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Noriko Teil 03

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Andy43
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»Wir sollten einmal nach Komaki fahren«, meinte Noriko, nachdem sie kurze Zeit vor dem Schrein, der den Seefahrern und der Schiffart geweiht war, im Gebet verharrt und dort ein kleines Holztäfelchen aufgehängt hatte.

»Was gibt es dort zu sehen?«, fragte er, legte seinen Arm um ihre Taille und flanierte mit ihr weiter durch das Tempelareal.

»Es ist sehr schön dort. Es wird dir gefallen. Mitte März findet dort ein Festival statt, das Hōnen-Matsuri, ein Fruchtbarkeitsfest. Es wird um reiche Ernte, Wohlstand und gesunden Kindersegen gebeten. Oder wir fahren nach Inuyama und schauen uns die Penisprozession an, ebenfalls ein Fruchtbarkeitsfest.«

Dan lächelte zunächst amüsiert, wurde jedoch nachdenklicher, da er ahnte, dass Norikos Vorschlag nicht von ungefähr kam, und begann sich zu erinnern. Er dachte an ihr erstes intimes Zusammentreffen, an die Theateraufführung. »Phallus«, meinte er halblaut.

Noriko warf ihm einen aufmerksamen Blick zu, hielt sich aber zurück, etwas zu sagen.

Dan kam ins Grübeln, versuchte, zwischen den Hinweisen, die Noriko ihm im Verlauf der gemeinsam verbrachten Zeit und mit dem heutigen Besuch der Burg und des Tempels zu geben beabsichtigte, einen Zusammenhang herzustellen.

»Wer ist der General, der nicht tun kann, was er gerne tun will, Noriko?«

Sie löste sich aus seiner Umarmung, nahm ihn an die Hand.

»Es ist schwierig zu verstehen, Dan.« -- »Für jemanden wie mich, meinst du? Kommt auf einen Versuch an.«

Noriko zögerte mit einer Antwort. »Ich gehöre ihm.« -- »Er war gestern Nacht anwesend?« -- »Ja.« -- »Dein Vater.« -- »Nein. Herr Yoshida, er ist ... er war ein guter Freund meines Vaters.« -- »Und dein Vater weiß nichts von alldem?« -- »Nein, er weiß es nicht. Für Herrn Yoshida bin ich so etwas wie ein Kami, eine gottähnliche Personifikation. Schon in der Zeit, als ich ein Kind war, behandelte er mich wie eine Prinzessin. Er verehrte mich, sagte mir oft, wie schön und klug ich sei, wie anmutig und rein. Meine Eltern dachten sich nichts dabei, wenn sie es mitbekamen. Sie nahmen es gütig hin, fühlten sich als Eltern geehrt, waren stolz und maßen Yoshidas Überschwang keinerlei Hintersinn bei. Yoshida und seine Frau ... sie konnten keine Kinder bekommen.« -- »Hat er dich jemals angefasst?« -- »Nein, nie. Ich bin für ihn unantastbar, und doch will er mich, so muss du es sehen. Er begleitet mein Leben wie ein Schatten.«

»Verstehe.« Noriko hielt inne, stellte sich vor ihn. »Sei mir nicht böse, Dan, aber ich glaube nicht, dass du es verstehst.«

»Ein Kami ...?«, sinnierte Dan nachdenklich. »Dein Vater und dieser Yoshida sind keine Freunde mehr?«

Noriko schaute sich um. »Lass uns dort drüben auf eine Bank setzen.« -- »Ja, und dann erzähl mir bitte Genaueres.«

»Vater und Herr Yoshida waren beide in meine Mutter verliebt«, begann Noriko. »Mein Vater kam aus gutem Hause, seine Familie war gesellschaftlich und finanziell besser gestellt als Yoshidas. Vater bekam meine Mutter, heiratete sie. Mutter starb, als ich 15 Jahre alt war. Mein Vater hat es nie verwunden, ist daran fast zerbrochen. Sein Geschäft litt ebenfalls unter seinem Unglück, es lief immer schlechter. Yoshida hatte es in der Zeit zu einem beträchtlichen Vermögen gebracht, sah seine Chance. Er bot ihm an, mich in seine Familie aufzunehmen, bis Vater sich gefangen hätte. Vater lehnte es ab. Yoshida gab Vater die Schuld am Tode meiner Mutter. Es kam zu einem heftigen Streit, in dem sie ihrer Freundschaft aufkündigten. Yoshida hielt den Kontakt zu mir aufrecht. Ich war zu jung, zu ahnungslos, Dan.«

Noriko hielt einen Moment inne. »Yoshida sagte mir einmal, in mir würde meine Mutter weiterleben. Ich sei sie.«

»Das klingt total verrückt. Ich meine, die Sache mit der göttlichen Personifikation.« -- »Ich kann mir denken, wie schwierig es für dich sein muss, so etwas nachvollziehen zu können.« -- »Ich habe Japan und eure Lebensart immer als modern und aufgeschlossen beurteilt«, sinnierte er leise. »Das sind wir, Dan, auf unsere Art.«

Dan schwieg, dachte nach, nahm ihre Hand und schaute Noriko an. »Er kann nicht über dein Leben bestimmen. Du bist ein freier Mensch.« -- »Yoshida kann. Er bestimmt, ob jemand frei ist oder nicht. Ich habe dir von meinem Freund erzählt, einem Studenten, in den ich verliebt war, du erinnerst dich?« Dan nickte. »Er war unbedeutend, musste gehen, Dan, das Land verlassen, sonst ... ich gehöre Herrn Yoshida. Aus diesem Grund habe ich Angst um uns beide.« -- »Und dein Vater? Er bekommt von alldem nichts mit?«

Noriko schaute verlegen auf ihre Hand, die Dan mit seinen Händen umschloss. »Er ist stolz auf seine Tochter, sieht mit Freude meinen beruflichen Werdegang. Einen Freund zu haben, gar eine Ehe einzugehen, hält er für zu früh. Er sieht mein Leben, mein berufliches Vorwärtskommen mit Genugtuung und denkt, seine Tochter sei vernünftig genug, den richtigen Weg zu gehen. Vater darf nie erfahren, was ich tue. Er würde an dieser Schande zugrunde gehen, kennte er die Wahrheit, erführe er, für und durch wen ich das alles auf mich nehmen muss, Dan, er würde Yoshida ...«

»Denkst du nicht auch, dass es für General Yoshida gefährlich ist, einen Geschäftspartner in einem Hotel seines ehemaligen Freundes unterzubringen, um dann dessen Tochter auf diesen Mann anzusetzen, um mit ihrer Hilfe von ihm Firmeninterna in Erfahrung zu bringen?« -- »Es bereitet ihm Vergnügen, Dan.« -- »Ist wohl so etwas wie unstillbare Rache, grenzenloser Hass.« -- »Nichts ist so billig, dass es umsonst wäre«, sinnierte Noriko leise.

»Niemand hat mit Liebe gerechnet, Noriko«, flüsterte Dan ihr sanft zu und wischte ihr eine Träne von der Wange.

Noriko nestelte nach einem Taschentuch in ihrer Handtasche, tupfte sich die Wangen und schaute Dan schüchtern an. »Ja, du hast recht. Willst du bei mir bleiben?« -- »Im Land meiner Träume? Ja natürlich. Vergiss nicht, ich bin Ire. Iren lieben grenzenlos.«

Noriko lachte verhalten auf und schaute weltvergessen auf ihre Hände. »Ich fragte mich, ob es nicht zu früh sei, dich dies zu fragen. Ja, ich liebe dich, Dan Miller, und ich habe entschieden, dich in mein Leben zu lassen, dein Glück mit meinem zu verbinden. Dafür habe ich gebetet.«

*

Noriko steuerte den Wagen auf die Stadtautobahn in den stockenden Verkehr, der langsam zum Stillstand kam. »In einer Stunde kommt Yukiko zu mir.«

Dan schaute Noriko einen Moment unschlüssig an. »Möchtest du unter vier Augen mit ihr sprechen?«

»Nein, ich möchte, das du sie kennenlernst.« -- »Sie ist recht hübsch, das meine ich jedenfalls erkannt zu haben, so aus der Entfernung ... trotz ihres unansehnlichen Stylings«, neckte er.

Noriko schaute ihn ungnädig an, und spitzte dabei ihren Mund. »Sie mag keine Amerikaner. Iren erst recht nicht. In Yukikos Augen sind Europäer unkultiviert«, erwiderte sie bärbeißig. Dan lächelte spitzbübisch, deutete ihr vergnügt einen Kuss an.

»Wage es nicht, Dan«, hielt sie mit bedrohlich klingender Stimme dagegen. »Dann muss sie wohl verdammt gut aussehen, wenn Mal sie keine Stofffetzen trägt.« Noriko schmunzelte zunächst, legte einen Gang ein und ließ den Wagen ein paar Meter vorrollen. »Ja, sie ist attraktiv und meine engste Freundin.« -- »Also auch im wahren Leben.« -- »Wie meinst du das?« -- »Sie hat deine Rolle übernommen.« -- »Ja, hat sie.« -- »Dann war Yukiko ursprünglich für die Rolle der Prinzessin vorgesehen.« -- »Ja. Wieso?« -- »So langsam verstehe ich.« -- »Was genau verstehst du?« -- »Sag ich dir hinterher, Noriko. Jedenfalls bin ich gespannt.«

Eine Weile schwiegen sie. Während sich Noriko im ständigen Stop and Go in Geduld zu üben schien, nagten in Dan weitere Fragen.

»Du schläfst mit ihr, ich meine ...?«, setzt er behutsam an. Noriko seufzte auf. »Kannst du bitte noch warten, wenn du mir schon nicht auf meine Fragen Antwort geben willst?«, erwiderte sie gereizt. »Sorry, ich will dir damit nicht auf die Nerven gehen und auch nicht zu nahe treten.«

Mist, konstatierte Dan in Gedanken, das ist wohl ein wunder Punkt bei ihr. Besser, du hältst dich zurück. Lee hat mich ja vor asiatischen Frauen gewarnt, aber wirklich anders als unsere Mädchen sind sie auch wieder nicht, mutmaßte er bissig.

Noriko nahm den Gang raus, zog die Handbremse energisch an, schaltete das Radio ein und nach wenigen Sekunden wieder aus.

Sie lehnte sich in den Fahrersitz und schaute aus dem Seitenfenster.

»Tut mir leid, Dan ... ja, es kommt vor. Wir schlafen gelegentlich miteinander. Es gibt Momente, in denen wir kein Theater spielen«, erwiderte sie ambig. »Aber deswegen kommt sie heute nicht zu mir«, setzte sie hinzu.

Dan schwieg einen Moment. »Darauf wollte ich nicht hinaus, Noriko«, meinte Dan kleinlaut. »Es war leichtfertig und rücksichtslos von mir.« -- »Schon gut, Dan, es liegt nicht an dir, ich bin ein wenig aufgedreht. Yukiko und ich,« hob sie leise an. »Yukiko und ich, wir mögen uns sehr, vertrauen einander. Wir stehen uns in allem sehr nahe. Hin und wieder ist uns nach Zärtlichkeit. Ist das unangenehm für dich? Im Übrigen hab ich mit Yukiko über dich gesprochen«, fügte sie hinzu, ohne seine Antwort abzuwarten. -- »Du kannst ihr vertrauen, sagst du?« Noriko drehte sich ihm zu. »Ja, absolut.« -- »Sie weiß seit Längerem, was zwischen uns läuft?« Noriko schaute auf ihre Finger, begann, an einem ihrer Ringe zu spielen.

»Eines Nachts, als ich wieder Mal nicht schlafen konnte und am Fenster stand, hab ich sie angerufen. Ich habe ihr gesagt, dass ich mich ernsthaft in dich verliebt hätte. Sie arbeitet, wie ich, für Yoshida. Yukiko geht es nicht viel anders als mir, sobald es um Informationsbeschaffung geht. Wenn es sich ergeben sollte, ich einen Zeitpunkt für geeignet hielte, möchte sie dich kennenlernen. Ich habe sie gebeten, heute zu mir zu kommen.«

Ein Hupton ließ Noriko in den Rückspiegel schauen. Der Stau löste sich allmählich auf. Den Weg bis zu Norikos Penthouse saßen sie schweigend nebeneinander. Noriko lenkte den Wagen in die Einfahrt der Tiefgarage. Sie hielt auf ihrem Parkplatz, stellte den Motor aus, zog den Zündschlüssel ab und schaute Dan an. »Du wirst sie mögen, auch wenn sie keine Amerikaner mag.« Dan lächelte. »Keine Sorge, mein Engel, ich weiß mich in Gegenwart einer Königstochter durchaus zivilisiert zu verhalten.«

*

Dan schlüpfte aus den Schuhen, stellte sie neben Norikos auf die Schuhablage, zog sich Hausschuhe über und hing seine Jacke auf einen Kleiderbügel. Noriko ging Richtung Küche.

Dan betrat den Wohnraum, legte sich auf die Couch und starrte an die Decke. »Etwas zum Trinken, Dan.« -- »Ja, danke, Schatz.« Noriko stellte Dans Getränk auf den Tisch und setzte sich auf den Rand der Couch neben ihn. »Woran denkst du?«, fragte sie, nippte an ihrem Drink und stellte es auf den Tisch.

Dan schaute sie an, strich ihr mit einer Hand durch ihre Haare und berührte sanft ihre Wange. »An gar nichts. Ich bin glücklich, Noriko.« Er fühlte mit dem Daumen über die Konturen ihrer Lippen und schaute ihr in die Augen. »Du bist so wunderschön, Noriko.« Noriko nahm seine Hand, schloss ihre Augen und schmiegte ihrer Wange an seine Handfläche. »Dir glaube ich es.«

Noriko stellt ihren Drink beiseite, kuschelte sich an ihn und legte ihren Kopf auf seine Brust. Dan nahm sie in den Arm. Er genoss den blumigen Duft, der ihren Haaren entströmte. Eine Weile lagen sie ruhig beieinander. Schließlich hob Noriko ihren Kopf, stützte ihn mit dem Kinn auf seine Brust und sah Dan vergnügt an.

»Meine Mutter stammt aus Inuyama.«

Dan grübelte. »Ach ja? Die Sache mit dem Phallus. Der Apfel fällt halt nicht weit vom Stamm. Was willst du jetzt von mir?« -- »Gar nichts. Das solltest du nur wissen. Ist nicht unwichtig zu wissen, wo jemand seine Wurzeln hat. Eine Frau, der du beteuerst, dass du sie liebst, solltest du ernst nehmen.« -- »Entschuldige, Noriko. Ich bin ganz bei dir.« -- Noriko schaute ihn sauertöpfig an.

»Dann höre mir gefälligst zu und weich nicht vom Thema ab«, murrte Noriko.

»Deine Mutter, sie war sicher so schön wie du.« -- »Ja, das war sie«, flüsterte Noriko und senkte ihren Blick. »Sie war eine Miko, eine Schreindienerin. Sie sagte mir einmal, dass ich, wenn ich eine mündige, reife Frau bin, einen Mann kennenlerne, mit dem ich sehr glücklich sein, mit ihm viele Kinder und ein langes Leben haben werde. Und das dieser Mann so etwas wie ein Sentyo, ein Kapitän sei.« Noriko hob ihren Blick und schaute Dan vorwitzig an. »Ich frage mich bis heute, ob ich das wörtlich zu nehmen habe.

»Ein Kapitän«, sinnierte Dan. »Mit Lee fahre ich gern zum Hochseeangeln, wenn ich nicht zu Hause sein kann. Ist ein gemeinsames Hobby. Ich hab ihn dieses Jahr wieder eingeladen. Auf die Bahamas. Ich besitze dort ein Boot. Dann wollen wir wieder zum Angeln raus fahren. Genügt dir das, oder möchtest du dich einmal selbst davon überzeugen?« -- »Die Strände dort sollen sehr schön sein«, raunte sie, glitt an ihm hoch und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss.

Die Türglocke erklang. »Das ist Yukiko«, flüsterte Noriko. »Zieh dir dein Jackett über.«

Noriko erhob sich, zupfte sich ihre Bluse zurecht und ging zur Tür. Sie betätigte die Gegensprechanlage, sprach in ihrer Muttersprache ins Mikrofon, worauf aus dem Lautsprecher eine fröhliche und recht lebhafte Antwort erklang. Dan zog sich sein Jackett über, warf einen prüfenden Blick in den Ankleidespiegel im Foyer und ging zurück in den Wohnraum.

Noriko wartete an der Tür, schaute kurz durch den Türspion, als sie Schritte vor der Tür hörte, und öffnete sie. Jene unbeschwerte, muntere Stimme erklang wieder. Noriko betrat mit Yukiko den Wohnraum. Noriko legte ein kleines Geschenk auf den marmornen Esszimmertisch und strahlte Dan an. Yukiko lächelte und stellte sich brav vor Dan auf, der sie ungläubig anschaute, da ihn bei ihrem Anblick Zweifel befielen, in dieser Frau jene Gefangene in Lumpen vor sich zu sehen.

»Ich möchte dir Yukiko, meine Freundin vorstellen«, sagte Noriko.

Yukiko reicht Dan die Hand und begrüßte ihn in ihrer Muttersprache. Sie wirkte schüchtern, fast mädchenhaft in ihrem Auftreten, obwohl Dan davon ausging, dass sie in Norikos Alter war, zudem wusste er, war sie alles andere als unbedarft. Sie trug enge Jeans mit einem breiten Ledergürtel um ihre schmale Taille. Eine hippe Lederjacke, darunter einen rosafarbenen Rollkragenpullover, in passender Farbe zu ihren Turnschuhen und ihre braun gefärbte Ponyfrisur, die knapp an ihre Augenbrauen wie an einer Schnur vorbeigeschnitten heranreichte, modisch kurz.

Flotte Kleidung statt Lumpen und von langen schwarzen Haaren zu einem Zopf gebunden, kann auch keine Rede sein, dachte Dan. Aber sie ist die Frau aus dem Theaterstück, daran gibt es keinen Zweifel.

»Es freut mich, ihre Bekanntschaft zu machen.« -- »Es ist mir ein Vergnügen«, erwiderte Yukiko mit glockenheller Stimme und markantem Akzent. Ihre Augen funkelten schwarz, als sie ein strahlendes Lächeln auflegte.

»Gib mir deine Jacke, Yukiko«, sprach Noriko sie auf Englisch an. Yukiko zog sich die Jacke aus, und nickte Noriko zu.

»Du warst schoppen, Yukiko?«

Yukiko lächelte, sprudelte redselig auf Japanisch los, stellte ihre lackglänzende Handtasche auf die Couch und holte aus dem Foyer eine Einkauftasche einer namhaften Modekette herbei, mit deren Pendant auch so manche Ladys über die 5th Avenue zu tingeln pflegten. Yukiko entnahm einem kleinen Karton ein hauchdünnes rosafarbenes Kleid, hielt es sich vor den Körper und sprach Noriko darauf an.

»Gefällt es dir auch, Dan?«, meinte Noriko und warf ihm einen Blick zu. Yukiko wendete sich zu Dan.

»Ja, es sieht bezaubernd aus.« Yukiko lächelte, verneigte sich kurz. »Bitte entschuldigen sie, ich werde daran denken, Englisch zu sprechen.« -- »Kein Problem, die Sprache, deren Frauen fähig sind, sorgt international für keinerlei Missverständnisse«, erwiderte Dan und setzte sich auf die Couch.

Noriko lachte und schaute Yukiko an, die etwas befremdet dreinschaute. Noriko übersetzte und zauberte Yukiko ein scheues Lächeln in ihr juveniles Gesicht. »Ich habe dir etwas mitgebracht«, wandte sie sich Noriko zu.

Noriko öffnete das Geschenk.

»Oh, der ist schön, ein kleiner Stern.« -- »Ein Glücksbringer«, meinte Yukiko vergnügt. Sie legte ihr Kleid zurück in den Karton, half Noriko dabei, sich das silberne Kettchen um den Hals zu legen. Noriko gab Yukiko einen Kuss auf die Wange. »Danke, Yukiko, sie gefällt mir sehr. Komm, setzt dich, möchtest du etwas trinken?« -- »Ja, eine Limonade.«

Sie setzte sich kerzengerade auf die Couch gegenüber, schlug ihre schmalen Beine übereinander und legte ihre Arme darauf. Noriko brachte das Getränk, nahm neben Dan platz, der sich fragte, wie sich die Unterhaltung mit Yukiko entwickeln würde. Denn zu einem vertraulichen Kennenlernen hatte sie Noriko ja offenbar gebeten. Aber ich überlasse es Noriko, das Eis zu brechen, sinnierte Dan, obwohl mir einige Fragen auf der Seele brennen, die ich Yukiko gern stellen möchte.

»Warst du gestern abend noch lange dort?«, fragte Noriko. Yukiko schaute Dan an. Sie schien nun etwas nervös. Yukiko nickte Noriko zu.

»Ja, wie immer. Es war vernünftig, dass du ... dass ihr direkt nach der Vorstellung das Theater verlassen habt. Es war nicht so, wie sie erwartet hatten. Ich machte mir die ganze Zeit Sorgen. Yamada, dieser Hund, war außer sich, als er es kurz vor der Aufführung erfuhr. Ich denke, er hat sich danach einiges anhören müssen.«

»Er hat mich heute Morgen angerufen.« -- »Und mich Nachmittags, Noriko.«

»Was wollte er?« -- »Azuka, ich soll mich mit ihr treffen.« -- »Nur mit ihr?« -- »Nein. Es wird noch jemand anwesend sein.« -- »Sie ist gierig aber unbedeutend.« -- »Ich weiß, Noriko.«

Yukiko griff nach ihrer Limonade. »Es wird seinen Grund haben, warum ich zu ihr soll.«

»Hat jemand gestern abend nach mir oder Dan gefragt?« Yukiko lächelte. »Niemand. Aber sie haben dich sicherlich vermisst«, erwiderte sie. Es klang sarkastisch. »Ich hoffe, du weißt, was du tust.«

»Dan weiß so gut wie alles über mich, Yukiko.«

Yukiko schaute Dan sanft an. »Es ist schön, dass ihr euch liebt. Ich freue mich für euch. Gib auf Noriko acht.«

»Das habe ich vor«, antwortete Dan mit fester Stimme. »Sie spielen nicht nur Theater«, meinte Dan mit fragendem Unterton. Yukiko sah ihn verdutzt an, begann dann zu lächeln. »Ich bin Privatsekretärin. Arbeite in einer Zweigstelle des Konzerns in Tokyo, bin aber auch oft zu Meetings unterwegs. Noriko und ich kennen uns schon lange.« Yukiko warf Noriko einen kurzen Blick zu.

Kein Grund vorsichtig zu sein, ich habe schon verstanden, dachte Dan.

»Noriko hat mir erzählt, dass ihr eng befreundet seid.«

Yukiko nickte. »Wir sind wie Geschwister. Aber wir zeigen es nicht. Nicht öffentlich, Sie verstehen?« -- »Ihr spielt Theater.«

Noriko schaute Yukiko abwartend an.

»Wir mögen uns, und wir mögen Sex«, erwiderte Yukiko unbefangen. »Das ganze Leben ist eine Illusion«, fügte sie hinzu, senkte den Blick und betrachtete ihre Hände.

Nach einem Augenblick hob sie ihren Kopf und schaute Dan an.

»Wir könnten uns küssen, als seien wir Verliebte, miteinander schlafen wie ein Ehepaar. Es wäre schön für uns beide, aber Noriko zu küssen, mit ihr zu schlafen, hat für uns beide eine andere Bedeutung«, sagte sie hintergründig. »Ja, Herr Miller, wir spielen Theater. Jedes Mal. Das Gute wie das Schlechte ist wahr, und beides sind Dinge dieser Welt.«

Dan war einen Moment sprachlos. Er vermochte nur zu ahnen, was sie ihm damit zu verstehen geben wollte. Er fragte sich, wer Yukiko war, was für ein lebhafter Geist sich hinter ihren wachsamen Augen verbarg. Dieses zarte, mädchenhafte Geschöpf, das in ihrem hippen Outfit wie jede moderne, junge Frau aussah, die durch Modeläden schlendern, wie man sie für gewöhnlich in den Großstädten dieser Welt vorfinden konnte. Aber nur wenige jener Mädchen, so vermutete er, trügen solch tief schürfende Einsichten mit sich, um sie bei Gelegenheit so überzeugend vorzubringen.

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