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Das Schloss Teil 02

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„Du hast den Chef schon ganz gut drauf", grinst Pia. „Anweisung geben liegt dir."

„Du weißt genau wie ich das meine", verteidige ich mich. „Ich kann solche Typen nicht ausstehen. Männer, die Frauen nicht mit dem nötigen Respekt behandeln, kann ich nicht leiden. Die halte ich grundsätzlich für primitiv und gefährlich."

„Irgendwie imponiert mir deine Haltung", meint sie. „Sei aber unbesorgt. Ich werde mich zu wehren wissen."

„Wenn du Hilfe brauchst, ich bin in meiner Wohnung, oder besser gesagt in der von Franz. Ich möchte die Unterlagen anschauen und mir ein Bild davon machen. Ich werde wohl oder übel dort wohnen bleiben und muss langsam anfangen, Ordnung zu schaffen und mich einzurichten", informiere ich Pia über meine Pläne für den Tag.

„Du tust mir so leid. Nachdem ich gestern die Terrasse gesehen habe, bedaure ich dich noch viel mehr, dass du da oben wohnen musst", neckt sie mich. Dann wird sie wieder ernst. „Ich glaube du hast Recht. Früher oder später sollte jemand die Sachen von Franz anschauen. Es könnten auch wichtige Papiere dabei sein."

„Was ist eigentlich mit der Insel und dem Haus dort? Laut meinen Unterlagen gehört die gesamte Insel zum Schloss", frage ich Pia.

„Soweit ich weiß, gehört sie tatsächlich dazu. Franz hat sie nie wirklich beachtet. Er hat angeblich schon vor meiner Zeit das Haus renovieren lassen. Es soll vollständig eingerichtet sein, sogar sehr exklusiv, munkelt man. Aber in all den Jahren, in denen ich nun schon hier bin, ist nie jemand zur Insel gefahren um nachzuschauen und genutzt wurde das Haus auch nie. Dabei könnte man so viel damit machen. Ich hätte einige Ideen", erzählt sie.

„Dann werden wir in nächster Zeit zur Insel rudern müssen. Hast du eine Ahnung, wo sich die Schlüssel für das Haus befinden?"

„Keine Ahnung. Ich vermute, du wirst auf sie stoßen, wenn du in den Sachen von Franz kramst. Sie können nur dort sein."

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Wir beenden das Frühstück und trennen uns. Pia geht ihren Aufgaben im Hotel nach und ich begebe mich auf Spurensuche. Ich bin zuversichtlich auch interessante Dinge zu finden. Nach dem, was ich bisher von meinem Onkel und von seinem Leben erfahren habe, verspricht meine Suche interessant und voller Überraschungen zu werden.

Ich starte im Wohnzimmer. Doch außer den Büchern finde ich nicht viel Bemerkenswertes. Ich blättere in aller Ruhe die Werke durch, die Franz über die unterschiedlichsten Schlösser und Burgen zusammengetragen hat. Ich entdecke nach längerem Suchen auch ein Buch mit dem Titel ´Das unheimliche Schloss von Riva del Garda´. Ich bin überrascht. Was soll bitte an diesem Schloss so unheimlich sein?

Neugierig blättere ich und lese Geschichten von Geistererscheinungen, die sich in diesen Mauern zugetragen haben sollen. Der zweite Teil des Buches ist hingegen der Versuch, eine rationale Erklärung für diese Vorkommnisse zu finden. Doch auch diese scheinen mir weit her geholt zu sein. Es ist von Geheimgängen und dunklen Machenschaften einiger Schlossherren die Rede. Die Geschichten drehen sich vor allem um illegale Geschäfte und Frauen. Zum Teil sind die darin erwähnten Begebenheiten mehr als abenteuerlich und wenig glaubwürdig.

Ich lege das Buch zur Seite, um es später genauer durchzulesen. Kann ja sein, dass dabei doch noch etwas Interessantes ans Tageslicht kommt. Doch ranken sich nicht um fast alle Schlösser und Burgen, Legenden von Geistern und übernatürlichen Vorkommnisse?

Ich gehe hinauf in den Raum, der Franz als Büro gedient hat. Mein Onkel war offenbar ein sehr ordentlicher Mensch. Zumindest was seine Unterlagen angeht, war er sehr akribisch und ich habe recht schnell alles gesichtet. Es sind einige wichtige Dokumente und Besitzurkunden dabei, aber nichts, was außergewöhnlich wäre. Vor allem finde ich keine Schlüssel oder Unterlagen zum Haus auf der Insel.

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Inzwischen ist es Mittag geworden. Noch während ich überlege, was ich als nächstes unternehmen soll, klingelt mein Handy.

„Tom, kannst du bitte herunterkommen? Herr Lukas will unbedingt mit dem Besitzer sprechen", bittet mich Pia. Sie wirkt verschreckt und unsicher. Das beunruhigt mich.

Ich lasse alles liegen und mache mich augenblicklich auf den Weg. Während ihres Anrufes habe ich im Hintergrund die Stimme eines Mannes gehört, der recht ungehalten war und sich über ´Weiber´ und ´Schlampen´ ausgelassen hat. Dieser Herr Lukas scheint -- wie erwartet - kein angenehmer Zeitgenosse zu sein.

„Wo liegt das Problem?", frage ich Pia, als ich zur Rezeption komme. Ein mir unbekannter Mann ist gerade dabei sehr energisch auf sie einzureden.

„Das ist Herr Lukas. Ich habe ihm gesagt, dass wir ihm keine Mädchen mehr vermitteln", erklärt mir Pia ungewöhnlich kleinlaut.

„Das ist doch eine Frechheit!", echauffiert sich der Mann. „Ich komme doch nur wegen der Nutten hierher."

„Herr Lukas, das ist auf meine Veranlassung hin erfolgt", wende ich mich an den Herrn. Aus Höflichkeit versuche ich ihm die Hand zu reichen, die er allerdings tunlichst ignoriert.

„Und wie kommen Sie dazu? Ich bin seit Jahren ein sehr guter Kunde dieses Hauses", fährt er mich an.

„Ich habe mich umgehört und musste leider feststellen, dass Sie sich den Damen gegenüber nicht so verhalten, wie wir uns das in diesem Haus vorstellen. Aus diesem Grund habe ich beschlossen, ihnen keine Mädchen mehr zu vermitteln", bleibe ich ruhig.

„Was heißt das, ich würde mich den Damen gegenüber nicht so verhalten, wie man es in diesem Haus erwartet. Die Weiber sollen sich nicht so haben. Die sind nicht aus Glas. Die halten schon etwas aus", schimpft er verärgert.

„In diesem Haus werden nur Mädchen für Dienstleistungen vermittelt, die sie freiwillig mitmachen. Da dies bei Ihnen in Vergangenheit nicht immer der Fall war, gehen unsere Ansichten ganz offensichtlich deutlich auseinander."

„Spinnen Sie? Die Schlampen sind dazu da, gefickt zu werden. Die haben nichts zu sagen. Beklagen sich die dummen Weiber etwa! So was! Und Sie Weichei hören auch noch auf sie. Denen würde ich die Flausen schon austreiben. Eine ordentliche Gerte, ein harter Fick und sie wären wieder auf Spur", schimpft Lukas weiter.

„Herr Lukas, ich würde Sie bitten, in Zukunft nicht mehr bei uns abzusteigen. Für heute können Sie gerne hier wohnen, bekommen aber kein Mädchen gestellt. Sie müssen für diese eine Übernachtung nichts bezahlen. Sie sind mein Gast. In Zukunft jedoch, sind sie hier nicht mehr willkommen", sage ich trocken. Dann wende ich mich ab und lasse den aufgebrachten Mann einfach stehen.

Lukas schimpft vor sich hin, dass ihm so etwas noch nie passiert sei, dass sich mein Onkel wohl im Grab umdrehen würde und ähnlichen Blödsinn. Mich lässt das alles kalt. Soll er doch denken, was er will. Pia kommt mir nachgelaufen.

„Dem hast du´s aber gezeigt. Der ist ganz außer sich", meint sie. Ich kann die Anerkennung in ihrer Stimme hören.

„Solche Typen mag ich nicht. Das habe ich dir schon gesagt. Hoffen wir, dass er sich heute Nacht ruhig verhält und wir ihn dann nie wieder sehen."

„Ich muss zugeben, du hattest Recht. Ich glaube, man kann es echt nicht verantworten, ein Mädchen mit ihm alleine zu lassen."

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Nach diesem Eingeständnis haucht sie mir einen verstohlenen Kuss auf die Lippen und verschwindet in die Küche. Ich hingegen kehre in meine Räume zurück und gehe dort zuerst ins Bad, um mich etwas zu erfrischen. Ich schöpfe mir mit den Händen Wasser ins Gesicht, trockne mich ab und schaue mich anschließend im großen Spiegel an. Plötzlich verschiebt sich der Fokus meines Blickes von meinem Spiegelbild zum Spiegel selbst. Interessant! Es sind mehrere Teile, aus denen sich der große Spiegel zusammensetzt. Allerdings erkenne ich an manchen Trennungslinien eine deutliche Fuge, die bei den anderen Übergängen nicht sichtbar ist. Ist es möglich, dass sich im Spiegel eine Tür verbirgt?

Mir kommen sofort wieder die Berichte über Geheimgänge in den Sinn. Ich erinnere mich daran, wie Pia erzählt hat, dass Onkel Franz ein Geheimnis um den Ausbau seiner Räumlichkeiten gemacht hat. Mich beschleicht der Verdacht, dass es im Schloss tatsächlich Geheimgänge geben könnte und, dass sich genau in diesem Bad der Zugang verbirgt. Je länger ich jedoch darüber nachdenke, umso unsinniger kommt mir die Sache vor. Wie soll es Geheimgänge geben, von denen niemand weiß? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Onkel Franz trotz der Renovierung möglich war, ein solches Geheimnis zu wahren. Irgendjemand redet doch immer.

Was wäre, wenn die Geheimgänge zwar ans Licht gekommen sind, dass Onkel Franz jedoch dafür gesorgt hat, dass es niemand erfuhr? Wäre das möglich? Oder ging das umgekehrt? Hat er die Legenden aus dem Buch so ernst genommen, dass das der Grund war, warum er sich in dieses Schloss verliebt hat, dass dieses Schloss seine Obsession geworden ist? Könnte es sein, dass er einen Hinweis gefunden hat? Warum die anderen Bücher über Schösser? Bisher bin ich davon ausgegangen, dass er sich in die Materie eingelesen hat, um den Umbau möglichst authentisch durchführen zu lassen.

Wenn es wirklich einen Geheimgang gibt, dann müsste sich diese angebliche Tür im Spiegel auch öffnen lassen. Wo sonst sollte der Zugang sein? Wenn es ihn wirklich gibt, dann kann er sich nur in den Räumen befinden, die Onkel Franz bewohnt hat. Da bin ich mir absolut sicher. Wenn es die verborgenen Gänge gibt, dann wusste Franz Bescheid und hat sich den ungestörten Zugang gesichert.

Ich gestehe, ich zweifle selbst an meiner Zurechnungsfähigkeit. Zu absurd ist die Vorstellung von Geheimgängen und verborgenen Teilen des Schlosses. Trotzdem kann ich nicht anders, als mich auf die Suche nach einem geheimen Mechanismus zu machen. Wenn es sie gibt, muss es auch möglich sein, diese geheimnisvolle Tür zu öffnen. Ich suche die Wand genau ab, kann aber beim besten Willen nichts finden.

In Romanen hört man immer von Geheimtüren, die sich hinter Regalen oder in Bibliotheken befinden. Sie können durch einen versteckten Hebel, ein Buch oder sonst eine unscheinbare Vorrichtung entriegelt werden. Doch hier habe ich eine fast nackte Wand vor mir. Wo soll da bitte ein versteckter Mechanismus sein?

´Tom, Du bist Architekt. Wenn jemand einen verborgenen Mechanismus entdeckt, dann wohl du´, mache ich mir selbst Mut.

Ich stehe vor der Wand und analysiere sie genau. Da ist nichts! Verdammt nochmal! Oder? Das einzige, was irgendwie in Frage kommen könnte, ist der Seifenhalter neben dem Waschbecken. Er ist direkt neben dem großen in die Wand verbauten Spiegel in die Wand eingelassen. Wenn ein Mechanismus versteckt wurde, dann hier! Da bin ich mir sicher.

Es handelt sich um einen von diesen ausgesprochen altmodischen Seifenhalter, der nur mehr ganz selten verbaut wird. Zudem passt er kein Bisschen in dieses moderne Bad. Es handelt sich um so einen Seifenhalter, der wie eine Fliese gestaltet und als Vertiefung in die Wand eingelassen ist. Die Dinger sind völlig unpraktisch. Sie sind schwierig zu putzen und wenn sie einmal eingebaut sind, kriegt man sie nur weg, wenn man gleich alle Fliesen wieder heraushaut. Warum also hat Onkel Franz genau dieses hässliche Ding hier einbauen lassen?

Ich fahre mit der rechten Hand in diese Vertiefung. Vorsichtig suche ich die Keramik ab. Wenn sich ein versteckter Mechanismus verbirgt, dann kann er nur hinter dem oberen Rand liegen. Diese Kante ist sonderbar geformt. Sie hat einen auffallend breiten Wulst, der in die Aussparung hineinreicht. Hinter dieser Wulst könnte sich tatsächlich ein Hebel verbergen. Mit großer Aufmerksamkeit taste ich dort entlang und kann schon nach kurzer Suche einen ganz kleinen Zapfen ertasten. Mein Gott, bin ich plötzlich aufgeregt!

Bisher habe ich mich selbst nicht ganz ernst genommen. Die Geschichte von den Geheimgängen habe ich nur halbherzig geglaubt. Ich war hin und her gerissen, weil es zu unglaublich klingt. Einerseits ist der kleine, neugierige Junge in mir durchgekommen, den aber andererseits der rational denkende Erwachsene nur müde belächelt hat. Doch jetzt, jetzt wo ich den Mechanismus tatsächlich gefunden habe, besteht kein Zweifel mehr. Es gibt eine Tür und es wird sicher auch die Geheimgänge geben. Mein Puls schnellt mit dieser Erkenntnis augenblicklich in ungeahnte Höhen.

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Ich versuche den Hebel nach links zu bewegen. Das geht nicht! Also versuche ich es nach rechts und diesmal gibt er schon bei leichtem Druck nach und verschiebt sich. Im selben Augenblick springt die erahnte Tür im Spiegel auf. Beinahe ehrfürchtig stehe ich vor der Wand und staune. Zwar sind es nur wenige Zentimeter, aber die Tür hat sich geöffnet. Als ich den Hebel wieder loslasse, springt er von selbst in seine Ausgangslage zurück. Himmel, ich habe den Geheimgang gefunden!

Ich öffne ganz vorsichtig die Tür indem ich gegen den Spiegel drücke und finde nach längerem Tasten an der Mauer einen Lichtschalter. Na ja, das ist ein modern ausgestatteter Geheimgang, denke ich bei mir. Ich schalte das Licht ein und erkenne einen schwach beleuchteten Raum, der sich vor mir erstreckt. Er muss in den Felsen gehauen sein, denn die Wände bestehen nur aus behauenem Stein. In einer Ecke steht ein großer Schreibtisch mit vielen Unterlagen. Von diesem Raum aus geht eine Wendeltreppe nach unten. Mehr kann ich im ersten Moment nicht erkennen.

Ich studiere zunächst die Tür. Sie besteht aus Glas, das auf einer Seite verspiegelt ist. Vom Geheimgang aus kann man somit ungehindert ins Bad schauen. Auf diese Weise kann man sehen, was einen im Raum erwartet, noch bevor man die Tür öffnet. Somit kann es bei der Rückkehr aus dem Geheimgang nicht zu unliebsamen Begegnungen kommen. Genial, finde ich.

Ich studiere das Schloss und seinen Mechanismus. Ich möchte nicht im Geheimgang eingesperrt bleiben, wenn ich die Tür hinter mir schließe. Das wäre mehr als blöd. Vermutlich würde man mich nur noch als Skelett finden. Sehr schnell checke ich, dass sich die Tür auch von innen problemlos öffnen lässt. Man kann einen Schnapper zurückziehen und schon springt sie auf. Zum Schließen wird sie einfach zugeschoben und das Schloss rastet von selbst ein. Ich teste dies kurz bei offener Tür. Als ich mir sicher sein kann, dass ich mich nicht selbst einsperre, schiebe ich die Tür hinter mir ins Schloss. Ich bin im Geheimgang!

Ich gehe zu dem altmodischen Schreibtisch. Es ist ein uraltes und sehr massives Stück. Darauf liegt, sofort erkennbar, ein Umschlag. Zu meiner Überraschung steht mein Name drauf. Was soll das denn schon wieder? Wer hat hier einen Brief für mich hinterlegt? Das kann wohl nur Onkel Franz gewesen sein. Ich nehme das Schreiben in die Hand und erkenne sofort, dass es ein ähnlicher Umschlag ist, wie der, den mir der Notar überreicht hat. Hat mir Onkel Franz zwei Briefe geschrieben? Warum zwei? Ich verstehe langsam gar nichts mehr! Hastig reiße ich den Umschlag hastig auf und beginne zu lesen.

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Lieber Thomas,

vielen Danke, dass du meinem Wunsch nachgekommen bist und die Leitung des Hotels übernommen hast. Du hast keine Ahnung, wie viel mir das bedeutet. Vor allem, da ich dich nie getroffen habe und dich deshalb auch nicht einschätzen kann. Ich hoffe sehr, du verstehst dich mit Pia. Sie ist ein Schatz und hat es verdient, am Hotel beteiligt zu sein. Sie hat immer sehr viel Einsatz für das Hotel und sehr viel Geduld mit mir alten, kranken Esel bewiesen. Du hast dir vermutlich bereits selbst ein Bild von ihr gemacht.

Da du diesen Brief in Händen hältst, hast du den Geheimgang gefunden. Ich hoffe, du bist nicht schon alt und grau. Da ich nur Gutes über dich gehört habe, gehe ich davon aus, dass du mir schon bald auf die Schliche gekommen bist. Mich würde jetzt brennend interessieren, was mein Geheimnis verraten hat, das ich so viele Jahre lang erfolgreich hüten konnte.

Ich habe eine Skizze der Gänge erstellt und sie diesem Brief beigelegt. Ich war fasziniert vom Einfallsreichtum der ursprünglichen Bauherren. Sie haben in die dicken Außenmauern des Schlosses Geheimgänge eingebaut. Man kann von dort aus beobachten, was in den Räumen vor sich geht und man kann ungesehen in jedes Zimmer gelangen. Die geheimen Türen haben alle denselben Mechanismus. Ich habe es geliebt, die Menschen zu beobachten. In ihren Zimmern glauben sie alleine zu sein und verstellen sich nicht, um besser zu erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind. Die menschliche Eitelkeit ist sehr interessant.

Wenn du die Wendeltreppe ganz nach unten gehst, gelangst du an eine Tür. Hinter ihr liegt ein Gang, durch den man unter dem See hindurch zur Insel gelangt. Dort endet der Gang im Keller des Hauses. Auch wenn alle glauben, das Haus stehe leer und die Insel sei unbewohnt, kann man es doch ungesehen erreichen. Ich glaube es diente früher den Grafen von Riva, um dort ihre Mätressen unterzubringen und ohne Aufhebens zu ihnen zu gelangen. Die Alten wussten halt, wie man Spaß im Leben hat.

Gleich hinter der Tür auf der Seite des Schlosses zweigt ein deutlich sichtbarer Gang ab und führt in einen großen Keller. Da es hier am See nicht möglich war, das Schloss zu unterkellern, haben die alten Schlossherren wohl als Ersatz diesen Raum in den Felsen gehauen. Ich habe dort ein paar meiner Schätze gelagert. Auch sie gehören jetzt dir. Bei der Erforschung des zweiten Raumes dahinter wünsche ich dir viel Spaß. Mit der richtigen Begleitung macht es noch viel mehr Spaß, glaube mir.

Und noch ein letztes Geheimnis birgt der Hauptgang. Etwa zehn Meter nach dem Schloss zweigt ein versteckter Nebengang ab. Er ist nur sehr schwer zu finden und führt auf die andere Seite des Felsen. Hier findest du ein Haus, das nur über eine sehr steile Treppe oder vom Ufer aus erreicht werden kann. Es liegt in einer Bucht, die wegen der hohen extrem steil abfallenden Felsen gemieden wird. Deshalb konnte der Besitzer das Haus lange Zeit nicht verkaufen. Obwohl die Bucht wunderschön ist und man dort völlig ungestört ist, konnte ich es zu einem Schnäppchenpreis erwerben. Niemand wusste, dass es durch den Geheimgang bequem erreichbar ist. Das Haus ist auf deine Mutter geschrieben. Es dürfte kein Problem für dich sein, das Erbe anzutreten. Aus diesem Grund hat auch niemand eine Ahnung davon, dass es zum Schloss gehört.

Die Türen, die du vorfindest, lassen sich alle mit ein und demselben Schlüssel öffnen. Du findest drei Stück davon in der Schublade des Schreibtisches. Es sind Sicherheitsschlösser und sie können nur bei Vorlage des Scheines kopiert werden, der ebenfalls in der Schublade liegt.

Ob du Pia in dieses Geheimnis einweihen willst oder nicht, das überlasse ich dir. Ich habe es ihr nie erzählt. Warum kann ich nicht genau sagen. Vermutlich wollte ich mir die Möglichkeit offen halten, auf der Insel heimlich eine Geliebte unterzubringen. Daraus ist wegen meiner Krankheit nie etwas geworden. Dafür habe ich mir dieses letzte Geheimnis bewahrt. Bis jetzt zumindest.

Die Unterlagen, die du auf dem Wandregal vor dir findest, sind wichtig und du solltest sie dir gut durchschauen. Du bekommst damit einen Überblick über deinen gesamten Besitzt. Mach das Beste draus!

So, mein Junge! Nun kennst du auch meine letzten Geheimnisse. Weitere Nachrichten oder Bitten wirst du keine mehr finden. Ab jetzt musst du alleine klarkommen. Ich hoffe, du bist mir nicht allzu böse, dass ich dich so überfallen und aus der Bahn geworfen habe. Es ging nicht anders.

Auf ein Wiedersehen im Jenseits

Franz

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Wow! Das sind aber viele Informationen aus dem Jenseits! Ich lese den Brief noch einmal langsam und sehr aufmerksam durch. Ich versuche zu ergründen, ob Onkel Franz mir etwas zwischen den Zeilen sagen wollte, kann aber nicht wirklich etwas finden. Ich möchte einfach nur vermeiden, etwas zu übersehen. Schließlich kann ich ihn nicht mehr fragen.

Ich sitze im Sessel vor dem Schreibtisch und blicke ungläubig in die Runde. Ich muss das Ganze erst einmal sacken lassen. Was vor mir liegt, ist kaum zu glauben. Ich habe die Geheimgänge gefunden! Dabei wusste ich noch nicht einmal, dass es so etwas überhaupt gibt. Obwohl mein Verstand mir gesagt hat, dass es sich um ein Hirngespinst oder die Erfindung einiger Geschichtenerzähler handeln muss, habe ich trotzdem danach gesucht. War es Führung aus dem Jenseits oder einfach nur Zufall? Das Kind in mir hat es gehofft und ich habe nur deshalb nicht locker gelassen.