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Erstes Semester, dünne Wände

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Die nächtliche Geräuschkulisse in der WG überfordert Maren.
8.8k Wörter
4.68
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Die nächtliche Geräuschkulisse in der WG überfordert Maren.

Dingo666

********************

Gerade bin ich in diesem angenehmen Zustand direkt vor dem Einschlafen, in dem man zu schweben scheint, weg driftet von der wachen Welt. Warm eingekuschelt unter meiner Decke, den Körper bequem in Seitenlage zusammengekrümmt, die langen Haare über das Gesicht gezogen. Das ist meine Lieblingseinschlafstellung. Ich fühle mich wohlig entspannt und müde.

Ein unbekanntes Geräusch. Dumpf. Undeutlich. Eine Stimme.

Nichts mehr. Wegdämmern...

Ein Stöhnen.

Ich treibe zurück an die Oberfläche meines Bewusstseins. Ein Stein, der vom Grund eines Tümpels hochgezogen wird. Wieder das Stöhnen. Diesmal erkenne ich den Unterton.

Mit einem Mal bin ich hellwach. Oh Gott! Das ist doch...

Erneute Geräusche, jetzt rhythmisch gegliedert. Ein langsamer Takt.

Mit angehaltenem Atem und in der Fast-Finsternis aufgerissenen Augen liege ich starr auf meiner Matratze. Eine Armlänge vor mir schimmert die weiße Rauputztapete, die eine Wand meines Zimmers darstellt. Meine Hand liegt davor, ein kaum auszumachender Umriss auf dem dunklen Leintuch. Die Finger haben sich zu einer Faust zusammengeklammert.

Die Wand hinter der Tapete besteht aus einer simplen Rigips-Konstruktion. Ein paar dünne Alu-Profile und zwei Platten. Dazwischen nur Luft. Eigentlich nicht viel mehr als ein stabiler Vorhang. Ich kenne das, mein Vater hat die Dinger mit Begeisterung verbaut. Er ist kein schlechter Bastler, aber beileibe kein Handwerker. Doch diese einfachen Trockenbauwände, die hat sogar er gut hingekriegt.

Hinter der Wand steht das Bett von Evelyn. Meine Mitbewohnerin. Vermieterin, wenn man es genau nimmt. Sie hat unsere Zwei-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad von Oma Prichtl gemietet, dem Vernehmen nach uralt und stocktaub. Ich habe sie selbst noch nicht kennen gelernt. Das ist kein Wunder, denn ich wohne erst seit zwei Wochen hier, als Untermieterin von Evelyn.

Meine Wangen kribbelten vor Aufregung, als ich ´Maren Fanghuber´ unter das eng bedruckte Papier schrieb. Der erste selbst unterzeichnete Vertrag meines Lebens! Papier ist irgendwie viel beeindruckender als ein Klick auf einer Website, obwohl die Wirkung dieselbe ist. Ich war so aufgeregt, dass ich nur so tat, als würde ich den Text ganz sorgfältig und kritisch durchlesen. Mitbekommen habe ich nicht viel.

Im Bett hinter der Wand liegt außer Evelyn noch Udo, ihr Freund. Er arbeitet in München und besucht sie nur ab und zu. Ich habe ihn heute zum ersten Mal gesehen, als ich von der Vorlesung kam und die beiden in der einen Topf Spaghetti verdrückten.

„Hi Maren", begrüßte Eve mich. „Kennst Du eigentlich Udo schon? Mein Freund! Maren -- Udo, Udo -- Maren." Ihr rundes Gesicht leuchtete dabei stolz und sie hatte besitzergreifend eine Hand auf seinen Arm gelegt.

„Hi!", sagte ich schüchtern und lächelte Udo kurz an. Er lächelte zurück und gleich schoss Wärme in meine Wangen. Warum muss ich nur so schüchtern sein!

„Hallo!" Udo grinste freundlich. Er sah gut aus mit seinem strubbeligen hellbraunen Lockenkopf und den lustigen Augen. Anscheinend war er einige Jahre älter als Eve mit ihren 22. Und noch viel älter als ich. Ich bin erst vor drei Monaten volljährig geworden.

„Willst Du mitessen? Wir haben eh zu viele Spaghetti gekocht", fragte sie mich.

„Nein, nein", wehrte ich schnell ab. Der Gedanke, neben den beiden offensichtlich Verliebten auf der Bank zu sitzen, hatte etwas entschieden Unangenehmes. „Ich habe schon gegessen", flunkerte ich. „Jetzt muss ich noch was Lesen, für VWL morgen."

Damit verdrückte ich mich auf mein Zimmer und blieb den Rest des Abends für mich.

„Oooooh!"

Das ist Eves Stimme, ich kann sie ziemlich gut hören. Leise und gedämpft von dem dünnen Material, aber unverkennbar. Sie liegt höchstens einen Meter von mir entfernt. Ohne die Trennwand würden meine Matratze und ihre praktisch ein Doppelbett bilden. Allerdings ruht ihre sauber auf einem Lattenrost in einem Ikea-Bett, während meine provisorisch auf dem blanken Boden rutscht. In den zwei Wochen seit meinem Umzug nach Heidelberg gab es Wichtigeres zu tun, als sich um ein Bettgestell zu kümmern. Wahrscheinlich wird das noch eine Weile so bleiben.

An Schlaf ist jetzt natürlich nicht mehr zu denken. Ich wage immer noch nicht, zu atmen oder mich zu bewegen. Schon der Gedanke, dass sie mein Lauschen bemerken könnten, ist mir so was von peinlich. Mein Gesicht fühlt sich heiß an. Vermutlich bin ich über und über knallrot.

Gut, dass niemand außer mir hier ist.

Gut, dass es dunkel ist.

Gut, dass nur meine Nase unter der schützenden Decke hervorragt.

Dreifacher Schutz, das ist beruhigend. Ich spitze die Ohren.

Jetzt murmelt Udo was. Die Worte kann ich nicht verstehen, aber es klingt atemlos, gedrängt.

„Ok, wenn du willst...", höre ich Eves Antwort. Andere Geräusche. Etwas Hartes stößt gegen die Wand und ich fahre zusammen. Offenbar eine Art von Umgruppierung. Die Bewegungen der beiden Körper lassen das Bett wackeln und an die Rigipswand prallen. Gleich darauf setzen die rhythmischen Töne wieder ein, lauter jetzt. Schnelle Atemzüge, das Schlagen von Fleisch auf Fleisch.

Bilder wabern durch meinen Kopf wie eine dieser Videoinstallationen in der Ausstellung neulich. Ich wage kaum, mir die Szene nebenan richtig vorzustellen. Ob Eve jetzt auf allen vieren kniet? Ob das Schlaggeräusch seine Hüfte ist, die auf ihren üppigen Po...

Vor Verlegenheit beiße ich in den Saum meiner Decke und ziehe daran, spüre das Zerren des Stoffes an meinen Zähnen. Das beruhigt mich ein wenig. Mein Herz schlägt heftig und die ganze Haut an meinem Körper ist viel zu empfindlich. Mich so unversehens so nahe an einem derartigen Akt wieder zu finden, dass zieht mir den Boden unter den Füßen weg. So etwas habe ich noch nie erlebt.

Komm schon!, vernünftelt mein Kopf. Das sind nur zwei Leute, die Sex haben. Das tun die meisten Erwachsenen. Du auch. Irgendwann mal. Du bist schließlich auch erwachsen. Da ist doch nichts dabei!

Natürlich hat mein Gehirn Recht. Ich weiß das. Es hat fast immer Recht. Aber mein Pulsschlag und meine Gänsehaut hören ihm nicht zu.

„Das ist zu anstrengend. Lass mich mal...", höre ich Evelyn.

„So ok?" Diesmal kann ich Udo verstehen.

„Ja. Gut so. Mach weiter. Hmmmmmmmhhh... Hmmuhh... Mmmuh... Mmuuhh..."

Evelyn ist überhaupt nicht gehemmt. Das wundert mich nicht. Sie sieht auch so aus, eine richtige üppige, blonde Sexbombe. Sie trägt ausschließlich knallenge Sachen, und sogar jetzt im November noch bauchfrei. Dabei sollte sie das meiner Meinung nach bleiben lassen. Sie ist nicht schlank genug, damit das wirklich gut kommt. Ich wäre das schon, aber ich würde nie mit nacktem Bauch herumlaufen!

Ich stelle mir vor, dass sie Kopf und Brust auf das Bett gelegt hat und das ausladende Hinterteil hochstellt. Ihrem Freund entgegen reckt. Und er kniet hinter ihr und...

Was zum Teufel denke ich da? Ich ertappe mich tatsächlich bei der Frage, wie Udo wohl aussieht. Wie er gebaut ist. Wie sein Penis aussieht. Meine Matratze scheint nicht mehr auf einem Holzboden zu liegen, sondern auf einer schiefen Ebene. Die Ebene neigt sich immer mehr, ich rutsche bereits. Es ist nicht abzusehen, wo und ob ich mich festhalten kann, oder ob ich unabänderlich in den Abgrund gleite.

„Uuh!"

Eves Stöhnen klingt nun heller. Genießerischer. Wollüstiger. Der Laut fährt mir richtiggehend durch den Körper, und der räkelt sich, ganz von selbst.

Ein halber Gedanke, eine unausgesprochene Frage. Fahrig schiebe ich eine Hand in die Pyjamahose und hebe einen Schenkel an, mache den Zugang frei. Treffe auf warme, schlüpfrige Feuchtigkeit. Meine Schamlippen fühlen sich ein wenig geschwollen an und empfindlich. Oh Gott!

Stell Dich nicht so an!, verlangt mein Kopf. Ist doch klar, dass man da nicht unbeteiligt bleibt, oder? Du reagierst halt, na und? Besser, als wenn du ein Eisklotz wärst.

Ich lasse die Hand, wo sie ist, und reibe die glitschigen Fingerspitzen aneinander. Das mag ich. Ein kleiner Tick vielleicht. Ich weiß nicht, ob andere Leute das machen, ob sie es auch mögen. Oder ob ich der einzige Mensch auf der ganzen Welt bin, der auf so etwas abfährt.

Meine sexuellen Erfahrungen sind beschränkt. Genauer: praktisch nicht vorhanden. Ich hatte zwar schon zwei Freunde. Aber beim ersten war ich noch zu jung -- oder fühlte mich noch zu jung, ich war fünfzehn. Und den zweiten quälten ein paar psychische Probleme, er wollte vom Thema Sex nichts wissen. Die Beziehung war ganz nett und hundertprozentig platonisch. Was ich immer mit großer Erleichterung und leisem Bedauern akzeptierte.

Martin, mein erster Freund, der wollte schon. Doch damals war ich so ängstlich und aufgeregt und zickig, dass ich es kaum aushielt, wenn er seine Hände unter meine Kleider schob. Ein einziges Mal hatte ich ihm erlaubt, zwischen meine Beine vorzudringen und mich zu einem Höhepunkt zu streicheln. Der war schon heftig, irgendwie, aber ich habe mich nicht gut dabei gefühlt. Wie eingezwängt. Gehetzt.

Ich weiß noch, dass ich trotzdem total feucht war und mich hinterher durcheinander gefühlt habe. Danach hat er mich sitzen lassen und ist mit Daniela aus der Parallelklasse gegangen. Sie hat sich wohl nicht so angestellt wie ich. Das kommt halt davon, wenn man in der tiefsten Provinz aufwächst. Wenn man Eltern hat, die zwar liebevoll sind, aber sprachlos, sobald es um Dinge wie Sex geht.

Vorsichtig führe ich meine Fingerspitzen über meine Spalte. Spüre der weichen Haut und den Härchen dort nach. Nebenan keuchen beide vernehmlich und schnell, bei jedem Stoß knackt die Wand.

Ich könnte mich selbst befriedigen. Das mache ich manchmal. Alle vier oder fünf Wochen vielleicht. Meistens jedoch streichle ich mich nur ein wenig, so wie jetzt, und genieße die Reaktion meines Körpers. Die wohlige Sinnlichkeit, die sich in meinem Becken ausbreitet, das Kribbeln im Bauch wie von tausend wuselnden Ameisen mit Söckchen an den Füßen. Das finde ich schöner als den eigentlichen Höhepunkt.

Mit leichtem Bedauern entscheide mich dagegen. Ich möchte mich nicht einklinken in den Takt des Pärchens im Nachbarzimmer. Ich brauche immer viel Zeit, viel Ruhe. Ich brauche mein eigenes Tempo.

Stattdessen will ich etwas Unerhörtes wagen! Lautlos schlage ich die Decke zurück, fröstle einmal, als kalte Luft über meine Waden streicht, und richte mich in Zeitlupe in eine kniende Position auf. Mit äußerster Vorsicht drücke ich ein Ohr gegen die Wand.

Jetzt klingt es wirklich, als säße ich auf der Bettkante. Ich höre jedes Stöhnen, jedes Luftholen, jedes Klatschen, jedes knackende Gelenk.

Ich erschauere und presse die Schenkel zusammen. Meine Hand steckt immer noch dazwischen und wühlt in der schwülen Fuge, ganz von selbst. Es ist ziemlich finster, doch wenn ich an mir heruntersehe, dann sind meiner Brüste zwei graue Apfelkurven unter dem Nachthemd. Die Nippel sind fantastisch angeschwollen und groß, das sehe ich und spüre ich, sie jucken im Takt meines Pulsschlags.

„Ich komme gleich!" Udos gepresste Stimme.

„Nein! Warte. Bitte...", keucht Evelyn.

„Dann muss ich kurz Pause machen. Warte mal, ich lecke Dich ein bisschen..."

„Och nee. Kannst Du nicht... Oh? Hhhuhhh? Ah ja, das ist gut... Ah ja... Ah ja..."

Bei der Idee, dass mir jemand die Zunge unten reinschiebt, kichere ich um ein Haar laut auf vor Verlegenheit. Ich weiß natürlich, dass viele Leute das machen und es schön finden. Aber ich vermag mir das beim besten Willen nicht vorzustellen. Dennoch hat der Gedanke etwas Reizvolles, etwas Frivoles. Meine Beckenmuskeln spannen sich von alleine an.

„Jetzt bin ich fast so weit", ächzt Evelyn.

„Mmmmhh!", seine Antwort.

„Fast! Fast!" Sie schluchzt richtig. Dazu laute Schleckgeräusche. „Gleich. Gleich..."

Ihre Stimme kippt. Der zittrige Schrei hallt durch die nächtliche Wohnung. Man hätte ihn gut noch im Erdgeschoss hören können, aber das Optikergeschäft unter uns ist nur von neun bis sechs Uhr geöffnet. Und über uns wohnt der alte Herr Klenk, der hört selbst mit Hörgerät sehr schlecht.

Mein Gehör dagegen funktioniert ausgezeichnet. Meine Brustwarzen sind so hart geschwollen, dass die sachte Reibung des Pyjamastoffes sich unangenehm anfühlt. Meine Kehle ist trocken, ich kann kaum schlucken.

Weitere lang gezogene Klagelaute von Evelyn. Seltsam, dass die Laute von Lust und Schmerz sich so ähnlich sind. Nun setzt das Klatschen erneut ein. Bei dem Gedanken, dass er mitten in ihrem Orgasmus wieder sein Ding in sie bohrt, da krampft sich meine Scheide innerlich zusammen. Ich weiß nicht genau, ob vor Angst oder vor Verlangen.

Gleich darauf stößt Udo ebenfalls ein lautes, erlöstes Stöhnen aus. Ich weiß, dass jetzt sein Sperma herausspritzt, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie sich das für Eve anfühlen muss.

Plötzlich fühle ich Wut. Wut auf mich, weil ich so ein blödes unerfahrenes Ding bin. Wut auf meine Mutter, die mich nicht einmal vernünftig aufklären konnte. Wut auf die beiden nebenan, weil sie die Umwelt mit ihren Lustgeräuschen verschmutzen.

Die Töne werden leichter, leiser. Sehnsüchtiges Nachglühen statt Feuersbrunst. Immer noch wütend verlasse ich meinen Horchposten und vergrabe mich in meine Decke, will nichts mehr hören. Aber natürlich lausche ich aufmerksam auf jedes Geräusch.

„Das war voll gut!", seufzt Evelyn müde und gähnt. Udo antwortet, ich kann ihn nicht verstehen. Innerhalb weniger Minuten ist es drüben ganz still.

Das facht meine Wut weiter an. So ein Mist! Die beiden Turteltäubchen schlafen umgehend ein vor Erschöpfung und ich bin hellwach!?

Eine Viertelstunde später ist es nicht anders. Schäfchen zählen funktioniert nicht. Ich reiße den armen Viechern gedanklich den Kopf herunter, anstatt sie über den Zaun springen zu lassen. Schließlich stehe ich auf und tappe in die Küche, um mir etwas zum Trinken zu holen. Zumindest die Trockenheit in meinem Hals muss ich nicht wehrlos ertragen, oder?

Ich bin ausgesprochen vorsichtig und knipse weder das Licht an, noch verursache ich ein Geräusch. Nur das Ploppen, als der Magnetverschluss des Kühlschranks aufschnappt, und das Sprudeln des Mineralwassers beim Einschenken ist zu hören. Ich setze mich in die Ecke unserer Küchenbank und drücke das kühle Glas gegen die Stirn.

Evelyn hatte erzählt, dass Udo jedes zweite, dritte Wochenende zu Besuch kommt. Immer abwechselnd zu ihren Trips nach München. Bei der Aussicht, ihre Nachtaktivitäten regelmäßig als Hörspiel zu verfolgen, wird mir flau im Magen. Nicht unbedingt, weil es mir so unangenehm ist. Im Gegenteil, wenn ich ehrlich zu mir bin, dann interessiert es mich sogar. Doch die Heftigkeit, die Intensität darin berührt und packt mich so, dass ich nicht weiß, ob ich mich darauf freuen oder weglaufen will.

Die leisen Geräusche aus Evelyns Zimmer hatte ich kaum mitbekommen. Aber nun öffnet sich die weiße Tür. Udo kommt heraus und kratzt sich am Bauch. Er ist nackt.

Schreckensstarr umklammere ich mein Glas. Mein Herz wummert irgendwo in Höhe meines Kehlkopfes. Was jetzt?

Er sieht mich nicht in der dunklen Ecke, sondern schlurft am Tisch vorbei ins Bad. Er schließt die Tür nicht richtig. Ein schmaler Streifen grelles Halogenlicht taucht die Küche in einen verhaltenen Schimmer. Plätschern, ewig lange. Irgendwann fällt mir auf, dass ein Atemzug dann und wann von Vorteil wäre.

Soll ich schnell aufspringen und in meinem Zimmer verschwinden? Doch der Gedanke, dass ich ihm praktisch genau in die Arme laufen werde, wenn er im falschen Augenblick herauskommt, hält mich wie paralysiert auf der Eckbank.

Da rauscht schon die Klospülung. Der Wasserhahn, als er sich die Hände wäscht. Das Licht erlischt und Udos dunkle Gestalt erscheint wieder. Er kommt exakt auf mich zu. Ich starre ihm entgegen und fühle mich wie ein Tier auf dem Mittelstreifen, das die Scheinwerfer heranrasen sieht.

Doch er bemerkt mich immer noch nicht. Er öffnet den Kühlschrank. Als dessen bleiches Innenlicht auf sein Gesicht fällt, da sehe ich, dass seine Lider fast geschlossen sind. Hoffentlich geht er gleich zurück in Evelyns Bett, wo er hingehört!

Er trinkt mit großen Schlucken direkt aus der Wasserflasche. Ich versuche, den Trick herauszufinden, wie man auf der Stelle unsichtbar wird. Trotz meiner Panik kneife ich die Augen zusammen und schaue mir Evelyns Freund genau an.

Udo ist gut mittelgroß. Knapp einsachtzig, schätze ich. Er ist schlank, aber sehnig und kräftig, mit muskulösen Armen und Beinen. Seine Brust ist mit einem dichten Gewirr von dunklen Haaren überwuchert, das sich auch als schmaler Streifen über den strammen Bauch hinab zieht. Darunter baumelt ein überraschend großer Pimmel. Ob männliche Schwänze immer so aussehen? Oder nach dem Geschlechtsverkehr? Oder ausschließlich seiner? Im Internet sieht man ja alles Mögliche, aber das gibt einem keinen Maßstab für die Realität.

Er schraubt die Flasche wieder zu -- nur halb, sehe ich, morgen wird die Kohlensäure komplett raus sein, na toll! -- und gibt der Kühlschranktür einen leichten Stoß. Beim Umdrehen streift sein Blick über mich. Er zuckt zusammen, nach einer winzigen Verzögerung, und blinzelt.

„Maren?"

„Ich, äh, trinke hier nur kurz was", flüstere ich eilig und hebe mein Glas vor das Gesicht.

Er starrt mich an. „Sitzt Du schon die ganze Zeit da?"

„J-ja", gebe ich zu und hoffe, dass meine Gesichtsfarbe in der Dunkelheit nicht zu erkennen ist. Das Holz der Bank drückt sich kühl an meinem Hintern. Ich unterdrücke ein Frösteln.

Seine Hand fährt an den Hinterkopf, kratzt dort. Ein verwundertes Schnauben. Dann sieht er an sich hinab.

„Oh! Tut mir leid, ich hätte mir was anziehen sollen!"

„Ach, kein Problem!" Ich zucke gelangweilt mit der Schulter, als würde ich jede Nacht fremden nackten Männern begegnen.

Er grinst. Das nimmt er mir wohl nicht ab. Lässig lehnt er sich mit dem Hintern an die Spüle und verschränkt die Arme vor der Brust. Ich sehe ihm ins Gesicht und achte sorgfältig darauf, dass mein Blick nicht an ihm herab rutscht. Ob es mir gelingt, meine Furcht zu verbergen?

„Haben wir Dich etwa vom Schlafen abgehalten? Oder geweckt?"

„Nein", behaupte ich. „Ich, äh, habe die ganze Zeit gelesen." Blöd! Jetzt weiß er, dass ich wach war und alles mitgehört habe.

Wieder sein freches Grinsen. Am liebsten hätte ich ihm eine runtergehauen.

„Und?" fragt er anzüglich.

„Was und?"

„Hat es dir gefallen?"

„Phh!"

Mein wegwerfendes Schnauben überzeugt nicht einmal mich selbst. Ich spüre die köchelnde Wut in meinem Magen. Was bildet sich dieser Kerl nur ein?

Udo lacht leise und sieht mich einige Sekunden nur an. „Wie alt bist Du, Maren?"

„Ich bin achtzehn! Warum?"

„Ach, nur so!"

So ein Idiot! Nochmal ein Lachen und er schlendert endlich in Richtung von Evelyns Zimmertür.

„Ich glaube, ich muss noch eine Runde drehen!", meint er leichthin und zwinkert mir über die Schulter hinweg zu. Was zum Teufel soll das nun bedeuten?

Er geht hinein. Die Tür quietscht leise. Er hat ihr einen Stoß gegeben, aber nicht stark genug, damit sie zufällt. Aus dem Zimmer fällt ein wenig Licht. Evelyn hat eine Straßenlaterne direkt vor dem Fenster. Das stört sie nicht, sagt sie, sie sei an einer Durchgangsstraße groß geworden.

Ein lauter Schmatzer dringt an mein Ohr. Ein zweiter, gefolgt von einem müden weiblichen „Hmm?"

„Dein Hintern sieht so appetitlich aus, ich muss ihn einfach küssen!" In Udos Stimme schwingt unterdrücktes Lachen mit.

Ich reiße Augen und Mund auf. Will er etwa...?

„Ich habe um acht in der Früh Vorlesung!", murmelt Evelyn in einem bittenden Ton.

„Schlaf weiter, Baby!" Neuer Schmatz.

„Biest!"

Die Sache ist so eindeutig, das erkenne sogar ich Landei! Er hat die Tür extra für mich offengelassen. Und jetzt macht er sich ein zweites Mal über seine Liebste her.

Warum?

Will er sich über mich lustig machen? Hält er mich für ein so unerfahrenes junges Küken, dass ich dringend etwas von ihm lernen musste? Womit er Recht hätte, aber darum geht es nicht.