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Ein Tierarzt und die ewige Liebe

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Ausgangs des Winters nutzten wir in unserem Übermut mangels anderer Gelegenheit ein paarmal unsere Heu-und Strohlagerscheune für ein schnelles Quickie. ‚Doggystyle' hatte ich mittlerweile gut gelernt. War es uns bis dahin gelungen, unser erotisches Verhältnis hinter dem Vorhang der seit Jahren bestehenden Freundschaft zu verbergen, waren diese Scheunen-Quickies aber riskant. Es konnte theoretisch jederzeit jemand in die Scheune kommen und uns inflagranti erwischen; dies machte unsere Quickies eigentlich noch stimulierender und heftiger.

Womit jedoch weder Charlotte noch ich gerechnet hatten, war ein stiller, diskreter Beobachter, dummerweise meine eigene Mutter. Christiane ließ weder mir noch meiner Geliebten gegenüber erkennen, dass sie genau wusste, in was für ein Verhältnis sich unsere Freundschaft entwickelt hatte. Ich brauchte fünfzehn weitere Jahre, um zu erfahren, dass dies nur die halbe Wahrheit war.

Ich hatte die schriftlichen Prüfungen meines Abschlussexamens bereits hinter mir und hoffte, dass die Prüfungsergebnisse gut genug waren, um mir den erträumten Studienplatz in Tiermedizin zu gewährleisten. Danach fiel eine ungeheure Anspannung von mir ab, die noch anstehenden, mündlichen Ergänzungsprüfungen würde ich sicher gut absolvieren. An einem wunderbar warmen Frühlingsabend fuhr ich mit unserem Freelander zu Charlotte.

„Wollen wir heute Abend an den Strand fahren und uns in den Dünen vergnügen?" war nach kurzer Begrüßung ihre direkte Frage. Charlotte hatte bereits alles vorbereitet, griff nach meiner Zustimmung ihre große Strandtasche und wir machten uns auf den halbstündigen Weg zum Strand. Dort fanden wir eine gut versteckte Mulde in den Dünen, zogen uns gegenseitig aus und genossen die nächsten zwei Stunden miteinander ohne Zurückhaltung. Als es uns dann doch zu kühl wurde, lud mich Charlotte noch zu dem direkt an der Dorfstraße liegenden Italiener zum Abendessen ein.

„Wir haben etwas zu besprechen", eröffnete sie das Gespräch, nachdem wir unsere Bestellung aufgegeben hatten. Ungewöhnlicherweise wirkte sie ernst, fast verlegen. „Dies war bis auf Weiteres unser letztes Mal miteinander", sagte sie dann mit leiser Stimme.

„Wieso?" Ich war wie vom Donner gerührt. „Habe ich irgendetwas falsch gemacht?"

„Nein, mein lieber Brian. Du hast alles richtig gemacht. Und ich bin mir sicher, dass Du auch in Zukunft alles richtig machen wirst, persönlich wie beruflich. Du bist ein großartiger junger Mann." Sie machte eine Pause, nahm einen tiefen Schluck von dem mittlerweile servierten Rotwein und schaute mich dann nachdenklich an. „Die letzten Monate mit Dir waren wunderbar. Ich hatte noch nie einen so guten Liebhaber." Jetzt grinste sie hintergründig.

„Hat Dein Mann etwas herausbekommen?"

Charlottes Grinsen veränderte sich in ein herzhaftes Lachen. „Oh, nein. Der hat im Übrigen bestimmt seine eigenen Interessen." Dann wurde sie wieder ernster. „Nein, es hat nichts mit Dir zu tun. Ich werde in Vertretung kurzfristig die Leitung der Bodenstation aller Star Alliance-Fluggesellschaften in Tokio übernehmen. Die Lufthansa-Kollegin dort, die bisher diese Aufgabe erfüllt hat, ist schwanger und ist wegen plötzlicher Schwangerschaftskomplikationen im Krankenhaus. Man geht davon aus, dass sie in diesem Jahr nicht wieder zum Dienst kommt und hat mich aufgrund meiner Japanisch-Kenntnisse gefragt, ob ich diese Aufgabe vorerst bis zum Jahresende übernehme." Sie schaute mir für einige Momente stumm und frontal in die Augen. „Ich fliege übermorgen."

Ich war schockiert. Ich hatte mir zwar keine Vorstellungen über die Zukunft unseres Liebesverhältnisses gemacht. Ohnehin dachte ich im Moment nur an den Abschluss meiner Prüfungen und meinen hoffentlich reibungslosen Sprung ins Studium. Trotzdem öffnete sich mit Charlottes Ankündigung ein emotional riesiges, schwarzes Loch vor mir. Dementsprechend ruhig verlief das letzte gemeinsame Abendessen, nur übertüncht von einer belanglosen Unterhaltung über Alltägliches. Ich erfuhr, dass Charlotte und ihr Mann ihr gemeinsames Haus weiter behalten und dieses auch nicht vermieten wollten. Immerhin flog ihr Ehemann ja weiterhin von der SAS-Heimatbasis in Kopenhagen und brauchte zumindest zeitweise ein Zuhause.

„Ich werde Dich vermissen", gestand mir Charlotte, nachdem ich sie nach Hause gefahren hatte. „Ich liebe Dich, Brian. Trotz unserer 13 Jahre Altersunterschied." Sie küsste mich warm und innig. „Einen guten Start ins Studentenleben. Merke Dir, was Du bei mir gelernt hast. Dann wirst Du viele Frauen sehr glücklich machen." In ihrer Haustür drehte sie sich noch einmal um. „Und schreib mir eine E-Mail, wie Dein Studenterexamen gelaufen ist. Meine private E-Mail-Adresse bleibt unverändert." Dann schloss sie die Haustür hinter sich und ich ging allein zum Auto zurück.

Auf dem Heimweg zu unserem Pferdehof musste ich anhalten, weil ich anfing, hemmungslos zu weinen. Vor lauter Tränen konnte ich die Straße nicht mehr klar erkennen. So stand ich sicherlich eine Viertelstunde in der Parkbucht einer Bushaltstelle bis ich mich so weit wieder beruhigt hatte, dass ich die restlichen Kilometer gefahrlos zurücklegen konnte.

Ich fühlte mich total leer. Und brauchte einige Tage, bis ich wieder klar denken konnte. Dann konzentrierte ich mich auf die letzte Etappe der mündlichen Prüfungsvorbereitungen und meine Mitarbeit auf dem Hof. Mit Charlotte tauschte ich einige E-Mails aus, deren Frequenz immer niedriger wurde und nach meiner Umsiedlung ins Studentenwohnheim der Kopenhagener Universität, welches in unmittelbarer Nachbarschaft zur Carlsberg-Brauerei stand, ganz einschlief.

Meine Liebhaberausbildung durch eine erfahrene Geliebte bewährte sich in den darauffolgenden Jahren in herausragender Weise. An der tiermedizinischen Fakultät mit einem Frauenanteil von 90% hatte ich genügend Gelegenheiten, mir Freundinnen und Geliebte auszusuchen, wobei ich aber eine Scheu vor zu ernsthaften Beziehungen entwickelte. Ich liebte weiterhin die ‚Hafenrundfahrten.'

(2) Spätsommer 2022

Ich war in der Tat Tierarzt geworden. Nach meinem Examen und meinen klinischen Semestern hatte ich durch Vermittlung meiner Mutter zunächst zwei Jahre bei einer auf Pferde spezialisierten Tierarztpraxis und Klinik in Abu Dhabi und Dubai gearbeitet, die sich primär mit Araber- und Vollblutpferden in Sport und Zucht beschäftigte und war dann zu einem auf Pferderennsport spezialisierten Tierarzt nach England gegangen. Hier hatte ich primär mit Pferden im Hindernis-Rennsport zu tun, der besonders belastend für die Pferde ist. Daneben betreute diese Praxis drei Spezialpferdeställe für die Vielseitigkeitsreiterei.

Sowohl in den Emiraten als auch in England war meine Arbeitszeitbelastung hoch. „Bei dieser Sklavenarbeit habe ich keine Zeit, mich ernsthaft um irgendwelche Frauen zu kümmern", erzählte ich meiner Mutter bei einem Heimatbesuch über ein verlängertes Bank-Holiday-Wochenende außerhalb der Reitsportsaison als diese vorsichtige Fragen nach meinem Privatleben stellte. „Ich bin froh, wenn ich ab und zu Zeit für befriedigende Liebschaften habe."

Meine Mutter lachte nur. „Sieht so aus, dass sich bei Dir in den letzten fünfzehn Jahren nichts geändert hat." Sie machte eine kurze, nachdenkliche Pause. „Wann hast Du eigentlich zuletzt mal richtig Urlaub gemacht?"

Jetzt war es an mir, laut aufzulachen. „So richtig, mit verreisen und abschalten?" Ich dachte kurz nach. „Im letzten Jahr vor meinem Examen und den klinischen Semestern, sind somit fast sechs Jahre."

„Das ist zu lang. Selbst für einen jungen, starken Mann." Dann stand sie auf, ging an ihren Schreibtisch und kam mit einem Aktenfolder zurück. „Ich würde Dir einen zweieinhalbwöchigen Urlaub in den Emiraten spendieren, wenn Du Dir bei der Gelegenheit ein paar Stuten für mich anschauen könntest."

Ihr Angebot weckte meine Neugier. Eine Reise nach Dubai und Abu Dhabi würde mir die Gelegenheit geben, einige Freunde aus meiner zweijährigen Tätigkeit dort zu besuchen. „Auf ein paar Urlaubstage in den UAE hatte ich richtig Lust. Und dabei ein paar Stuten zu begutachten, wäre nicht gerade Arbeit. Mit welchen Gestüten stehst Du denn in Kontakt?"

Christiane schlug den Folder auf und reichte mir drei Verkaufsanzeigen mit Stammbaum herüber. „Mehr kannst Du auf deren Websites sehen und lesen."

Ich kannte alle drei Gestüte, die in den mehr wüstenähnlichen Regionen der UAE lagen, von meiner Arbeit her. „Gute Adressen", kommentierte ich die Unterlagen. „Das wird Spaß machen, wenn ich dort nicht als arbeitender Tierarzt, sondern als potentieller Kunde auftreten kann. Freue ich mich schon drauf."

Meine Mutter und ich einigten uns auf einen möglichen Reisetermin Anfang Oktober, was mir ausgezeichnet in meine eigenen Planungen passte. Ich offenbarte ihr, dass ich zum 30. September meine derzeitige Arbeitsstelle in England kündigen und nach Dänemark zurückkehren wollte. „Kirsten hat mir angeboten, ihr Juniorpartner zu werden", berichtete ich Christiane die große Neuigkeit, dass unsere langjährige Tierärztin, die ich als Schüler so oft auf ihren Touren begleitet hatte, mir dies Angebot unterbreitet hatte. „Sie feiert im nächsten Jahr ihren 60. Geburtstag und will langsam, aber stetig ihre Nachfolge vorbereiten."

Christiane klatschte vor Freude in ihre Hände, sie applaudierte mir regelrecht. „Als angestellter Tierarzt? Oder strebst Du eine Teilhabe

an der Praxis und der Klinik an?"

„Vermutlich sowohl als auch. Ich treffe sie morgen und dann wollen wir ein ausführliches Gespräch darüber führen. Ich habe im Moment noch nicht die geringste Idee, welche Preisvorstellungen sie für eine Teilhabe hat. Immerhin ist ihre Praxis formal eine Aktiengesellschaft; auch der ganze Hof mit der Pferdeklinik ist Teil der AG. Insofern gibt es hervorragende Buchhaltungsunterlagen."

„Das wird dann sicherlich auch Deinen Vater interessieren", wurde meine Mutter sehr sachlich. „Ich nehme an, dass Du bei einem derartigen Schritt mit Sicherheit finanzielle Unterstützung benötigen wirst."

Ich grinste etwas verlegen. „Ja. Vermutlich ja." Meine Mutter hatte den Nagel auf den Kopf getroffen.

Der verbleibende Kurzurlaub war dann auch beruflich-geschäftlich intensiver als ich erwartet hatte. Mein Gespräch mit Kirsten und ihrem Ehemann, der als Steuerberater auch die ganze kaufmännische Seite der Praxis und der Klinik erledigte, war sehr schnell konkret geworden. Am Ende einigten wir uns, dass ich in der Tat in England kündigen und nach Dänemark zurückkehren würde. Mein Start würde dann als angestellter Tierarzt erfolgen. In den darauffolgenden Monaten würden wir auf der Basis eines schnell aufgesetzten Letter of Intends meinen Einstieg als Juniorpartner vertraglich fixieren.

Da ich derzeit keine feste Freundin in England hatte, fiel mir mein Abschied vergleichsweise leicht. Zudem hatte ich festgestellt, dass sich aufgrund des ganzen Brexit-Wahnsinns die früher so angenehm tolerante Einstellung der Engländer spürbar verändert hatte. Obwohl es einen Riesenmangel an ausgebildeten Tierärzten im gesamten Vereinigten Königreich gab, hatte ich nur mit großer Unterstützung meines Arbeitgebers meine Aufenthaltsgenehmigung temporär verlängern können. Einen ‚Settled Status', das heißt die Daueraufenthalts- und Dauerarbeitsgenehmigung für EU-Bürger, hatte mir das Home-Office trotz meines Mangelberufs verweigert. „Ich würde nicht lang genug in England leben und arbeiten", hieß die arrogante und ärgerliche Begründung.

So kehrte ich in der letzten Septemberwoche nach Dänemark zurück und zog erst einmal in zwei freie Zimmer auf dem elterlichen Pferdehof ein. Den freien Monat vor meinem Arbeitsbeginn bei Kirsten wollte ich für die kombinierte Urlaubs- und Pferdeinspektionsreise nutzen, wobei ich die Reise auf fast drei Wochen ausgedehnt hatte.

Am Sonntag, den 2. Oktober 2022 stand ich am Emirates-Gate des Kopenhagener Flughafens und wartete mit viel Vorfreude darauf, dass der für 15.35 Uhr geplante Flug EK152 nach Dubai International aufgerufen wurde. Meine Mutter hatte mir großzügig ein Business-Class-Ticket spendiert, von dem ich aus meinen UAE-Tagen wusste, dass ich einen komfortablen und angenehmen Flug haben würde. Ich ahnte nicht im Geringsten, dass dieser Flug durch einen unglaublichen Zufall mein ganzes Leben auf den Kopf stellen sollte.

First Class- sowie Business Class-Passagiere sowie die notorischen Vielflieger wurden zuerst zum Boarding gebeten, was zügig und mit großer Freundlichkeit erfreulich schnell vonstatten ging. Ich fand schnell meinen Gangplatz, bewunderte den unglaublichen Komfort des Business Class-Sitzes und die wunderbare Beinfreiheit und richtete mich möglichst bequem auf den fast siebstündigen Nachmittags- und Abendflug ein. Von früheren Reisen mit Emirates kannte ich das vorzügliche Spielfilmprogramm der Boeing 777, so dass ich auf eine Lektüre zur Überbrückung der Flugzeit verzichtet hatte. Während noch die letzten Passagiere an Bord kamen, bekamen wir bereits ein erstes Getränk serviert und ich checkte das Spielfilmprogramm, in dem mich sofort drei bis vier neue wie alte Filme interessierten. Ich wählte als ersten Film einen Klassiker, ‚Frühstück bei Tiffany' mit der unvergleichlichen Audrey Hepburn, den ich direkt nach den Sicherheitseinweisungen starten wollte.

Die Boeing 777 war etwa zu zwei Dritteln besetzt, ich hatte Glück und mein Nachbarsitz war sogar frei geblieben. Mit dem Start der beiden riesigen Turbinen begrüßte uns standardmäßig über die Interkom der Flugkapitän mit dem urdänischen Namen Niels Arne Nielsen, was mir ein leichtes Grinsen abrang. Sein Copilot hatte irgendeinen arabischen Namen, ich wusste, dass Emirates großen Wert auf international, ethnisch und geschlechtlich gemischte Crews legte, um seine genauso gemischten Kundschaft ebenbürtig bedienen zu können.

Ich hatte mich entspannt in meinem Sitz ausgestreckt als sich auch die Chefstewardess über die Interkom mit ihrer Begrüßung meldete. „Guten Tag meine Damen und Herren. Ich möchte mich der Begrüßung von Kapitän Nielsen im Namen Ihrer heutigen Crew herzlich anschließen. Mein Name ist Charlotte Fredenslund und bin Ihr Purser auf dem heutigen Flug." Die Chefstewardess setzte routinemäßig ihre Begrüßung fort, berichtete, dass ihre Kabinencrew aus 11 verschiedenen Ländern stammte und 14 verschiedene Sprachen sprach und verwies uns freundlich auf die jetzt in Englisch und Arabisch auf den Bildschirmen auflaufende Sicherheitsinstruktion. Ich bekam von alledem nichts mehr mit. „Charlotte Fredenslund" hämmerte es in meinem Kopf, ich war mir absolut sicher, dass ich den Namen richtig verstanden hatte, war mir aber nicht sicher, ob ich die Stimme der Chefstewardess identifiziert hätte. „Ich bin auf einem Emirates-Flug", brabbelte ich leise, aber hörbar vor mich hin. „Was macht Charlotte Fredenslund auf einem Emirates-Flug?" Ich schaute mich um, aber die Chefstewardess schien hinter den Vorhängen, die in Höhe der vordersten Pantry die First Class von der Business Class abtrennte, zu stehen. Alle anderen Flugbegleiter setzten sich in der zur Startbahn rollenden Maschine bereits auf ihre Sitze neben den Einstiegs- und Notausgangstüren und schnallten sich an.

Zehn Minuten später hatte das riesige Flugzeug seinen Start ohne irgendwelche Zwischenfälle absolviert. Die Crew hatte sich abgeschnallt und bereitete sich auf den ersten Service mit Kaffee, Tee und Kuchen beziehungsweise Gebäck vor. Trotz meiner Grübeleien hatte ich die Kopfhörer aufgesetzt und den ersten Spielfilm eingeschaltet, aber selbst die berühmte Anfangsszene mit Audrey Hepburn vor dem Schaufenster von Tiffany in New York konnte meine Gedanken nicht ablenken.

„Charlotte Fredenslund!" Ich war mir sicher, den Namen richtig verstanden zu haben. Und vor meinem geistigen Auge lief ein Film mit fünfzehn Jahre alten Szenen meiner damaligen Geliebten ab, die mich zu einem erfolgreichen Liebhaber erzogen hatte. Ich meinte sogar, dass ich sie riechen konnte. Verrückt. Ich hatte den linken Vorhang zur First Class gut im Blick, vielleicht würde die Chefstewardess irgendwann zu ihren Crewmitgliedern in die Business Class kommen, um sich aus irgendeinem Grund mit diesen abzustimmen. Aber in den ersten zwei Flugstunden passierte nichts dergleichen.

Ich war bereits beim zweiten Spielfilm angelangt, diesmal die wunderbare Liebeskomödie ‚Notting Hill' mit Julia Roberts und Hugh Grant, als das Abendessen serviert wurde. Ich hielt die Stewardess, die nachfolgend die Getränke zum Essen servierte, kurz auf. „Ich glaube, dass ich beim Start gehört habe, dass Ihr Purser auf den Namen Charlotte Fredenslund hört. Stimmt das?"

Die freundliche Stewardess, die sehr osteuropäisch aussah, nickte. „Ja. Sie haben richtig gehört."

Ich bedankte mich, nahm dann zunächst mein Abendessen zu mir und suchte dann aus meiner kleinen Reisemappe, die zusammen mit meinem i-pad in der Tasche vor mir steckte, ein Blatt Papier und einen Kugelschreiber. Dann schrieb ich eine kurze Notiz:

„Liebe Charlotte Fredenslund (Purser auf EK152 von CPH nach DBX am 2.10.2022), wenn Ihnen der Name Brian Nyrup Carstensen etwas sagt, würde ich gern in einer ruhigen Flugphase ein paar Worte mit Ihnen wechseln. Ich sitze auf Sitzplatz 10B in der Business Class."

Ich wartete bis zur zweiten Getränkerunde nach dem Abendessen. In der Kabine war es mittlerweile relativ dunkel geworden, nur die Bildschirme an jedem Sitzplatz strahlten ihr Licht ab. Die Decken-beleuchtung oberhalb der Gänge zeigte einen künstlichen Sternen-himmel, der mich auf jedem Emiratesflug immer wieder amüsierte. Dann reichte ich „meiner" Stewardess meine Notiz mit der Bitte, diese an Charlotte weiterzureichen. Sie steckte die Notiz ein und versprach, dies am Ende der laufenden Servicerunde zu erledigen.

In der darauffolgenden Stunde passierte gar nichts. ‚Notting Hill' war mit dem Happyend zwischen den beiden Hauptdarstellern zu Ende gegangen und ich hatte als dritten Oldiefilm Marty McFly und Dr. Emmett Brown mit ihrem unvergessenen ‚Zurück in die Zukunft' ausgewählt. In dem Moment, in dem Marty unabsichtlich mit dem DeLorean in das Jahr 1955 zurückflog, öffnete sich der Vorhang zur ersten Klasse und eine Stewardess schritt flotten Schrittes zu meinem Platz. Ich hatte dies im ersten Moment überhaupt nicht mitbekommen, so dass ich die Frau erst wahrnahm, als sie unmittelbar neben mir stand und mich mit einem fast fassungslosen Gesicht ansah.

„Brian?"

Im Halbdunkel der Kabine erkannte ich sie sofort. Älter geworden, besser gesagt, reifer geworden, mit ersten, feinen Fältchen an den Augenwinkeln. Ganz eindeutig, es war sie. „Ja, Charlotte". Ich nickte zweimal. „Ich bin es tatsächlich."

Sie ergriff kurz meine rechte Hand, die ich zur konventionelle Begrüßung ausgestreckt hatte. „Unglaublich! Da fliege ich zum ersten Mal als Purser nach Kopenhagen. Und dann steigst Du in meinen Rückflug nach Dubai ein. Wahnsinn."

Ich konnte auch im Halbdunkel erkennen, dass in Charlottes Kopf die Turbulenzen standfanden, die wir erfreulicherweise nicht im Flugzeug erlebten.

„Ich muss wieder zurück. Deshalb ganz kurz gefragt: bleibst Du in Dubai oder fliegst Du weiter?"

„Ich fliege für eine kombinierte Urlaubs- und Pferdereise nach Dubai und bleibe dort gut zwei Wochen."

„Wunderbar!" Charlotte war hörbar begeistert. „Du bekommst von mir gleich Deine Notiz zurück. Auf der Rückseite stehen dann meine Telefonnummer, meine E-Mail-Adresse und meine Wohnadresse. Ich würde mich sehr freuen, wenn Du Dich bei mir meldest." Sie führte diskret ihre Hand zu ihren Lippen und hauchte mir, für niemanden sichtbar, einen Kuss zu. Dann drehte sie sich um und verschwand wieder in der First Class.

Ich bekam die Notiz etwa eine Viertelstunde später an meinen Platz gebracht. Jetzt ging ich auf Nummer Sicher. Ich holt mein iPhone hervor, machte ein Foto von Charlottes Angaben und steckte dann den Zettel zu meinem iPad in den Schutzumschlag. Ich wollte unter keinen Umständen Charlottes Kontaktdaten verlieren. Der Rest des Spielfilms lief vor mir ab, ohne das ich mich darauf konzentrierte. Dabei gehörte der Film zu meinen absoluten Lieblingsfilmen, was aber den Vorteil hatte, dass ich jede Szene bestens kannte. „Zurück in die Zukunft", murmelte ich in Gedanken an Charlotte zu mir selbst. „Es kann nicht wahr sein."