hin und wieder ein leichtes Knarren des Bettes, wenn sie sich um Schlaf umdrehte. Dann jedoch, nach Lauras Rechnung etwa um Mitternacht, knarrte das Bett stärker. Es war alt und aus Holz, machte also immer Geräusche. So laut aber war es eigentlich nur, wenn sie sich darin aufsetzte. Dann war es wieder still, doch wenn sie ganz genau hinhörte, glaubte Laura das Geräusch von leisen Schritten zu hören, und dann ein Knacken, wie das Öffnen ihres Fensters. Im nächsten Moment war ein dumpfer Aufprall zu hören, und dann wieder Schritte – diesmal lauter, denn sie knirschten im Schnee.

Lauras Herz klopfte ihr bis zum Hals ob dieser Erkenntnis: Dann war es also tatsächlich keine Einbildung gewesen. Sie hatte ihr Zimmer letzte Nacht verlassen, und also hatte sie dies wohl auch im Oktober und November getan. Das Erwachen mitten im Wald war kein Traum gewesen.

Mit glühendem Gesicht hörte sie der Aufnahme weiter zu.

Längere Zeit hörte sie nichts als die Schritte im Schnee, die sie als ihre eigenen vermutete. Irgendwann jedoch veränderte ihr Klang sich wieder – als ob sie sich in einem Raum befände. Und dann, plötzlich, war da eine Stimme. Ihr Klang wirkte seltsam hohl, wahrscheinlich ein Effekt des Diktiergeräts: „Hallo Laura, da bist du ja endlich. Wie schön dich zu sehen."

Laura konnte nicht anders, sie musste die Aufnahme erst einmal abbrechen. „Wasser!" dachte sie. „Ich brauch ein Glas Wasser." Sie rannte in die Küche, froh, dass ihre Eltern noch immer nicht da waren und ihr Fragen stellen konnten. Sie war sich sicher, dass sie bleich im Gesicht war. Mit zitternden Fingern holte sie ein Glas aus dem Küchenschrank, und hielt es unter den Wasserhahn. Sie ließ es ganz vollaufen, und trank es dann in einem Zug aus. Danach fühlte sie sich ein wenig besser. Sie lehnte sich gegen die Wand gegenüber dem Waschbecken und blickte einige Momente aus dem Fenster nach draußen, in die Dunkelheit. Sie musste erst einmal nachdenken. Doch da hörte sie ein Knacken im Türschloss. Es war fast fünf, ihre Mutter kam immer um diese Zeit zurück. Schnell, bevor sie in der Küche angetroffen werden konnte, zog sich Laura wieder in ihr Zimmer zurück. Bis zum Abendessen hatte sie immer noch über zwei Stunden, und in dem Glauben, dass sie wohl lernte oder las, würde ihre Mutter sie bestimmt in Ruhe lassen. Laura musste wissen, was auf der Aufnahme weiter geschah.

Doch es war schwer, die übrigen Geräusche zu interpretieren.

Martin – war er es wirklich? Laura war sich nicht sicher – sagte nichts mehr. Doch Laura hörte ein schweres Atmen, das musste er sein. Nach wenigen Momenten erklang ein dumpfer Aufprall, so als sei das Diktiergerät selbst zu Boden gefallen. Aber es war doch in ihrem Nachthemd! Auch der Atem war jetzt weiter weg, und weniger laut zu hören. Was folgte, waren weitere, unerklärbare Geräusche: Knarren und ein leises Bummern, Atem, der lauter wurde und irgendwann fast in ein leichtes Stöhnen überging. Wieder schaltete Laura das Gerät aus. Sie konnte nicht mehr hinhören. Ihr war schlecht. Sie beschloss, die nächste halbe Stunde der Aufnahme zu überspringen – doch was danach folgte waren nur wieder Schritte im Schnee.

***

Laura wehrte sich an diesem Abend mit aller Heftigkeit gegen den Schlaf. Sie verbrachte Stunden im Wohnzimmer, bei ihren Eltern. Die sahen wie jeden Abend fern, und obwohl sich Laura nicht besonders für die Sendung interessierte, schaute auch sie zu. Solange sie bei ihren Eltern war, war sie zumindest sicher. Doch irgendwann gingen auch sie zu Bett, und Laura war allein. Sie blieb im Wohnzimmer sitzen, entgegen der Ermahnungen ihrer Mutter, und schaute irgendeinen Spätabendfilm. Aber sie konnte sich nicht konzentrieren, ihre Augen fielen zu. Letztendlich beschloss sie, sich in der Küche einen Kaffee zu machen. Sie stand auf und...

...Laura riss ihre Augen weit auf. Sie lag auf dem Boden. Nicht auf dem Teppich im Wohnzimmer, oder den kalten Dielen in der Küche. Nein, sie lag auf einem schmutzigen Holzfußboden, irgendwo, sie wusste nicht wo. Sie lag da, auf dem Rücken, nackt, die Beine weit geöffnet – und jemand lag auf ihr. Nein, nicht nur auf ihr, in ihr.

Für einen merkwürdigen Augenblick schoss ihr der Gedanke durch den Kopf: „So also fühlt Sex sich an." Es tat nicht weh. Sie war offensichtlich feucht genug, aber sie fühlte sich nicht erregt. Sie spürte nur, wie etwas – sein Schwanz, Glied, Geschlecht; ihr Hirn suchte in merkwürdiger Distanz zum Geschehnis nach dem passenden Wort – immer wieder heftig in sie gestoßen wurde.

Irgendwo über ihr schwebte Martins Gesicht. Schweiß stand auf seiner Stirn, er hatte die Augen geschlossen, und ein ekelhaft erregter Ausdruck umspielte seinen Mund. Er war nackt und seine Haut sah aufgeschwemmt und seltsam bläulich aus in der Dunkelheit. Von seinem Hals baumelte das gleiche Medaillon, das er auch zum Tauchwettbewerb getragen hatte.

Laura erkannte all dies innerhalb weniger Sekunden, während derer ihr Körper gelähmt vor Schreck in dieser sich Martin darbietenden Stellung liegen blieb, ihn gewähren ließ. Dann schien sie aus ihrer Starre zu erwachen. „Nein!" schrie sie, und schlug zugleich mit der flachen Hand gegen Martins Brustkorb. Das Echo ihres Aufplatschens auf seiner Haut hallte durch den Raum. Martin öffnete seine farblos wirkenden Augen, und blickte sie erstaunt an, und...

... Laura lag in ihrem Bett. Das Fenster war geschlossen. Ihr Nachthemd klebte an ihrem verschwitzten Körper. Sie glaubte, eine klebrige Feuchte zwischen ihren Beinen zu fühlen.

Irgendwo in der Ferne schlug eine Kirchturmuhr vier Mal. Laura kletterte aus ihrem Bett und schwankte ins Badezimmer, um sich in die Toilette zu erbrechen.

***

Laura blieb den Rest der Nacht wach. Sie untersuchte von neuem die Aufnahme, die sie in der Nacht davor mit ihrem Diktiergerät gemacht hatte. Sie schrieb sich den Zeitpunkt der wichtigsten, eindeutigsten Geräusche auf. Sie notierte alle merkwürdigen Ereignisse, derer sie sich seit Beginn des Schuljahres erinnern konnte.

Gegen sieben Uhr schließlich war sie fertig, und verließ das Haus, ohne zu frühstücken. „Ich habe einen Kurzvortrag heute, und muss dafür noch was vorbereiten", rief sie ihrer Mutter zu. Diese schaute zwar besorgt, gab sich aber dennoch zufrieden.

Laura wohnte etwa zehn Minuten vom Schulgebäude entfernt, und Unterrichtsbeginn war um acht. Genug Zeit also. Sie wandte sich in die entgegengesetzte Richtung. Ein wenig außerhalb des Städtchens, nicht allzu weit von Wald entfernt, befand sich die Hauptdienststelle der Polizei. Nur vier Polizisten arbeiteten in dem kleinen Städtchen, viel zu tun gab es sowieso nicht. Und Polizeichef war niemand anderes als Lauras Onkel. Ob er ihr glauben würde?

Laura blieb vor der Tür der Polizeidienststelle stehen, zögernd. Sollte sie nun klingeln? In Gedanken ordnete sie noch einmal all ihre Beweise. Es klang verrückt. Es war verrückt. Aber was sollte sie sonst tun? Und immerhin war sie schon seit ihrer Kindheit Onkel Stefans Liebling. Er selbst hatte keine Kinder. Lauras Mutter war seine einzige Schwester, einen Bruder hatte er nicht, und damit war Laura seine einzige Nichte. Als sie vor einigen Jahren, während ihrer Pubertät, hin und wieder Probleme mit den Eltern hatte, war er ihre Vertrauensperson gewesen. Wenn ihr jemand helfen konnte, dann er.

Entschlossen erhob Laura ihre Hand, um die Klingel zu drücken. Hoffentlich war er schon auf Arbeit. Dann jedoch spürte sie einen Blick im Nacken...

... Laura saß auf ihrem Stuhl, im noch leeren Klassenzimmer – immerhin sollte der Unterricht erst in über einer halben Stunde beginnen. Ihr Arm tat weh: Neben ihr saß Martin, und hielt ihren Arm fest hinter ihrem Rücken, schmerzhaft verdreht. Sein Gesicht war unangenehm nah an ihrem. Sie spürte seinen Atem, der nach Frühstücksei mit Zwiebeln roch. Seine Lippen berührten fast ihr Ohr.

„Wage es ja nicht!" flüsterte er. Seine Stimme klang seltsam verzerrt, der gelangweilte Klang, mit dem er normalerweise jedes Wort dehnte, war verschwunden. „Es wird dir sowieso keiner glauben. Und selbst wenn sie dir glauben, denkst du wirklich, sie können was tun? Ich könnte jeden anderen genauso leicht kontrollieren, wie ich dich kontrollieren kann. Und dir sollte ich wirklich weniger Freiheit lassen, du kannst damit offensichtlich nicht umgehen."

Er griff Lauras Arm noch fester, der Schmerz ließ sie aufstöhnen. Dann spürte sie etwas Feuchtes an ihrem Ohr – seine Zunge.

„Du Schwein!" flüsterte Laura wütend. Sie hörte noch ein gackerndes Lachen von Martin, dann verschwammen ihre Gedanken.

***

Als Laura das nächste Mal aufwachte, war es wieder dunkel draußen. Sie lag in ihrem Bett. Wind rüttelte am Fenster, und große Regentropfen klopften gegen die Scheibe. Hatte nicht gestern noch Schnee gelegen, war es nicht zu kalt für Regen?

Sie stand auf, und ging in die Küche. Zunächst holte sie sich ein Glas aus dem Küchenschrank, füllte es mit Wasser. Auf dem Tisch lag eine Zeitung. Laura trank einen Schluck Wasser, und setzte sich dann an den Tisch. Sie blickte auf die Zeitung. Im Heimatmuseum war eingebrochen worden. Sie zog die Zeitung dichter heran. Wer brach denn im Heimatmuseum ein? Was gab es da zu stehlen, bis auf ein paar alte Dokumente, und Fotografien aus der Vorkriegszeit? Sie begann zu lesen.

„Am vergangenen Wochenende drangen Unbekannte in das Leskower Heimatmuseum in der Berliner Straße ein. Laut Aussagen des Direktors, Herrn Peter Schmitz, entwendeten sie jedoch nur 45 Euro aus der Museumskasse. Die Einbrecher zerstörten eine Fensterscheibe, machten dabei jedoch soviel Lärm, dass sie eine Nachbarin weckten, die daraufhin die Polizei rief. Die Einbrecher konnten entfliehen, beim Erscheinen der Polizei waren sie bereits nicht mehr im Museum. Wie sie ungesehen entkommen konnten, ist bisher nicht geklärt."

Irgendetwas sagte Laura, dass der Artikel noch von Bedeutung für sie sein könnte. Vielleicht waren die Einbrecher gar nicht ungesehen entkommen? Vielleicht waren sie ja vor den Augen der Polizei aus dem Museum gewandert, und der entsprechende Polizist, ihr Onkel oder einer seiner Kollegen, hatte nichts getan um sie aufzuhalten? Vielleicht erinnerte er sich einfach nicht mehr?

Laura beschloss, den Artikel aus der Zeitung herauszutrennen, und ihn zu den Aufzeichnungen zu legen, die sie für die Polizei gemacht hatte. Während sie den Artikel vorsichtig herausriss, fiel ihr Blick auf das Datum, rechts oben auf der Seite. Ihr Atem stockte: Es zeigte den zweiten März.

***

Fast zwei Monate ihres Lebens hatte Martin ihr geraubt! Fast zwei Monate, an die sie sich nicht erinnern konnte, die für immer verloren waren. Wütend saß Laura am Frühstückstisch. Sie hatte den Rest der Nacht damit verbracht, überall nach alten Zeitungen zu wühlen, und ihr Diktiergerät auf Vordermann zu bringen. Es steckte jetzt in ihrer Hosentasche, aber sie war sich nicht sicher, ob sie es schon einstellen sollte.

Zwei Monate. Und warum hatte er sie gerade jetzt wieder aufwachen lassen? Oder hatte er das? Laura stocherte gedankenvoll in ihren Cornflakes herum. Hatte sie es vielleicht geschafft, sich irgendwie aus eigener Kraft von Martin zu lösen?

Die Suche hatte nicht viel ergeben. Kaum etwas Wichtiges war passiert in den letzten zwei Monaten – bis auf den Einbruch im Heimatmuseum, und ein paar weiteren seltsamen Diebstählen. Nie fehlte mehr als etwas Geld. Der Einbruch. Vielleicht hatte ihr Erwachen damit zu tun? Vielleicht war Martin irgendwie abgelenkt? Aber sie war erst in der letzten Nacht aufgewacht – der Einbruch war bereits eine Nacht zuvor geschehen.

Lauras Mutter betrat die Küche, und warf ihrem Kind einen sorgenvollen Blick zu. Laura hatte den Eindruck, dass sie das in letzter Zeit häufig tat.

„Geht es dir gut, Laura?" fragte sie. „Du isst ja gar nichts. Und die Direktorin hat mich gestern wieder angerufen. So einen plötzlichen Leistungsabfall habe sie noch nie erlebt. Was ist nur mit dir los?" Sie setzte sich neben Laura, und nahm ihre Hand. „Sag doch was. Rede doch endlich wieder mit mir."

Laura zog ihre Hand weg. Sie hatte einen Kloß im Hals.

„Ich muss los, Mama", sagte sie, ohne ihre Mutter anzusehen. Sie sprang auf, griff ihren Rucksack, zog ihre Schuhe an, und stürmte aus dem Haus. Wie könnte sie ihrer Mutter erklären, was mit ihr los war? Und was sollte sie jetzt tun? Vielleicht ließ sie Martin ja jetzt endlich in Ruhe, überlegte sie. Doch sie zweifelte daran.

Ohne es zu merken, in Gedanken versunken, lief Laura den üblichen Schulweg. Als sie den Schulhof betrat, war es bereits zu spät. Sie konnte nicht mehr umdrehen. Und warum sollte sie auch. Ein paar Mitschüler begrüßten sie. Nicht die, mit denen sie sich normalerweise abgab, stellte sie überrascht fest.

Im Unterrichtsraum setzte sie sich auf ihren gewohnten Platz. Martin war noch nicht da. Vielleicht war er ja ganz weg? Doch da spürte sie einen brennenden Blick auf sich gerichtet. Sie sah auf, Martin stand in der Tür. Er sah übermüdet aus, und als habe er sich mit jemandem geprügelt: Sein Gesicht war leicht angeschwollen, und er hatte ein blaues Auge. Er starrte Laura an, und sie starrte zurück. Dann spürte sie, zum ersten Mal bewusst, ein Zittern in der Luft, das an ihr Gehirn zu rühren schien. Ein seltsames Flimmern in ihrem Kopf. Dann verschwamm wieder alles.

***

Laura spürte feuchte Lippen auf den ihren. Eine Zunge bewegte sich schleimig und ungeschickt in ihrem Mund. Sie wollte sich entziehen, doch eine Hand war auf ihren Kopf gelegt, die andere auf ihren Rücken. Martin hielt sie fest, und er war stärker.

Schließlich ließ er sie los, und Laura sah sich erstaunt um. Vor Schreck vergaß sie es, ihren Ekel herauszuprotestieren: Sie saßen auf der Wiese vor der Schule, rings um sie herum Leute aus ihrer Klasse und aus der Dreizehnten. Martins Freunde. Sie grinsten.

Auch Martin grinste. Das heißt, es sollte wohl ein Lächeln sein, mit dem er sie da ansah. Er ergriff ihre Hand mit der seinen, und hielt sie fest. So fest, dass Laura sicher war, er drücke sie warnend zusammen, um ihr zu sagen, sie solle ja still bleiben.

„Oh Laura", sagte er. „Ich freu mich ja so, dass du das gesagt hast. Ja, ich liebe dich auch, und jeder soll das wissen. Jeder soll wissen, dass wir zusammengehören."

Lauras Augen weiteten sich vor Schreck. Martin drückte ihre Hand noch einmal schmerzhaft fest. Seine Freunde schauten hoch erfreut über irgendetwas.

Laura sah sich um. Die Wiese war voll. Fast alle Schüler schienen draußen zu sein. Es war kein Wunder: Das Wetter war wunderschön. Der Himmel blau, die Bäume trugen bereits kleine Blätter. Sie schätzte, dass es Ende April oder Anfang Mai war. Es waren wieder mehrere Monate vergangen, an die sie sich nicht erinnern konnte.

Dann viel ihr Blick auf jemanden, der am Eingang zum Schulhof stand, und finster herüberblickte. Daniel. Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Augen. Dann drehte er sich um und ging.

Im nächsten Moment spürte Laura wieder dieses seltsame Zittern und Flimmern in der Luft. Es schien ihre Gedanken in einen Abgrund reißen zu wollen. Sie wollte nicht. Sie konzentrierte ihre ganze Kraft darauf, bei Bewusstsein zu bleiben – und für einige Sekunden war sie tatsächlich erfolgreich. Dann verschwamm wieder alles.

***

Laura würgte. Irgendetwas war tief in ihrer Kehle und hinderte sie am Atmen. Sie versuchte, ihren Kopf wegzuziehen, doch etwas hinderte sie daran. Direkt vor ihren Augen sah sie dunkelblonde, gekräuselte Haare, und schwammige Haut.

Irgendwo über ihr sagte Martins Stimme: „Lustig, oder?"

Dann war wieder dieses Flimmern in ihrem Hirn. Wie viel Zeit war wohl inzwischen vergangen? Lauras Gedanken verschwommen.

***

Der Vater stand mitten im Zimmer und schimpfte. Laura musste sich konzentrieren, um mitzubekommen, über was er wütend war.

„... wirklich unmöglich dein neuer Freund! Und zu dem willst du jetzt ziehen? Das kann doch wohl..."

Wieder ein Flimmern und Schwirren in der Luft, Laura schaffte es, einige Sekunden dagegen anzukämpfen. Dann zog es sie herab.

***

Dunkel. Schnarchen. Laura lag in einem Bett. Das Fenster stand offen, warme Luft wehte herein. Es musste schon mindestens Juni sein, so warm war es. Irgendwo in der Ferne hörte sie eine Nachtigall.

Sie bewegte sich nicht. Martin lag neben ihr, sie hatte ihm ihren Rücken zugewandt, spürte seinen schwammigen Bauch. Er schlief, sie wollte ihn nicht wecken.

Warum war sie wieder bei Bewusstsein? Die letzten Male hatte er sie anscheinend absichtlich wach werden lassen, um sie zu quälen, um ihr zu zeigen, welche Macht er über sie besaß. Sie erinnerte sich noch, wie stark sie gegen ihn angekämpft hatte, als er sie das letzte Mal nach einigen Sekunden wieder seiner Macht unterwerfen wollte.

Hatte sich dieser Kampf jetzt ausgezahlt? War sie aus eigener Kraft erwacht? Dem musste so sein. Wahrscheinlich war er weniger stark wenn er schlief.

Laura lag weiter still. Sie musste ihre Gedanken ordnen. Sie wollte nicht, dass er von ihrer erwachenden Kraft erfuhr. Vielleicht konnte sie ihn irgendwann ganz loswerden? Sie musste nachdenken, irgendein Geheimnis musste es geben hinter seiner Macht.

Die Matratze bewegte sich ein wenig. Er war wach. Laura spürte, wie Martin sich über sie beugte, dann sah sie sein Gesicht. Ungläubig und verschlafen. „Laura?" murmelte er.

Dann war das Flirren und Flimmern wieder da, ließ jeden Gedanken in ihrem Kopf verschwimmen. Laura wehrte sich, konzentrierte sich nur darauf, die Kontrolle über sich selbst zu behalten. Martins Ausdruck wurde noch erschrockener. Lauras Kopf wurde wieder klarer, da fiel ihr Blick auf das Medaillon, das von Martins Hals her auf sie herabbaumelte. ‚Natürlich! Das Medaillon!' konnte sie noch denken, da gewann die Kraft, die all ihr Denken zerstörte, wieder die Oberhand.

***

Wasser. Überall. Oben, unten – Wasser. Wo war überhaupt oben und unten? Laura drehte sich in Panik, schwamm hierhin und dorthin, schluckte schleimiges Wasser. Ihr ging die Luft aus.

Irgendwo war Licht. Sie bewegte sich darauf zu, und eine Sekunde später stieß sie mit dem Kopf durch die Oberfläche des Leskower Sees. Laut schnappte sie nach Luft. Dann sah sie sich um.

Der See lag in hellem, wunderbar warmem Sonnenschein. Das nächstgelegene Ufer war das südöstliche, Laura erkannte die kleine Bucht, die sie seit ihrem 18. Geburtstag nicht mehr besucht hatte. Sie war noch mindestens 50 Meter entfernt. Laura schwamm darauf zu.

Erst als sie an Land war, trat Martin aus dem Schatten der Bäume. Er grinste sie hämisch an. „Wie du siehst, könnte ich dich jederzeit umbringen. Also überleg dir das noch mal mit dem zur Wehr setzen."

Laura spürte wieder das bekannte Flirren in ihrem Kopf. Bevor alles verschwamm, hörte sie Martin noch sagen: „Ach übrigens, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag."

***

Martin stöhnte. Seine Augen waren geschlossen, sein Mund leicht geöffnet. Er stützte seinen Oberkörper mit beiden Armen, sein Kopf schwebte irgendwo über Laura. Sein Bauch dagegen klatschte mit jedem Stoß auf ihren, Laura konnte spüren, dass er verschwitzt war.

Ihr Körper reagierte normal auf die regelmäßigen Stöße von Martins Schwanz. Sie spürte, dass sie feucht war, spürte sogar eine leichte Erregung. In ihrem Verstand jedoch empfand sie nur Ekel.

Martin stöhnte wieder. Er musste kurz davor sein zu kommen. Dass sie wach war, schien er nicht zu merken.

Laura spürte etwas Metallenes an ihrer Brust. Das Medaillon! Da war es wieder, es baumelte von der Kette um seinen Hals herab. Seine Berührung glühte auf ihrer Haut, eine seltsame Kraft schien von ihm auszugehen. Wenn er sie mit Hilfe dieses Medaillons kontrollierte, vielleicht könnte sie dann das Gleiche tun?

Laura suchte – ihr Gehirn, ihr Verstand, was auch immer, suchte den Raum ab. Ob sie dieses Flimmern und Flirren fand, das zuvor immer sie gefunden hatte. Und irgendwie glaubte sie plötzlich etwas zu haben. Eine Kraft, die zwischen ihnen beiden war, die Martin in seiner Ekstase vergessen hatte.