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Echte Liebe 13

Geschichte Info
Anette: Neue Gefühle
10.6k Wörter
4.67
6.1k
4

Teil 13 der 13 teiligen Serie

Aktualisiert 06/14/2023
Erstellt 09/20/2022
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Echte Liebe 13 -- Anette: Neue Gefühle

Vorwort:

Es gibt nun doch eine Fortsetzung von der Serie „Echte Liebe". Dieses Kapitel über Anette entspricht in etwa dem zuerst vorgesehenen Ende, deren Ereignisse zwischen den beiden Welten von Ihr und Uwe hin und her wechseln sollten. Aber das war mir als Neuling in diesem Metier doch etwas zu anspruchsvoll.

Warum überhaupt eine Fortsetzung? Im Nachhinein betrachtet kam mir Anette zu schlecht weg. Das zeigten auch einige Mails, die mich erreichten. So ein nichtssagendes Ende hat und hatte sie nicht verdient.

Begleitet also unsere erste Hauptperson der Serie für ein paar Jahre auf ihren Weg in ihr neues Leben in Deutschland.

Echte Liebe 13 -- Anette: Neue Gefühle

< Rückblende aus Echte Liebe 12 >

Weihnachten 2005 stand vor der Tür. An den alten Ritualen hatte sich in den all den Jahren nichts geändert. Es wurde immer noch bei Lisa und Hans gefeiert. Agate und Bernd kamen natürlich mit Cleo und Ina, den beiden jetzt 17-jährigen Zwillingen, die den Gastgebern zur Hand gingen. Anne und Paul Hartmann gehörten ebenso dazu wie Eva und Uwe. Und diese Zehn standen im Esszimmer und hörten von Lisa, dass in diesem Jahr erst die Bescherung kam und dann gemütlich bei Kaffee und Kuchen, später bei Bier, Wein und Raclette der Heilige Abend beschlossen werden sollte.

Lisa verschwand im Wohnzimmer und bald schon hörte man das Glöckchen läuten. Hans öffnete die Tür und bat zuerst Anne und Paul hinein, gefolgt von Eva und Uwe. Wie jedes Jahr stand ein riesiger Weihnachtsbaum in der Ecke und die vier Hartmanns postierten sich links und rechts davon. In der Mitte der breiten Schiebetür, die die Zimmer voneinander trennten, standen die jungen Zwillinge nebeneinander. Sie verdeckten den Bereich dahinter, als ob sie etwas verbergen wollten. Cleo und Ina traten zur Seite und durch den Spalt kam eine Person, die Uwe das Blut in den Adern stocken ließ. Anette betrat das Zimmer, Anette im Teenageralter. Keinen Tag älter als 16 oder 17. Uwe schüttelte nur immer wieder den Kopf und hielt krampfhaft die Hand seiner Frau fest. Die junge Frau kam mit gesenktem Blick auf die Gesellschaft zu. Als sie den Kopf hob flüsterte sie: „Hello, ich bin Susan. Merry Christmas."

Die Zwillinge stellten sich an die Seite des Raumes und zogen die junge Frau zu sich. Dann kamen Agate und Bernd in den Raum und flankierten eine knapp 50-jährige Frau, die versuchte, mit festem Schritt vorwärtszugehen, um nicht einzuknicken oder zu straucheln. „Anette," flüsterte Uwe und suchte wieder halt bei seiner Frau. „Hallo Eva, hallo Uwe, ich wünsche Euch ein frohes Fest." Anette umarmte kurz Eva, versuchte das aber nicht bei ihrem Ex. Sie ahnte, er hätte es, wenn überhaupt, nur widerwillig zugelassen. Anette begrüßte Anne und Paul und stellte sich dann neben ihre Eltern Lisa und Hans.

Uwe gingen in kürzester Zeit Tausend Gedanken durch den Kopf. „Wo kommt sie her? Was will sie hier? Will sie mich? Will sie meine Ehe zerstören? Bleibt sie? ..." Es dauerte vielleicht 10 Sekunden, dann hatte er seine Fassung zurück. Er drückte die Hand seiner Eva und sie schauten sich kurz an. Wie so oft, brauchten sie keine Worte, um sich zu verstehen. Uwe ging auf Anette zu und blieb kurz vor ihr stehen. „Entschuldige meine Zurückhaltung. Aber diese Überraschung musste ich erst einmal verdauen. Sie umarmten sich und drückten sich rechts und links einen Kuss auf die Wangen.

Der Abend wurde sehr schön, weil nicht versucht wurde, krampfhaft alte Geschichten aufzuwärmen. Susan hielt sich an die Zwillinge und bald schon nannte sie Uwe wie selbstverständlich auch Onkel. Ahnte sie doch nicht, dass dieses Wort für die Zwillinge eine ganz besondere Bedeutung hatte. Immer wenn es Probleme gab, die sie mit ihren Eltern nicht lösen wollten oder konnten, gingen sie auf ihren Onkel Uwe zu, damit er bei Agate und Bernd vermittelte. Die Note „sechs" wegen Einsatz eines Spickzettels, ein Verweis wegen Schwänzen des Unterrichts ab der 5. Stunde (der Liebe wegen) oder einmal ein bisschen länger fortbleiben, als der Gesetzgeber erlaubte. Immer wurde ihr Onkel vorgeschickt. Und meistens hatte er Erfolg.

Später am Abend schaute Susan diesen „Onkel" an und fragte ihn: „Meine Mom hat gesagt, Du wärst ein Genie. Stimmt das?" Uwe schaute sie verwundert an und schüttelte den Kopf: „Ich glaube nicht, dass ich ein Genie bin. Ich bin ganz gut in Naturwissenschaften, aber sonst." Cleo mischte sich gleich ein: „Gut ist untertrieben. Nebenbei bist Du noch top in Sprachen, in Psychologie, in Pädagogik, in Erdkunde, in Geschichte, eigentlich in alles." Ina lachte und schaute ihren Onkel Uwe und knuffte ihn in die Seite: „Nur in Sport könntest Du Dich ein bisschen mehr anstrengen."

Anette lächelte. Musste sie doch daran denken, dass sie es ihm zu verdanken hatte, dass sie auf die Fach-OB wechseln konnte und ein sehr gutes Abitur gemacht hatte. Sein Fleiß beim Lernen hatte sie angesteckt und seine Prüfungstechniken mit dem Tunnelblick hatte sie an ihre Tochter Susan weitergegeben. Auch sie setzte diese Methode mit Erfolg ein.

„Bleibst Du in Deutschland?" wollten Eva und Uwe von Anette beim Gehen wissen. Die zuckte erst mit den Schultern und meinte dann traurig: „Susan möchte gerne hierbleiben und mich zieht auch nichts mehr in die Staaten. Ich würde mir gerne einmal von Bernd, Agathe und von Euch einen Rat einholen. Glaubt Ihr, wir finden eine Gelegenheit uns einmal zu treffen?" „Bestimmt," meinte Eva lächelnd. „Wir sehen uns ja schon bald wieder, Susan hat uns zu ihrem Geburtstag eingeladen."

Anettes Gedanken schweiften in der Nacht ab, hin zu Uwe. Aus dem jungen Draufgänger der frühen Jahre war ein toller Mann geworden. Sie bewunderte seine Überlegenheit bei allem, was er tat und was immer auch passierte. Dass die Zwillinge ihn nahezu vergötterten wunderte sie nicht. Auch Susan klebte bereits nach kurzer Zeit an ihm. Ihre Tochter suchte einen männlichen Ratgeber, einen Vater, und er wäre der Richtige dafür. Und dann diese Frau an seiner Seite. Eine Persönlichkeit durch und durch und unheimlich in ihren Mann verliebt. Trotzdem hatte sie ihre Eigenständig nicht aufgegeben. Die Beiden mussten sehr, sehr glücklich sein.

„Schluss damit!", meinte Anette zu sich selbst. „Du hast Deine Chance gehabt und leichtfertig vertan. Jetzt gönne den Zweien ihr Glück!"

Das Gespräch mit Anette fand tatsächlich statt und jeder riet ihr, auf ihre Tochter zu hören und in Deutschland wieder Fuß zu fassen. Anette bekam ihr Anwesen in Amerika für gutes Geld los und kaufte sich eine kleine Villa in der Nähe ihrer Eltern. Susan besuchte erst einmal die Schule, die die hier stationierten Amerikaner betrieben. Später wollte sie auf ein Deutsches Gymnasium wechseln, auch wenn sie dadurch ein Jahr verlieren würde. Ab sofort sah man sich in dem Familienkreis der Hartmanns und Schusters öfters, denn Anette und Susan gehörten schließlich dazu.

< Ende des Rückblicks >

*

Das „Fuß fassen in Deutschland" war nicht so einfach, wie es sich Anette vorgestellt hatte. In New York war sie eine angesehene Architektin, etwas, was hier erst einmal nicht zählte. Klingenputzen für einen Job, sich bewerben, alles, auch sein Privates, offenzulegen, das fiel ihr schwer. Trost und Unterstützung fand sie bei ihrem Bruder Bernd, bei Agate und natürlich bei ihrer Tochter Susan. Den Tipp für eine neue und angemessene Stelle in ihrem Metier erhielt sie aber von Eva. Die bekam zufällig mit, dass sich ein angesehener Architekt aus Altersgründen zur Ruhe setzen wollte, aber keinen Ersatz oder Nachfolger fand, der ihm genügte. Eva prahlte ein bisschen, welche tolle Karriere Anette in Amerika gemacht hatte und nach einem intensiven Gespräch zwischen Anette und dem älteren Herrn wurde ihr die Stelle angetragen. Die etwas jüngeren Kollegen des zukünftigen Ruheständlers waren von ihr begeistert. Lag es am Fachlichen oder an ihrem Aussehen oder an Beidem ... wer weiß?

Am 1. Juni 2006 bezog sie ihr neues Büro und stürzte sich mit Lust und Fleiß in ihre zukünftigen Aufgaben. Wie so häufig: Neue Besen kehren gut und bald schon hielt man sie in ihrer Firma für unverzichtbar. Arbeit gab es reichlich, Freizeit weniger und am 29.12.2007, an Susans 18. Geburtstag, machte sie sich Vorwürfe, sich nicht mehr um ihre Tochter und um ihr soziales Umfeld gekümmert zu haben. Der gute Silvester-Vorsatz stand fest: Ab 2008 mehr Zeit für ihre Tochter, für ihre Eltern, für ihren Bruder samt Familie und nicht zu vergessen: Mehr Zeit auch für sich.

Irgendwann im Frühjahr 2008, zum Start der Bikinisaison, besah sie sich nackt im Spiegel ihres Schlafzimmers. Ihr Busen hing Volumen- und altersbedingt etwas herab, was mit 52 Jahren nichts Außergewöhnliches war. Und ihre Nippel schauten auch nicht mehr geradeaus, sondern sie schielten eher Richtung Boden. Ihr kleiner Bauchansatz, na und? Immer noch die Auswirkungen der Geburt von Susan, redete sie sich ein. Und der kleine Bauch wollte einfach nicht verschwinden. Und ihr Hintern? Sie drehte sich zur Seite. Ja, der hing auch in bisschen. Zwei Bananenfalten bildeten jetzt den Übergang zu ihren Oberschenkeln. Auch dort hatte sie ein wenig zugenommen, aber zusammen mit ihrem vorzeigbaren Fahrgestellt bot sie doch ein ganz passables Gesamtbild. „Das wäre doch gelacht, wenn ich keinen mehr abbekomme," sagte sie zu sich selbst.

Und so etwas geht manchmal schneller als man denkt!

Ein Kollege von ihr heiratete im Mai 2008 und auch sie war zu diesem Event eingeladen worden. Die ganze Hochzeit wurde von einem Fotografen begleitet, der, als sie ihn erblickte, sofort ihre Aufmerksamkeit erregte. Er stellte sich als Simon Heller vor und fragte sie, ob er ein Einzelbild von ihr machen dürfte. Beim Anblick von diesem Simon Heller erlebte sie ein Dèjá-vu. Seine Haare waren schulterlang und lockig, eine Mischung aus dunkelblond und grau, dazu tiefbraune Augen. Er trug eine Jeans und eine Jeansjacke, aber nicht auf blanker Brust, sondern unter der Jacke schimmerte ein weißes T-Shirt. Dazu ein Lachen, dass sie an eine liebe Person ihrer Jugend erinnerte. So müsste jetzt Uwe aussehen, wenn er sich nicht hätte die Haare schneiden lassen.

Sie tat uninteressiert, aber immer wieder schaute sie verstohlen zu ihm. Auch machte sie unverfänglich das eine oder andere Foto mit ihrem Handy von ihm. Später am Abend saßen sie, zufällig oder nicht, nebeneinander. Die Unterhaltung ging über dies und jenes, aber es interessierte Simon besonders, ob Anette für ihn modeln würde. „Komische Anmache," meinte sie verstört und drehte sich von ihm weg. Er stand auf und verließ den Tisch, tigerte aber immer wieder um sie herum.

„Entschuldige bitte," auf der Hochzeit waren alle per DU, „das sollte keine plumpe Anmache sein. Ich suche immer wieder Models, die nicht den Hungerhaken in den Zeitschriften entsprechen. Natürliche Frauen, die hauptsächlich im Bereich Kosmetik eingesetzt werden. Ich arbeite mit einer Visagistin zusammen, die das Model beim Schminken unterstützt. Auftraggeber sind ausnahmslos namhafte Firmen und es werden ordnungsgemäße Verträge geschlossen, die die Gagen bereits im Vorfeld garantieren. Das Risiko trage ich. Hier auf der Hochzeit findest Du zwei Damen, die für mich schon gearbeitet haben und eine macht es immer noch." Verstohlen zeigte er ihr die beiden Frauen. Jeder über 50, normale Figuren, aber top gekleidet und ansprechend geschminkt.

„OK," meinte Anette versöhnlich, ich überlege es mir." Sie tauschten ihre Telefonnummern und unterhielten sich danach über andere Themen. Je länger die Feier dauerte, umso vertrauter gingen die Beiden miteinander um. Aber das Thema modeln wurde nicht wieder angeschnitten. Als er sie zum Tanzen aufforderte, überlegte sie nicht lange. Simon war ein guter, sehr einfühlsamer Tänzer und sie genoss die Bewegungen im Takt der Musik. Auch wenn sie sich bei machen Liedern etwas näherkamen und sich an Körperstellen berührten, die unter flüchtig Bekannten eigentlich tabu sein sollten. Aber diese Berührungen, man konnte sie noch nicht einmal intim nennen, heizte ihre Gefühle an. Mit einfacheren Worten ausgedrückt. Ihre Nippel wurden hart und zwischen ihren Beinen kribbelte es.

Als sie sich verabschiedeten, war es schon weit nach Mitternacht. Zuhause angekommen, setzte sie sich in ihr Wohnzimmer und schenkte sich ein Glas Wein ein Da stand plötzlich ihre Tochter Susan in der Tür. „Hallo Mom, ist irgendetwas? Du machst so einen Lärm." „Entschuldige, das war nicht gewollt. Ich muss nur ´runterkommen. Die Musik, die Leute, die ganze Feier. Alles war so laut. Ich muss erst noch etwas entspannen."

Hast Du nette Leute kennengelernt, Mom?", wollte Susan wissen. „Na ja," meinte Anette gekünzelt, „geht so." „Schau´ mich mal an." Susan blickte ihre Mutter an. „Du hast jemand kennengelernt. ... Einen Mann! ... Einen interessanten Mann!" Sie setzte sich neben ihre Mutter auf das Sofa. „Erzähl!" „Ach, da ist nichts." „Erzähl Mom!", Susan ließ nicht locker. Und Anette erzählte ein bisschen von Simon Heller, dem Fotografen. „Hast Du ein Bild von ihm," wollte die Tochter gleich wissen. Anette nickte und zeigte ihr einige unverfängliche Aufnahmen, auf denen Simon zu sehen war. „Stopp, zeige mal her!" Susan nahm das Handy und vergrößerte das Bild. „Der mit den Locken? Weißt Du, an wen der mich erinnert." „Sage es bitte nicht," kam gleich die Antwort von Anette. „Es stimmt, oder? Er erinnert nicht nur mich an Uwe in früheren Jahren. Du hast mir ja genügend Bilder von ihm gezeigt. Das könnte er jetzt sein! Crazy!"

Sie nahm ihrer Mutter das Weinglas ab, trank einen Schluck und fragte: „Siehst Du ihn wieder?" „Ich weiß es nicht, wirklich nicht. Vielleicht sehe ich ihn wieder. ... Wenn er will." „Und willst Du?" Anette schaute ihre Tochter lange an, dann nickte sie. „Ja. Ich würde mich freuen, wenn er sich bei mir meldet." „Und was ist mir Dir? Du könntest Dich doch auch bei ihm melden!" Anette zuckte nur mit den Achseln. „Das macht ein anständiges Mädchen aus meiner Generation nicht!" Aber dabei musste sie grinsen.

Susan gähnte. „Ich gehe wieder ins Bett. Gute Nacht, Mom. Träum´ was Schönes. ... von Deinem neuen Kavalier!" Sie drückte ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange und verschwand in ihr Zimmer. Anette schaute sich noch einmal die Fotos an. Bei jedem Bild vergrößerte sie seine Person. „Du spinnst, Anette Schuster," sagte sie zu sich selbst. „Mach´s Dich wegen einem Mann verrückt." Sie wollte zu Bett gehen, und als sie am Spiegel der Garderobe vorbeiging, schaute sie noch einmal hinein. „OK, wegen einem sehr interessanten Mann!"

*

Anette wachte schon früh auf und fühlte sich trotzdem ausgeschlafen. Es war ein Samstag und nach einer erfrischenden Dusche zog sie sich schick an, eigentlich wie immer, und erledigte den Wochenendeinkauf. Zum Schluss schaute sie noch beim Bäcker vorbei. Frische Brötchen und Hörnchen! Zuhause deckte sie den Tisch, machte sich ein paar Rühreier, und frühstückte mit allen was dazugehört. „Wie in einem Hotel," grinste sie und biss in ihr Lachsbrötchen. Sie erwischte sich dabei, wie sie sich wieder die Fotos von der Hochzeit anschaute und immer bei Simon Heller verweilte.

„Der ruft nicht an," sagte sie zu sich selbst. „Der hat nur was für letzte Nacht gesucht." Sie legte ihr Handy zu Seite und blätterte die Zeitung durch. Ein Reisebericht über New York versetzte sie in eine vergangene Zeit und sie vertiefte sich in den Artikel. Ein lautes Klingeln riss sie aus ihren Träumen. Sie schaute auf das Display ihres Handys. „Er ist es," sagte sie leise und wurde nervös. „Anette Schuster!" „Hallo Anette, hier ist Simon. Hast Du gut geschlafen?"

„Was erwartet er als Antwort?", ging es ihr durch den Kopf. Sollte sie sagen: „Ja danke! Sogar sehr gut. Ich habe vor dem Einschlafen an mir herumgespielt und dann von Dir geträumt." Blödsinn! Das wäre zwar die Wahrheit gewesen, aber stattdessen sagte sie forsch. „Ja danke, es war ja spät genug. Und ich war wirklich müde." „Sehen wir uns heute," fragte er nach einer kurzen Weile. „Einfach so zum Quatschen?" Und nach einer kurzen Pause. Du gehst mir nämlich nicht aus dem Kopf ... und das nicht nur beruflich", ergänzte er noch leise.

Anette musste grinsen. Für so schüchtern, dass er bei einer Frau fast das Stottern anfing, hatte sie ihn nicht eingeschätzt. „Also gut, treffen wir uns. Aber nicht vor 15 Uhr. Ich habe vorher noch einiges zu erledigen." „Und wo?", fragte er. „Was schlägst Du denn vor?", spielte sie den Ball zurück. „Wie wäre es bei mir im Studio?", kam die schüchterne Frage. „Vergiss es! Auf neutralen Boden! Wie wäre es mit dem „Two Jours" in der Augustuspromenade?" „Kenne ich. Dann warte ich dort ab Dreie auf Dich!" „Ich versuche pünktlich zu sein," sagte sie zum Abschied und legte auf.

Als sie zur Tür blickte, stand dort ihre Tochter. „Good morning, Mom. Hast Du mit Simon telefoniert?" Anette nickte nur. Susan setzte sich an den Tisch. „Erzähle mir alles, wann und wo. Wer hat angerufen, Du oder er?" Und Anette erzählte ihr von dem Telefongespräch, auch von seinem Versuch, sie in sein Atelier zu bestellen. „Alles richtig gemacht, Mom," meinte die 18-jährige. „Wie lange hat es eigentlich gedauert, bis Du Uwe das erste Mal geküsst hast?" Ihre Mutter musste nicht überlegen. „Vielleicht eine Stunde."

Simon Heller saß in seinem Fotostudio und bearbeitete die Bilder der Hochzeit. Als erstes beschränkte er sich auf die Aufnahmen, auf denen Anette zu sehen war. Und er hatte viele Fotos von ihr. Auch solche, auf denen nur sie zu sehen war. Die Vergrößerungen ihres Gesichts, ihres Busens, ihres Pos und ihrer Beine erregten ihn. „Du bist eine wunderschöne Frau, Anette," sagte er in die Stille. „Eine sehr schöne, erotische Frau." Er klappte sein Laptop zu. „Hoffentlich versaue ich nicht alles!" Sogar er hatte gemerkt, dass seine Model-Nummer, auch wenn sie noch so gut gemeint war, bei ihr nicht zog. „Lass´ das, Du alter Depp," sagte er zu sich selbst, als er sich im Spiegel ansah. „Sei einfach nur nett und lasse sie reden."

Er fuhr schon bald in die Stadt und ergatterte im vereinbarten Lokal einen schönen Platz am Fenster. Nervös und ungeduldig, wie ein Pennäler, wartete er auf sie. Nicht besser erging es ihr. Auch sie wartete ungeduldig darauf, dass es endlich 15 Uhr wurde und pünktlich betrat sie das „Two Jours". Er hatte sie schon kommen sehen und stand auf, als sie an seinen Tisch trat. „Hallo, Anette, schön, dass Du kommen konntest." Er half ihr galant aus dem Mantel. „Sehr elegant," entfuhr es ihm, als er ihr schickes Outfit sah. „Passt perfekt zur Haarfarbe und zum Make Up." Ein leichtes Rot spiegelte sich auf ihren Wangen. Wann hatte sie das letzte Mal ein solches Kompliment bekommen?

Sie bestellte sich eine von diesen selbstgemachten Limonaden. Sie unterhielten sich über alles Mögliche, aber als er sie fragte, warum sie nach Amerika gegangen war, wurde sie erst einmal still. „Die Flucht nach vorn," oder vielleicht auch „Die Flucht vor der eigenen Courage," wäre im Nachhinein die ehrlichere Antwort gewesen. Sie gab aber als Grund die Möglichkeit einer beruflichen Veränderung an. Auf darauf ist es ja am Ende auch hinausgelaufen.

Als er nach einiger Zeit von sich erzählte, kam er wieder auf die Modelfotografie zu sprechen. Und wieder reagierte Anette darauf ablehnend, fast könnte man sagen, schroff. Nur diesmal hatte er den Mut, ihr Kontra zu geben. „Was hast Du eigentlich für Vorstellungen von einem Fotografen?", fragte er bissig. „Glaubst Du, wir suchen Tag und Nacht nach Modellen, mit denen wir in die Kiste springen können? Und dann wollen wir geile Pornobildchen von ihnen schießen? Nur so nebenbei: In meiner ganzen Karriere habe ich noch nie etwas mit einem Model gehabt. Und im Bereich der Aktfotografie habe ich nur auf besonderen Wunsch, zwei Damen abgelichtet, die diese Aufnahmen für ihre Ehemänner haben wollten. Für mich war das aufnahmetechnisch eine Herausforderung, denn ich habe sie durch einen Gazevorhang fotografiert. Und es gab Probleme mit der Ausleuchtung. Ich habe viele Stunden mit einer Schaufensterpuppe geübt, bis alles perfekt war. Also höre bitte auf, mich so hinzustellen, als ob ich Dich nur angesprochen hätte, weil ich mit Dir ins Bett wollte."