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Das Bangkok Syndikat 14

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Noris Blick erstarrte binnen einer einzigen Sekunde, Eiseskälte lag in ihren Augen. Kims Konter hatte also getroffen, augenblicklich spürte sie aufkommende Sorge, wie diese grausame Frau nun darauf reagieren würde. Die Macht, die sie in diesem Gebäude hatte, würde sie ihr eindrucksvoll präsentieren, wenn sie es darauf anlegte. Sollte sie sich entschuldigen? Kim verwarf diesen Gedanken. Sie hatte nicht ein einziges Mal bemerkt, dass solch eine Geste bei Nori etwas bewirkt hätte. Die schien sich aber in ihrer Wut verloren zu haben und starrte gedankenverloren an Kim vorbei. Es dauerte mehrere Minuten, bis sie schließlich aus ihrer Erstarrung erwachte und sich Alain zuwandte.

„Hat dir das gerade gefallen?"

Alain verstand ihre Frage nicht und starrte unsicher auf Kim. Nori folgte seinem Blick, grinste und schlug ihm ihre rechte Handinnenseite brutal ins Gesicht. Der Kopf des Deutschen wurde zur Seite gerissen, Sterne traten vor seine Augen.

Kim wollte Nori daran hindern, erneut auf Alain einzuschlagen, die aber stieß sie brutal zurück.

„Wenn du das noch einmal versuchst, vergesse ich mich."

Kim biss sich auf die Lippen und sah auf Alain, der angsterfüllt zu Nori aufsah.

„Ich habe gefragt, ob dir das gefallen hat."

Wieder wurde sein Gesicht von einem heftigen Schlag erschüttert. Endlich wusste er, worauf Nori hinauswollte.

„Jaaa! Es hat mir gefallen!", brüllte er seine Verzweiflung in den Raum.

Nori nickte zufrieden. So wie Christian, schien sich auch Alain mit seinem Schicksal abzufinden. Diese Erkenntnis beruhigte sie einigermaßen, wenngleich sie ihr auch nicht bei der Lösung ihrer Probleme half. Die Domina zwang sich zurück in ihre Professionalität, zog Kim zur Seite und redete eindringlich auf sie ein.

„Wang beschwert sich, weil die beiden nicht mehr genug Geld einbringen. Wir werden also für nächste Woche die erste Show ansetzen. Bereite ihn vor, damit er durchhält. Das Programm besprechen wir, wenn es soweit ist."

Kim wurde bleich, nickte aber schließlich.

„Wir sprechen morgen über den genauen Ablauf. Du weißt, was es für die beiden bedeuten könnte, wenn wir nicht mehr genug mit ihnen verdienen."

Die Blondine riss entsetzt die Augen auf. Nori brauchte sich ihr nicht weiter zu erklären.

45. Fünfundzwanzigster Tag, morgens, Bangkok

Für Jasmin hatte ein neuer Tag begonnen. Obgleich sie früh zu Bett gegangen war, fühlte sie sich wie erschlagen. Adrett gekleidet und sorgfältig geschminkt, wirkte sie trotz ihrer fortgeschrittenen Jahre durchaus attraktiv. Doch ihr apartes Äußeres entsprach nicht den düsteren Gedanken, die sie verfolgten, ihren Ängsten und Erinnerungen an die Tage, als sie von Long gedemütigt und geschändet worden war. Sie hatte gehofft, dass sie jetzt endlich Ruhe finden würde, nachdem dieser brutale Chinese seine Strafe bekommen hatte, doch die Tatsache, das er noch am Leben war, hielt sie weiterhin in ihrer Angst gefangen. Weshalb nur hatte Nori Longs Tod verhindert? Sie dachte an Wang und dessen Urteil. Es musste schrecklich sein, auf solche Art und Weise umzukommen. Jasmins Angst ließ sie zittern. Das erste Mal in all den Jahren, die sie in diesem Haus verbracht hatte, begriff sie, in welchen Strukturen sie eingebunden und schließlich auch gefangen war. Die Illusion, frei und unabhängig geblieben zu sein, war ihr von Long und dem Paten unwiderruflich genommen worden.

Die Tür öffnete sich, jemand betrat das Büro. Jasmin wusste, auch ohne aufzusehen, dass es Nori sein musste. Nur sie besaß die Frechheit, ohne anzuklopfen, einzutreten.

„Mal sehen, welche Termine wir heute haben."

Die Domina stellte sich an den Schreibtisch der Klub-Chefin, griff nach deren Terminkalender und begann, darin zu blättern. Lediglich zwei Neuzugänge waren für den heutigen Tag verzeichnet, einer nachmittags, der andere abends. Die Termine wiesen keine Auffälligkeiten auf, abgesehen vielleicht davon, dass der eine Anfänger war.

„Warum hast du Wang ein weiteres Jahr versprochen? Ich verstehe das nicht."

„Du selbst hast mir doch gesagt, dass er mich nicht gehen lassen wird. Oder war das gelogen?"

Der drohende Unterton im letzten Satz war nicht zu überhören. Jasmin blickte die Thai-Domina erschrocken an.

„Du weißt, dass es stimmt. Doktor Lubana hat es mir glaubhaft versichert. Bitte, Nori, ich möchte nicht, dass wir Feinde sind. Ich habe Angst, furchtbare Angst. Ich will nur noch weg von hier. Ich helfe dir, wenn du einen Weg für mich findest. Bitte!"

Nori zeigte ein Lächeln und setzte sich auf die Tischplatte.

„Lubana solltest du dir warm halten, Jasmin. Lass dich von ihm besteigen, es würde uns helfen."

Die Klub-Chefin starrte die Domina entsetzt an. Der Doktor mochte kein schlechter Kerl sein, doch unter einen Mann verstand sie etwas anderes.

„Nori, warum verhöhnst du mich denn noch? Ich kann dir auch helfen, du wirst es sehen. Zusammen sind wir stark."

Die Domina griff nach einem silbernen Brieföffner und drehte ihn zwischen ihren Fingern.

„Gut! Dann fang an damit! Ein Schnüffler hat mich gefunden. Du weißt schon, es geht um die Deutschen."

Nori hatte unverhohlen ausgesprochen, woran sich die Chefin des Club Bizarr selbst erinnert hatte. Jasmin glotzte die Domina an, als ob sie vom Blitz getroffen worden wäre. Sie hatte geglaubt, dass sich ihre Situation nicht noch weiter hätte verschlimmern können. Und jetzt?

„Du steckst mit drin. Schließlich hast du einen von ihnen gegen seinen Willen vergewaltigt. Auch deine Begrüßungsansprache bei der Versteigerung werden sie sicher nicht vergessen haben."

Jasmin atmete tief durch. Das konnte Nori doch unmöglich ernst meinen. Die Chefin des Clubs war zutiefst erschüttert. Es reichte nicht, dass sie schwer misshandelt worden war, jetzt drohte auch noch die Justiz. Sie würde wohl nicht so schwer bestraft werden, wie diese Gestörte, dennoch waren Thailands Gerichte für ungemein harte Urteile bekannt.

Die Klub-Chefin fühlte sich von Nori beobachtet, während sie ihre Gefühle und Gedanken zu ordnen versuchte. Sie schien von ihr die Lösung für ihr Problem zu erwarten.

„Dieser Schnüffler, von dem du gesprochen hast ... weißt du etwas über ihn?"

Nori zuckte mit ihren Schultern. Katanaa hatte so gut wie nichts über diesen Mann herausbekommen. Beiläufig spielte sie weiter mit dem Brieföffner. Sie glaubte nicht wirklich daran, dass ihr diese Frau hilfreich sein würde, genauso wenig wie vorher Kim.

„Nur den Namen. Aber ich denke nicht, dass er sich unter diesem beim uns anmelden wird."

Jasmin wurde hellhörig.

„Und das Internet? Vielleicht kann man dort etwas über ihn erfahren?"

Die Domina verneinte erneut.

„Einer meiner Sklaven hat es schon versucht, aber nichts gefunden, was uns weiterhelfen könnte."

Jasmin runzelte die Stirn.

„Und Wang? Wenn er vielleicht ...?"

„Nein! Auf gar keinen Fall! Ein Einschreiten seinerseits würde uns nur noch tiefer in die Abhängigkeit treiben. Lass dir etwas anderes einfallen."

Jasmin dachte an den Abend, an dem sie die beiden Deutschen über das Schicksal in ihrem Klub aufgeklärt hatte. Sie hatte sich dazu hinreißen lassen, sich als treibende Kraft hinter den fragwürdigen Aktivitäten dieses Hauses zu präsentieren. Nori hatte recht, sie steckte mit drin, sehr tief sogar. Entführung, Misshandlung und Vergewaltigung ... würde sie jemals wieder aus dem Gefängnis entlassen werden?

„Wir haben ihnen damals gedroht, sie süchtig zu machen. Erinnerst du dich?"

Nori blickte Jasmin tief in die Augen. Auch sie hatte schon an diese Möglichkeit gedacht.

„Was bleibt uns Anderes übrig, Nori? Sie würden sich in allem gefügig zeigen und ihr Leumund wäre völlig zerstört. Keiner würde ihnen Glauben schenken, wenn sie denn überhaupt noch gegen uns aussagen."

Nori legte den Brieföffner beiseite, schien sich die Sache noch einmal zu überlegen. Jasmins Vorschlag kam nicht von ungefähr. In wenigen Tagen würden die Visen der drei gefangenen Deutschen auslaufen, dann wären sie illegal im Land. Dazu kämen noch perverse Sexspiele in ihrem Klub und Drogenkonsum. Kein Richter würde noch die Schuld bei ihr oder der Klub-Chefin vermuten. Jede Aussage der Deutschen würde wie ein kläglicher Rechtfertigungsversuch klingen.

Jasmin sah erwartungsvoll zu der, immer noch auf ihrem Schreibtisch fläzenden Domina auf. Sie spürte, dass diese ihren vielleicht alles rettenden Vorschlag ernsthaft in Erwägung zog.

„Vielleicht hast du recht. Aber das würde auch ihren Wert für uns mindern. Keiner unserer Kunden hätte Interesse an einem Junkie und auch bei unseren Shows würden sie ein schlechtes Bild abgeben."

Die Klub-Chefin wirkte wie erstarrt. War das Noris Ernst? Sie wollte nach wie vor mit den beiden Männern Geld verdienen? Jetzt, wo man sie so gut wie gefunden hatte?

„Aber Nori. Es kommt jetzt auf jeden Tag an. Lass uns bitte kein unnötiges Risiko eingehen."

„Nein. So weit sind wir noch nicht. Du hältst die Augen offen, kontrollierst jeden, der das Gelände betreten möchte. Wenn du den Schnüffler gefunden hast, werden wir weitersehen."

„Was hast du vor? Sag es mir bitte. Es geht ja auch um meinen Kopf."

Die Domina grinste. Dieses Argument ließ sie nicht gelten. Dennoch raffte sie sich zu einer Erklärung auf.

„Wir werden die beiden so präsentieren, dass genau der Eindruck entstehen wird, den du dir wünschst. Dafür brauchen wir keine harten Drogen, du wirst schon sehen."

Nori hatte eine Idee, welche nur noch in ihrem Kopf reifen musste. Sie würde sich mit Katanaa absprechen, vielleicht würde sich doch eine Möglichkeit finden lassen, sich ein für alle Mal aus Wangs Kartell zu lösen, wenn man es nur richtig anstellte.

46. Fünfundzwanzigster Tag, abends, Bangkok

Chai hatte wirklich einen harten Tag hinter sich. Den ganzen Vormittag hatte er aufgewendet, Frau Doktor Silami davon zu überzeugen, ihm mehr Zeit zuzugestehen. Alains Mutter musste sich sichtlich beherrschen, um nicht aktiv in seine Suche einzugreifen. Der Ermittler hatte all seine Überredungskünste eingesetzt, um ihr verständlich zu machen, dass man jetzt, so kurz vor dem Ziel, einen positiven Ausgang auf gar keinen Fall gefährden durfte.

Müde stand er auf der dem Klub gegenüber liegenden Straßenseite und beobachtete dessen Eingang. Er wollte so viele Informationen wie möglich sammeln, bevor er sich anschickte, dieses Gebäude zu betreten.

Ein Blick auf seine Armbanduhr zeigte ihm, dass er bereits geschlagene sieben Stunden ausgeharrt hatte. Zum Glück hatte bislang niemand auf der belebten Straße von ihm Notiz genommen, er hatte Übung darin, unscheinbar zu wirken.

Chais Bilanz sah nicht wirklich positiv aus. Bis auf zwei Frauen in engen, knapp bemessenen Outfits, die einen nackten Mann mit Maske die Straße hoch und wieder herunter geführt, ihn gleich einem Hund sein kleines Geschäft verrichten hatten lassen, hatte es nichts Besonderes zu sehen gegeben. Zwei kleine Lieferwagen waren vorgefahren, ein Elektriker war eingelassen worden, ab und an waren hauptsächlich männliche Zivilisten vorbei geschlendert. Wahrscheinlich Kunden, die ihren Dienst bei einer dieser bösen Frauen abzuleisten gedachten.

Der Detektiv musste sich in seinen Schritt greifen, er bekam nicht zum ersten Mal eine Erektion an diesem Tag. Auch die beiden Frauen mit ihrem Opfer hatten ihn vorhin ungemein erregt. Wieder waren seine Gedanken bei Nancy. Er freute sich sehr auf sie, fieberte dem Zeitpunkt entgegen, an dem er die Domina wiedersehen durfte. Ungläubig schüttelte er über sich selbst den Kopf. Dass er so fasziniert von dieser Szene war, überraschte ihn selbst. Er holte sich einen Tee aus einer kleinen Nudelküche an der nächstliegenden Straßenkreuzung, wollte sich diesen noch genehmigen und in Ruhe überlegen, wie er am besten ins Innere des Gebäudes gelangen konnte.

„Entschuldigen Sie?!"

Chai lehnte sich über die Theke und blickte in den hinter der Bar liegenden Raum. Eine junge Frau, vermutlich indischer Abstammung, stand in der kleinen Küche und rührte in einem der großen Töpfe. Ein Appetit anregender Geruch lag in der Luft, den Na Ajutthajas Magen mit lautstarkem Knurren kommentierte.

Das Mädchen schien höflich zu sein, erweckte einen aufgeschlossenen Eindruck und war zudem als durchaus attraktiv zu bezeichnen. In diesem Moment kam dem Ermittler der Hotelangestellte in den Sinn, bei dem er sich schon zwei Tage lang nicht gemeldet hatte.

„Sie wünschen?"

Die junge, vielleicht zwanzig Jahre alte Frau musterte ihren Gast kurz, ihr fragender Blick verriet deren Ungeduld. Es war sicherlich kein leichtes Unterfangen, gleichzeitig die Küche wie auch den Gastraum im Auge zu behalten.

„Eine Schale Tee bitte. Grünen, wenn du hast."

Der Detektiv warf einen Blick auf die Angebotskarte, die über dem Getränkeregal an der Wand hinter der Theke ausgehängt war. Er schob seine Essensbestellung sofort nach, während die Frau hinter der Bar sich bereits wieder abwandte.

Chai brauchte nicht lange zu warten, es dauerte keine fünf Minuten und der Tee sowie die Schale mit Nudeln und Hühnerfleisch standen vor ihm auf der Theke.

Gerne hätte Na Ajutthaja die junge Frau in ein Gespräch verwickelt, doch die eilte wieder zurück in die Küche und kümmerte sich um ihre Töpfe und Pfannen. Ein stressiger Job, wie der Ermittler mit Kennerblick konstatierte, es blieb ihm zu hoffen, dass diese Arbeit auch finanziell entsprechend gewürdigt wurde. Chai verwarf diesen Wunsch wieder. Solche kleinen Geschäfte gehörten meist einem Vater oder einer Mutter, die ihre Kinder schamlos und unbezahlt zum Dienst verpflichteten.

Es dämmerte mittlerweile, draußen auf der Straße gingen die Laternen an, die ersten Leuchtreklamen warfen ihren bunten Schein auf das Pflaster. Prostituierte begannen die Gehwege zu bevölkern, Bars und kleine Läden begannen, ihre Waren und Dienstleistungen den Nachtschwärmern anzupreisen. Der Detektiv kannte diesen schnellen Wandel, die Geschäftigkeit war faszinierend wie strapazierend zu gleichen Teilen. Die Ruhe wich einer Vielzahl an Reize und Eindrücken, die jetzt auf Körper und Geist zu wirken begannen. Musik drang von der Straße in das kleine Lokal, gefolgt von den ersten Gästen dieses Abends. Junge Thais, gekleidet in grellen, neonfarbigen T-Shirts und Windjacken verrieten dem bisexuellen Ermittler deutlich deren homosexuelle Neigung. Interessiert beobachtete er die kleine Gruppe und schon bald gliederte sich diese in Pärchen auf, die sich liebkosten und gegenseitig neckten.

Wie stets ignorierte man ihn auch heute, niemand nahm ihn bewusst wahr.

„Gehen wir jetzt? Es ist fast so weit."

Einer der Jungen schien ungeduldig auf etwas zu warten.

„Wir haben so viel Geld für dich ausgegeben, da kannst du wenigstens noch warten, bis wir gegessen haben."

Die Gruppe brach in Gelächter aus, während sich der gerügte Junge grinsend anschickte, seinen Sitznachbarn zu füttern.

„Hey! Hör auf. Sonst fahr ich wieder nach Hause."

„Untersteh dich!"

Amüsiert verfolgte Chai den Dialog der jungen Schwulen. Sie trieben ihren Schabernack, nahmen sich gegenseitig mit bissigen Sprüchen aufs Korn und erinnerten den wesentlich älteren Mann schmerzlich daran, wie schwer er es damals hatte, in der Schule Anschluss zu finden.

Er hielt sich nicht lange an diesem trüben Gedanken fest und kratzte mit dem Löffel die Reste seines Essens zusammen.

„Und Ihr meint, dass das wirklich ein Deutscher ist? Zeigt mir noch einmal sein Foto!"

Erschrocken zuckte der Ermittler zusammen. Die letzten Worte des ungeduldigen Jungen hatten sich regelrecht in sein Bewusstsein gebohrt.

Einer der Jungen holte sein Smartphone aus seiner Jackentasche und ließ seinen rechten Zeigefinger über den Bildschirm streichen. Kurze Zeit später hing die Traube der übrigen jungen Männer in seinem Rücken und blickte über seine Schultern hinweg auf das Gerät.

„Wie groß mag er wohl sein? Einen Meter neunzig?"

Einer der Jungen tippte mit zwei Fingern auf das Gerät und zog sie auseinander. Anscheinend wollte er einen bestimmten Ausschnitt des Bildes vergrößern.

Ein lautes Lachen erfüllte den Raum.

„Da willst du heute noch rein? Schau dir seine Muskeln an! Der kneift dir noch was ab."

Für einen kurzen Augenblick verstummten die jungen Männer. Dann klopften sie dem ungeduldigen Jungen, der offensichtlich von ihnen beschenkt worden war, auf dessen Rücken.

„Du hast schon Schwein. Kannst echt froh sein, dass du Freunde wie uns hast."

Die anderen lachten, während der Beschenkte dankbar nickte. Chais Gedanken aber rasten, am liebsten wäre er zu dem Jungen hingestürzt und hätte ihm das Mobiltelefon aus den Händen gerissen.

47. Fünfundzwanzigster Tag, abends, Bangkok

Arlak erfreute sich großer Beliebtheit bei seinen Freunden. Schlank, mittelgroß, mit etwas knochigem Gesicht, blickte er verschmitzt in seine Welt, ein breites Grinsen auf seinen Lippen. Man mochte und schätzte ihn nicht nur, weil er ein gut laufendes Forum für die junge Schwulenszene Bangkoks unterhielt, sondern auch, weil er ein Mensch war, der am Leben Spaß zeigte, seine Freundschaften pflegte und stets zuverlässig zur Stelle war, wenn man ihn um Hilfe bat. Nur Beziehungen waren seine Sache nicht, zu sehr liebte er die Abwechslung. Er wollte sich an niemanden binden, sondern Vielerlei ausprobieren und seine Jugend genießen.

Ungeduldig wartete der junge Mann darauf, bis auch der letzte seiner Freunde aufgegessen hatte, schob seinen Stuhl in jenem Moment zurück, als der letzte von ihnen seine Schale geleert hatte.

„Entschuldigt bitte, Jungs."

Erstaunt bemerkten die schwulen Freunde einen Mann, der langsam auf ihren Tisch zusteuerte. Mit seinem verschwitzten weißen Hemd, der einfachen Bundfaltenhose, ziemlich unansehnlichen Gesicht und einem Alter von mehr als vierzig Jahren entsprach er nicht gerade dem Beuteschema der wesentlich jüngeren Homosexuellen. Lediglich seine Stimme klang weich und ausdrucksstark, vielleicht war sie es, die den Ausschlag gab und die Gruppe der jungen Leute tatsächlich warten ließ.

Chai lächelte in die fragenden Gesichter, kam näher und warf einen Blick auf Arlaks Handy, welches dieser immer noch in seinen Händen hielt.

„Ich habe euer Gespräch mit angehört. Entschuldigt bitte, aber ihr habt euch so angeregt unterhalten, dass ich einfach nicht weghören konnte. Darf ich vielleicht auch mal einen Blick auf diesen Deutschen werfen? Er ist bestimmt hübsch, wenn ihr so begeistert seid?!?"

Bis auf Arlak blickten sich die jungen Männer abwechselnd gegenseitig mit gerunzelten Stirnen und zusammengekniffenen Augen an. Sie konnten nicht viel mit diesem alten, hässlichen Kerl anfangen. Ihr Freund aber reichte dem Mann sein Telefon. Warum sollte er diesem auch solch einen einfach zu erfüllenden Wunsch verweigern?

Chai hatte Mühe, seine Aufregung zu verbergen. Kaum dass er das moderne Smartphone in seinen Händen hielt und die Fotos des Deutschen betrachtete, hatte er auch schon die Gewissheit, dass er an seinem Ziel angelangt war. Die drei Deutschen waren dort drüben in diesem alten, zum SM-Bordell umgebauten Krankenhaus. Der erfahrene Ermittler hegte nun keinerlei Zweifel mehr.

„Er ist ein richtiger Sklave.", meinte einer der Jungs.

Er schien immer noch stolz darauf zu sein, dass ihr Geschenk so gut bei ihrem Freund angekommen war.

Chai aber identifizierte nicht nur den gesuchten Deutschen auf den drei Fotos. Auch eine strenge Domina war auf den Bildern zu sehen und diese erkannte der Detektiv auf den ersten Blick. Nori!

„Und wann sollt Ihr dort sein?"

Chais Frage kam wie von selbst über seine Lippen. Diese Jungs waren vielleicht die unauffälligste Möglichkeit, in dieses Gebäude zu gelangen.

Arlak nahm sein Handy wieder an sich, als der unansehnliche Mann es ihm reichte und sah auf das Display.

„Eine halbe Stunde haben wir noch. Aber ich war noch nie in einem Sadomaso-Schuppen. Es lohnt bestimmt, früher reinzugehen und sich dort ein wenig umzuschauen."

Chai überlegte. Wenn er die Jungs bitten würde, sie begleiten zu dürfen, musste er ihnen dafür etwas anbieten. Doch womit sollte er aufwarten?