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Schicksalhafte Begegnung

Geschichte Info
Liebe kommt unerwartet.
6.9k Wörter
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Schicksalhafte Begegnung

„Und hiermit erkläre ich Sie, Kraft meines verliehenen Amtes, zu rechtmäßig verbundenen Eheleuten."

Und mit einem Grinsen fährt der Standesbeamte fort :

„Wenn sie möchten, dürfen Sie sich jetzt küssen."

Glücklich nehme ich meine Liebste in die Arme.

Ihre großen, nahezu schwarzen Augen, die mich von Anfang an so fasziniert hatten, schauen mich voller Liebe an. Unsere Gesichter nähern sich einander an, unsere Lippen berühren sich, die Augen gehen zu und wir versinken in einen zärtlichen, liebevollen Kuss.

- - - - - - - - - - - - - -

Wenn man mir noch vor einem Jahr gesagt hätte, das eine einzige Nacht ein ganzes Leben ändern kann, ich hätte ihn für verrückt gehalten.

Doch genau so ist es mir passiert in dieser regnerischen Septembernacht.

Doch besser von Anfang an.

Geboren wurden mein Zwillingsbruder Andy und ich, Biggi, am Rande von Frankfurt.

Einen Vater gab es nicht.

Der hatte sich verpisst, als unsere Mutter mit uns schwanger war.

Obwohl alleinerziehend und berufstätig, war unsere Mama stets für uns da.

Alles in Allem eine behütete Kindheit und Jugend.

Mein Bruder und ich waren ein tolles Team und unterstützten auch Mama wo wir konnten.

Also ich möchte uns doch als recht pflegeleichte Kinder bezeichnen.

Alles recht unspektakulär.

Ich den ersten Freund, Andy die erste Freundin, der erste Liebeskummer bei uns beiden.

Alles so wie bei Millionen anderer Teenager.

Das änderte sich allerdings schlagartig, als ich mich mit achtzehn zum ersten Mal in eine andere Frau verknallte.

Erste zarte Annäherungen, zaghafte Küsse und der erste lesbische Sex. Eine Offenbarung für mich.

Trotzdem brauchte ich noch fast ein Jahr, bis das ich mich Mama und Andy gegenüber als lesbisch outete.

Mein Coming-out wurde allerdings wesentlich einfacher, als ich befürchtet hatte.

Mama zuckte nur mit den Schultern, sagte das es ihr ziemlich egal sei, solange ich glücklich bin.

Und Andy meinte nur grinsend:

„Solange du deine Finger von meinen Freundinnen lässt, ist mir das echt wurscht."

Damit war das Thema für beide erledigt.

Puuh. Schwein gehabt!

Schon öfters hatte ich bei anderen mitgekriegt, was es für Probleme gegeben hatte, wenn ihr Kind erklärte homosexuell zu sein.

Gott sei Dank war dieser Krug an mir vorbei gegangen.

Ich hatte damals so einige One-Night-Stands und kurze Affären. Doch zu einer echten Beziehung hatte es dann doch nie wirklich gereicht. Ich denke mal, das es bei einigen meiner Gespielinnen eher ein Ausprobieren gewesen war.

Naja.

Man sieht mir die Lesbe ja auch nicht unbedingt an.

Jedenfalls wenn man sich die Vorstellung so mancher Zeitgenossen als Maßstab nimmt.

Ich bin kein verkappter Kerl mit Kurzhaarschnitt und Männerklamotten. Mit meinen ein Meter siebzig, gut sechzig Kilo,einer fraulichen Figur und meinen mittellangen braunen Haaren, sehe ich ja nun nicht wirklich „männlich" aus.

Und mein gut gefülltes C-Körbchen verstärkt diesen Eindruck auch noch.

Also, alles in allem,eine echte Frau.

Nur das ich halt auf Frauen stehe.

Und daraus auch keinen Hehl mache.

Sehr zum Leidwesen so manchen männlichen Zeitgenossen.

Natürlich bekomme ich von Andy,eher im Scherz, und auch von anderen Männern zu hören, das ich ein echter Verlust für die Männerwelt darstelle, doch solche Bemerkungen prallen an mir ab.

Nach dem Abitur studierte ich Informatik und BWL, gründete schon während des Studiums eine kleine, aber feine Softwarefirma.

Und die lief inzwischen recht gut.

Klar bin ich nicht, und werde es auch vermutlich niemals, ein Bill Gates.

Aber das war auch nie mein Anspruch gewesen.

Ich und meine, inzwischen fünf Mitarbeiter, programmieren Nischensoftware für den Mittelstand, wovon wir alle ganz gut leben konnten.

Mit meinen neunundzwanzig Jahren war ich also doch recht erfolgreich.

Zumindest beruflich.

Denn ein Privatleben gab es es nicht wirklich.

Ohne Partnerin, und das schon seit Jahren, verbrachte ich meine Zeit eher mit Arbeit.

Die Zeit der kurzen Affären, des schnellen Sexes, waren eindeutig vorbei.

Ich wünschte mir Kontinuität.

Eine feste Beziehung.

Liebe und Zärtlichkeit.

Klar.

Die Zeit, wo ich hemmungslos durch die Betten dutzender Frauen getobt war, hatte was für sich gehabt.

War schön und geil gewesen.

Aber wirklich erfüllend war sie nicht.

Doch zurück zu diesem Abend.

Ich war auf dem Heimweg von einer Computer-Messe,

hatte noch gut eine halbe Stunde Fahrt vor mir.

Der Motor meines Wagens brummt gleichmäßig, die Reifen fraßen Kilometer um Kilometer der dunklen Autobahn, das Radio dudelte leise im Hintergrund.

Da meldete sich meine Blase.

Und genau zu diesem Zeitpunkt fing es an, wie aus Eimern zu schütten.

Leise fluchte ich vor mich hin, während ich den Fuß vom Gas nahm und nach einem Rastplatz Ausschau hielt.

Da!

In vier Kilometer Entfernung wiesen Schilder auf einen Rastplatz mit Toiletten hin.

Ich kannte ihn schon von einem früheren „Besuch".

Halbwegs saubere Toiletten, eine kleine Halle mit Getränke- und Snack-Automaten und ganz gut ausgeleuchtet.

Nicht so eine dreckige und dunkle Haltemöglichkeit wie sie oft Standard ist und man als Frau Angst hat, den Wagen zu verlassen.

Also den Blinker gesetzt und möglichst nah an den Toiletten gehalten.

Dann raus aus dem Wagen und schnell zum Häuschen hingelaufen, um nicht all zu nass zu werden.

Puuh. Gerade noch rechtzeitig.

Fast hätte ich mir in die Hose gepinkelt.

Dann noch Hände gewaschen.

Auch so ne Sache die Männer oft als „überflüssig" betrachten.

Ich wollte schon wieder zum Auto laufen, als ich rechts, von der Ecke des Gebäudes ein leises Wimmern hörte.

Sämtliche Alarmglocken gingen bei mir an.

Vorsichtig schlich ich mich dem Wimmern entgegen.

Dort standen einige schwarze Müllcontainer über die eine große Pappe ausgebreitet war.

Die war allerdings schon völlig durchweicht und konnte die, sich darunter befindende kleine Gestalt, nicht vor den Wassermassen schützen.

Beim Näherkommen erkannte ich eine junge Frau, die dort zusammengekauert lag und vor Kälte bibberte.

Ungeachtet des Regens hockte ich mich vor sie, sah zwei dunkle, leblose Augen, von dunklen Ringen umrahmt.

Sie schien geradewegs durch mich durch zu schauen.

Bleiche, eingefallene Wangen, ein ausgemergelter Körper und verschlissene Kleidung vervollständigten das furchtbare Bild, das sich mir bot.

„Kleines. Du musst hier weg," sprach ich sie an.

Ein Stich ging durch mein Herz als sie flüsterte:

„Lass mich sterben."

„Auf gar keinen Fall."

Niemals hätte ich sie hier einfach so liegen lassen können.

Sie war einfach nicht mehr in der Lage sich zu wehren, als ich sie packte und zu meinem Wagen brachte. Ihr dürrer Körper glühte. Sie musste hohes Fieber haben.

Schnell holte ich noch ihren kleinen, pitschnassen Rucksack zwischen den Mülltonnen, warf ihn in den Kofferraum und klemmte mich hinters Steuer.

Und noch während ich den Motor startete, die Bremse löste und den Gang einlegte, flitzten meine Finger bereits über die Freisprecheinrichtung meines Wagens.

Da! Onkel Friedrich!

Er hatte eine kleine Privatklinik, nicht weit weg von meinem kleinen Bungalow.

Es klingelte vielleicht drei oder vier Mal, da wurde abgehoben.

„Biggi. Schön das du mal anrufst. Nur ein bisschen spät schon."

„Onkel Friedrich. Sorry. Notfall. Bist du in der Klinik?"

„Ja. Wollte gerade Schluss machen. Was ist los?"

Ich hörte die Sorge in seiner Stimme.

„Mit mir nix. Hab ein Mädchen gefunden. Es geht ihr ziemlich schlecht."

Kurz berichtete ich ihm, wie ich sie gefunden hatte.

„Ich bereite alles vor. Wann kannst du hier sein?"

„Bei dem Scheißwetter in etwa zwanzig Minuten."

„OK. Fahr vorsichtig."

Dann legte es auf.

Ein kurzer Seitenblick von mir.

Zusammen gesunken kauerte sie auf dem Beifahrersitz, die Augen geschlossen und nur ihr flacher, rasselnder Atem verriet, das sie überhaupt noch lebte.

Soweit es das Wetter zuließ, prügelte ich mein Auto über die Straßen, legte die Straßenverkehrsordnung, ausnahmsweise, mal sehr großzügig aus.

Geschwindigkeitsbegrenzungen?????

Scheiß egal.

Die Heizung voll aufgedreht und das Gebläse auf höchster Stufe, um der Kleinen ein wenig Wärme zu spenden, raste ich meinem Ziel entgegen.

Als ich mit quietschenden Reifen vor der Klinik hielt, wurde ich bereits von meinem Onkel und zwei Pflegern erwartet.

„Weißt du wer sie ist?" fragte mich Friedrich, während die Pfleger das Mädchen vorsichtig aus dem Wagen hoben, es auf eine Bahre legten und mit ihr in der Ambulanz verschwanden.

„Nein. Sie hatte nur nen Rucksack dabei. Und reden ging gar nicht."

Was sie gesagt hatte, behielt ich lieber für mich.

„Ok. Schau mal ob du was findest. Ich muss nach der Kleinen sehen."

Damit lief er in die Klinik.

Ich holte mir zitternden Händen den Rucksack aus dem Kofferraum.

Alles darin war triefend nass.

Ein wenig Ersatzwäsche, die auch schon bessere zeiten gesehen hatten, ein dünner Pullover, eine Jeans mit löchern, war der ganze Inhalt.

Da! Eine Geldbörse.

Ein paar Cent, ein Ausweis, eine Krankenkassenkarte, und eine Bankkarte, mehr war da nicht drin.

Mia Berger, neunzehn Jahre alt, wohnhaft bei Hamburg.

Zumindest ein paar Angaben.

Und wenn ich an ihren ausgezehrten Körper dachte, war das Konto, das zu der Bankkarte gehörte, wahrscheinlich genauso leer wie ihre Geldbörse.

„Mein Gott Mädel," dachte ich.

„Was ist nur mit dir passiert?"

Ich hatte eine Gänsehaut von Kopf bis Fuß dabei.

In der Hosentasche fand ich dann noch eine Bahnfahrkarte. Scheinbar war Mia bereits seit Wochen unterwegs.

Mit den Papieren in der Hand ging ich in die Klinik.

Ihre Klamotten waren nur noch was für die Tonne.

Ebenso der Rucksack.

Fast zwei Stunden wartete ich, bis Onkel Friedrich aus dem Behandlungsraum kam.

Schnell sprang ich auf, lief zu ihm hin.

Sein Gesicht verriet nichts Gutes.

„Wie geht es ihr?" fragte ich.

„Ein paar Stunden später und sie wäre tot gewesen."

Ich erschrak.

„Und ich weiß nicht, ob sie es überhaupt schafft,"

meinte er.

„Sie hat eine schwere Lungenentzündung. Fast zweiundvierzig Fieber. Dazu noch schwere Unterernährung und ist dehydriert. Was die Kleine braucht, ist ein Wunder."

Die Nachricht war wie ein Tritt in den Magen.

War ich zu spät gekommen?

Und die schlechten Nachrichten nahmen kein Ende.

„Bei der Untersuchung haben wir Spuren schwerer Misshandlung festgestellt. Quetschungen, Hämatome

und auch ein paar Brandwunden wie von Zigaretten."

Mir wurde schlecht.

Mein ganzer Körper zitterte.

Ich musste mich setzen.

„Zumindest sexuell scheint sie nicht missbraucht worden zu sein."

Sollte das jetzt ein Trost sein?

Nicht wirklich.

„Hast du inzwischen irgend was gefunden, was auf ihre Identität hinweist?" wollte mein Onkel wissen.

Stumm reichte ich ihm die gefundenen Unterlagen.

„Wird sie wieder gesund?"

Ich konnte nichts dagegen tun, das ich anfing zu weinen.

„Biggi. Ganz ehrlich. Ich weiß es wirklich nicht. Aber sie hat eine Chance. Vielleicht hast du sie gerettet,"

versuchte er mir Mut zu machen.

„Wir haben sie an den Tropf gehangen und vorsichtshalber ins künstliche Koma versetzt. Wenn ihr kleiner Körper noch irgendwo Energien aufbringen kann, schafft sie es.

Wir können nur unterstützen. Aber sie ist hier in guten Händen."

„Ich weiß. Danke."

„Fahr nach Hause, Biggi. Hier kannst du ja doch nichts mehr machen. Ich halt dich auf dem Laufenden."

Onkel Friedrich drückte mich noch, dann verschwand er im Gebäude.

Und ich???

Ich stand noch minutenlang versteinert da, versuchte alles zu begreifen und zu ordnen.

Völlig aufgewühlt setzte ich mich in meinen Wagen und fuhr die paar Kilometer bis zu meinem Haus.

Ich saß in meinem dunklen Wohnzimmer, starrte Löcher in die Luft und fragte mich immer wieder :

„Wer tut so was nur einem jungen Mädchen an??"

Es gibt soviel Hass, Brutalität und schlechte Menschen auf der Welt.

Doch die waren für mich bisher immer nur ein Bericht in den Nachrichten, ein Absatz in der Zeitung gewesen.

Weit weg von mir.

Und nun wurde ich zum ersten Mal mit dem konfrontiert,

was Menschen anderen Menschen antun konnten.

Ein Stück meiner bisher heilen Welt war zerbrochen.

Stumm liefen Tränen aus meinen Augen.

So saß ich zusammengesunken einfach nur da.

Es muss so gegen drei Uhr morgens gewesen sein, als ich hörte, das die Haustüre aufgeschlossen wurde und Andy herein kam.

Wir hatten schon immer irgendwie so was ähnliches wie eine telepathische Verbindung gehabt. Wussten, sogar aus der Ferne, wenn es dem anderen schlecht ging, er Hilfe brauchte.

„Oh Andy."

Heulend hing ich an seinem Hals.

„Setz dich Biggi. Ich mach erst mal Kaffee."

Mit zwei großen Kaffeebechern kam er kurz drauf aus der Küche.

„Ich spürte, das was schlimmes passiert ist," erklärte er.

„Willst du mir davon erzählen?"

Stockend, immer wieder von Weinkrämpfen unterbrochen,

schilderte ich Andy, was in den letzten Stunden geschehen war.

Mit bleichem Gesicht hörte er geduldig zu, unterbrach nicht ein Mal.

„Biggi. Du darfst dir keine Vorwürfe machen," meinte er.

„Ohne dich,dein sofortiges Eingreifen, hätte Mia niemals eine Chance gehabt. Du warst zur rechten Zeit am rechten Ort. Du kannst nur abwarten, hoffen das sie es schafft."

„Ich weiß Andy. Aber ich fühle mich so verdammt hilflos."

„Wenn sie es schafft, wie soll es dann weiter gehen?"

wollte er wissen.

Darüber hatte ich mir auch schon ein paar Gedanken gemacht.

„Ich denke, ich werde sie zu mir nehmen, bis das sie wieder völlig in Ordnung ist. Wenn sie es denn möchte."

„Gute Idee," meinte er. „Nur bitte überfordere dich nicht damit."

„Ich passe schon auf mich auf."

„Na ja. Und dein Liebesleben wird darunter natürlich auch leiden," grinste er.

„Welches Liebesleben denn?" fragte ich.

„Du weißt doch selber, das ich seit Jahren keinen Freundin mehr hatte."

„Ja. Darum bist du ja auch so ne Zicke."

„Blöder Arsch," pflaumte ich ihn an, musste dann aber doch selber lachen.

Andy schaffte es tatsächlich immer, mich wieder

aufzubauen.

„So gefällst du mir schon besser, Schwesterchen,"

meinte er lächelnd.

„Lass dich knuddeln du Doofmann."

Und seine Umarmung gab mir wieder Hoffnung, das

Mia es schaffen könnte.

Irgendwann packte mich Andy dann ins Bett und fuhr heim.

Und in meinen Träumen sah ich immer wieder die kleine Mia, ihre großen traurigen Augen.

Augen, die jeglichen Glanz verloren hatten.

Augen, die keine Hoffnung, keine Lust am Leben, keine Neugier mehr kannten.

Wunderschöne, aber tote Augen.

Und mein fester Wille war es, diesen Augen wieder Leben einzuhauchen. Sie sollten das wieder tun, wozu sie doch eigentlich geschaffen waren.

Vor Liebe und Glück strahlen.

Was das alles allerdings bedeuten würde, welche Konsequenzen es zur Folge haben sollte, daran dachte ich damals noch nicht.

Als ich erwachte, war es früher Nachmittag.

Ein paar Mails aus meiner Firma wurden beantwortet.

Die Aufträge, die ich auf der Messe ergattern konnte, wurden weitergeleitet und mitgeteilt, das ich erst mal von zu Hause aus arbeiten würde.

Dann griff ich zum Telefon.

Es dauerte etwas, bis das ich Friedrich am Rohr hatte.

„Zustand von Mia weiter kritisch. Aber sie scheint auf

die Behandlung anzusprechen," so das Update.

„Ich komme," meine Antwort.

Der Anblick konnte schrecklicher kaum sein.

Bleich und dürr lag sie da.

Mehrere Schläuche an ihren Venen, eine Magensonde in der Nase. Doch der Puls war regelmäßig und ihr Brustkorb hob und senkte sich regelmäßig. Das Fieber war leicht gesunken.

„Sie ist jung und stark. Sie wird es schaffen."

Mit diesen Worten kam mein Onkel ins Krankenzimmer.

Dankbar sah ich ihn an.

„Wir haben ihren Zustand und alle Verletzungen dokumentiert und fotografiert. Dem Schwein, der ihr das angetan hat, gehören alle Knochen gebrochen."

Onkel Friedrich hatte teilweise recht drastische Vorstellungen, was Gewalttäter betrifft.

Doch diesmal musste ich ihm uneingeschränkt recht geben.

Ein paar Stunden saß ich an Mia´s Bett, hielt ihre Hand.

Eine sehr zarte Hand.

Wie geschaffen zum streicheln.

Solche Hände sollten sich niemals zu Fäusten ballen müssen, um sich durchs Leben kämpfen zu müssen.

Ich glaube, als ich abends nach Hause fuhr, war ich mit mir wieder im Reinen.

In den nächsten Tagen pendelte sich mein Leben wieder ein. Bis zum späten Mittag war ich in der Firma, danach bis Abends in der Klinik und fuhr dann nach Hause.

Auch schlafen ging wieder besser.

Keine Albträume mehr.

Nur ihre Augen geisterten noch durch meine Gedanken, strahlten aber zunehmend Hoffnung aus.

Knapp zwei Wochen lag Mia schon im Künstlichen Koma.

Ihre Werte hatten sich wesentlich gebessert, die Lungenentzündung war abgeklungen und durch die künstliche Ernährung sah sie nicht mehr ganz so dürr aus.

Überhaupt, wenn man sie sich mit Normalgewicht vorstellte, musste ich neidlos anerkennen, das vor mir im

Bett eine sehr schöne junge Frau lag. Auch die dunklen Ringe um die Augen waren nahezu verschwunden.

Und ich sah sie gerne an, stellte mir ihr fröhliches Lachen vor. Und dabei wurde mir warm ums Herz.

Allerdings stellte ich bei mir mit Erschrecken fest, das ich auf dem besten Weg war, mich in Mia zu verlieben.

Dabei wusste ich doch eigentlich Nichts über sie.

Und schon gar nicht, ob sie auf Männer oder Frauen steht.

Alles in Allem eine scheiß Situation.

Aber bevor ich mir darüber weitere Gedanken machen wollte, galt es Mia wieder auf einen guten Weg zu bringen.

Ich wollte gerade Feierabend machen, als mein Telefon klingelte.

Onkel Friedrich war dran.

„Kommst du gleich?" wollte er wissen.

„Natürlich. Wieso?"

„Dann warten wir noch auf Dich."

„Ist was Passiert?"

Mein Herz schlug wie wild.

„Nein, nein. Wir holen sie gleich aus dem künstlichen Koma."

„Bin unterwegs."

Gespannt saß ich neben dem Krankenbett, während die Infusion durchlief, die Mia erwachen lassen sollte.

Es dauerte fast eine Stunde bis das ihre Lider zu flattern anfingen.

Eine Stunde, in der ich ihre Hand hielt und streichelte.

Eine Stunde, die mir wie eine Ewigkeit vorkam.

„Wo bin ich?" krächzte sie.

Und was tat ich?

Heulte vor Erleichterung wie ein kleines Kind.

Gott sei Dank war Friedrich anwesend.

„Im Krankenhaus, Mia. Ich darf doch Mia sagen?"

„Biggi hier," und er deutete auf mich: „hat dich gefunden und hergebracht."

„Wie lange schon?"

„Du warst fast zwei Wochen im künstlichen Koma," berichtete er.

„Du warst in einem sehr schlechten Zustand. Wie geht's dir?"

„Ganz....gut.....denke ich."

Man merkte deutlich, das sie noch sehr schwach war.

„Wir päppeln dich hier noch ein bisschen auf. Ich denke in einer Woche kannst du entlassen werden."

Panik flackerte in ihren Augen auf.

„Ich weiß doch nicht wohin," flüsterte sie.

„Du kommst natürlich zu mir," beeilte ich mich zu sagen. Und dann leiser und vorsichtiger.

„Wenn du möchtest."

„Danke.....Biggi?"

Ich nickte.

„Danke Biggi."

Mein Herz machte einen Satz.

„Schlaf noch was," flüsterte ich ihr zärtlich zu.

„Ich komm morgen wieder."

Müde schloss sie die Augen.

Ich konnte einfach nicht anders.

Sanft hauchte ich einen Kuss auf diese sinnlichen Lippen, strich ihr sanft übers Haar.

„Schlaf gut, Liebes."

Dann verließ ich den Raum, obwohl es mir sauschwer fiel.

Zu gern wäre ich bei ihr geblieben, hätte ihren Schlaf bewacht.

Aber wirklich Sinn gemacht hätte das nicht.

Friedrich hielt mich noch kurz auf.

„Ich finde es gut, das du sie zu dir nehmen willst. Pass bitte auf sie auf. Sie braucht jetzt jemanden, dem sie vertrauen kann."

Ich nickte zustimmend.

„Und bitte. Versuch heraus zu bekommen welcher Saukerl daran schuld ist. Ich hab schon meinen Schwager informiert. Es fehlt aber noch ihre Aussage um den Kerl zu kriegen."