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Obwohl ich ja nichts Falsches getan hatte, spürte ich ein dringendes Bedürfnis meinen Bezug zu Lothar zu präzisieren:

"Wir trafen Lothar erst heute Morgen. Er war so freundlich, uns wegen der Reifenpanne mitzunehmen. Er ist also ein sehr neuer Freund, wenn du so willst."

Andreas nickte und schien sich mit meiner Darlegung zu begnügen.

"Wir müssen jetzt wirklich Segel setzen und in See stechen. Wir warten hier seit fast einer Stunde. Und gleich wird es heftig regnen."

Er zeigte auf die dunklen Wolken im Westen.

Ich drückte Miranda zum Abschied. Dann umarmte sie Lothar, drehte sich um und rannte auf das große Segelboot zu, von dem Andreas' bezaubernde neue Freundin Vanessa ihr zuwinkte. Lothar und ich standen am Steg und winkten, als das Boot den Hafen verließ.

Aus meiner fast leeren Packung nahm ich die Zigarette, an die ich seit Hamburg gedacht hatte. Gleichzeitig begann es große, schwere Tropfen zu regnen. Ich zündete meine Camel an und sah mich nach einem Papierkorb für die leere Schachtel und nach einem Unterstand zum Rauchen um.

"Tut mir leid," sagte ich zu Lothar und hielt meine Camel hoch. "Ich muss die hier noch rauchen, bevor wir zurückfahren können."

Als der Regen stärker wurde, bemerkte ich, dass kein trockener Unterschlupf in Sicht war.

"Wie gesagt kannst du gerne in meinem Auto rauchen," sagte Lothar.

Ich nahm meine Flip-Flops in die eine und meine Zigarette in die andere Hand und rannte barfuß zum Auto hinter Lothar her. Als wir den Astra erreichten, waren mein ärmelloses Top und meine kurze Jeans natürlich völlig durchnässt. Wir warfen uns ins Auto und schlossen die Türen.

Lothar öffnete den Aschenbecher, der aussah, als wäre er nie benutzt worden.

"Bist du sicher, dass das in Ordnung ist?" fragte ich und zeigte auf meine Zigarette, die überraschenderweise noch brannte.

"Ganz sicher," antwortete er. "Es ist mein Auto. Und du darfst hier so viel rauchen, wie du möchtest. Es stört mich nicht."

"Und ich kann dir nicht mal eine anbieten. Aber du kannst hier gerne mitrauchen, wenn du willst."

Ich bot ihm meine Zigarette an.

"Nein danke. Ich rauche nicht."

"Dann hast du aber eine für einen Nichtraucher seltene Toleranz."

"Ich bin eben sehr tolerant," grinste er.

Der Regen nahm noch zu.

"Ich kann bei diesem Wetter nicht einmal das Fenster öffnen," sagte ich und nahm einen tiefen, dringend benötigten Lungenzug.

"Das ist okay. Du scheinst wirklich, eine leidenschaftliche Raucherin zu sein," kommentierte Lothar.

"Das ist so wahr," bestätigte ich und stieß eine massive Rauchwolke aus.

"Ich hab den Wagen vor einer Woche von meinen Eltern übernommen."

"Ja. Das hast du schon gesagt."

"Es wird heute als Raucherauto eingeweiht. Mein Vater ist Schulleiter und meine Mutter ist Zahnärztin, also sind sie von Beruf sehr rauchfrei."

Ich inhalierte wieder von meiner Zigarette.

"Ich glaube nicht, dass ein Beruf hier relevant ist. Ich bin Krankenpflegerin am Tumorzentrum am UKE. Ich hab den ganzen Tag nur mit Krebspatienten zu tun. Und trotzdem rauche ich wie ein Schlot," sagte ich, während ich den jungfräulichen Aschenbecher des Autos mit meiner Asche entjungferte. "Ich kenne auch ein paar Ärzte, die privat ganz geheim rauchen. Ich war letztes Jahr sogar mit einem behandelnden Arzt zusammen, der darauf bestand, jedes Mal nach dem Sex, eine Cohiba-Zigarre zu rauchen."

Der Regen war ballerte laut und heftig aufs Autodach, als wir die Marina verließen. Lothar erhielt häufig Anweisungen von der weiblichen Navi-Stimme.

Wir waren wieder auf der Autobahn, als der Regen so abrupt aufhörte, wie er begonnen hatte.

"Ich fürchte, ich brauche noch eine davon, bevor wir in Hamburg sind," sagte ich, als ich meine Zigarette im Aschenbecher ausdrückte. "Könnten wir vielleicht an einer Tankstelle halten?"

"Klar," sagte Lothar bereitwillig.

"Es gibt nichts Schöneres, als beim Rauchen Auto zu fahren. Fast nichts. Du solltest es probieren," sagte ich.

"Nein, danke. Aber es würde mich freuen, dir zuzuschauen. Möchtest du fahren?"

"Ja. Gerne. Bevor Miranda geboren wurde, hab ich in unserem alten VW geraucht. Dann wollte ich im Auto nicht rauchen, wenn sie dabei war. Und nach der Scheidung teilten wir uns das Auto. Wer Miranda hatte, hatte auch den VW. So bin ich kaum dazu gekommen am Steuer zu rauchen. Aber im BMW kann ich einfach das Dach runternehmen und rauchen, so viel wie ich will."

"Ich nehme gleich die nächste Abfahrt. Dann kommt gleich eine Tankstelle."

Ein paar Minuten später hielt er an einer Aral-Station an. Ich ging hinein, um Schinken-Käse-Sandwiche, Erfrischungsgetränke und Zigaretten zu kaufen. Ich überließ Lothar, der auf den Beifahrersitz gewechselt war, die Wahl zwischen Cola und, und er entpuppte sich zum Glück als Fanta-Typ. Ich setzte mich auf den Fahrersitz, setzte die Cola-Dose in den Getränkehalter und steckte mir eine Zigarette in den Mund.

Lothar gab mir den Schlüssel.

"Los geht's. Zurück nach Hamburg," sagte ich mit der nicht angezündeten Zigarette zwischen den Lippen und zog meine Zehen aus den Flip-Flops, um barfuß zu fahren.

"Eigentlich...", fing Lothar an.

"Ja?"

Ich schaute ihn an.

"Ich hab überlegt, ob du für den Rest des Tages irgendwelche Pläne hast."

Ich dachte einen Moment nach. Wie war die Frage jetzt gemeint?

"Nicht wirklich. Einfach relaxen und mich fertig machen für einen Arbeitstag, der morgen früh um sieben anfängt," antwortete ich unverbindlich.

"Es ist irgendwie heiß hier drin. Möchtest du baden gehen?"

Ich war klatschnass vom Schweiß, und nachdem ich am Morgen keine Zeit für die Dusche hatte, wollte ich wirklich gerne baden.

"Leider hab ich meinen Bikini zu Hause gelassen."

"Ich kenne einen See etwas südlich von hier, wo man keinen Bikini braucht. Wir könnten dort unsere Sandwiche essen und schwimmen. Es ist wirklich abgelegen, es ist die ehemalige DDR, also mehr oder weniger FKK."

Ich überlegte kurz, ob ich Lust hatte nackt zu baden mit diesem 21-Jährigen, den ich gerade erst kennengelernt hatte, und dem wahrscheinlich bei dem Gedanken an meinen nackten, tätowierten Körper die Hormone aus dem Ruder liefen. Obwohl er ein wenig aufdringlich war und ein auffälliges Interesse für meine Tattoos gezeigt hatte, wirkte er jung, unschuldig und definitiv friedlich. Und sehr gutaussehend, möchte ich hinzufügen.

Lothar redete weiter:

"Es würde mir die Chance geben, mir die Tattoos näher anzuschauen, über die du dauernd erzählst," grinste er.

"Okay. Das hab ich mir wohl selber eingebrockt. Wie fahre ich jetzt?"

Sein Grinsen wurde breiter:

"Es gibt eine Straße nach links, etwa einen Kilometer weiter."

Ich zündete meine Zigarette an und blies Rauch aus dem offenen Fenster. Dann steckte ich den Schlüssel ins Zündschloss und fuhr los.

Eine halbe Stunde später führte mich Lothar über schmale Schotterwege, und wir endeten an einem Sandstreifen an einem idyllischen Seeufer. Wir verließen das Auto, warfen unsere Klamotten auf eine Wiese und rannten ins kühlende Wasser, das sich überraschend nah am Ufer vertiefte.

Wir schwammen ein paar Minuten rum und ließen das Wasser auf unsere überhitzten Körper wirken. Dann verließen wir den See, aßen nackt unsere Sandwiche und ließen uns von der Sonne trocknen. Ich stellte fest, dass wir an diesem reizvollen Ort völlig allein waren.

Lothar studierte die Hamburg-Tattoos auf meinem Rücken und Arsch, während ich auf dem Bauch lag.

"Ich mag deine Tattoos wirklich," sagte er. "Und man kann jeden der vier Beatles deutlich an seinem Gesicht erkennen. Das ist echt gut gemacht."

"Ja, echt," antwortete ich mit ganz viel Sandwich im Mund. "Das Beatles-Tattoo kenne ich ja nur vom Spiegel und von Fotos. Aber es gefällt mir sehr. Ich hab's vor fünf Jahren von einem alten Tätowierer auf der Reeperbahn machen lassen. Er muss jetzt weit über 80 sein. Er behauptete, er hätte die Beatles schon damals in ihren St. Pauli-Tagen gekannt."

"Ja?"

"Vielleicht stimmt das sogar. Aber andererseits: Alle möglichen alten Zuhälter und Barkeeper auf der Reeperbahn behaupten, den Beatles so nahe gestanden zu haben," sagte ich und hielt zwei unzertrennliche Finger hoch.

Ich schluckte den letzten kleinen Bissen vom Sandwich und entfernte mit meiner Zunge schnell die Krümel von meinen Zähnen, bevor ich mir eine Zigarette anzündete.

"Meine Tattoos bedeuten mir viel," sagte ich und pustete Rauch in die warme Luft. "Letztes Jahr hatte ich ein Date mit einem Typen, der sie 'kitschig' nannte. Ich glaube nicht, dass er das positiv meinte, und das Date hat es nicht bis zum Hauptgericht geschafft."

"Kitschig?" sagte Lothar. "Sie sind doch nicht kitschig. Sie sind wunderschön."

"Und dann störte ihn, dass ich dauernd rauchen musste. Ich meine, wer mich näher kennenlernen will, kann meine Kleider oder meine Schuhe kritisieren. Aber nicht meine Tattoos oder mein Rauchen. Wie blöd kann man sein? Also echt! Aber es gibt Leute, die finden traditionelle Matrosen-Tattoos wie meine..., weißt du..., so im altmodischen Reeperbahn-Stil, kitschig. Das ist Geschmackssache. Und ich mag meine Tattoos. Sehr."

"Ich auch. Und dein Rauchen steht dir auch gut."

"Danke!"

Ich nahm einen tiefen Zug aus der Zigarette.

"Wie bist du überhaupt darauf gekommen, dich tätowieren zu lassen?"

"Die beiden hab ich mir machen lassen, als ich noch auf dem Gymnasium war," erklärte ich, strich meine nassen Haare zurück und zeigte auf die Sternchen unter meinem Ohr. "Dann hab ich als Model diese schlechte Erfahrung gemacht..."

Ich stieß eine dichte Rauchwolke aus.

"Was war daran schlimm?"

"Ich glaube, ich fühlte mich... benutzt. Und die Tattoos waren irgendwie eine Möglichkeit, die Kontrolle über meinen Körper zurückzugewinnen. Ich dachte mir, dass ich als Model uninteressant würde, wenn ich viele Tattoos hatte. Später fand mein Mann, mein Ex Andreas, den du gerade kennengelernt hast, die Idee gut und fing an, mir zu meinem Geburtstag und zu Weihnachten Tattoos zu schenken."

"Wann hast du Geburtstag?"

"Am 6. Dezember. Jeden Dezember hab ich also viele Stunden beim Tätowierer verbracht."

"Hast du den Namen deines Ex-Mannes irgendwo eintätowiert?"

Ich lachte:

"Nein. Zum Glück nicht. Aber ich hab Mirandas direkt über meinem Bauchnabel. Und ich hab eine leere Stelle darunter gelassen, falls sie irgendwann eine kleine Schwester oder einen kleinen Bruder bekommt."

"Darf ich sehen?"

"Sicher!" sagte ich und drehte mich auf den Rücken.

"Dann hast du auch die Chance, die kämpfenden Tintenfische in allen Details zu studieren," sagte ich, während ich den Sand von meinen Titten wischte. "Ich muss zugeben, dass sich die Form der Tintenfische durchs Stillen etwas verändert hat. Sie hängen jetzt ein bisschen, ne?"

"Oh. Sie sehen sehr natürlich aus. Sind Tintenfische nicht so? Ich meine sehr weich und..."

"Pass bloß auf, wie du jetzt meine Titten charakterisierst. Du könntest es bereuen."

Ich lachte und inhalierte von meiner Zigarette.

Ich bemerkte, dass sein Schwanz bemerkenswert gewachsen war, nachdem ich mich umgedreht hatte, obwohl er versuchte, ihn beiläufig mit seiner Hand zu verbergen. Anscheinend mochte er meine kämpfenden Tintenfische.

Wir verbrachten fast zwei Stunden am See, in denen ich Lothar über meine Erlebnisse auf Sylt im Jahr 2004 erzählte, wie ich anfing zu rauchen und schließlich die glückliche Besitzerin eines gelben BMW-Cabrios wurde (mehr dazu in der Geschichte "Ein Fotoshooting auf Sylt").

Lothar erzählte mir von seinen Eltern in Stade und seinem Leben zwischen dem vierten und fünften Semester seines Studiums an der Juristischen Fakultät der Uni Hamburg. Später fuhren wir auf kleinen, malerischen Landstraßen zurück in die Stadt, wo wir am Nachmittag ankamen.

"Jetzt schauen wir uns das Rad an, das wir noch wechseln müssen," sagte Lothar, als ich mit einiger Mühe einen Parkplatz für sein Auto fand.

"Das ist wirklich nicht nötig. Du hast mir schon so geholfen."

"Kein Problem. Das mach ich ganz fix."

Nach dem Radwechsel lud ich ihn selbstverständlich auf einen Drink ein. Wir verbrachten den Rest des Nachmittags bei kaltem Prosecco und gesalzenen Erdnüssen in der Sonne auf meinem Balkon mit Blick auf die belebte Straße.

Als die Essenszeit nahte, lud ich Lothar in ein nettes Tapas-Restaurant am Hansaplatz ein. Er war immer noch in seinen Joggingklamotten. Ich zog mich jedoch ins Bad zurück und verbrachte eine halbe Stunde damit, mich zu schminken und ein kurzes grünes Kleid aus meiner Sylter Kollektion auszusuchen. Vorne und hinten hatte es einen sehr tiefen Ausschnitt, der die langen Tentakel und die vielen Hamburger Tattoos zur Schau stellte.

Mit einer disziplinierten Diät von schwarzem Kaffee, vielen Zigaretten und einer gelegentlichen Mahlzeit mit rohem Gemüse hatte ich die letzten sechs Wochen erfolgreich damit verbracht, genug Gewicht zu verlieren, um mich in die Sylt-Kleider aus dem Jahr 2004 hineinzuzwängen, ohne wie ein Elefant auszusehen. Ich schlüpfte in die Stiletto-Sandaletten, in denen ich auf Sylt herumgestöckelt war, zündete mir noch eine Zigarette an und präsentierte meinem Gast die gestylte Sara Cremers.

"Wauw! Das ist ein Model!" kommentierte Lothar vom Balkon.

"Meinetwegen können wir los," sagte ich.

Lothar trank sofort aus und kam auf die Beine. Ich machte die Balkontür zu, und wir gingen auf die Straße, wo es noch warm und schwül war. Als wir durch die Nachbarschaft gingen, griff ich ein paar Mal nach Lothars stützender Hand, um mein Gleichgewicht auf dem unebenen Kopfsteinpflaster nicht zu verlieren. Ich benutze meine eleganten High Heels viel zu selten.

Am Restaurant fanden wir draußen einen netten Tisch und wählten leckere Tapas aus.

Am Nachbartisch saß eine junge, sehr hübsche Frau, die am ganzen Körper tätowiert war. Von ihren sichtbaren Körperteilen waren nur ihre Hände, Kopf und Nacken nicht bedeckt. Sie hatte ihre High Heels ausgezogen und trug ein enges, kurzes Kleid, das eindeutig darauf ausgelegt war, ein Maximum an Haut zu zeigen. Zusammen mit ihrem Mann oder Freund genoss sie nach dem Abendessen Kaffee und Zigaretten. Sie sprachen in einer Fremdsprache.

Ich musste ihr unbedingt Komplimente wegen ihrer Tattoos machen, und so kamen wir ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass Matilde in Kopenhagen als Lehrerin arbeitet und mit ihrem Fotografenfreund Frederik das Wochenende in Hamburg verbrachte.

Lothar und ich bestellten unser Essen, und dann tauschten Matilde und ich uns bei einer weiteren Zigarette über Tattoo-Erfahrungen aus.

Zum Abschied posierten Matilde und ich in der Abendsonne vor Frederiks Nikon, lachten und zeigten unsere Tattoos.

"Vergiss nicht, uns die Bilder zu schicken," sagte Lothar.

"Ich schreibe dir meine E-Mail-Adresse auf," mischte ich mich ein und wunderte mich kurz, dass sie die Fotos an "uns" schicken sollten und nicht an mich, die drauf war.

"Aber nur für den persönlichen Gebrauch, ja?" bat Matilde. "Nicht auf Facebook posten oder so. Ich habe sehr schlechte Erfahrungen mit Bildern von mir, die an den seltsamsten Orten im Internet auftauchen."

"Ich auch, Matilde. Ich verspreche dir, dass die Fotos privat bleiben," antwortete ich und bat den Kellner um Stift und Papier.

Wir hatten nur etwa eine Viertelstunde geredet, aber ich fühlte mich stark mit Matilde verbunden. Trotz Covid-19 mussten wir uns beim Abschied umarmen.

Lothar und ich hatten die leckersten Tapas und noch eine Flasche Wein. Danach fühlte ich mich zu betrunken, um in Stilettos übers Kopfsteinpflaster zu laufen. Also ging ich barfuß, Sandaletten in der einen Hand, Zigarette in der anderen, und hielt Ausschau nach den in unserem Stadtteil unvermeidlichen zerbrochenen Bierflaschen.

"Die kann ich doch tragen," meinte Lothar, nahm meine Stilettos und hielt meine Hand für den Rest des Weges zu meiner Wohnung. Es fühlte sich gut an.

"Ich würde dich gern auf eine Tasse Kaffee einladen," sagte ich, als wir an meiner Tür ankamen. "Aber ich hab morgen Frühschicht..."

"Frühschicht? Klingt ja brutal," sagte Lothar.

"Ist es auch manchmal. Aber meine Zeiten ändern sich dauernd. Am Dienstag muss ich erst um vier Uhr nachmittags am UKE sein."

"In dem Fall würde ich dich gerne morgen Abend in ein Restaurant einladen, Sara. Im Gegenzug für das nette Abendessen, das du gerade bezahlt hast."

Ich überlegte, ob der Junge annahm, dass ein Dinner-Date mit mir zwangsläufig zu nächtlichen Aktivitäten führen würde. Aber innerlich hatte ich das Gefühl, das ich genau das wollte.

Ich nahm einen tiefen Zug von meiner Zigarette. Plötzlich beugte sich Lothar vor, und küsste mich auf den Mund und versuchte ihn mit seiner Zunge zu öffnen. Ich wollte ihm unbedingt einen Gute-Nacht-Kuss geben, aber nicht mit meinem Rauch ersticken, also zog ich meinen Kopf zurück und pustete meinen Rauch von ihm weg.

"Warte eine Sekunde. Lass mich die erstmal loswerden."

Ich warf die halb gerauchte Zigarette auf den Bürgersteig. Als ich sie austreten wollte, fiel mir ein, dass ich barfuß war, und Lothar, ganz der Gentleman, trat sie mit seinem Schuh aus. Ich gab ihm einen langen und leidenschaftlichen Zungenkuss.

"Du schmeckst aber toll," flüsterte er, als sich unsere Lippen nach einer Weile trennten.

"Du stehst auf meinen Raucheratem?"

"Ja. Ich finde deinen Raucheratem ausgesprochen lecker."

"Dann bis morgen!"

"Ich schicke dir eine SMS mit dem Namen des Restaurants. Ist sieben Uhr okay?"

"Perfekt!"

Ich ließ den schönen Jüngling, der theoretisch mein Kind sein könnte, noch einmal meinen rauchigen Zungenkuss schmecken, bevor ich mich umdrehte und die Eingangstür hinter mir schloss.

Montag

Ich verbrachte diesen Montag im UKE damit, an Lothar zu denken und mich darauf zu freuen, ihn wiederzusehen. Meine prickelnde Vorfreude bekam einen heftigen Schub, als er sich gegen zwei Uhr mit einer SMS mit Namen und Adresse eines italienischen Restaurants auf einem Schiff in der Hamburger HafenCity meldete. Als Bestätigung habe ich ein rotes Herz-Emoji zurückgesimst.

Pünktlich um vier verließ ich mit meinem Auto das Krankenhaus und brachte es zu meinem türkischen Mechaniker nach Altona, um den Reifen reparieren zu lassen. Unruhig setzte ich mich mit meinem Handy in den Wartebereich zusammen mit zwei anderen Kunden, die wie ich vorschriftsmäßig Masken trugen.

Ich fing an, die Freundschaftsanfragen auf meinem Facebook durchzugehen, die ich den ganzen Sommer vernachlässigt hatte. Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber ich bekomme immer wieder Anfragen von Männern, die ich überhaupt nicht kenne. Die meisten mit ausländischen Namen.

Ich denke, das Phänomen hat in meinem Fall damit zu tun, dass Hunderte oder gar Tausende von Fotos vom Sylt-Shooting 2004 im Internet kursieren, und dass auch mein Name, Sara Cremers, irgendwie mit den Fotos verbunden ist. Und Männer, die den Anblick genießen, wie die 19-jährige Version von mir in Ganzkörperbemalung und Slip fast nackt auf Sylt rumläuft und ihre ersten Zigaretten raucht, wollen auf Facebook unbedingt meine sogenannten Freunde werden.

Ich weiß, ich könnte Leute, die ich nicht kenne, daran hindern, mir Freundschaftsanfragen zu schicken, aber irgendwie fasziniert mich das Volumen des Phänomens. Ich halte jedoch mein Facebook-Konto fest im Griff und achte darauf, dass alle persönlichen Dinge und privaten Bilder mit einem 'Nur für Freunde'-Symbol gepostet werden. Gelegentlich poste ich Statements zur deutschen Politik oder teile interessante Artikel über den Pflegeberuf. Und diese Dinge poste ich gerne unter dem Globussymbol, das 'öffentlich' bedeutet. Es sei denn, ich bin abgelenkt und vergesse aufzupassen. Dann kann es mal passieren, dass ich aus Versehen ein privates Bild mit der Öffentlichkeit teile.

In einigen dieser Fälle habe ich dann innerhalb weniger Stunden Hunderte von Likes von unbekannten Männern, bevor ich meinen Fehler erkenne und den Status des Posts ändere. Ich habe über 3.600 Follower, fast ausschließlich männlich und wahrscheinlich nicht wegen ihres Interesses an Krankenpflege oder an meinen Ansichten über deutsche Politik.