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Ihr erster Kuss kam nicht von ihm 01

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In einer Hinsicht war sie schon bald neidisch auf Veronika. Die hatte einen Körper, der den Beschreibungen der Mädchen in manchen der Lieblingsromane von Aniela entsprach. Sie brauchte sich nur an einige der indischen Geschichten zu erinnern, wo der britische heroische Offizier als Held der Geschichte eine dralle, irische Tochter mit roten Haaren nicht mehr vergessen konnte, seit er sie nur in Unterwäsche bzw. im Nachthemd oder sogar ganz nackt gesehen hatte.

Aniela konnte sich nach dem Anblick von Veronika beim Streit nur zu gut in diese Geschichten hineinversetzen. Sie war sich sicher, dass Veronika diversen Ärzten aus ihren Romanen schlaflose Nächte bescheren würde. Vielleicht musste sie sich auf Romane aus dem Studium an Yale konzentrieren -- dort wo angehende Ärzte auch Basketball spielten. Solche Typen, die 2 m groß waren und die beim Tanzen einen Kopf größer als Aniela waren.

Aniela wird wütend

Die Stunde der Wahrheit kam, als die Feier nur noch eine Stunde entfernt war. Ich hatte es mich nicht getraut, die Kontaktlinsen schon einmal an der Uni auszuprobieren. Dazu hätte ich ja Aniela bitten müssen, sie mir einzusetzen.

Ich hatte mich inzwischen schon komplett umgezogen und raffte meinen Mut zusammen, um nach dem Einsetzen zu fragen. Ich hatte leider diesen extremen Lidschlussreflex, der es mir unmöglich machte, die selber einzulegen. Irgendwie schaffte es Aniela, mich jedes Mal geschickt abzulenken. Ich rief leise nach ihr.

Aniela kam sofort. Ihr Anblick war bald ein Schock. Sie war noch nicht fertig, sondern erschien ohne Rock und Bluse. Später erklärte sie mir, dass sie Hemmungen gehabt hätte, unter dem Kostüm richtige Unterwäsche zu tragen und deshalb Sportkleidung gewählt hatte.

Sie trug eine schwarze, enge und kurze Sporthose sowie einen ebenfalls schwarzen. elastischen Sport-BH. Ihre muskulösen Beine und Arme waren in voller Länge zu sehen. Sie sah so aus, als ob sie gleich eine Aerobic-Klasse leiten würde. Ich begriff, weshalb sie in Judo so gut war. Sie sah voll durchtrainiert aus.

Trotzdem waren ihre Hände und Finger so etwas von sanft und sensibel, als sie mir vor dem Spiegel die Kontaktlinsen einsetzte. Ich kam mir neben ihr wie ein Tollpatsch vor. Das drückte ich auch so ähnlich aus. Sie lachte nur.

„Wozu habe ich denn Sanitäterin gelernt?"

In der Hinsicht war sie voller Selbstbewusstsein. Was ihre eigene Attraktivität betraf, das besaß sie diese Eigenschaft nicht. Vielleicht kam es durch die ganzen Jahre, wo sie immer nur wegen ihrer Körpergröße gehänselt worden war.

Wenn schon, denn schon. Wir benutzten Lippenstift und Wimperntusche sowie Lidschatten. Etwas was in unseren Familien eher unpopulär war, um es milde auszudrücken. Aber wir waren eben nicht in unserem Dorf, sondern in Vechta. Ein leichter Sommermantel reichte für den kurzen Weg.

Irgendwie hatte ich unwillkürlich erwartet, dass wir krass auffallen würden, aber dies war überhaupt nicht der Fall. Es gab so viele bunte und knallige Kostüme, dass wir eher als unauffällig in dieser Menge erschienen.

Es brauchte bald zwei Stunden, bis wir uns einigermaßen ‚akklimatisiert' hatten. Dann wurden wir auch etwas abenteuerlustiger. Ich begab mich in die Nähe der Bar und ließ mich tatsächlich von einem jungen Mann in einem Clownskostüm, zum Tanzen auffordern.

Aniela diskutierte mit Leuten vom Judo. Sie schwankte in ihrer Laune zwischen amüsiert und dann wieder genervt. Sie mochte die teils bewundernden Blicke für ihre langen Beinen und war dann wieder genervt, wenn jedes Hochrutschen ihres Rockes sofort gewisse neugierige Augen auf sich zog.

Mein Clown bewegte sich tanzend in eine Ecke des Raumes. Er winkte zu zwei Kumpeln von ihm herüber. Die hatten schon ziemlich getankt, wie es an ihrem unsicheren Gang sichtbar wurde. Sie kamen herüber. Der größere von beiden war so eine Art Hüne. Er grinste in einer unangenehmen Weise:

„Aber holla, die, die Kleine hat ja'n Prachtarsch! Und die Oberweite ist auch... ob die wohl echt ist?"

Die Sprüche fand ich gar nicht gut und ich blickte meinen Tanzpartner vorwurfsvoll an, denn es war ja sein Kumpel. Aber er sagte nichts, auch nicht, als beide den Verschluss von meinem Overall öffnen wollten. Ich schlug dem einen auf seine Finger, aber sein kräftiger Begleiter packte meine Hände und hielt sie fest. Sie drängten mich tiefer in den dunklen Gang. Ich wurde panisch und schrie laut:

„Was soll das? Lass' mich sofort los!!"

Die beiden Besoffenen höhnten mich nur mit einem hämischen Lachen aus: „Die glaubt wohl, sie wäre ..."

In dem Moment erklang die Stimme von Aniela ganz in der Nähe:

„Ihr habt sie gehört. Loslassen, sofort oder...!"

Der Lulatsch drehte sich langsam um zu ihr hin und musterte sie erst überrascht, dann wütend:

„Wer denkse denn wer de bist, du blöde Tusse? Willste gegen uns drei..."

Er hatte seinen Satz noch nicht beendet, da lag er schon auf dem Rücken und japste nach Luft. Mein blöder Tanzpartner reagierte sauer auf diese Aktion und holte mit seiner rechten Faust aus, um Aniela ins Gesicht zu schlagen. Aber er fand dann nur seinen Ellbogen auf seinem Rücken und wurde von Aniela auf die Knie gebracht. Jetzt wurde der dritte im Bunde unsicher. Er blickte von seinen Kumpels zu Aniela und wieder zurück, während seine Hand schon in meinem zerrissenen Blusenausschnitt steckte. Ich trat ihm wütend auf den Fuß, während Aniela kurz danach seinen Arm brutal umdrehte. Er jaulte auf und alle drei machten sich eilig aus dem Staub.

Angelas Rock hatte auch einen Riss. Wir sahen beide mitgenommen aus. Aniela nahm meine linke Hand und strebte wortlos zur Garderobe. Sie bedeckte meinen Oberkörper mit meinem Mantel, schnappte sich ihren und winkte eine Taxe heran. Schnell waren wir in der Wohnung zurück. Erst da bedankte ich mich so richtig bei Aniela. Sie winkte nur ab und sagte, es sei selbstverständlich.

Das fand ich nun gar nicht. Dass sie sich gegen drei junge Männer so locker durchgesetzt hatte, das konnte ich nur bewundern. Ohne sie hätte es sicherlich anders geendet. Die zerrissene Bluse war da noch zu verschmerzen. Ich zog sie einfach aus und warf sie in die Mülltonne. Ich brauchte sie bestimmt nicht als Erinnerungsstück. Ich zitterte am ganzen Leib. Aniela nahm mich kurz in die Arme, um dann mit Bestimmtheit zu sagen:

„Du brauchst jetzt etwas Starkes -- und etwas, was Dich von dem Erlebnis ablenkt. Zieh Dich normal an -- wir gehen in die nächste Kneipe an der Ecke!"

Da gab es keine Widerrede, weil mir diese Idee willkommen war. Ich konnte jetzt nicht allein im Zimmer sitzen oder schlafen gehen - also rein in Rock und Bluse. Ich war ähnlich schnell fertig wie Aniela. Sie hatte sich wieder in ihre normale Jeans geworfen samt ihrem Sweater.

Kaum waren wir in der Eckkneipe angekommen, da bestellte sie zwei Weinbrände - einen für mich und einen für sie selbst. Ich musste mich schütteln, aber es wärmte mich durch und durch. Dann bestellte sie sofort danach einen Sekt für mich und ein Becks Bier für sich selber. Ich war erstaunt. Sie trank Bier?

Wir sahen uns in der Kneipe um. Es war nicht viel los. Es gab einen Stammtisch mit älteren Herren sowie eine Gruppe von Jugendlichen, die vom Sportverein kamen, wenn man nach den Trainingsanzügen und Trikots urteilte.

Inzwischen war ihr Fassbier gezapft und serviert. Sie stieß mit meinem Sektglas an und prostete mir zu. Ihr Blick fiel in die unbelebte Ecke, wo eine Musikbox vor sich hin leuchtete. Sie holte ein Portemonnaie aus der Hosentasche mit Geldstücken und sagte locker:

„Komm, lass' uns tanzen. Wir machen unseren eigenen Fasching!"

Ich war verblüfft, aber inzwischen war ich auch schon leicht beschwipst. Also, warum nicht? Aniela überraschte mich mit ihrer Musikwahl. Es war zwar Rockmusik, aber gespielt von einem Symphonieorchester. Damit konnte ich durchaus leben.

Etwas anderes überraschte mich auch. Aniela hatte mich einfach in die klassische Tanzhaltung genommen und hatte auch die Führung im Paar übernommen. Es war etwas ungewohnt, aber es war angenehmer als gedacht. Ich fühlte mich eigenartig geborgen.

Aniela erneuerte die Bestellung. Sie sprach es nicht aus, aber es war sichtlich ihre Absicht, den unangenehmen Vorfall in den Hintergrund treten zu lassen. Sie begann dann eine wilde Mischung aus Titeln in der Musikbox zu wählen. Mitunter tanzten wir dazu, mitunter redeten wir nur. Als die Gläser leer waren, ging es in die Wohnung zurück. Ich war nun echt angezwitschert.

Vor unserer Haustür war Aniela wild am Suchen nach dem Schlüssel, während ich kicherte, als dann auch noch das Licht im Flur ausging. Sie war irritiert und grummelte etwas von ‚Frechdachs!', als sie mir im Dunkel versuchte einen Klaps auf den Po zu geben, der aber mehr auf der Hüfte landete. Irgendwie löste das einen Impuls in mir aus. Plötzlich wurde mir bewusst, was sie für mich riskiert hatte und wie sie auch jetzt diejenige war, die die Haustür öffnen wollte. Spontan schlang ich ihr meine Arme um den Hals, wisperte ‚Danke!' und küsste sie auf ihre Wange, dachte ich. Mein Kuss landete aber direkt auf ihren warmen Lippen. Sie versteigte sich etwas, aber entspannte sich dann, als ich noch einmal ‚Danke' sagte. Ihre Lippen zeigten noch den bitteren Geschmack des Bieres.

Nach der Feier

Aniela war am nächsten Morgen neugierig, ob Veronika etwas wegen gestern sagen würde. Die hielt sich jedoch sehr zurück. Kein Wort verlor sie über den vergangenen Tag. Aniela beschloss dann, alles was an dem Tag passiert war, nicht zu erwähnen. Sie gab auch die beiden geliehenen Kostüme ab.

In anderer Hinsicht fühlte sie sich jedoch bestätigt. Veronika würde eine Menge Sex-Appeal besitzen, wenn sie nur wollte. Leider hatten die Ereignisse jedoch auch bestätigt, dass manche jungen Männer Vollidioten waren. Schön, Karneval war von Haus aus erotisch aufgeladen, aber er war kein Freibrief für Aggression und Gewalt. Es wäre schade, wenn Veronika sich jetzt noch mehr auf ihren bisherigen Kleidungsgeschmack zurückziehen würde. Aniela hatte aber kein Mandat, um Veronika dazu zu ermuntern. Immerhin hatte sie auch etwas für sich selbst gelernt. Ihre langen Beine waren durchaus sehenswert, damit hatte ihre Wohnungsgenossin Recht gehabt.

Aniela erinnerte sich daran, wie selbst Veronika mitunter geschaut hatte, wenn Angelas Rock hochgerutscht. Es war gut für das Selbstbewusstsein. Sie war also nicht nur die ‚Dampfwalze'. In anderer Hinsicht hatte sie auch wieder gemerkt, dass ihre Körpergröße manche Jungen davon abgehalten hatte, sie zum Tanzen aufzufordern.

Richtig im Paar getanzt hatte sie eigentlich nur mit Veronika, so komisch sich das auch in ihren Ohren anhörte. Auf der Feier hatte sie nur einmal frei getanzt mit einem aus der Basketball-AG. Immerhin hatte der sie nicht so angesehen, als ob er jeden Moment sagen wollte, dass sie Quadratlatschen trug.

Sie würde diesen Samstag dazu benutzen, sich eine neue Hose anzuschaffen. Etwas mehr Mode wäre nicht verkehrt. Im Geschäft schwankte sie dann zwischen einer weniger engen, schwarzen Jeans und einer roten, engen Cordhose. Rot und eng wirkte weiblicher, betonte aber auch ihre Oberschenkel mehr als ihr lieb war. Die schwarze Jeans wirkte weniger weiblich mit dem Reißverschluss vorn und dem breiten Ledergürtel, aber sie machte ihre Beine optisch schlanker. Sie wählte schwarz.

Wenn sie schon dabei war, dann konnte auch ein neues Oberteil nicht schaden. Es musste ja nicht so eine Bluse wie von dem Stewardessen-Kostüm sein, aber eine Bluse wäre doch nicht schlecht. Das erwies sich als weniger einfach. Sie hatte es nicht so mit den Spitzenverzierungen vieler Blusen und auch nicht so mit den Ausschnitten der Blusen, die für eine üppige Oberweite gedacht waren. Bei ihrer Kragenweite war die Auswahl relativ begrenzt. Schließlich entschied sie sich für eine blickdichte Baumwollbluse im Caro-Look mit zwei Brusttaschen. Das hatte den Vorteil, dass sie sich sogar einen Büstenhalter ersparen konnte, wenn ihr danach war.

Sie hatte es nicht so mit BHs, weil sie es bis auf den Sport nicht nötig hatte. Und selbst beim Sport betraf es nur das Laufen und Hüpfen, wo sie einen Vorteil sah. Im normalen Alltag waren die elastischen Bänder, die in die Haut einschnitten, eher von Nachteil als von Vorteil.

Sie freute sich, als Veronika ihre neue Garderobe sofort bemerkte und positiv kommentierte. Aniela überlegte sich dabei, ob sie vorschlagen sollte, ob auch Veronika etwas anderes anziehen sollte, aber fand es dann zu persönlich.

In der Hinsicht war sie später zufrieden, als Veronika den Spaziergang nach dem Essen als eine Art Sonntagsspaziergang in entsprechender Kleidung interpretierte. Sie trug ein hellgrünes Kleid mit Spitzenbesatz und eine passende Jacke, ein reizendes dunkelgrünes, durchsichtiges Kopftuch und elegante Schuhe mit Absatz.

Anfang Wochenende

Der Morgen war etwas peinlich gewesen. Ich hatte regelrecht Angst, dass Aniela mich auf den Kuss gestern Abend ansprechen würde. Ein Wangenkuss wäre überhaupt kein Thema gewesen, aber meine Lippen waren voll und direkt auf ihren gewesen. In meiner Familie wurden homosexuelle Männer als eine Todsünde betrachtet, aber homosexuelle Frauen rangierten nicht weit dahinter. Vermutlich war es bei Aniela nicht anders und sie hatte meine spontane Reaktion hoffentlich nur auf den Alkohol geschoben. Was es ja auch war, redete ich mir ein. Nur war da im Hinterkopf bei mir ein nagender Zweifel, weil mir das Gefühl dabei gut gefallen hatte.

Nach dem Frühstück machte ich erst einmal einen Spaziergang an frischer Luft, weil ich das Gefühl hatte, dass ich es brauchte. Danach setzte ich eine Runde Lernen an, bevor ich das Mittagessen vorbereitete. Es sollte Spaghetti mit Sugo geben. Die Vorbereitung der Tomatensauce war einfach. Aniela kam rechtzeitig aus der Innenstadt zurück. Sie hatte eingekauft, das sah ich sofort.

„Das ist ja eine echte Abwechselung, Aniela. Du siehst richtig modern und sportlich aus. Die schwarzen Jeans machen echt was her!"

Sie freute sich sichtlich über mein Kompliment. In meinen Augen sah sie auch gut aus. Meine Brüder hätten es als zu wenig weiblich angesehen, aber wozu waren wir in der Stadt?

Sie mochte die Spaghetti richtig gern, das sah man. Über dieses unausgesprochene Kompliment freute ich mich wiederum. Die in der Luft liegende Spannung vom Morgen begann sich langsam aufzulösen. Es fühlte sich wieder normaler an. N ach dem Essen lehnte sich Aniela zurück und streckte sich genüsslich.

„Nach dem Essen sollst Du ruhen oder tausend Schritte tun. Kommst Du mit auf einen flotten Spaziergang, Veronika?"

Das hatte ich zwar nicht erwartet, aber die Idee fand ich nicht schlecht. So ging es rasch los. Um diese Zeit war die Luft auch angenehm war. Ich war bereit für mehr Frischluft. Aniela schlug eine Tour durch das anliegende Wäldchen vor. Ich hatte nichts dagegen. Ich zog mich hübsch an. Sie hatte sich nur eine leichte Windjacke übergezogen.

Ich erkundigte mich nach ihren Kenntnissen und Fortschritten, was die Arbeit als Sanitäterin betraf. Das war ein Thema, was ihr sehr lag. Sie war sonst nicht sehr redselig, aber jetzt war sie bald wie ein Wasserfall dabei. Sie wies mich auch auf Pflanzen im Wald hin, die medizinische Wirkungen hatte. Ich war beeindruckt, als sie in einen kleineren Weg einschwenkte und dort auf Pflanzen deutete. Brennnessel und Waldmeister stellte sie heraus. Waldmeister hätte ich nicht erkannt. Als der Pfad an einer Stelle enger wurde, nahm sie meine linke Hand und ging voraus. Als der Weg wieder breiter wurde, ließ sie aber meine Hand nicht los.

Für einen Moment war ich versucht, meine Hand zu lösen, weil wir eigentlich nicht so enge Freundinnen waren, die so etwas machten. Dann dachte ich jedoch daran, wie sie mich beschützt hatte. Das war sogar ein Merkmal von tiefer Freundschaft. Ich ließ meine Hand in ihrer und fasste sie sogar etwas fester. Sie lächelte mich an. Es freute mich. Sie lachte auf einmal etwas übermütig, als sie auf die kleine Überquerung des Bächleins mit einem schmalen Brett deutete.

„Na, wie wär's mit einem kleinen Abenteuer? Die Überquerung eines reißenden Stromes?"

Sie war sofort auf dem Brett, als ich nickte. Ich ließ ihre Hand los, weil ich bei dem schmalen Brett doch etwas ängstlich war. Ich war nicht so sportlich wie sie und meine Schuhe hatten Absätze. Sie war auf der anderen Seite und setzte ihr rechte, kräftiges Bein auf das Brett. Sie wirkte wie ein sicherer Anker. Ich ließ ihre rechte Hand meine linke ergreifen, während ich meinen rechten Arm zum Balancieren nutzte. Ich setzte meine Füße vorsichtig auf das schmale Brett in Tippelschritten.

Sobald ich in der Mitte war, zog sie mich mit ihrer Hand kräftig hinüber. Ich landete in ihren Armen, als sie sich herübergebeugt hatte. Etwas blitzte in ihren Augen auf, als sie in der Situation die Nähe meines Gesichtes spontan nutzte, um mir einen kräftigen Kuss auf die Lippen zu drücken und sich dann schnell zurückzuziehen. Sie murmelte etwas:

„Das muss ich einfach wissen..."

Ich fragte nicht nach. Intuitiv wusste ich, dass ich in diesem Moment an einem Scheideweg im Leben stand. Ich musste mich rasch entscheiden -- und das tat ich auch. Ich nahm meine Brille ab, stellte mich auf die Zehenspitzen und bot ihr meine Lippen an, während mein Herz schneller klopfte. So konnte ich ihre hellbraunen Augen mit den goldgelben Fleckchen scharf und klar sehen.

Sie tat es wirklich. Sie küsste mich hart und ich öffnete meine Lippen, als ich ihr meine Arme um den Hals legte. Es war eine instinktive Reaktion. Ich hatte noch nie jemanden richtig geküsst. Es war soweit. Nach einem Moment drang auch ihre Zunge vor. Ich schloss die Augen, als sie mich fester in ihre Arme nahm. Es fühlte sich unglaublich gut an!

Ich öffnete erst wieder meine Augen, als sie ihre Lippen langsam löste und mich beinahe ungläubig anschaute:

„Vroni, erlebe ich dies gerade wirklich? Oder ist das nur ein seltsamer Traum?"

Mir war klar, dass es rein rhetorische Fragen waren. Sie wollte etwas ganz anderes wissen. Sie wollte wissen, ob sie mich nur überrumpelt hatte oder ob ich es guthieß. Eine nicht ganz so einfache Frage, weil ich nicht darauf vorbereitet war. Es war einfach -- und auch schwer. Den einfachen Teil konnte ich schnell und praktisch wortlos beantworten:

„Es ist wie ein schöner Traum, meine Beschützerin!"

Dann küsste ich ihr linkes Ohrläppchen spielerisch und flüsterte leise in ihr Ohr:

„Ich möchte noch mehr, aber unsere Familien dürfen davon nichts wissen..."

Sie hob mich einfach hoch und meine Füße berührten den Boden nicht mehr, als sie mich erneut hart küsste. Die Leidenschaft, die aus ihrem Kuss sprach, ließ keinen Zweifel daran, dass auch sie mehr wollte. Sie nickte aber auch später.

„Ja, es muss ein Geheimnis sein, eins für uns beide, Vroni!"

Ich mochte es, dass sie mich Vroni nannte. Es klang so schön exotisch und anders.

Geheimnis

Aniela hatte auf einmal etwas, was sie nie zuvor erlebt hatte. Sie hatte ein Geheimnis, das sie mit einer engen Vertrauten teilte. Eigentlich war es noch mehr, denn Veronika war ihre intime Freundin. Eine Busenfreundin, die sie küsste. Aniela konnte es kaum fassen.

In Gedanken hatte sie so einfach den Term Busenfreundin benutzt. Plötzlich kam in ihr der Gedanke hoch, dass sie noch nie die entblößten Busen von Veronika gesehen hatte. Und dieser Gedanke machte sie heiß! Etwas schämte sie sich dafür, aber das Schuldgefühl war nicht sehr ausgeprägt.

Immerhin hatte sie sich im Büstenhalter vor ihrer Freundin gezeigt, allerdings war das noch bevor sie sie als Freundin betrachtete. Abrupt kam ein quirliges, putzlebendiges Freudengefühl in ihr hoch. Sie war auf einmal nicht mehr allein -- nicht mehr die einsame Außenseiterin, sondern sie hatte jemanden, mit dem sie ihre Erlebnisse und Gefühle offen teilen konnte. Es war berauschend!

Dazu kam noch, dass sie sich bloß daran erinnern musste, wie Veronika in dem Overall ausgesehen hatte. Die war einfach so etwas von sexy, dass Ani es kaum fassen konnte. Natürlich stand ihr noch das Denkverbot von ihrem Vater und ihrer Oma im Hinterkopf, aber warum hatte sie Medizin studieren wollen gegen den Willen von den beiden? Sie hatte eben nicht dieselben Einstellungen wie die beiden, die in Polen groß geworden waren.