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Der Entmannte im Eis

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„Der hat sich schon lange vertschüsst. Das Auto hat er mitgenommen, sonst nicht viel. Keine Ahnung, wo der hin ist. Die Zecke hat keinen Führerschein, deswegen hat sie dem Itaker auch ihre Hälfte der Garage überlassen." Nina erinnerte sich, dass neben dem Alfa Romeo eine Trennwand verlief. Umgehend informierte sie Tom Schrötter, der ja noch das Haus des Opfers inspizierte. „Du, Tom, der Ardente hat auch die Garage vom Nachbarn dazu gemietet. Da wohnt eine Frau Zögge allein, die keinen Führerschein und kein Auto hat. Mit dem hat sich ihr Mann verdünnisiert. Da muss Ardente irgendwo den Schlüssel dazu haben. Von seiner Wohnung aus kommt er ja nicht hinein." Schrötter bedankte sich und eilte sofort nach draußen und probierte mit einem gefundenen Schlüsselbund. Einer passte und in der zweiten Garage fand Schrötter weitere Kühltruhen. Alle waren offen und ausgeschaltet. Außer einem muffigen Geruch fiel ihm nichts weiter auf. Er atmete auf. Noch eine Leiche hätte ihm wirklich den Tag vergällt.

Kaum stand er wieder in Ardentes Schlafzimmer, rief Hajo Fussenegger an: „Ich habe einen Kollegen gefunden, der perfekt italienisch spricht, weil seine Mutter aus Venedig stammt. Mit seiner Hilfe habe ich die Polizei in Mailand erreicht. Sie wollen eine schriftliche Anfrage über den Innenminister, aber Kollege Mario Müller ..."

„Westernhagen?"

„Quatsch, Tom, der heißt doch Marius, nicht Mario!"

„Stimmt. Entschuldige! Also, was war dann?"

„Kollege Mario Müller konnte den italienischen Maresciallo bei einem ‚Selbstgespräch' belauschen. Der las laut von seinem Bildschirm ab. Außer einigen Strafen wegen Schnellfahrens, liegt gegen Ardente nichts vor, auch keine Kontakte zur Unterwelt. Ach ja, eine Anzeige wegen Nichteinhaltung eines Eheversprechens. Das Verfahren wurde aber eingestellt, weil die Frau schon mehrfach so etwas angezeigt hatte. Bei mehreren Männern. Summa summarum ein braver Bürger."

„Okay, so kann man den Kollegen unbürokratisch helfen. Bravo! Aber irgendwen hat er wohl tödlich beleidigt. Ich tippe auf einen eifersüchtigen Ehemann oder Freund."

„Wirst wohl Recht haben. Ich hab' dann, weil ich ja dem Mario Müller bei der Hand hatte, gleich noch bei seiner Firma Dolgelato angerufen."

„Aha! Haben die ihn denn nicht vermisst?"

„Nicht wirklich. Ardente war ein Hitzkopf. Er hat sie einige Male im Jahr wissen lassen, was und wo sie ihn können. Wegen Kleinigkeiten. Immer wieder hat er ihnen ausgerichtet, dass sie nicht nach ihm suchen sollen, wenn er sich mal nicht mehr meldet. Er liege dann irgendwo, was sich Kopippi nennt und zwar am Strand mit einer heißen Braut."

„Kopippi? Was ist das denn?"

„Keine Ahnung. Das hat mir die Personalchefin so gesagt. Sie klang so, als sei sie beleidigt, dass Ardente nicht mit ihr dort Pippi macht. Jedenfalls waren die bei Dolgelato erleichtert, dass sie Ardente so billig losgeworden sind. Sie wussten ja auch von seinem Gewinn im Casino und dachten, er sei jetzt ausgestiegen. So sparten sie sich die Abfertigung und weiteren Ärger mit dem Typen. Also überwiesen sie ihm die letzten Gehaltsreste, Provisionen und Reisekosten. Letzte Abrechnung betraf den Juli letzten Jahres, per Mail eingelangt am 2. August. Schon im September schickten sie seinen Nachfolger nach Deutschland, einen Südtiroler, der sein Geschäft jetzt von Ulm aus abwickelt."

„Wieso so schnell? Angeblich wollte Ardente ja auf Urlaub fahren."

„Stimmt, er hatte Urlaub angemeldet für 11. bis 25. August, also zwei Wochen. Spätestens am Montag drauf hätte er neues Eis bestellen sollen für seine Präsentationen. Hat er aber nicht. Also ‚Kopippi' und aus! Die waren wirklich froh, ihn so billig losgeworden zu sein."

„Danke, Fuzzy!" Tom Schrötter legte schnell auf. „Weiß jemand von euch, wo Kopippi liegt? Die glaubten, unser Frauenheld da liege dort mit einer heißen Braut in der Sonne!"

Doris Fussl krabbelte unter dem Bett heraus und schüttelte sich. „Du meinst wohl Ko Phi Phi?"

„Sag ich ja!"

„Du betonst es falsch, weil du ans Pinkeln denkst! Ko Phi Phi, nicht Kopippi!"

Tom verdrehte die Augen. „Und wo ist das Piipii-Dings?"

„Zwei Inseln im Süden von Thailand. Bringt dich das jetzt der Lösung des Falles näher?"

Tom grummelte und verzog sich ins Wohnzimmer. Mit Doris zu diskutieren überließ er gern seinem Partner Hajo Fussenegger. Fuzzy hatte ja auch den Spaß, sobald Doris Recht behalten hatte. So sah es aus!

Nina arbeitete sich inzwischen konsequent Haus um Haus durch die ‚ungerade' Reihe. Ihr wurde bald klar, dass Ardente offenbar ausschließlich auf Blondinen stand. Leider waren die Beschreibungen einander so ähnlich, dass sie nicht abklären konnte, ob es sich bei den beschriebenen Frauen um ein halbes Dutzend verschiedene oder um nur eine einzige handelte. Außer blond waren alle eher groß, schlank, vollbusig und trugen gute Kleidung, nicht billig, aber auch nicht extravagant. Besondere Merkmale, die zu einer Identifizierung geführt hätten, konnte niemand nennen. Leicht frustriert stand sie unter einer Straßenlaterne und machte sich daran, bei Nummer dreizehn zu klingeln, als Mike aus dem Nebenhaus kam. „Hallo, Mike! Machen wir das letzte Haus gemeinsam?"

„Mit dir mache ich alles gern gemeinsam, auch wenn Klinkenputzen nicht zu meinen Favoriten gehört." Er wollte seine Freundin in eine Umarmung ziehen, aber sie schob ihn von sich. „Bist du verrückt? Doch nicht hier, gegenüber vom Tatort! Hast du was?"

„Nicht wirklich. Der Junge, Leo Popp von da ..." -- er deutete mit dem Daumen über seine Schulter -- „... hat genau das gesagt, was uns Moosbach berichtete. Er hat sich mit Ardente gelegentlich unterhalten. Autos, Frauen, Fußball, Eis. Da hat ihn der Italiener oft mit Probepackungen versorgt. Kurz vor seinem -- äh -- Abgang hat er noch Restbestände verschenkt, weil er die Kühltruhen abtauen wollte. Ardente war sehr erfolgreich bei Frauen und konnte ganz nach seinem Geschmack wählen. Er hatte laut Leo drei Regeln: Nur verheiratete Frauen, denn die konnten ihn nicht wegen Ehewünschen nerven, nur Blondinen, echte, denn dunkelhaarige fand er daheim genug und keine aus der Nähe. ‚La malia' nannte es Ardente. Leo hat es nachgelesen, das heißt ‚Bannkreis'. Ein Bannkreis von einem Kilometer. Eigentlich ganz gescheit. Gesehen hat er nur zwei, die letzte etwa um Ostern herum im letzten Jahr. Er konnte nur eine allgemeine Beschreibung geben, weil er sie nur von seinem Zimmer aus gesehen hat, wo es schon dunkel war. Und du?"

„Auch nichts Konkretes. Blond, groß, sportlich, vollbusig und so um die dreißig Jahre. Davon gibt es allein in Hallburg mindestens zweitausend. Hoffentlich wird Tom fündig. Sonst bleiben uns noch die Verbindungsnachweise von seinem Telefon. Also schauen wir doch mal, ob wir hier bei Altbauers weiterkommen werden!" Nina drückte auf den Klingelknopf. Fast sofort wurde die Tür aufgerissen und ein kleiner Junge grinste sie an.

„Mama, Papa! Die Polizei ist endlich da!" Nina und Mike sahen sich an. So freudig wurden sie sonst nicht begrüßt. Herr Altbauer erschien im Flur und bat sie ins Wohnzimmer. Mike stellte der Familie sich und Nina vor und sie nahmen auf dem bequemen Sofa Platz.

„Kaffee oder Tee?", fragte Frau Altbauer, eine hübsche Blondine mit üppigem Vorbau, eigentlich exakt Ardentes Beuteschema.

Mike lehnte beides ab, bat nur um ein Glas Leitungswasser, aber Nina sehnte sich nach Tee. „Wenn Sie einen Kräutertee hätten?"

„Ja, Simone! Nimm den mit den Limetten! Da nehm' ich auch gern einen", meinte ihr Mann, der sich dann an Mike wandte. „Unser Sohn ist schon ganz aufgeregt, weil er etwas beobachtet hat, was er Ihnen gern mitteilen möchte. Ralf, komm her und erzähl!"

Der vorhin so quirlige Junge stand jetzt verlegen vor den Erwachsenen. „Ralf, das ist der Herr Rackelt von der Polizei und dies ..."

„Ich bin die Nina, Ralf! Sag mal, wie alt bist du denn?"

„Elf."

„Und du kennst den Herrn Ardente von dort drüben?"

Ralf nickte. „Stimmt es, dass der Massi tot ist?"

„Der Herr Ardente? Ja, leider ist der tot und wir müssen alles wissen, was mit ihm zusammenhängt. Weißt du da was?" Ralf nickte wieder.

„Und möchtest du es mir erzählen?" Ralf nickte wieder.

Nina schaute ihn erwartungsvoll an. Ralf streckte die Hand nach ihr aus. „Komm!" Sie nahm seine Hand und ließ sich von Ralf in sein Zimmer ziehen. Dort nahm er eine Plastikhülle aus einer Schublade und zeigte ihr die Karte, die ganz oben lag. Ein Auto-Quartett-Spiel, genauer gesagt, ein Oldtimer-Quartett. Die Karte hatte die Bezeichnung 7c und zeigte einen Volvo PV444 von1952. „Das ist ein Buckelvolvo", erklärte Ralf. „Und da ist der Massi manchmal eingestiegen."

„In so ein Auto?"

Ralf nickte und schüttelte dann den Kopf. „Fast!"

„Wie ‚fast'?"

„Er war nicht rot, er war weiß. Und irgendwie anders. Aber nicht viel."

„Also ein weißer Buckelvolvo. Hat der dem Massi gehört?"

Ralf schüttelte den Kopf.

„Wem denn dann? Weiß du das?"

„Seiner Freundin."

„Ah, seiner Freundin! Weißt du, wie sie heißt? Wie hat er sie genannt?"

„Mm, Karra und manchmal auch Tschitschinna." Nina kannte das. Schließlich war sie schon gelegentlich an einem italienischen Strand gelegen. Manchmal allein. Dann blieb es nicht aus, dass sich ein paar Papagalli an sie heranmachten und sie mit Kosenamen zu bezirzen suchten. ‚Cara' - Geliebte und ‚Ciccina' -- Schätzchen waren nur einige, der blumigen Namen, die auf sie wenig Eindruck gemacht hatten. Hier brachten diese aber keinen Fortschritt.

„Wie sah sie denn aus, diese Freundin?"

„So wie Mutti, nur nicht so schön!" Nina grinste. Mutti, Mutti über alles! Auf jeden Fall eine Bestätigung dessen, was schon Polizeiobermeister Moosbach berichtet hatte. Über das eher seltene Auto würden sie diese Freundin schon ausfindig machen.

„Hast du noch andere Freundinnen von ‚Massi' gesehen?" Ralf nickte.

„Und was für Autos hatten diese?"

„Weiß ich nicht. Massi hat sie mit seinem Alfa hergebracht."

„Ach so." Kleine Enttäuschung, aber es gab ja noch weiter Möglichkeiten. Ein Adressbuch Ardentes zum Beispiel.

„Eine kam ein paarmal mit dem Fahrrad."

„Was denn für ein Fahrrad? Ein besonderes vielleicht?"

„Es war rot, sonst weiß ich nichts." Naja, nicht gerade eine heiße Spur, aber besser als nichts. Nina bedankte sich herzlich bei Ralf und stieg wieder hinunter ins Wohnzimmer, wo Mike in einem angeregten Gespräch mit Ralfs Vater stand, sich aber schnell verabschiedete. Gemeinsam verließen sie das Haus der Altbauers und schauten hinüber zum Tatort. Der Wagen der Spurensicherung war schon weggefahren, Schlaechter samt Leiche offenbar auch, nur ein Streifenwagen und der Dienstwagen von Kriminalhauptkommissar Schrötter standen noch vor Nummer acht. Nina rief Hajo Fussenegger wegen dem Volvo an, während sie zum Tatort hinüberschlenderten, wo Moosbach sich ihnen anschloss.

„Also, der Friseur hatte schon geschlossen, ich werde ihn morgen befragen, alle anderen Stellen waren Nieten. Ardente war nie dort, zumindest kannte ihn keiner. Was jetzt?", sprudelte er heraus. Tja, das wussten Mike und Nina auch nicht. Also wünschten sie dem eifrigen Polizeiobermeister viel Erfolg am nächsten Morgen.

Mike wählte gerade Toms Nummer, als dieser aus der Garage trat und das Tor verschloss. Auf der gemeinsamen Heimfahrt tauschten sie ihre Erkenntnisse aus. Mike Rackelt bestätigte Ralfs Beobachtung über die Frau auf dem Fahrrad. „Herr Hornvogel hat so eine gesehen. Er konnte aber nicht bestätigen, dass sie was mit Ardente zu tun hatte. Auch seine Beschreibung der Frau ist vage. Dafür hat er das Bike genau beschrieben. Ich persönlich hätte mich ja eher auf die Frau konzentriert ..."

„Konzentrier du dich gefälligst auf mich!", fuhr ihm Nina in die Parade. „Heute brauch ich noch ein paar -- äh -- Streicheleinheiten."

„Da bin ich gerne behilflich. Lass uns zu dir fahren! Oder möchtest du die Asservatenkammer ausprobieren?"

„Hättest du da unter den ganzen Mordwerkzeugen einen besonderen Kick? Ich bin da mehr für meine Lu... - äh -- Wohnung."

„Ich auch. Wenn ich daran denke, dass deine Nachbarin wieder mithört ... - Das ist Kick genug!"

„Okay, ihr zwei Turteltäubchen! Dann steigt ein. Habt ihr ein Fahrzeug beim Präsidium? -- Ja?" Tom Schrötter setzte die beiden Oberkommissare bei Mikes Auto ab. „Verschlaft aber nicht, morgen geht es gleich in der Früh weiter. Um sieben im Büro?"

Nina und Mike wussten, dass das keine Frage gewesen war und fuhren so schnell, wie es ohne Blaulicht gerade noch möglich war, zu ihrer Wohnung. Unter leisem Gekichere -- weil Mike seine Hand nicht von Ninas Po nehmen und ihr schon im Treppenhaus einen Vorschuss auf die gewünschten ‚Streicheleinheiten' verpassen wollte -- stiegen sie zur Dachwohnung hinauf. Beiden war klar, dass Nina auf ganz was anderes scharf war, aber das zu erfüllen trauten sie sich denn doch nicht, bevor sich die Wohnungstür hinter ihnen geschlossen hatte. Dafür waren beide schon nackt, ehe sie noch Ninas Lustwiese erreicht hatten, keine schlechte Leistung, wenn man die Kleinheit der Wohnung und die dadurch nur kurze Strecke zwischen Eingangsbereich und Schlafzimmer bedenkt. Nur wenige Minuten später wussten alle Bewohner des Hauses, dass Nina daheim und nicht allein war.

Am nächsten Morgen klopfte Tom Schrötter beim Kriminaldirektor. Der bot Kaffee an, aber der Leiter der neuen Abteilung ‚Gewaltverbrechen IV' lehnte ab. „Ich möchte nur kurz deponieren, was wir bis jetzt herausgefunden haben: In der besagten Kühltruhe befand sich eine vollständige nackte Männerleiche. Die Genitalien waren aber abgeschnitten und, wie es ausschaut, auf dem Kopf des Mannes abgelegt, weswegen die zuerst gefunden wurden. Das Opfer hieß aller Wahrscheinlichkeit nach Massimo Ardente und war Vertreter einer neuen Speiseeismarke. Und außerdem ein sehr erfolgreicher Frauenheld, spezialisiert auf blonde Verheiratete. Wir gehen davon aus, dass er eine verhängnisvolle Affäre mit einer Frau hatte, deren Gatte in einem Anfall rasender Eifersucht die Tat begangen hat. Wir müssen versuchen, mögliche Verdächtige über seine Liebschaften aufzuspüren. Tatort war sein eigenes Schlafzimmer. Die Spusi konnte Blutreste feststellen. Ardente wurde die Kehle durchgeschnitten und außer, dass ihm der Schwanz samt Sack abgeschnitten wurde, hat der Täter ihm auch noch das Mordwerkzeug in den Arsch gerammt. Vorher, denn es fanden sich Kotspuren in der Halswunde." Wummerbäck verzog in Abscheu sein Gesicht. „Vermutlich wurde er auch bei lebendigem Leib kastriert. Ob bei vollem Bewusstsein, steht noch nicht fest. Tatzeitpunkt ist nicht genau feststellbar, weil die Leiche ja gefroren war, doch nach den hinter der Tür angesammelten Werbebroschüren dürfte es etwa Mitte August gewesen sein. Also vor ziemlich genau einem Jahr. Ardente war offenbar gerade dabei, zu Ferragosto nach Italien zu fahren. Ein Koffer war schon in seinem Auto."

„Hat die Obduktion noch etwas ergeben? Tatwaffe?"

„Ja, das ist komisch! Nach den Wunden war das Instrument ziemlich lang, sehr scharf geschliffen, auf der Oberseite strukturiert und vorne etwas aufgebogen. Nicht sehr spitz. Dr. Schlaechter meint, wenn es nicht so scharf wäre, könnte es ein Champagnersäbel sein, von der Form her. Aber die sind üblicherweise eher stumpf, weil man beim Köpfen den Rand nach oben schlägt, nicht abschneidet."

„Das ist kein Grund, der dagegenspricht. Man kann durchaus mit der anderen Seite sabrieren, mit der stumpfen. Nur muss dann der Griff so sein, dass man den Säbel von beiden Seiten packen kann. Ich habe sogar schon mal eine Flasche Bollinger mit einem Suppenlöffel geköpft, ..."

„Das ist interessant, aber Champagnersäbel oder was Ähnliches haben wir keinen gefunden. Die Tatwaffe hat der Täter wohl mitgenommen."

„Habt ihr einen Ständer gefunden? Oft werden diese Dinger in Holzständern präsentiert. Das schaut dann so aus wie diese japanischen Schwerter im Miniformat."

„Nein, auch nicht, aber wir werden danach Ausschau halten, wenn wir seine Eroberungen überprüfen. Von den Nachbarn haben wir einige Beschreibungen. Ist aber nicht ganz klar, ob es überhaupt verschiedene Frauen sind. Eine fuhr mit einem eher seltenen Auto, einem uralten Buckelvolvo in Weiß. Sagt zumindest der elfjährige Ralf von gegenüber. Der hat so einen in seinem Oldtimer-Quartett. Kriminalhauptkommissar Fussenegger ist schon in der Zulassungsstelle. Und mit der Polizei in Mailand hat er gestern schon gesprochen. Ardente ist ein unbeschriebenes Blatt."

„Sonst noch was?"

„Schon, aber dass Ardente die Masern hatte, die noch nicht ausgebrochen waren, hilft uns nicht weiter. Von Ärzten erfahren wir sowieso nichts, wie üblich! Und einmal kam eine Frau mit dem Fahrrad. Nicht so ein Citybike, sondern eine echte Rennmaschine. Rot und von Scott. Das behauptet ein Nachbar, der zwar selber viel mit dem Rad fährt, aber mit einem uralten Klappergestell. Beschreiben konnte er das Gerät näher als die Frau. Er hat wohl eher spezielle Interessen. Das bringt uns auf die Schnelle nichts, es gibt zu viele Händler, unter anderem im Internet."

„Sie meinen, er ist schwul? Warum auch nicht. Okay, okay!" ‚Die Wumme' wedelte mit der Hand. „Ermitteln Sie weiter. Volldampf, ich will, dass die Presse nicht alles durcheinanderbringt!"

In Schrötters Büro wartete Hajo mit der Nachricht, dass es in Hallburg und Umgebung genau zwei Buckelvolvos in hellen Farben gab. Der eine war gelb und gehörte einem alleinstehenden Greis von fünfundachtzig Jahren, der andere einem Oberarzt der Klinik, Dr. Hubertus Potze, der ihn von seinem Vater geerbt hatte. Die Frau des Oberarztes, Jacqueline Potze, war Mitte dreißig und blond. „Das ist eine heiße Spur!", rief Schrötter. „Aber lass den Opa trotzdem nicht aus den Augen. Vielleicht fährt ja seine Enkelin oder Nichte oder was weiß ich mit dem Auto.

„Okay!", bestätigte Hajo Fussenegger. „Ich setz' das zuständige Revier darauf an. Wenn sich eine blonde Frau ans Steuer setzt, sollen sie eine Fahrzeugkontrolle machen. Sollen wir den Oberarzt herholen?"

„Nein, wir beobachten zuerst die Frau Potze. Vielleicht hat sie inzwischen einen anderen Liebhaber. In dem Fall können wir mehr Druck machen. Dann redet sie eher mit uns und lügt nicht ganz so viel über ihre Affäre mit Massimo Ardente. Mike, Nina, das macht ihr. Euch fällt es wohl nicht schwer zur Tarnung das junge Liebespaar zu mimen."

„Wozu sollten wir uns tarnen müssen?"

„Was weiß ich, womöglich verkehrt sie in Swingerclubs ...! Lasst euch nicht abschütteln! Ab mit euch, sondiert das Haus von diesem Potze und hängt euch an seine Frau, wenn sie es verlässt. Wir versuchen in der Zwischenzeit, weitere Freundinnen zu identifizieren. Eventuell über das Fahrrad. Hajo? Hast du nicht eine Schwester oder Cousine oder was im Krankenhaus? Versuche mal, die über den Dr. Potze auszuhorchen! Die Verbindungsnachweise vom Opfer müssten ja bald eintreffen. Ich werde auch die von der Potze anfordern."

Potzes wohnten weit außerhalb, direkt am Waldrand. Weit und breit war kein Buckelvolvo zu sehen. Alles war ruhig. Nina und Mike entdeckten einen Jägerhochstand, von dem aus man sowohl den Eingang als auch eine Dachterrasse und einen großen Teil des Gartens observieren konnte. Dort machten sie es sich gemütlich und weil sich so gar nichts tat, begannen sie, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Sie schmusten. Nicht sehr lange, dann rückte Nina damit heraus: „Eine alte Wunschphantasie wird wahr!", freute sich Nina. „Ich wollte schon immer mal in so einem Hochstand vögeln! Los, Mike, raus aus den Klamotten!"

„Nina, du bist völlig ...!", versuchte Mike einen lauen Protest, aber da stand seine Partnerin schon halbnackt vor ihm und streckte ihm den runden Po entgegen. Nur das dünne T-Shirt hatte sie anbehalten. „Wir sollen das Haus observieren, nicht rummachen!", nörgelte er.

„Papperlapapp! Wenn sich was tut, sehen wir auch dann, was sich tut, wenn wir mitten unterm Vögeln sind. Ich habe da jedenfalls einen herrlichen Blick auf die Eingangstür. Die kommt nicht ungesehen raus."