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Im wilden Osten

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Ein großer Tag war die Ankunft unserer Möbel. Hans hatte mit der türkischen Firma das Nötige geregelt und auch das Einpacken überwacht, und eines Tages wurden wir telephonisch benachrichtigt, um fünf Uhr nachmittags würde das Auto mit unseren Möbeln kommen. Waldemar machte sich früher vom Büro frei -- und kam mit dem Möbelwagen zusammen an. Er erzählte, er habe kurz vor unserem Haus einen Hamburger leicht vergammelten LKW gesehen, den richtigen Riecher gehabt und den darin sitzenden Fahrer angesprochen. Es stellte sich heraus, daß es unser Möbelwagen war, aber der Fahrer sagte in sehr gebrochenem Deutsch, es sei an der Grenze ungewöhnlich schnell gegangen, und wenn er um fünf Uhr angesagt sei, könne er doch nicht schon um vier kommen, dann hielten die Leute doch Mittagsschlaf.

Wir luden mit vereinten Kräften die Möbel ab und trugen das Cembalo, für das mir Hans bei dieser Gelegenheit eine passende Transportkiste geschenkt hatte, ins obere Stockwerk in unsere Wohnung. Dann fragten die Türken, ob wir wüßten, wo hier in der Gegend der türkische Truckerhof sei. Nichts da, die rumänische Gastfreundschaft hatte die Leute in unserem Hof schon angesteckt, wir fuhren unsere Autos auf die fast nie befahrene Straße, und der Möbelwagen paßte zentimetergenau in den Hof. In einen wenig benutzten Raum wurden drei Matratzen getragen, und die drei Türken hatten ein einfaches, aber kostenloses Nachtlager. Mit Abendessen und reichlichem Frühstück wurden sie natürlich auch versorgt, und Jakob lotste sie am Morgen zur Ausfallstraße nach Râmnicu Vâlcea.

Es vergingen die letzten Ferienwochen, Waldemar begab sich schon vor seinem offiziellen Dienstantritt fast jeden Tag auf die Baustelle. Bei Seminaren in der Evangelischen Akademie, bei Vorträgen und Konzerten lernten wir schon viele der Honoratioren der Stadt kennen. Wir machten Ausflüge und Wanderungen, bei denen wir des öfteren fast von den Schäferhunden aufgefressen worden wären, die ihre in weiter Ferne sichtbaren Herden oder ihr Revier verteidigen zu müssen glaubten. Waldemar meinte, wir müßten uns unbedingt Tränengaspistolen zulegen, es gebe aber auch modernere Geräte, um die Hunde abzuwehren.

Eines Montags berichtete Waldemar aufgekratzt am Abend, Hiltrun und Rodica seien aus dem Urlaub zurückgekommen.

"Und wie sind die beiden?"

"Sehr nett und freundlich. Hiltrun ist um die fünfzig, pummelig, Sächsin und mit einem Rumänen verheiratet, wie sie mir gleich sagte. Rodica ist Anfang dreißig, groß und superschlank, blond; ob sie verheiratet ist, weiß ich nicht. Ich hab den Eindruck, sie spricht besser Deutsch als Hiltrun."

"Duzt ihr euch schon?"

"Auf der Baustelle duzen sich alle, wir Männer sowieso vom ersten Tag an, und die beiden Grazien fingen mit ,Herr Schröder` an, dann mit ,Herr Waldemar`, und dann hab ich gesagt, sie sollen mich ,Waldemar` nennen wie die anderen Ingenieure auch."

Am Dienstag lobte Waldemar in höchsten Tönen die Kompetenz seiner beiden "Grazien", und am Freitag erledigte Hiltrun, obwohl gar nicht zuständig, für mich die Zollformalitäten für ein Paket mit einem Klassensatz griechischer Lehrbücher, die mir die Hamburger Schulbehörde immerhin bewilligt und nach Hermannstadt geschickt hatte.

Zum Abholen begab auch ich mich wieder einmal auf Waldemars Baustelle und lernte dabei die beiden Damen kennen. Waldemars Beschreibung paßte haargenau, die Freundlichkeit der beiden Hübschen war umwerfend, was mir aber Waldemar verschwiegen hatte: Rodica gefiel sich in einem Super-Mini, der ihre Schenkel auch im Stehen und Gehen kaum zur Hälfte bedeckte. Die Haut ihrer Beine zeugte von zu reichlichem Sonnenbaden. Natürlich sahen sich alle Männer auf der Baustelle alle zehn Sekunden nach ihr um, andererseits war diese Kleidermode an warmen Sommertagen im Hermannstädter Stadtbild bei Damen bis über fünfzig durchaus nichts Ungewöhnliches, und so gefiel sich auch Hiltrun in einem recht kurzen Rock, der ihre stämmigen Knie nicht bedeckte.

Im Bürocontainer bat mich Hiltrun um die Begleichung der Gebühr, die beim Abholen des Pakets beim Zoll fällig war -- damit ich nicht glaube, sie wolle sich diesen Betrag erschleichen, zeigte sie mir die Quittung --, und Rodica bot mir freimütig von dem Kuchen an, den sie an diesem Tag für die Kollegen mitgebracht hatte.

Beim Abendessen mußte ich Waldemar doch fragen:

"Sag mal, läuft die Rodica immer so rum?"

"Wie sie sonst ,rumläuft`, weiß ich nicht. Am Montag reichte ihr Rock noch übers Knie, aber ab Dienstag hat sie solche kurzen Röcke an."

"Hat das was mit dir zu tun?"

"Weiß ich nicht. Glaub ich auch nicht. Man sagt -- unter uns Männern erzählt man sich in der Mittagspause ja so manches --, sie soll einen Freund haben. Verheiratet ist sie nicht, das hab ich inzwischen erfahren."

Mein Einstieg im Gymnasium -- hier "Lyzeum" genannt -- war erst eine Woche später. Der Direktor hatte die Lehrer zwei Tage vor Unterrichtsbeginn zu einer Vorbesprechung des Schuljahres gebeten, und ich ging mit ziemlichem Herzklopfen zu diesem Treffen. Ich war es ja seit meiner Ernennung zur Studienrätin, also seit achtzehn Jahren, nicht mehr gewohnt, in ein neues Kollegium einzutreten. Wie haben wir immer Witze gemacht: "Ich bin die Neue. Ich soll hier singen." Nun war ich in dieser unschönen Lage.

Aber es verlief alles ohne Komplikationen. Der Direktor stellte mich vor, er stellte auch einen weiteren Austauschlehrer vor, der neu war, die Kollegen stellten sich vor, die meisten nuschelten ihren Namen, die mußte ich später noch einmal nach ihrem Namen fragen, zwei hatten immerhin Visitenkarten; ich hatte meine, die ich mir schon hatte machen lassen, wieder einmal zu Hause vergessen. In diesem Schuljahr waren außer mir noch drei Austauschlehrer aus Deutschland und eine Lehrerin aus Österreich an der Schule tätig.

Einer dieser Lehrer aus Deutschland, der sich immerhin deutlich als Matthias Westphal "mit ph" vorgestellt hatte, aber mir wegen seiner nach längst vergangener Mode glatt zurückgekämmten und mit Brisk angeklatschten Haaren unangenehm aufgefallen war, fing mich nach der Besprechung ab, lud mich in ein Café ein, um mir, wie er sagte, einige Tips zum Leben in Hermannstadt und an der Schule zu geben. Er war schon seit einem Jahr hier tätig. Auf dem Weg zum Café machte er mir auch noch leicht schleimige Komplimente wegen meiner Jugendlichkeit und Lebensfreude. In der Tat hatte ich, als ich mich dem Kollegium vorstellte, vor Aufregung eine wohl recht aufgekratzte Stimme, die Herr Westphal -- wohl nicht ganz zu Unrecht -- als Jugendlichkeit und Lebensfreude interpretiert hatte.

Im Café dann aber gab er mir wirklich viele nützliche Tips. Da ich es von Deutschland nicht mehr kannte, daß man sich unter jüngeren Kollegen siezt -- Herr Westphal mochte Anfang bis Mitte dreißig sein --, fragte ich ihn:

"Sagen Sie, ist es hier im Kollegium nicht üblich, sich zu duzen?"

"Wie gut, daß Sie das sagen! Nein, hier ist alles noch sehr steif, aber wenn ich vorschlagen darf -- aber Sie sind doch ein Teil älter --"

"Schlagen Sie nur vor!"

"-- daß wir uns duzen; aber entschuldigen Sie bitte meine Unverschämtheit."

"Ganz einverstanden. Ich heiße, wie du gehört hast, Kerstin." Die "Melanie" erlaubte ich ihm noch nicht. Von dem Namen wußte auf der Schule noch niemand.

"Und ich heiße Matthias."

Wir stießen dann noch mit einam Glas Cognac auf das Du an, und -- um es vorwegzunehmen -- in den folgenden Wochen gelang es uns, im Kollegium das Du durchzusetzen, erst, ohne große Schwierigkeiten, unter den Gastlehrern, dann unter den deutschen Lehrern aus Rumänien, zuletzt auch unter den rumänischen Kollegen.

Wie es der Zufall so will, traf ich diesen Matthias am nächsten Tag beim Einkaufsbummel auf der Straße in Begleitung seiner Frau. Sie war ein unfreundliches dickes Trampel, die auch zur Begrüßung kaum den Mund aufmachte. Als sie merkte, daß wir uns mit Matthias duzten, sah sie überhaupt nur noch indigniert in eine andere Richtung.

Matthias war ein lieber, etwas linkischer Junge, der sich mir im Kollegium aber immer mehr anschloß und in allmählich auffälliger Weise immer meine Nähe suchte.

In den folgenden Wochen spielte sich unser Berufsalltag ein. Wir erzählten uns abends von unseren Erlebnissen, ich von den Fortschritten beim Duzen, Waldemar von den Erfolgen, aber auch Rückschlägen auf der Baustelle, und es fiel mir auf, daß in seinen Erzählungen immer häufiger der Name Hiltruns und immer weniger derjenige Rodicas austauchte. Ich dachte mir nichts dabei, denn wie es ja unter Kollegen so ist: Mit dem einen hat man mehr, mit dem anderen weniger zu tun, und wahrscheinlich hatte Waldemar, der immer besser Rumänisch sprach, nur noch wenig Bedarf einer Übersetzerin.

Dann im Spätherbst passierte, was irgendwann einmal passieren mußte. Wir lagen nach einem unserer häufigen Liebesspiele eng umschlungen nebeneinander, als Waldemar anfing:

"Du, Melanie, ich muß dir was beichten."

"Du hast was mit Rodica."

"Nein! Aber wie kommst du da drauf?"

"Weil du Rodica in der letzten Zeit immer seltener erwähnst, immer nur Hiltrun."

"An deinem scharf-logischen Denken ist auch ein Mathematik-Nobelpreisträger verlorengegangen."

"Gibt es überhaupt einen Mathematik-Nobelpreis?"

"Ich glaube nicht; ich glaub, die haben einen anderen entsprechenden Preis. -- Aber --"

"Aber was nun? Sag's mir, ich bin für alles offen."

"Wirklich für alles?"

"Na ja, für neunundneunzig Komma neun Prozent von ,alles`. Du hoffentlich auch. Aber was nun? Es geht um Frauen, das spür ich doch."

"Ja, und es geht wirklich um Rodica. Du hast sie ja kennengelernt. Sie war von Anfang an besonders freundlich zu mir, aber erst mit der Zeit ist mir klargeworden, daß sie mich verführen will."

"Und du willst dich von ihr verführen lassen."

"Ja, das würde ich gern. Wir hatten ja mal gesagt, nie wieder das Prickeln einer neuen Beziehung --"

"Beziehung?"

"Ich will gar keine Beziehung mit ihr, denk das bitte nicht, aber ich bin wirklich neugierig, wie so eine junge Rumänin das anstellen wird. Hier geht es natürlich nicht, und ich weiß inzwischen -- das wissen alle auf der Baustelle --, daß sie mit ihrer Mutter in einer winzigen Blockwohnung wohnt."

"Vielleicht erwartet sie, daß du eine Suite im Hotel nimmst."

"Bestimmt nicht. Ich weiß ja auch gar nicht, welche Hotels für so was in Frage kommen."

"Da wird sich schon was finden. -- Also gut, wir hatten das ja mal besprochen. Und wirklich nur einmal -- keine Beziehung, hörst du? - Und noch unter einer weiteren Bedingung."

"Und die wäre?"

"Ich hab auch so einen Fall --"

"Wie -- du auch?"

"Wir sind wohl auch in der Beziehung ähnlich und passen gut zusammen. -- Ich hab dir doch von meinem Kollegen Matthias erzählt --"

"Der mit den Schmalzhaaren --"

"Genau der -- inzwischen macht er sich die Haare normaler -- der schließt sich mir immer mehr an, sucht immer meine Nähe, setzt sich im Lehrerzimmer, wenn es irgend geht, immer neben mich und hat offenbar eine große Begierde nach mir. Er hat eine fürchterliche Frau, mit der ich ihn mal auf der Straße getroffen hab, dick allein würde ja gehen, aber dick und muffig -- na ja, ich würde auch bei dem gern mal sehen, wie er das macht, mich rumzukriegen, hier geht es natürlich nicht, aber er ließ vor kurzem mal durchblicken, seine holdes Weib würde demnächst vor dem kalten Winter hier zu ihrer Mutter nach Deutschland flüchten."

"Dann hat Matthias eine sturmfreie Bude und kann dich da ungestört vernaschen."

"Vernaschen -- was für Ausdrücke! Aber du hast ja recht, du willst ja auch deine Rodica vernaschen. Es sind ja wirklich nur Bonbons in unserem langweiligen Ehealltag."

"Von wegen langweilig", sagte Waldemar erleichtert, bäumte auf, und da das Gespräch über dieses Thema seine Lebens- und Liebesgeister wieder mächtig angeregt hatten, konnte er mich nach Strich und Faden, nach Stoß und Stich bearbeiten.

"Ich -- weiß -- doch --", keuchte er zwischen den letzten Stößen, "wer -- meine -- richtige -- Frau --"

Zum letzten Wort kam er nicht mehr, sondern fiel ermattet auf mich.

So schliefen wir ein, und so fand uns der nächste Morgen. Als wir aufgewacht waren, uns unserer Lage bewußt wurden und uns das gestern-abendliche Gespräch einfiel, lachten wir uns an, und Waldemar sagte:

"Wir sind schon Marken, verabreden, wie wir mit anderen Partnern fremdgehen, sind aber so teuflisch, daß wir sie nur einmal ranlassen wollen --"

"Wir sind eben noch neugierig auf dem Gebiet!"

"Und das ist doch ein Zeichen von Gesundheit!"

"Von strotzender Gesundheit! -- So, ich geh jetzt ins Badezimmer, du kannst machen, was du willst. Vielleicht rasierst du dich unten rum, vielleicht erwartet die elegante Dame einen unten modisch frisierten Herrn -- oder mach das Frühstück."

Bei demselben beichtete ich Waldemar noch etwas:

"Übrigens hat Matthias schon einmal meinen Busen begrapscht."

"Der Frechling!"

"Er sagte, ich hätte da ein Haar. Das hatte ich wirklich. Aber er hat dann doch länger als unbedingt nötig am Pullover über meinem Vorbau rumgeknuddelt."

Ehrlich gesagt: Die Idee, mir Matthias ein- und nur einmal zur Brust zu nehmen, hatte ich erst während des Gesprächs mit Waldemar. Bis dahin war mir eigentlich klar, daß ich ihn abwimmeln würde, wenn er mal mit einem solchen Ansinnen herauskäme. Aber das Prickeln einer neuen Beziehung, wenn auch einer kurzen --

Ab jetzt lächelte ich Matthias betont freundlich zu, wenn er sich neben mich setzte und streichelte auch mal seine Hand, wenn er sich als Choleriker wieder einmal über eine katastrophal schlechte Arbeit seiner Schüler todärgerte. Aber es ergab sich kein näheres Kennenlernen, auch nicht bei den Nach-Schul-Kaffees, zu denen er mich mindestens einmal pro Woche einlud und für die ich mich ebenso revanchierte.

Dafür schien Waldemar in der Woche nach unserem Gespräch am Ziel seiner Wünsche zu sein. Er sagte eines Abends strahlend, für den kommenden Tag habe ihn Rodica zum five-o'cklock tea eingeladen.

"Na, dann üb mal schön, oder halt dich nachts zurück, um Kräfte zu sparen. Und geh nochmal zum Friseur -- ich meine zum richtigen -- deine Haare sind seit dem Friseur vor zwei Monaten schon ziemlich gewachsen."

Das saß, denn Waldemar ging noch gleich am selben Abend zum Friseur; die meisten Friseursalons in Rumänien haben bis acht Uhr oder noch länger geöffnet.

Waldemar war den ganzen Abend aufgekratzt und lustig, ich tat es ihm gleich, und in der Nacht sparte er seine Kräfte durchaus nicht. Und ich dachte vor dem Einschlafen, wenn Waldemar morgen wohl länger wegbleiben würde, dann wäre es auch für mich die Gelegenheit, mich mit Matthias zu einem Techtelmechtel zu treffen, zumal es einer der Tage unserer routinemäßigen Café-Besuche war.

Am nächsten Morgen zog sich Waldemar durchaus nichts Besonderes an, ich aber wählte ein kurzberocktes Kostüm, das ich in Rumänien noch nie zum Dienst angezogen hatte. Meine Kollegen, besonders die männlichen, ganz besonders aber Matthias äußerten sich anerkennend über meine Erscheinung, und ich konnte Matthias geheimnisvoll raunend zuflüstern:

"Wir sehen uns doch nachher im Café?"

Nachdem wir in demselben den heutigen Schultag durchgehechelt hatten, fragte ich Matthias:

"Wie geht es eigentlich deiner Frau?"

"Ach, meine Frau. Du hast die ja kennengelernt", antwortete Matthias traurig und war von da an sehr wortkarg, und es ergab sich nichts außer ein von mir aus sehr in die Länge gezogener Händedruck zum Abschied.

Es hat nicht sollen sein, jedenfalls heute, sagte ich mir und machte mich auf meinen langweiligen Heimweg. Zu Hause korrigierte ich noch langweiligere Aufsätze, schrieb mir die Finger wund mit den vielen notwendigen orthographischen Korrekturen und wartete auf Waldemar und seine aufregenden Erzählungen.

Waldemar kam gegen halb acht, war guter Laune und wartete meine Frage "Wie war's?" ab.

"Nichts war heute", sagte er.

"Wieso, nichts: Wollte sie nicht, konntest du nicht --"

"Ich wollte nicht, sie schon."

"Na, nun erzähl mal im Zusammenhang!"

"Ich komme also um fünf mit meinem Blumenstrauß da an, Rodicas Mutter öffnet mir die Tür und führt mich ins Wohnzimmer. Die Wohnung ist wirklich winzig, höchstens dreißig Quadratmeter. Im Wohnzimmer war eine festliche Kaffeetafel für drei Personen gedeckt mit Kuchen, den die Mama gebacken hatte. Die Mutter bittet mich Platz zu nehmen, und kaum saß ich, da kommt Rodica aus ihrem, dem zweiten Zimmer. Sie war in einem Hausdress mit noch kürzerem Rock als auf der Baustelle. Die Mutter placierte sie neben mich -- die ist schon eine Kupplerin --, setzt sich selbst auf den dritten Stuhl, bittet uns zuzugreifen und beginnt eine lange Lobrede auf ihre Tochter, ihre Intelligenz, ihr Sprachgenie, ihre Organisationsgabe, ihre schönen Beine -- nein, das Letztere ließ sie aus irgend einem Grunde weg. -- Na ja, wir tranken Kaffee, aßen den Kuchen, dann gab es auch noch ein Gläschen rumänischen Cognac -- nicht schlecht, sage ich --, und schließlich steht die Mutter auf und verkündet, sie wolle jetzt zu ihrem traditionellen Bridge-Kränzchen gehen, wir jungen -- die ist kaum älter als ich! -- wir jungen Leute wollten sicher noch etwas allein sein. Sprach's, war weg, und Rodica bittet mich mit sanfter Stimme in ihr Zimmer, um mir auch ihr Reich zu zeigen. Ein winzig kleines Jungmädchenzimmer, in dem man sich kaum umdrehen kann, viele Bücher auf einem Regal, ein schmales Bett, ein Kleiderschrank, ein kleiner Schreibtisch, ein Stuhl. Diesen bietet sie mir an, ich sage, es geht doch nicht, daß ich auf dem Stuhl und sie auf der Bettkante sitzt und biete ihr den Stuhl an, schließlich sitzen wir beide nebeneinander auf der Bettkante; das hatte sie vielleicht genau so vorher geplant. Dann beginnt sie, ich solle es mir doch bequem und gemütlich machen, hilft mir beim Krawatte-abnehmen, knöpft sich mit den Worten: ,Es ist so heiß hier` ihre Bluse fast ganz auf, zeigt mir durch räkelnde Bewegungen, daß sie keinen BH anhat, zieht mir das Oberhemd aus, aber als sie auch beim Unterhemd war, wird mir klar, daß mir das alles ein wenig schnell geht, und ich sage ihr, während ich das Unterhemd ganz über den Kopf ziehe, daß ich ja verheiratet bin, daß ich meine Frau keineswegs verlassen will, höchstens ein kurze, eine ganz kurze Affäre, sie beginnt zu weinen, wirft sich mir an den Hals, unwillkürlich streichel ich auch ihren Busen, aber sage auch dabei, vielleicht ein andermal, jetzt ist es mir zu schnell. Sie setzt sich mir auf den Schoß, ich fühle, daß sie ein schwarzes Spitzenhöschen anhat --"

"Konntest du das sehen? Hat sie den Rock ausgezogen?"

"Nein. Ich mußte an ihre Beine fassen, damit sie nicht runterrutscht --"

"Dabei faßt man doch an den Außenschenkel und nicht zwischen die Beine, das müßtest du doch in der Statik gelernt haben."

"Na ja -- jedenfalls hatte sie ein Spitzenhöschen an und keine glatte Baumwolle."

"Und woher weißt du, daß es schwarz war?"

"Das hab ich mir nur so vorgestellt. -- Na, jedenfalls setzt sie sich wieder gerade hin, meint auch, vielleicht ein andermal, knöpft zwei ihrer sechs Blusenknöpfe wieder zu, wir gehen wieder in Wohnzimmer, essen des Rest vom Kuchen auf, und ich verabschiede mich. Noch in der Tür haucht sie: ,Vielleicht nächste Woche?`"

"War es dir wirklich zu schnell?"

"Ja, um ehrlich zu sein. Ich hab noch nie, außer im Puff, eine Frau erlebt, die so rasant rangegangen ist, und ich hab wohl gemeint, etwas bremsen zu müssen. Vielleicht wollte ich nur die Vorfreude noch hinausziehen."

"Hoffentlich bereust du deinen Rückzieher nicht im späteren Leben."

"Das kann natürlich passieren, wenn es zu keinem weiteren Kaffee mit ihrer Mama kommt."

"So, gut. -- Und was ist mit mir passiert? Ganz kurz, ich hatte gedacht, ich kann heute mein Ding mit Matthias durchziehen, aber er hat nicht angebissen. Und jetzt hab ich einen Bärenhunger nach dem Tag und keine Lust, Abendbrot zu machen. Lädst du Casanova mich in ein Restaurant ein?"