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Anita und wir Episode 07.1

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* * *

Horst öffnete die Tür zu seinem Schlafzimmer und blieb erstarrt stehen. Eine Frau stand dort, mit dem Rücken zu ihm. Wie war sie hereingekommen? Sie trug ein silbern schimmerndes, rückenfreies, bodenlanges Kleid, das in ihrem Nacken hinter einer Mähne aus blonden Haaren verschwand. Ihre Haut war gleichmäßig gebräunt. Sie war groß, zu groß für eine Frau, und er fühlte sich plötzlich klein.

"W-wer sind Sie?", stotterte er unsicher. "W-wie sind Sie hier ..."

In dem Moment drehte sie sich um. Ihr Gesicht strahlte wie eine Sonne. Viel zu hell, um Einzelheiten sehen zu können. Er schloss die Augen.

"Ich bin die Göttin der Schönheit", sagte eine alles durchdringende Stimme mitten in seinem Kopf. "Ich bin gekommen, um mich von dir verehren zu lassen."

Er merkte, dass er auf die Knie gesunken war. "Göttin", flüsterte er. "Ich bin nicht würdig ..."

"Stellst du meine Entscheidungsfähigkeit in Zweifel?" Ihre Stimme klang halb erzürnt und halb amüsiert.

"Nein, Göttin", sagte er. "Niemals."

"Komm näher!"

Es erschien ihm nicht angemessen, in ihrer Gegenwart aufrecht zu stehen, also ließ er sich auf Hände und Knie nieder und kroch auf allen Vieren auf sie zu.

"Halt!", sagte die Stimme, und: "Öffne die Augen!"

Nur wenige Zentimeter vor seinem Gesicht schimmerte das Gewand, das sie trug, in überirdischer Schönheit. Hier unten war die Helligkeit gerade noch zu ertragen, obwohl der Stoff vor seinen Augen flirrte und flimmerte.

"Und nun", sagte sie, und das Kleid öffnete sich vor seinen Augen wie ein Vorhang. "Verehre mich mit deinem Mund."

Er erstarrte erneut. Vor ihm in seiner ganzen, göttlichen Pracht war kein Venushügel, keine Klitoris, keine Schamlippen, sondern ein harter, aufgerichteter Penis, wie er ihn so schön noch nie in seinem Leben gesehen hatte.

"Göttin", keuchte er. "Ich ..."

Doch dann übermannte ihn die Erregung. Er beugte sich nach vorne, streckte die Zunge aus und nahm das Objekt in den Mund, das in Zukunft die Mitte seines Lebens sein würde.

Tiefer und tiefer ließ er das endlos lange Glied in seiner Kehle versinken, hatte das Gefühl, als würde es ihn vollständig ausfüllen. Er holte Luft, und seine Göttin begann zu zittern. Noch einmal, und sie legte ihre Hände wie segnend auf seinen Kopf. Noch ein drittes Mal, und sie kam mit langen, heißen Strahlen. Brennende Glut schoss durch ihn, und sein eigener Orgasmus schwemmte ihn davon.

* * *

"... und wir sind raus."

"Oh!", sagte Lisa. "Das ist ja galaktisch, was ihr aus mir gemacht habt. Eine Göttin ... Das Gesicht!"

"Eigentlich nur ein Trick, damit er die Augen schließt und wir den Datendurchsatz verringern können", sagte Dorothea.

"Das Kleid allein hat schon mehr Bandbreite verschlungen als das ganze Höllen-Set aus Doros Abenteuer", erläuterte Jessica.

"Und ..." Lisa zögerte. "Sehe ich von hinten wirklich so gut aus, oder habt ihr da etwas geschönt?"

"Wir haben dir unter dem Kleid Highheels angezogen und deine Hüften etwas breiter gemacht, damit das Kleid sich mehr bauscht, aber alles oberhalb ist Original."

"Du siehst gut aus, Kleine", sagte Dorothea und zog Lisa in eine Umarmung.

Die schniefte. "Langsam fange ich an, das zu glauben."

"Komm, leg dich hin", sagte Jessica. "Wir haben dir doch noch einen Orgasmus versprochen ..."

* * *

Eine Hand und ein Gewehrlauf waren alles, was Lisa von sich sehen konnte. Vor ihr lagen Kisten und Kästen, ein wildes Gewirr von Rohren und Kabeln.

Sie bewegte sich vorwärts; schwere Schritte hallten durch das Lagerhaus. Die Rebellen waren irgendwo dahinten; ihr Auftrag, sie alle auszulöschen.

Der Gewehrlauf schwankte nach links und rechts. Wo stecken die Kerle nur? Das versaut mir den Punktedurchschnitt. Ich brauche einen Kill, um meine Position in der Rangliste zu halten.

Der Boden vor ihr veränderte sich. Es sah aus wie eine schwarze Pfütze. Ausgelaufenes Öl. Standard-Hindernis. Rutschig. Nicht betreten. Rüberspringen? Nein, zu weit. Blick nach oben. Klettern bedeutet ein paar Meter zurück. Punktverlust. Und Waffe ablegen, um zwei Hände frei zu haben? Wehrlosigkeit. Inakzeptabel.

Blick nach vorne. Aha. Ein schmaler Pfad zwischen dem Kistenstapel und der Pfütze. Es ist immer dasselbe. Das Spiel bietet immer einen optimalen Weg.

Sie bewegt sich seitwärts. Ein schwarzer Tropfen fällt von der Decke, fällt in die Pfütze. Gegner über mir. Eliminieren. Der Gewehrlauf schwenkt nach oben, sucht ein Ziel, doch nirgendwo der rote Fleck, der den Gegner markiert. Und dennoch bewegt sich da etwas im Dunkeln. Schuss. Schuss. Keine Reaktion. Zwei Schüsse vergeudet. Shit, shit, shit!

Blick wieder nach vorn. Der Pfad wird schmäler. Die Pfütze wächst. Was? Kleine Beulen auf der Oberfläche bewegen sich. Wo kommt das her? Shit! Das gehört doch nicht zum Spiel. Was soll ich machen?

Blick nach unten. Die schwarze Flüssigkeit berührt die Spitze ihres schweren Kampfstiefels. Kein Problem. Das sind die besten Stiefel im Spiel. Ein Zentimeter Nanomaterial. Unzerstörbar.

Ihr Blick ruht wie gebannt auf der Stiefelspitze, die langsam von dem schwarzen Material eingehüllt wird. Sollte sie sich nicht besser zurückziehen? Ich kann mich nicht bewegen. Oh, shit. Das Zeug hat mich gelähmt.

Die schwarze Flüssigkeit bewegt sich wie eine Amöbe, streckt Tentakel aus, findet neuen Halt an den Stiefeln, klettert nach oben. Shit, das ist doch nicht DOOM. Was ist das für ein Mod? Ich kann mich immer noch nicht bewegen.

Das Gewehr fällt aus meinen gelähmten Fingern in die schwarze Pfütze. Tentakel umschließen es, ziehen es tiefer hinein. Ich zittere. Das Gefühl von Hilflosigkeit wird stärker, erregender.

Mein Stiefel löst sich auf! Hilfe! Mein Fuß ist komplett von der schwarzen Masse umhüllt. Während sie an meinem Bein höher kriecht, löst sich der schwere Stoff meiner Hose auf. Es kribbelt. Es erregt mich. Ich würde gerne sehen, wie er mich komplett umhüllt, doch auch mein Blick ist gelähmt.

Das Kribbeln erreicht meinen Schritt; meine Erregung wächst. Ich spüre, wie etwas über meine Haut gleitet und in meinen Körper eindringt. Oooh! Absolut gelähmt muss ich die doppelte Penetration über mich ergehen lassen. Schauer durchlaufen mich. Die Schwärze erreicht meine Augen und ich bin blind. Ich bin nur noch Gefühl. Die schwarze Masse in mir treibt meine Erregung höher und höher. Die leichten Bewegungen lassen mich stöhnen. Mein Orgasmus überrollt mich.

* * *

"Wow!" Lisa schlug die Augen auf. "Cool, ein Gamer, der von seinem Spiel vergewaltigt wird." Sie setzte sich auf und leckte sich über die Lippen. "Und ihr Orgasmus war auch nicht von schlechten Eltern. Wie habt ihr denn diese Szene gemacht?"

Jessica reichte ihr eine Wasserflasche. "Das war einer unserer leichtesten Übungen. Das Setting gibt es als komplettes 3D-Modell im Internet. Wir mussten nur noch die Pfütze einfügen und animieren."

"Für die Penetration brauchten wir keine optische Repräsentation", fuhr Dorothea fort. "Ein bisschen taktile Stimulation, und der Rest kam von selbst."

"Und die 'Versuchsperson'?"

"Studentin der Politik, oberste fünf Prozent ihres Jahrgangs. Keine sozialen Kontakte außer Online, aber auch da spielt sie am liebsten Solo. Wir haben den Traum nur dreimal hintereinander induziert, und in der darauf folgenden Nacht hat sie ihn schon selbstständig geträumt und noch weiter ausgeschmückt."

"Und? Irgendwelche Auswirkungen IRL?"

Jessica lachte auf. "Spielst du auch oder wo hast du die Abkürzung her?"

Lisa grinste verlegen. "Kathi hat ein paar Spiele. Natürlich kein Hardcore, da ist schon ihre Mutter hinterher, aber sie hat den Slang gut drauf."

"Die Auswirkungen 'in real life'", sagte Dorothea, "sind gering, aber seitdem spielt sie öfter als vorher in einer Gruppe, die sich ab und zu F2F trifft. Mal schauen, wie es sich entwickelt."

"Laut des letzten Tests ist ihre soziale Kompetenz um fünf Prozent gestiegen. Noch nicht wirklich signifikant, aber durchaus im Trend."

"Das Gefühl der Hilflosigkeit ..."

"Das ist ein weit verbreitetes Muster. Je aggressiver Leute im wahren Leben sind, umso öfter genießen sie es dominiert, immobilisiert, unterworfen zu werden." Dorothea seufzte auf. "Herrin, wir ssen mal wieder ein ganzes Wochenende einlegen, wenn wir mit der Studie durch sind."

Jessica strich ihr über das Haar. "Das wird deine Belohnung: Zwei Stunden gefesselt auf dem Bett und zwei riesige, niemals ermüdende Vibratoren in deiner Muschi und deinem Hintern. Zehn Orgasmen mindestens."

"Oooh!" Dorothea erschauerte. "Danke, Herrin."

"Ihr zwei seid doch pervers!" Lisa seufzte. "Ich hoffe nur, ich finde auch mal jemanden, der so gut zu mir passt."

"Wobei wir beim aktuellen Thema wären." Dorothea richtete sich auf und klang wieder absolut geschäftsmäßig. "Mit Kay klappt es nicht richtig. Wir fangen mit einem seiner häufigsten Szenarien an, lassen dann dich auftauchen, aber schon kurz danach fällt er raus."

"Wir vermuten", meinte Jessica, "dass sein Unterbewusstsein merkt, dass dein Modell nicht echt ist. Wir haben die neueste Animationssoftware aus dem Filmgeschäft, aber auch die arbeiten immer noch am liebsten mit motion capture."

"Ihr habt doch eine ganze Reihe von Szenen mit mir aufgenommen."

"Ja, aber wir müssen die dauernd abändern, um sie an Kays Aktionen anzupassen. Ihn bewegungsunfähig zu machen, passt nicht in sein Schema. Er ist im Wachzustand so passiv, dass er sich in seinen Träumen ständig bewegen muss. Er ist immer der Aktive."

"Was wollt ihr von mir?"

"Wir haben überlegt, ob wir nicht zwei Personen direkt zusammenkoppeln könnten. Unsere Programmierer waren sofort Feuer und Flamme. In der Zwischenzeit haben sie uns einen Prototyp geliefert, der ... hmmm ... sehr naturnah ist."

Lisa hob die Augenbraue. "Ihr zwei hattet virtuellen Live-Sex?"

"Hmmm-ja", murmelte Dorothea und erschauerte diesmal ganz ohne Berührung. "Nur einmal. Wir haben Angst es könnte süchtig machen. Die Orgasmen sind überwältigend."

Lisas Augen wurden groß. "Ihr könntet Millionen mit sowas verdienen. Die Pornoindustrie würde euch sowas aus den Händen reißen."

"Die Rechte liegen bei AniTekCo", sagte Jessica und grinste. "Aber ich gebe zu, dass ich einen Teil meiner Gewinne aus den deVile-Anteilen in Bryan und Thora investiert habe."

"Das wollte ich sowieso noch fragen. Wer bezahlt denn das alles? Da gehen doch Unsummen ..."

"Über eine Million bis jetzt", sagte Dorothe leise. "Ich ... ich wollte schon bei hunderttausend aufhören."

"Du hast doch Lisa gehört, Kleines. Wenn die Technologie erst ausgereift ist, kommt das sicher alles wieder rein. Das meiste kommt von Papa. Völlig legale Förderung der Wissenschaften. Die Firmenanwälte haben das mit dem Finanzamt und der Uni im Vorfeld geklärt. Es steht nirgends, dass ein Schwiegervater seine Schwiegertochter nicht bei ihrer Doktorarbeit unterstützen und dabei Steuern sparen darf. Der Fonds ist fünf Millionen schwer, und wir dürfen über vierzig Prozent davon verfügen. Da ist also noch Luft."

"Himmel", murmelte Lisa. "Was für Summen! Ich verdiene gerade mal achthundert im Monat. Brutto."

Jessica umarmte sie. "Lisa", murmelte sie. "Du gehörst jetzt auch zu unserer Familie. Wir helfen einander. Wenn du irgendetwas brauchst, sag Bescheid."

"Nein, nein. Ich habe alles, was ich brauche." Sie blickte hoch, ihre Augen voller Tränen. "Ich habe eine Familie, das ist viel wichtiger als Geld." Ein verlegenes Grinsen stahl sich in ihr Gesicht. "Wenn ich allerdings so ein Set kriegen könnte ..." Sie zeigte auf die Bänder an ihren Armen. "Oder zwei."

Dorothea lachte auf. "Das würde unsere Mittel sprengen."

Lisa erstarrte.

"Das Tablet verbindet sich drahtlos mit einem speziell eingerichteten Netzwerk im Studentenwohnheim. Jede Versuchsperson hat ihre eigene Breitbandverbindung zum Rechenzentrum von AniTekCo und von dort in die Cloud. Die Server dort laufen während einer Induktion auf Hochtouren, um in Realzeit alle Effekte zu berechnen."

"Optisch, akustisch und die Berührungsreize, alles parallel", fuhr Jessica fort. "Für einen Hollywoodfilm lassen die die Bilder einzeln rendern und der Ton wird nachher reinkopiert. Wir brauchen fast tausendmal so viel Rechenpower wie Pixar."

"Glücklicherweise nur für eine Minute oder zwei, solange, wie ein Traum halt dauert."

"Äh ..." Lisa runzelte die Stirn. "Wenn ich da 'Live' dranhänge, dauert das aber länger. Oder wollt ihr uns im Schlaf vernetzen?"

Jessica und Dorothea blickten sich an.

"Scheiße", sagte Dorothea. "Lisa hat Recht."

"Ich häng mich ans Telefon", antwortete Jessica. "Vielleicht haben Bryan und Thora eine Idee."

"Und ich rede mit Anita. Ich brauche dringend eine zweite Meinung über Kay."

* * *

"Warum bin ich hier?", fragte Kay und warf einen Seitenblick auf die hochgewachsene Blondine mit Sommersprossen, die gerade aufstand. Sie sah aus wie eine Enddreißigerin, zu jung für eine Professorin. Eine Assistentin, vielleicht?

Dorothea lachte auf. "Immer mit der Tür ins Haus. Erstmal die Vorstellung. Kay, das hier ist Doktor Anita deVille, Psychotherapeutin."

Kay schüttelte die ausgestreckte Hand. "deVille? Der Name taucht in letzter Zeit öfter auf."

Anita lachte ein fröhliches Lachen. "Dorothea ist meine ... äh ... Stiefschwiegertochter. Setz dich erst einmal."

"Anita ist die Ehefrau von Thomas deVille."

"Der Mixer-Mogul?"

Die zwei Frauen blickten sich an und begannen zu kichern.

Kays Ohren brannten. "Der Ausdruck ist nicht von mir!", beeilte er sich zu versichern. "Der stand irgendwann mal in einem Magazin."

"Jessica wird ausflippen", prophezeite Dorothea. "Und er auch, wenn sie ihm das unter die Nase reibt.

Jessica ist seine Tochter, meine Ehefrau", sagte sie dann zu Kay gewandt.

"Äh ... Okay." Das erklärte die "Stiefschwiegertochter", aber nicht, was Frau deVille hier zu suchen hatte.

"Kay ... Ich darf dich doch Kay nennen?", sagte die gerade.

"Klar doch."

"Ich bin Anita. Dorothea hat mich angerufen, weil sie Probleme mit einer Versuchsperson hat. Ich weiß bisher nicht mehr als deinen Vornamen."

"Es ist nichts Schlimmes", sagte Dorothea schnell. "Es ist einfach so, dass ich eine zweite Meinung wollte. Von jemand, dem ich vertraue, und viel mehr Erfahrung hat als ich."

Er zuckte die Schultern. "Von mir aus."

"Geht doch einfach in den kleinen Ruheraum", fuhr sie fort und deutete mit dem Daumen über ihre Schulter. "Da seid ihr ungestört."

Der Ruheraum war recht gemütlich eingerichtet. "Soll ich mich auf das Sofa legen?", fragte Kay.

Sie lachte. "Das ist ja so ein Klischee! Setz dich einfach gemütlich hin."

Sie tat es auch und kreuzte lässig die Beine. Sie war absolut nicht, wie Kay sich eine Psychotante vorgestellt hätte. Sie war auch nicht, wie er sich die Ehefrau eines Multimillionärs vorgestellt hätte. Sie trug Jeans und T-Shirt. Nur das Lächeln gehörte wohl zum Beruf.

"Erzähl doch von dir. Ist 'Kay' wirklich dein Vorname?"

"Eigentlich heiße ich ja Kristian mit 'K'. Irgendwann habe ich mit meinem Bruder Julian Men in Black gesehen. Danach waren wir nur noch 'Jay' und 'Kay'."

"Was macht dein Bruder jetzt?"

"Ist tot." Der Satz kam leise, ohne Emotionen. "Genickbruch. Er war dreizehn, als ein betrunkener Fahrer ihn auf dem Fahrrad erwischt hat."

"Das tut mir leid. Was hast du danach gemacht?"

"Geheult. Bis Papa gemeint hat, ich sollte mich nicht so anstellen, er könne sich ja auch zurückhalten."

"Männer! Hast du Trauerbewältigung mitgemacht?"

"Was ist das? Irgendwas von der Kirche? Wir sind nicht religiös."

* * *

"Ich denke", sagte Anita, "wir sollten erst einmal Schluss machen."

"Wie? Oh ja. Wie spät ist es?"

"Schon nach fünf. Wir haben fast drei Stunden hier gesessen."

Kay schüttelte den Kopf. "Ja, sicher. Wie geht es jetzt weiter?"

"Ich würde gerne erst einmal darüber schlafen. Können wir uns morgen Vormittag wieder treffen? Ich will dich nicht hetzen, aber ich muss morgen Abend wieder zu Hause sein."

"Ja klar."

"Neun Uhr oder später?"

"Neun ist gut."

"Noch etwas", sagte Anita im Aufstehen. "Was ist dir lieber: Wenn ich über dich vorher mit Dorothea rede, wenn sie zu unserem Gespräch dazukommt oder, wenn wir uns erst zu zweit unterhalten?"

Kay runzelte die Stirn. "So sehr ich mich an Dorothea gewöhnt habe ..."

"Wie das?"

"Sie bringt mich seit einer Woche jeden Abend ins Bett." Er sah ihr verwirrtes Gesicht und lachte. "Sie spricht die Benutzerschnittstelle des Tests."

"Ach so."

"Ja. Aber mir wäre es lieber, wenn wir beide zuerst reden."

Kay war sich ziemlich sicher, dass ihr Gesichtsausdruck sagen wollte, dass sie sich das schon gedacht hatte.

* * *

Anita wusste, dass Dorothea und Jessica sie im selben Hotel einquartiert hatten wie Lisa. Sie war also auch nicht überrascht, das blonde Mädchen mit einem Laptop in der Hotelbar sitzen zu sehen, als sie hereinkam. Dies war schließlich die einzige Stelle mit kostenlosem WLAN.

"Hallo, Lisa", sagte sie. "Schön dich mal persönlich zu treffen."

"Anita!" Lisa sprang auf. "Ich freue mich." Dann umarmte sie die ältere Frau heftig.

"Womit habe ich das verdient?", sagte Anita, während sie ihre Arme um die kleinere Frau legte.

"Frank hat mir gebeichtet, dass er sich von dir Tipps im Umgang mit mir einholt. Und das schon seit dem Tag nach meinem neuen Geburtstag."

Anita lachte leise. "Dein neuer Geburtstag. Schöne Bezeichnung. Setzen wir uns?"

Lisa blickte hoch und grinste. "Ja, Frau Doktor."

"Glaube nur nicht", sagte Anita, während sie sich setzte, "dass du von mir eine kostenlose Therapiestunde kriegst."

"Neee", gab Lisa zurück und winkte der Bedienung. "Brauche ich nicht. Ich bin mit Tatjana sehr zufrieden."

"Ein irischer Whiskey", bestellte Anita.

"Ich trinke noch eine Cola", fügte Lisa hinzu. Dann zu Anita gewandt: "Aber ihr Psychologen seid doch immer im Dienst. Selbst Doro hat mich direkt ausgequetscht."

"Na denn: Wie geht es dir?"

Lisa lachte auf. "Eine Selbstanalyse? Kein Problem. Punkt Eins: Sex. Ich bin glücklich bisexuell. Irgendjemand im deVille-Schuppach-Clan hat das Gerücht in die Welt gesetzt, das wäre ganz normal."

Anita grinste. "Kein Kommentar." Sie nippte an ihrem Whiskey. "Du schläfst also mit Laura und Frank?"

"Nicht oft, aber ja. Es macht Spaß. Mit Laura irgendwie mehr, vielleicht, weil meine Physiologie männlich ist. Weder Frank noch ich stehen auf Analverkehr. Max schon eher, aber der war nur einmal zu Besuch."

Anita lächelte in sich hinein. "Und außerhalb der Familie?"

Lisa schüttelte den Kopf. "Ich bin noch nicht weit genug für eine feste Beziehung. Ich denke, und Tatjana meint das auch, dass ich erst auf eigenen Füßen stehen sollte. Bis dahin ist der Sex in der Familie — oder in der erweiterten Familie — die bessere Option."

Anita lachte auf. "Dorothea und Jessica haben mir von eurer Orgie erzählt. Allerdings nur in groben Zügen."

Lisa grinste verlegen. "Ich hatte Muskelkater am nächsten Morgen. Gott, Doro sieht so harmlos aus und wird im Bett zur Furie."

Anita leckte sich über die Lippen. "Kein Widerspruch von mir."

Lisa legte den Kopf schief. "Punkt Zwei: Mein Selbstbild. Sehr positiv. Momentan habe ich kein Interesse an einer Hormonbehandlung oder gar einer Geschlechtsumwandlung. Ich habe auch absolut keinen Selbstmorddrang mehr. Die Welt ist schön. Ich weiß —" sie sprach jetzt leiser "— dass das nicht immer so bleiben wird. Es wird Enttäuschungen geben für mich. Aber selbst wenn: Ich bin nicht mehr allein."

Anita nickte langsam.

"Wie ist denn dein Verhältnis zu den Kollegen bei Angermann und Söhne?"

"Hat Frank dir von der Weihnachtsfeier erzählt?"

"Nein?"

* * *

Erfurt, Restaurant Saigon, Mitte Dezember

Lisa hätte sich am liebsten in eine Ecke verkrochen. Natürlich kannte sie alle Anwesenden, aber trotzdem ...