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Pfarrhaus 02

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Zum Ende der zweiten Woche in der Klinik kam eine größere Sendung vom Priester. Das große Paket enthielt passende, weiße Damenunterwäsche für eine Woche und zwei ziemlich mädchenhafte Jeans und drei einfache Blusen sowie zwei Pullover -- ‚für den Kochkurs'. Dann war da noch ein Scheck für weiteren Kleidungsbedarf enthalten. Der beigefügte dicke Umschlag mit den Personaldokumenten lautend auf den Namen ‚Maria von Roden' war aber der wichtigste Bestandteil der Sendung, denn mit dem gleichen Umschlag sollte ich meinen Personalausweis in meinem Reisekoffer samt all meiner männlichen Kleidung zurückschicken. Das war eine harte Entscheidung. Ich begriff zwar die Idee dahinter, aber das machte es nicht leichter. Ich sollte keine verräterischen Gegenstände bei mir haben, die darauf hinweisen konnten, dass ich eben nicht die ‚Maria' war. Klar, aber genau das würde es auch schwer machen, wieder zu ‚Georg' zu werden. Seufzend packte ich alle meine alten Klamotten in meinen Koffer -- und zögerte nur einen Moment, bis ich auch meinen Personalausweis in den Koffer packte und ihn abschicken ließ. Von nun an ab war ich für die Außenwelt die einundzwanzigjährige Maria von Roden...

Der Pater sorgt sich

Eric war unruhig, als er die Papiere von Maria zu Georg sandte, mit der Forderung, dass der junge Mann ihm seine eigenen zurücksenden möge. Würde der Bursche das wirklich tun? Es war eine gute Idee, denn so wäre es einfacher, Verwechslungen zu vermeiden. Georg sollte bei den Kursen nur ‚Maria' sein -- und da wären Papiere auf den Namen Georg Singer mit seinem Passbild eine schwer zu erklärende Tatsache.

Natürlich wäre er liebend gerne dabei gewesen, wenn der Grünschnabel als Maria seine ersten Schritte auf der Kochschule gemacht hätte, aber das könnte auffallen. Er würde sich so ziemlich bis zum Ende des Kurses für kirchliche Haushälterinnen gedulden müssen. Erst dann hätte er offiziell eine legitime Entschuldigung eine potentielle Kandidatin als seine Haushälterin zu kontaktieren. Keiner seiner Kollegen in der Kirche würde dann darin etwas anderes sehen als sein rechtmäßiges Bestreben, sich eine Haushälterin für das größere Pfarrhaus in Hamburg zu beschaffen. Und der Zufall würde es fügen, dass eine der Kandidatinnen just seine Cousine war...

Deshalb konnte er auch nur solange Briefe und Instruktionen schicken, solange Georg noch unter seinem Namen in der Privatklinik war. Danach ging es nicht mehr. Er würde sich sehr überrascht zeigen müssen, dass unter den Absolventen des Kurses seine Cousine aufzufinden war. Es würden lange und harte Wochen sein, in denen er die ganze Zeit bangen würde, ob ‚Maria' durchhalten würde. Er hatte ausdrücklich Jeans geschickt, damit der Einstieg in die Welt als Haushälterin zumindest in den ersten beiden Wochen nicht ganz so abrupt war. Georg Maria war ganz allein auf sich gestellt.

In der Zwischenzeit hatte der Pater dafür gesorgt, dass der gesamte Kleiderschatz seiner Cousine perfekt an den Burschen angepasst werden würde, sobald er in das Pfarrhaus in Hamburg ziehen würde. Er hatte eine Schneiderin ausfindig gemacht. Aber das war noch eine lange Zeit, bis es soweit war.

Der erste Kurs

Am Morgen meiner Abreise von der Klinik duschte ich mich zunächst ausführlich, dann zog ich zum ersten Mal die weiße Unterwäsche und die Bluse an. Das Unterhemd war eine Art BH-Hemd, so dass ich keinen BH brauchte, was mir der Pater auch geschrieben hatte. Es war auch so ungewohnt genug, weil ich davon ausgehen musste, dass ich es den ganzen Tag bis zum späten Abend tragen würde. Genau dasselbe traf eigentlich auf die Jeans zu. Das Ding saß verdammt knall-eng -- das war ich weiß Gott nicht gewohnt. Eingedenk des Hinweises von dem Freund von dem Priester benutzte ich eine der Slip-Einlagen, die der mir zur Verfügung gestellt hatte. Ich fühlte mich nicht ganz wohl in dem Aufzug.

Das wurde in der Reise per Bahn nach Hamburg nicht besser. Schon beim Einsteigen hatte ich das ungute Gefühl, dass ich beobachtet wurde. War das jetzt die Stasi, die mich auf dem Kieker hatte? Als ich im Abteil meinen Koffer hochwuchtete, glaubte ich denselben Blick zu spüren. Dann kam die Stimme eines jungen Mannes, ob er mir helfen könne. Ich blickte mich um -- und ertappte ihn, wie er gerade eben noch unverhohlen auf meinen Arsch gestarrt hatte. Was war das denn für einer? Aber dann wurde mir bewusst, dass das hellrosa Muster auf den Pobacken meiner Jeans seine Aufmerksamkeit fesselte. Mir ging ein Licht auf -- der Typ sabberte schon, weil er ein Mädchen vor sich zu haben glaubte. Aber dann half er mir tatkräftig und freundlich lächelnd beim Hochstemmen des Koffers -- und ich verbiss mir den spitzen Kommentar, den ich schon auf den Lippen gehabt hatte.

Er setzte sich mir gegenüber und bot nett an, mir auch den Koffer wieder herunter zu holen. Höflich und freundlich erzählte er mir von seinem Studium in Hamburg, während gleichzeitig seine Augen sich hin und wieder auf meine Brust hefteten oder über meine Beine glitten. Ich hätte ihm gerne gesagt, dass er doch nicht so impertinent glotzen solle, aber er meinte es ja nicht böse. Trotzdem kam ich mir wie auf dem Präsentierteller vor. Vom Chor aus in der Kirche hatten wir Jungens natürlich auch schon Ausschau nach schönen Beinen oder hübschen Dekolletés gehalten, aber hier saßen wir uns direkt gegenüber. Das fühlte sich anders an. Natürlich war es auch anders, weil ich diesmal beobachtet wurde - und nicht selber am Spähen war. Es machte mich ausgesprochen unruhig.

Ich war immer noch aufgeregt und nervös, als ich die Haushaltsschule betrat. Aber hier ging alles viel einfacher, als ich es gedacht hatte. Nach Erledigung einiger Formalitäten ging es in die Lehrküche. Rund ein Dutzend von jungen Frauen und Mädchen waren dort anwesend. Die Lehrerin war eine resolute, etwas füllige Dame Mitte 40. Ich war immer noch in gewisser Hinsicht überrascht, dass mir hier keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Es war, als ob es ganz normal wäre, dass ich in diesem Kursus für Frauen sei, die sich in gesunder, preiswerter Ernährung weiter bilden wollten. Es fing mit Vorspeisen am Montag an und sollte mit Nachspeisen am Samstag aufhören. Nach den ersten zwei Stunden Unterricht gab es eine Pause. Bis dahin hatte ich mich schon wieder ziemlich beruhigt und sah alles etwas entspannter. In der Pause ging es auf den Flur und eine schlanke Frau, die wohl in ihren Mittzwanzigern war, sprach mich neugierig an und stellte sich als Julia vor. Sie war einfach nur neugierig über meinen ungewöhnlichen Namen. Plötzlich brandete Gekicher und Gelächter auf, als ich die Türklinke zu den Toiletten schon in der Hand hielt und Julia mich netterweise warnte:

„Maria, pass doch auf. Das sind doch die Räume für die Jungs! Hast Du keine Augen?!"

Ich zog meine Hand zurück, als ob ich sie mir an der Klinke verbrannt hätte. Verdammt, da hatte ich in aller Gewohnheit so reagiert, wie es für mich normal war. Oh, da musste ich in der Zukunft mehr aufpassen! Ich folgte schnell Julia und schluckte kurz, als ich das ungewohnte Bild von einer Reihe von Toilettenabteilen sah ohne jede Spur von den Pinkelbecken, die ich von dem Internat gewohnt war. Ich suchte mir ein Abteil aus, und versuchte so zu tun, als ob ich das jeden Tag so machen würde. In Wirklichkeit klopfte mein Herz leicht nervös. Das war eine der Feinheiten, an die ich bis jetzt noch nicht richtig gedacht hatte. Julia sagte dann irgendetwas über den Kursus, aber ich verstand es nicht. Ich gab nur irgendeinen halb zustimmenden Laut von mir, als ich die Jeans und meinen Schlüpfer herunter zog, während ich mich gleichzeitig auf die offene Klobrille heruntersetzte. Im ersten Moment konnte ich einfach nicht, weil alles so ungewohnt war. Endlich lief es, ich war erleichtert in doppelter Hinsicht. Nebenan hörte ich, wie Julia ein Stück Papier von der Klo-Rolle abriss. Im ersten Moment fragte ich mich was das sollte, aber dann imitierte ich sie rasch, um nur ja keinen Verdacht zu erregen und mir wurde schnell klar, warum sie das wohl getan hatte. Der Alltag hatte so einige Stolpersteine in sich -- das begriff ich so allmählich.

Am Abend war ich dankbar, dass ich ein Einzelzimmer zugewiesen bekommen hatte. Ich brauchte für den Abend weiß Gott Ruhe und etwas Abgeschiedenheit. Der Rest der Woche verlief schneller als ich gedacht hatte. Manche der Gerichte, deren Zubereitung wir lernten, mochte ich gern.

So allmählich gewöhnte ich mich an die Routine und an die Anwesenheit nur von Frauen und Mädchen um mich herum. Mich mit ihnen zu unterhalten, fiel mir immer noch nicht leicht, aber das wurde als Zurückhaltung meinerseits gedeutet und machte mich nicht zu etwas besonderem, denn auch manche der jüngeren Mädchen waren eher schüchtern.

In der darauffolgenden Woche war die Atmosphäre ziemlich anders. Hier ging es eher um möglichst effektives und gründliches Reinigen des Haushaltes und von Wäsche im weiteren Sinne. Hier waren es im Wesentlichen eigentlich nur Frauen ab 25 bis Anfang 40 -- ich war eigentlich der jüngste, bzw. in deren Augen die jüngste.

Der Ton in dieser Gruppe war auch derber als in der ersten. Manches Mal wurde ich regelrecht rot, als insbesondere eine der drallen 30-jährigen häufiger provokante Sprüche über gestandene Mannsbilder mit einem ‚knackigen Arsch' oder mit ‚ordentlich was in der Hose' abließ. Das kannte ich so nicht. Gut, im Internat gab es Sprüche über Mädchen mit prallen Titten oder so. Aber diese Sprüche von der derben Putze verunsicherten mich auf eine Weise, die ich mir nicht so richtig erklären konnte. Okay, das Niveau einiger dieser Putzfrauen war auch dementsprechend -- wie man schon am Deutsch dieser ziemlich ordinären Typen erkennen konnte. Also, dieser Kursus war nicht so mein Ding. Boden scheuern, war auch nicht mein Ding. Pflege der Wäsche hingegen war nicht so schlimm, wie ich ursprünglich gedacht hatte.

Neue Schule -- neues Glück. So könnte man sagen. Obwohl die neue Schule eigentlich keine Schule war, sondern nur ein zweiteiliger Lehrgang, der in einem Pfarrheim abgehalten wurde. Die praxisnahe Einführung für Pfarrhaushälterinnen fand auf einem anderen Niveau statt. Hier gab es von 20-jährigen bis hin zu 40-jährigen alle Altersstufen, aber alle hatten zumindest die Realschule absolviert und sie waren alles andere als so primitiv wie einige der Putzfrauen. In gewisser Hinsicht waren sie jedoch auch anstrengender. Als ich in den Jeans ankam, gab es gleich ein Hochziehen der Augenbrauen. Binnen kurzem war es klar, was das heißen sollte - nämlich dass eine katholische Haushälterin doch nicht in Hosen herumlaufen konnte! Eine Enddreißigerin namens Katharina wies mich höflich aber bestimmt darauf hin, dass es in einer katholischen Gemeinde nicht gerade guter Stil sei, wenn ausgerechnet die Pfarrhaushälterin in modernen Klamotten auftauchen würde. Erwartet würde dezent konservativ aber auch adrett weiblich gekleidet zu sein. Gemeindemitglieder wären da nicht zurückhaltend mit Kritik...

Gut, die Lektion hatte ich begriffen. Gleichzeitig verstand ich nun auch die Beweggründe vom Pater besser, der mich unbedingt auf diesen Kurs hatte schicken wollen. Also bat ich Katharina um Hinweise, wie ich mich einwandfreier kleiden sollte. Sie nahm diese Bitte erfreut zur Kenntnis und erschlug mich in der Folge einer derartigen Menge an Ratschlägen, dass es mir schwer fiel, auch nur die Hälfte davon zu behalten.

Jedenfalls erschien ich am Dienstag dann in einem Kleid mit einem dezenten Ausschnitt, das meine Knie gut bedeckte. Es war ähnlich wie ihr Kleid und sie nickte beifällig. Nach und nach erfasste ich den Kompromiss zwischen konservativ und adrett weiblich gekleidet, wie ihn Katharina gemeint hatte. Enge, Figur betonende Jeans waren weder unaufdringlich noch traditionsgebunden, während ein sackförmiges Kleid zwar unaufdringlich war, aber nicht die Weiblichkeit in attraktiver Form betonte. Attraktiv weiblich aber auch unaufdringlich war das Motto. Es hatte mich aber auch Überwindung gekostet, das Kleid mit dem Ausschnitt am Montagabend zu kaufen, denn es waren zusätzliche, ungewohnte Schritte nötig.

Im Laden stellte sich nämlich heraus, dass mein hochgeschlossenes BH-Hemd nicht zum Ausschnitt passte. Jedenfalls nicht zu dem Kleid mit dem großzügigeren Ausschnitt, das so ähnlich wie das von Katharina war. Die junge Verkäuferin hatte den Kopf über das altmodische BH-Hemdchen geschüttelt und mir zu einem hübschen Büstenhalter geraten. Das brachte mich für einen Moment in einen delikaten Konflikt, denn diese Wendung hatte ich nicht kommen sehen. In die Abteilung für Damenunterwäsche zu gehen, war mir peinlich. Vom katholischen Internat aus waren wir zu Kleidungseinkäufen immer nur in die Abteilungen für Männer oder für Jungen gegangen. Sogar die Abteilungen für Damenoberbekleidung, wie es so schön hieß, waren tabu für uns, jedenfalls waren unsere Betreuer dieser Meinung. Das war also ein ziemlicher Sprung ins kalte Wasser für mich -- oder war es eher kochend heiß? Jedenfalls spürte ich mich rot werden, aber ich versuchte so zu tun, als ob das ganz normal sei. Für die echte Maria hätte das ja auch normal sein müssen, aber ich musste erst noch lernen, ‚Maria' zu sein. Die Verkäuferin taxierte mich kurz, murmelte etwas von 85A oder so ähnlich. Sie hielt mir dann in jeder Hand einen Büstenhalter vor die Nase - einen stark spitzenverzierten in weißer Baumwolle und einen schlichteren mit Blümchenmuster in zartrosa Satin.

„Sie können Sie in der Kabine anprobieren, falls Sie Ihnen gefallen, mein Fräulein." Ich versuchte so zu tun, als ob das ganz normal sei, aber das war es eben nicht. Einen Büstenhalter hatte ich bisher noch nicht getragen -- und das Kleidungsstück war eben doch noch spezifisch weiblicher als ein BH-Hemd. Vorsichtshalber probierte ich den ersten BH über dem Hemd an -- und kämpfte erst einmal mit dem tückischen Verschluss auf dem Rücken. Später machte ich mir das einfacher, aber es war wie gesagt das erste Mal. Meine Finger zitterten etwas, aber die versuchte Anprobe reichte aus, um zu erkennen, dass es ausreichend passte. Ich zog mich wieder an -- und kam souverän tuend heraus:

„Ich nehme beide. Können Sie die mir zusammen mit dem Kleid einpacken, bitte? Ich möchte dann gleich zahlen."

Die Verkäuferin wollte mich noch überzeugen, die beiden Büstenhalter jeweils mit dem Kleid anzuziehen, aber darauf verzichtete ich lieber. Mein Herzschlag war immer noch stark beschleunigt. Ich brauchte keine weitere Aufregung und ich war froh, dass ich diejenige war, die das Einzelzimmer bekommen hatte. Insgesamt hatte es sich aber gelohnt, als wie gesagt am Dienstag Katharina den gesamten Eindruck mit dem Kleid wohlwollend zur Kenntnis nahm. Sie sagte mir auch, dass in meinem Alter und bei internen Anlässen Kniestrümpfe zum Kleid noch in Ordnung wären. Wenn es feierlicher sein sollte, dann wären Nylons besser angebracht. Warum mir ihr Urteil so wichtig war, ist schwer zu sagen. Vermutlich ist es der Drang gewesen, nicht aufzufallen, der mich dazu getrieben hatte. Der Kursus lief unaufgeregt weiter. In den nächsten Tagen erfuhr ich mehr und mehr über die anderen Teilnehmerinnen.

Ich war erstaunt, wie gut entwickelt das Wissen der meisten über die katholische Liturgie und Bibellesungen war. Ich war mit meinem Wissen nur im Mittelfeld. Dabei war ich doch in einem katholischen Internat gewesen.

Nur gegen Mitte des Kurses konnte ich einmal so richtig glänzen, als es über Chorgesang ging. Das war das einzige Mal, wo ich richtig bewundernde Blicke auf mich ziehen konnte, als wir Übungen zum Chorgesang durchführten. Sonst war ich immer in der Rolle des Kükens, aber in diesem Falle war ich einmal in der Experten-Rolle. Dieser Tag tat mir gut.

Nach dem gemeinsamen Chorsingen betrachtete mich auch Katharina mit anderen Augen. Mit den fortschreitenden Tagen war sie zu so etwas wie einer Art von Freundin geworden. Es kam mir immer noch merkwürdig vor, aber es war einfach so. Inzwischen hatte sie mir auch bei der Frisur geholfen. Ich trug jetzt mit ihrer Hilfe eine vorne kurze Ponyfrisur, wobei die längeren Haupthaare in einem Zopf im Nacken gebunden waren. Am Vortag hatte eine Kursteilnehmerin aufgegeben -- nun fragte mich Katharina, ob wir beide uns nicht ein Doppelzimmer für die zweite praktische Kursetappe teilen wollten. Diese Möglichkeit bestünde jetzt, da die Frau in ihrem Zimmer gerne zu der jetzt allein in ihrem Doppelzimmer befindlichen Freundin ziehen wollte. Katharina hatte so viel für mich getan, dass ich nicht nein sagen konnte oder durfte, auch wenn mir das ziemlich unheimlich war aufgrund der noch größeren Nähe.

Peter Müller war halb zufrieden

Er hatte eine Beamtin auf Probe, die sich noch erst bewähren musste, mit einer einfachen Aufgabe betraut. Sie sollte den Kursus unauffällig darauf prüfen, ob sich Georg Maria dort vom optischen Eindruck und vom Verhalten her gut integriert hatte. Georg Singer schlug sich im Auftreten relativ gut, dem Bericht nach zu urteilen. Der junge Mann hatte die verabredete Tarnung als Maria verhaltensmäßig gut umgesetzt, wenn auch das weibliche Erscheinungsbild noch zu wünschen übrig ließ. Er würde dem Aussehen von Georg mit einem weiteren Klinikaufenthalt nachhelfen.

Es war immer gut, einen umgedrehten Spion wissen zu lassen, dass er jederzeit kontaktiert werden konnte. Wer sich einmal hatte umdrehen lassen, konnte das auch ein zweites Mal tun. Da half es ihn diskret wissen zu lassen, dass er überprüft werden konnte, damit er das eben nicht ein zweites Mal tat.

So wie es aussah, wurde auch sein Gegenspieler von der Stasi nach dem Klinikaufenthalt sehr zufrieden sein und sich immer mehr aus dem Fenster lehnen. Hauptmann Wiesner war gerade dabei sein berufliches Grab selber zu schaufeln, auch wenn ihm das natürlich nicht bewusst sein konnte.

Nach dem Klinikaufenthalt waren es nur noch rund drei Wochen, bis die sogenannte ‚Maria von Roden' zur ‚Haushälterin' von Pater Erik von Roden wurde. Sobald Harald Whistler diese Bestätigung in seinen Händen halten würde, würde er die Schritte unternehmen, die dann letztlich seine Glaubwürdigkeit untergraben sollten. Natürlich würde er einige Wochen warten, bis er die Bombe platzen lassen würde. Alle bei der Stasi sollten sich sicher sein, dass sie laut Hauptmann Wiesler einen Spion bei der Führungsakademie der Bundeswehr platziert hatten. Nicht nur Wiesler würde dann sein Gesicht verlieren, sondern auch die Stasi gegenüber der Sowjetunion, wenn es klar wurde, dass Wiesler einem Doppelspion aufgesessen war. Peter konnte den Tag gar nicht erwarten, an dem er seinen Triumph einfahren würde. In der Zwischenzeit würde er alles tun, damit sein Gegenüber bei der Stasi sich in Sicherheit wiegen konnte. Dazu musste Georg Singer seine Rolle so gut wie nur irgend möglich spielen, und das hatte er ihm mit dem Gespräch hoffentlich ausreichend klargemacht.

Georg Maria ist wieder in der Klinik

Ich war sofort unruhig, als ich den Brief von ihr heimlich zugesteckt bekam. Diese Polizistin, die wohl gar keine war, verabschiedete sich von allen Kursteilnehmern und bedankte sich für die freundlichen Auskünfte. Mir schwante nichts Gutes. Und es war auch so - Major Müller wollte ein baldiges Treffen haben. Das konnte nur Komplikationen bringen.

Der Major wollte sicher gehen, dass ich auf keinen Fall auffallen würde wegen einer ‚nicht ausreichend weiblichen' Figur. Ich argumentierte, dass ich im Kurs doch akzeptiert worden war. Das zählte aber für ihn nicht, weil es nachher in der Gemeinde auch Personen geben würde, die dem Pater nicht wohlgesonnen sein würden. Nach ihm gab es solche überall. Denen wollte er keinen Anlass zum Zweifel bieten. Kurz, er wollte mir unbedingt einen zweiten Klinikaufenthalt verordnen, der in der Pause zwischen den beiden Kursteilen stattfinden sollte.

Ich war nicht begeistert, aber ich begriff seine Motivation. Ich ließ mir noch versichern, dass der Pater nichts davon erfahren würde, bevor ich zustimmte. Der Klinik war es egal, wer zahlte. Ich traf wieder den Arzt, der mich schon beim ersten Mal betreut hatte.