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Die erotische Geschichte 04

Geschichte Info
Florian liest seine erste Geschichte seiner Freundin vor.
9.6k Wörter
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4.7k
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Mein Dank gilt wieder Jochen für das Gegenlesen dieses Kapitels. Alle verbleibenden Fehler sind mir und nicht ihm anzulasten.

Alle handelnden Personen sind älter als 18 Jahre alt.

Wie immer freue ich mich über konstruktive Kritik!

Kapitel 4

An einem der nächsten Abende hatten sich Claudia und Florian verabredet, abends auszugehen. Sie kam wie gewöhnlich ein wenig früher und fand ihn beim Schreiben eines Textes an seinem Laptop vor.

»Was schreibst du da?«

»Eine kleine Geschichte.«

»Wie kommst du da drauf, eine Geschichte zu schreiben? Du hast mir noch nie erzählt, dass du an etwas schreibst.«, fragte sie freundlich interessiert.

»Es ist auch meine Erste.«

»Und wovon handelt sie?«, fragte sie, während sie sich auf seinen Schoß setzte und ihren Arm um seine Schultern legte.

»Es ist nur so eine Idee, die ich hatte.«

»Mach's nicht so spannend! Erzähl schon!«

»Noch nicht«, entgegnete er, sichtlich peinlich berührt. »Wenn sie fertig ist, okay?«

»Gut, wenn du meinst«, erwiderte sie ein wenig enttäuscht und gab ihm einen Kuss auf den Mund. »Wollen wir los?«

»Ja, lass uns aufbrechen!«, sagte er und war in diesem Moment froh, dass er jetzt keine Zeit hatte, ihr von seiner neuen Leidenschaft zu erzählen. Er wusste, dass sie nicht prüde war. Dennoch fühlte er sich unsicher, wie sie auf eine erotische Geschichte reagieren würde. Er nahm sich vor, die nächsten Tage zu überlegen, wie er es ihr am geschicktesten nahebringen konnte.

Am Donnerstag der nächsten Woche hatte er seine Geschichte bereits einmal gegengelesen und hoffte, dass er den Text von den meisten Fehlern bereinigt hatte. Sie hatten geplant, dass Claudia am Freitag bei ihm übernachten würde und er fand, dass der Abend vermutlich die beste Gelegenheit bot, ihr von seinem kleinen Erstlingswerk zu erzählen und es womöglich auch vorzulesen.

Am nächsten Tag kochte er abends für sie beide eine Kleinigkeit und nachdem sie gegessen hatten, wuschen sie sich und begaben sich zu Bett. Er hatte die Geschichte auf seinen E-Book-Reader übertragen und diesen auf seinem Nachttisch bereitgelegt.

Sie lagen sich in den Armen und er fand, dass der geeignete Zeitpunkt gekommen wäre: »Du, ich hatte dir doch davon erzählt, dass ich an einer Kurzgeschichte schreiben würde?«

»Ja, hast du und du hast ein großes Geheimnis 'drum gemacht, worum es geht.«

»Ich wollte kein Geheimnis machen. Ich wollte nur dir erst davon erzählen, wenn sie fertig ist.«

»Und?«

»Ich denke, ich habe da jetzt etwas, was ich dir vorlesen könnte, wenn du willst.«

»Klar will ich. Mich interessiert doch, womit du deine Zeit verbringst.«

»Da wäre noch etwas ...«, begann er.

»Ja?«

»Es ist keine gewöhnliche Kurzgeschichte.«

»Wie habe ich das zu verstehen?«, fragte sie und stützte sich auf seiner Brust ab.

»Es ist eine Liebesgeschichte.«

»Was wäre daran ungewöhnlich? Außer, dass ich bisher nur gesehen habe, dass du Science-Fiction Geschichten liest.«

»Es ist keine Liebesgeschichte in Form einer Schnulze«, sagte er und ergänzte nach einer kurzen Pause, »es ist eine intensive Liebesgeschichte.«

»Du meinst, es kommt Sex darin vor?«

»Ja«, antwortete er gedehnt.

»Was ist daran ungewöhnlich? Eine Sexszene kommt in jedem zweiten Roman heute vor, von ›Fifty Shades‹ will ich gar nicht sprechen. Komm, lass hören!«

»Ich wollte es nur gesagt haben, damit du nicht zu überrascht bist«, ergänzte er und nahm sich seinen E-Book Reader vor. Er legte sich sein Kopfkissen zurecht, während sie es sich an ihn gekuschelt ebenfalls bequem machte.

Die Kunststudentin

Laura rannte mit ihrer Zeichenmappe unter dem Arm die Treppe ihres Fakultätsgebäudes hinauf. Sie war wieder einmal spät dran und kam mit quietschenden Sohlen auf dem frisch gebohnerten Boden vor der Tür des Zeichensaals zum Stehen und warf einen kurzen Blick auf ihre Uhr. »Verdammt, schon wieder drei Minuten zu spät«, fluchte sie vor sich hin und öffnete die Tür. Sie sah in den Kreis der anderen Studierenden und stellte mit Freude fest, dass ihre Professorin, Frau Hufnagel, noch nicht eingetroffen war. Hinter sich hörte sie in diesem Moment jemand schnellen Schrittes den Gang entlang kommen. Sie drehte sich um und sah ihre Dozentin in Begleitung eines unbekannten jungen Mannes sich dem Saal nähern. Beiden hielt sie die Tür auf, begrüßte sie kurz und schloss hinter ihnen die Tür. Hastig ging sie den beiden hinterher, bog zu einem freien Platz ab und setzte sich. Außer Atem blickte sie kurz zu den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Doch sie vermied in diesem Moment den Blickkontakt mit ihnen, da es ihr peinlich war, erneut auf den letzten Drücker gekommen zu sein. Stattdessen warf sie einen Blick durch den Saal und war wieder mal der Meinung, dass es ein trostloser Raum war. Kahle Wände und äußerst schlichtes Mobiliar war das Einzige, was ihn auszeichnete. Von einer Kunstakademie könnte man mehr Geschmack erwarten, dachte sie sich. Möglicherweise, kam es ihr diesmal in den Sinn, war der Saal bewusst so schlicht gehalten: Andere Kunstwerke oder eine geschmackvolle Dekoration lenkte womöglich nur von der eigenen Arbeit ab.

Mit einem, »Guten Tag zusammen!«, unterbrach die Dozentin Lauras Gedankengang und fuhr fort: »Nachdem wir uns die letzten Wochen mit Stillleben beschäftigt haben, beginnen wir heute mit dem Aktzeichnen.«

Ein leichtes Kichern lief durch die Runde und Frau Hufnagel zog die Brauen hoch. »Ja, ja. Es ist immer das Gleiche. Wenn ich das erste Mal das Wort Aktzeichnen erwähne, geht das Kichern los. Daran werde ich mich nie gewöhnen. Nun ja, vielleicht liegt das einfach am Altersunterschied. Sei's drum. Unser Modell heißt Johannes. Ihr fangt heute mit Bleistift an, später gehen wir zu Kohle über. Ich hoffe, keiner hat seine Zeichensachen vergessen!« Zu Johannes gewandt sagte sie: »Du kannst dich schon einmal umziehen.«

Er verschwand hinter einem Paravent, während die Dozentin auf weitere Details der heutigen Sitzung einging. Alle bereiteten ihre Staffelei vor und kurze Zeit später kam Johannes mit einem Bademantel und ein paar Schlappen bekleidet zurück.

»Wir fangen heute auf der Bank an«, sagte die Professorin. »Komm Johannes, fass mal kurz mit an!«

Beide holten eine an der Wand stehende Bank heran und positionierten sie im Mittelpunkt des Halbkreises, den die Staffeleien bildeten. Die Bank bestand aus dunklem Holz und hatte seitliche und rückwärtige geschwungene Lehnen. Johannes legte Bademantel und Schlappen ab und nahm nach knappen Anweisungen der Dozentin seine erste Pose ein.

»So meine Lieben, sie haben jetzt eine halbe Stunde Zeit. Danach machen wir fünf Minuten Pause und es folgt eine zweite Pose.«

Während Laura die Einteilung ihrer Zeichnung mit dünnen Strichen festlegte, fragte sie sich, was einen jungen Mann, vermutlich ebenfalls Student, dazu bewog, sich vor einem unbekannten Publikum zu entkleiden und zeichnen zu lassen. Sie blickte zu ihm hinüber und versuchte, ein Lächeln auf seinen Lippen zu erkennen. Sein Gesicht glich jedoch einer starren Maske, welche einen festen Punkt schräg oben hinter ihr fixierte. Sie konnte sich nicht verkneifen, einen Blick auf seine Lenden fallen zu lassen. Doch sein Geschlecht wurde durch eines seiner Beine verdeckt. Sie verdrängte alle Gedanken bezüglich seiner Nacktheit und konzentrierte sich darauf, in der gegebenen Zeit möglichst viel zu erreichen.

Nach der Pause setzte sich Johannes in einer anderen Pose auf die Bank, und alle beeilten sich, mit der Zeichnung so weit wie möglich zu kommen, da ihre Dozentin ihnen mitgeteilt hatte, dass sie alles Fehlende später aus dem Gedächtnis zu zeichnen hätten.

Die Zeichenstunde eine Woche später verlief nach demselben Muster. An der dritten und vierten Stunde konnte Laura nicht teilnehmen, da sie mit einer schweren Grippeinfektion ans Bett gefesselt war. Nach ihrer Genesung suchte sie die Professorin in ihrer Sprechstunde auf und erkundigte sich, ob sie für die fehlenden Zeichnungen mehr Zeit bekommen könnte, da sie aus gesundheitlichen Gründen nicht an den Stunden hatte teilnehmen können, wie ein vorgelegtes Attest bestätigte. Ihre Dozentin teilte ihr mit, dass eine verzögerte Abgabe nicht möglich wäre. Nach kurzem Überlegen bot sie an, Johannes zu fragen, ob er bereit wäre, eine außerordentliche Sitzung mit ihr abzuhalten. Laura bat sie darum, es zu versuchen und ergänzte, dass ihr jede Zeit recht wäre. Frau Hufnagel rief bei ihm an und erklärte die Situation. Er schlug den kommenden Samstagmorgen vor und Laura bestätigte den Termin mit einem Nicken. Es würde nur ein Problem geben, meinte die Dozentin, halb ins Telefon sprechend, halb an ihre Studentin gerichtet. Sie wusste nicht, wer als zusätzliche Person anwesend sein konnte. Zum Hintergrund erläuterte sie, dass die Statuten des Instituts es untersagten, dass ein Mann und eine Frau sich während einer Aktzeichensitzung alleine in dem Zeichensaal aufhielten. Laura entgegnete, dass sie diese Maßnahmen zur Sicherheit aller Beteiligten begrüßen würde, sie aber bei Johannes keine Bedenken hätte. Johannes sagte ebenfalls, dass er einverstanden wäre. Daraufhin hatte die Professorin keine Einwände und sie vereinbarte zwischen den beiden einen konkreten Termin.

Laura stand das erste Mal pünktlich vor dem Zeichensaal und wartete auf Johannes. Wenig später kam er den Gang entlang und begrüßte sie: »Na, guten Morgen! Du bist also die Studentin, der ich diesen Extra-Termin verdanke.«

Laura lief sofort knallrot an und entschuldigte sich stotternd: »Es tut mir leid, dass ich deinen Samstagmorgen kaputt gemacht habe. Ich war krank und konnte ...«

»Mach dir keine Sorgen!«, unterbrach er sie lachend. »Du hast mich falsch verstanden. Mir kommt diese Extrasitzung sehr gelegen, da ich das Geld dringend brauche.«

Laura stieß erleichtert einen Seufzer aus und sagte: »Dann ist ja gut. Ich dachte schon, ich würde dir große Umstände bereiten. Ich bin übrigens Laura.«

»Freut mich, dich kennen zu lernen. Meinen Namen kennst du ja schon.«

Sie folgte ihm in den Saal und schloss hinter ihm die Tür. Er verschwand bereits hinter dem Paravent, während er ihr zurief: »Hol schon einmal deine Sachen raus! Ich bin gleich so weit.«

Sie beeilte sich und als er auf der Bank seine erste Position einnahm, war sie bereit, mit dem Zeichnen zu beginnen.

Während einer regulären Zeichenstunde wäre sie nicht auf die Idee gekommen, mit ihm ein Gespräch anzufangen. Jetzt aber fragte sie in die Stille des Raums, die nur von den leisen Geräuschen ihrer Bleistiftstriche gestört wurde: »Wie wird man eigentlich Modell, Johannes?«

Er schaute sie überrascht an und zögerte einen Moment, bis er antwortete: »Es hat am schwarzen Brett einen Aushang gegeben, dass die Akademie für dieses Semester ein Modell suchen würde. Da ich, wie schon erwähnt, dringend das Geld brauche, um meine Wohnungsmiete zu bezahlen, habe ich mich sofort gemeldet.«

»Gab es nicht viele, die die Stelle haben wollten?«

»Doch schon!«

»Und welche Qualifikation musstest du erfüllen, damit du die Stelle bekommen hast?«

»Eigentlich keine. Mir sind keine bewusst.«

»Und, ... warum hast du sie im Endeffekt bekommen?«

»Weil ich vermutlich der Einzige gewesen bin, der bereit war, auch als Aktmodell zu arbeiten.«

»Kein anderer hat Lust dazu gehabt?«, fragte sie.

»'Weiß ich nicht. Die Hufnagel ... ich meine, Professor Hufnagel hat mir gesagt, dass sie absichtlich nichts von Aktmodell in die Anzeige geschrieben hatte, da in früheren Fällen sich dann fast niemand gemeldet hat.«

»Verstehe ich nicht«, sagte Laura und arbeitete weiter an ihrer Zeichnung.

»Was verstehst du nicht?«

»Dass alle anderen Probleme damit haben, nackt auf einer Bank zu sitzen und dafür noch Geld zu bekommen.«

»Na ... so selbstverständlich ist das nicht. Etwas Überwindung kostet es schon«, gab er zu.

»Was ist denn dabei? Alle, die eine Sauna besuchen, sitzen auch nackt auf einer Holzbank.«

»Und man muss sogar noch etwas dafür bezahlen«, ergänzte er lachend und schaute sich in diesem Moment das erste Mal bewusst die Studentin an, die ihn zeichnete. Wenn er einer Gruppe Modell saß, blendete er die Einzelnen komplett aus und hätte später von einer beliebigen Person nicht sagen können, ob diese im Kurs gewesen wäre. Diese Situation war jetzt aber eine andere: Ihm gegenüber befand sich nur eine einzige Studentin, Laura, wie er jetzt wusste. Er ließ aus dem Augenwinkel seinen Blick langsam über sie gleiten. Sie hatte ihre dunklen, glatten Haare zu einem Zopf zusammengebunden, so dass ihr Gesicht gut zur Geltung kam. Sie hatte im Vergleich zu ihren großen Augen eine relativ kleine Nase. Ihre Lippen waren in der Mitte etwas breiter als in den Mundwinkeln. Ihre Wangen bildeten jeweils eine fast gerade Linie, die am Kinn rund zusammen liefen. Ihm gefiel das Spiel ihrer Mimik, während sie konzentriert arbeitete. Ihre Kleidung hingegen überraschte ihn. Entweder hatte sie überhaupt keinen Geschmack, oder sie zog sich absichtlich unpassend an. Ihr schlabbriges, zerknautschtes T-Shirt passte farblich überhaupt nicht zu dem Rock. Und die Farbe ihrer Sandalen biss sich mit beiden.

»Und dir macht das Modell Sitzen nichts aus?«, fragte sie nach einer Weile und riss ihn aus seinen Gedanken. »Nicht dass ich mich beschweren würde, wie sollten wir sonst das Zeichnen lernen.«

Er zögerte so lange mit seiner Antwort, bis sie von ihrer Arbeit aufblickte und ihn direkt ansah. Scheinbar war es ihm unangenehm, dies auszusprechen.

»Entschuldige bitte«, begann sie, »ich wollte dir nicht zu nah treten.«

»Ach, ist schon okay. Es ist mir nur ... ziemlich ... sehr peinlich, darüber zu reden.«

»Brauchst du nicht«, sagte sie und nahm das Zeichnen wieder auf.

»Ich kann's dir sagen. Wir sind ja unter uns. Ich ... ich habe Angst, mich lächerlich zu machen.«

Sie hielt erneut mit ihrer Arbeit inne, tat einen Schritt vorwärts und stand neben ihrer Staffelei. »Womit solltest du dich lächerlich machen?«

»Ich habe Angst, dass, ... dass sich bei mir ein gewisser Zustand einstellt, es alle sehen und sie sich dann über mich lustig machen«, gestand er und blickte vorsichtig zu ihr auf. Als sie ihm aufmunternd zunickte, gewann er ein wenig Zuversicht zurück und nahm seine Pose nach einer kurzen Pause wieder ein.

Sie fragte sich, wovon er so verklausuliert sprach, bis ihr aufging, was er damit gemeint hatte, schmunzelte innerlich und kehrte zu ihrer Zeichnung zurück. Sie arbeitete noch einige Minuten weiter, bis sie ihm mitteilte: »Ich denke, ich habe jetzt alles.«

Er entspannte sich und fragte: »Möchtest du eine Pause machen, bevor es weitergeht?«

»Wegen mir nicht. Ich bin gerade gut im Fluss. Aber wenn du möchtest? Bitte!«

»Nein, ich brauche auch noch keine.«

Während sie das Blatt wechselte, setzte er sich in einer anderen Pose auf die Bank.

Sie begann mit schnellen Strichen, die Umrisse zu skizzieren, bevor sie daran ging, die Details auszuarbeiten. Nach einer Weile konnte sie ihre Neugierde nicht zurückhalten und fragte ihn: »Und, ist es schon einmal passiert?«

»Was?«

»Dass dieser gewisse Zustand eingetreten ist?«

»Warum möchtest du das wissen? Willst du dich über mich lustig machen?«

»Nein, überhaupt nicht! Ganz im Gegenteil. Ich wollte mit der Frage zum Ausdruck bringen, dass ich hoffe, es ist dir noch nie passiert. Sorry ... habe ich mich schlecht ausgedrückt.«

»Ach ... nein, ist mir noch nie passiert.«

»Und wenn schon«, sagte sie nach einer kurzen Pause, »was wäre denn schon dabei? 'Ist doch was ganz Normales, ... ohne das gäbe es uns alle nicht.«

»Du bist lustig, dir kann so etwas auch nicht passieren.«

»Was? ... Ach so! ... Nein ... beziehungsweise doch, im Sommer passiert mir das andauernd.«

»Bitte was?«, fragte er erstaunt, verließ die Pose und blickte sie an: »Du hast im Sommer ständig eine ... Erektion?«

»Erektion ... nein ... natürlich nicht«, lachte sie laut auf. »Was ich meine: Wenn ich im Sommer ein T-Shirt mit etwas mehr Ausschnitt anziehe oder einen Minirock trage, dann schauen mich die Männer mit Stielaugen an.«

»Ja, das verstehe ich!«

»Wie, du verstehst, warum die Männer mich so direkt, ja fast vulgär anglotzen?«

»Ja, das kann ich auch nachvollziehen.«

»Bitte? Ich höre doch wohl nicht richtig!«, sagte sie mit leicht verärgerten Ton.

»Lass mich erklären, was ich meine: Als Erstes meinte ich, dass ich verstehe, dass es dir genauso unangenehm ist, wenn die Männer dich anstarren, wie es mir unangenehm wäre, wenn mich der ganze Kurs ... aus diesem einen Grund anstarren würde. Und als ich sagte, dass ich es nachvollziehen könnte, wollte ich damit ausdrücken, dass ich diese Männer verstehe, wenn sie einer ... sommerlich gekleideten Frau nachschauen würden, die ... die ziemlich gut aussieht. Und wenn ich sage, dass ich es verstehe, meine ich nicht damit, dass ich es gutheiße.«

»Ah, jetzt wird da besser ein Schuh draus. Und danke dafür!«

»Wofür?«

»Für das ›ziemlich gut aussieht‹.«

»Ich hoffe, das empfindest du jetzt nicht als sexistischen Kommentar oder dumme Anmache.«

»Warum sollte ich?«

»Na, weil es für viele heute schon als verboten gilt, einer Frau ein Kompliment zu machen. Die sagen, es wäre eine unerwünschte sexuelle Annäherung«, erklärte er und nahm seine Pose wieder ein.

»Es kommt immer darauf an, wie es gemeint ist! Und was ist verkehrt daran, von einem nackten Mann ein Kompliment zu bekommen?«

»Häh?«

»Hallo ... das sollte ein Scherz sein!«

Ihm gefiel ihre Art, keck mit Worten umzugehen. Sie traf genau den Ton, den er als angenehm empfand. Andere schossen oft über das Ziel hinaus, wenn sie einen schnippischen Kommentar abgaben. Sie gar nicht. Ebenfalls hatte sie zuvor auf seine Offenheit hin etwas von sich preisgegeben, obwohl sie keine Veranlassung dazu hatte. Trotzdem hatte sie es getan! Er begann in ihr ein klein wenig mehr zu sehen als eine Studentin, die eine Zeichenklasse besuchte.

Sie arbeitete konzentriert weiter und bald hatte sie diese Zeichnung ebenfalls fast vollendet. Den letzten Schliff wollte sie ihnen später geben.

An dieser Stelle legten sie eine kleine Pause ein. Johannes verzichtete darauf, wie sonst üblich, den Bademantel überzuziehen. Er fand es -- er hätte es mit Worten nicht besser ausdrücken können -- überflüssig. Die ungezwungene Ehrlichkeit in ihrer Unterhaltung hatte die Distanz zwischen ihnen fast gänzlich zusammenschmelzen lassen.

Sie bot ihm etwas zu Essen und Trinken an, das sie als kleine Geste für seine Extra-Mühe mitgebracht hatte. Er bedankte sich und während er einen Apfel aß, sah er sich ihre Zeichnungen an und pfiff durch die Zähne.

»Was ist?«, fragte sie und kam zu ihm herüber.

»Klasse! Du kannst das wirklich gut und das in so kurzer Zeit. Ich könnte das nicht.«

»Was könntest du nicht?«

»So zeichnen wie du.«

»Das ist nicht so schwer. Hast du es schon einmal probiert?«

»Nicht wirklich.«

»Warum nicht?«

»Weil ich es nicht kann, und keine Möglichkeit hatte, es zu lernen.«

»Soll ich dir zeigen, wie es geht?«

»Nein, brauchst du nicht«, lehnte er freundlich ab.

»Doch komm, ich zeig's dir ... solange, wie du deinen Apfel isst. Okay?«

»Gut, wenn du möchtest.«

Sie legte ein neues Blatt auf, nahm einen weichen Bleistift und erklärte: »Als erstes teilst du dein Blatt mit wenigen Strichen ein. So planst du, welchen Ausschnitt einer Landschaft oder einer Szene du festhalten willst. Manche nutzen dafür auch eine Kästcheneinteilung. Ich mache das nicht. Wenn das steht, dann zeichnest du mit dünnen Linien die ersten Umrisse, damit die Proportionen stimmen. Wenn das getan ist, kommt die Feinarbeit. Das ist alles!«

»So, wie du das beschreibst, klingt es wirklich einfach«, gestand er.

»Komm, ich lege ein neues Blatt auf und dann versuchst du es einmal.«

»Okay«, sagte er gedehnt und schaute sich im Zeichensaal um, »und was soll ich zeichnen ... die Bank?«

»Am Anfang sollte man immer ein einfaches Motiv wählen. Michelangelo hat ja auch nicht mit der Sixtinischen Kapelle angefangen. Versuch's wirklich mal mit der Bank!«