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Sin-Skin - Sündige Haut Teil 01

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»Das ist schon O. K.«, sagte Miss Petty zu der Blondine und fegte die Scherben zusammen, »die vielen Eindrücke überfordern am Anfang jeden. Ms. Ox wird ihre Arbeit noch zu schätzen lernen.«

Als die Kosmetikerin gegangen war, schaute Miss Petty betroffen zu Vivian. Vivian wich dem Blick aus. Wahrscheinlich konnten Miss Petty und die blonde Dumpfbacke mit der Nagelfeile am allerwenigsten etwas für Vivians Zustand, sie gaben sich bei ihrer Arbeit alle Mühe. Vivian bereute ihre Reaktion, weil ihre Wut die falschen traf. Sie zog einen Stift aus der Brusttasche von Miss Pettys Schwesternuniform und ehe die Schwester einschreiten konnte, schrieb Vivian auf ihre Handfläche: »will chef sprechen!«

Vivian verstand Miss Pettys Aufregung über solch einen bescheidenen Wunsch erst nicht. Dann wurde ihr klar, dass ihre Betreuerin eine Heidenangst davor hatte, dass die Schrift nicht mehr von der ehemals makellos weißen Handfläche entfernt werden konnte. Sie wusch Vivians Hand mehrmals mit Seifenwasser und hatte kaum Erfolg.

»Verträgt die künstliche Haut Reinigungsalkohol?«, fragte Miss Petty fast schon flehend. Vivian wusste die Antwort aus ihren Tierversuchen, schenkte Miss Petty aber ein arrogantes Schulterzucken. Vivian genoss diese Situation. Es war falsch, sich mit der Person anzulegen, die jedes noch so intime Detail des Alltages beeinflussen konnte, aber endlich hatte Vivian mal wieder das Gefühl etwas in der Hand zu haben, anstatt vollkommen von anderen abhängig zu sein. Schließlich nahm sie den Desinfektionsalkohol, schüttete ein paar Tropfen auf ihre Hand und wusch die Schrift rückstandslos ab.

***

Am nächsten Morgen wurde Vivian von Miss Petty mit der gleichen freundlichen Distanz geweckt wie all die Tage zuvor -- nachtragend war sie offenbar nicht. Sie fütterte Vivian mit Nahrung, Flüssigkeit und Medikamenten, während Harn und Stuhl vollautomatisch abgeführt wurden.

»Wir müssen sie anziehen, Miss Ox. Sie haben einen Termin bei Mr. Reel«, sagte Miss Petty schließlich. Sie koppelte die Schläuche von Vivians unteren Körperöffnungen ab und löste die Gurte, mit denen Vivian immer an ihrer jeweiligen Liege fixiert war, bevor sie Vivian beim Aufstehen half.

Um Vivians schmale Taille schloss sie einen kurzen Tellerrock aus violettem Latex. Dazu bekam sie ein bauchfreies Oberteil mit Neckholder, das ebenfalls aus violettem, hauchdünnem Latex gefertigt worden war. Bauchfreie Outfits hatte sich Vivian wegen des kleinen Bauchansatzes früher nie gewagt zu tragen. Trotz konsequentem Training hatte Vivian den Bauchspeck nie ganz wegbekommen. Seit dem "Unfall" hatte sie abgenommen. Ihre trainierten Bauchmuskeln zeichneten sich wohlgeformt unter ihrer straffen weißen Haut ab.

Vivian redete sich ein, einen Unfall gehabt zu haben. Es war ein Moment der Unachtsamkeit, der die Katastrophe ausgelöst hatte, und nun kämpfte sie sich in kleinen Schritten zurück in die Normalität. Immerhin hatte sie jetzt wieder Finger- und Fußnägel, konnte laufen und ... schön aussehen.

***

Sie wurde von zwei Sicherheitsangestellten durch die Flure des Gebäudes geführt. Barfuß in einem Röckchen, das ihre Pobacken kaum verdeckte und mit einem roten Plug im Po, der sich deutlich von ihrer weißen Hautfarbe abhob, betrat sie den Aufzug, der direkt in das Besprechungszimmer des Topmanagers führte. Als sich die Türen öffneten, blickte sie in einen geschmackvoll eingerichteten Raum mit mehreren bequemen Lehnstühlen. Auf einem der Stühle saß bereits eine Frau. Vivian fühlte den weichen Teppich unter ihren Fußsohlen und ging lautlos zur Sitzgruppe. Die beiden Sicherheitsmitarbeiter blieben vor dem Fahrstuhl stehen.

Auf dem Beistelltisch lag ein Tablet Computer. Daneben stand ein weißer Dildo, der anatomisch einem stattlichen Penis im erigierten Zustand entsprach. Der Dildo war durch einen großen Saugnapf sicher auf der Tischplatte befestigt. Eine dunkelhaarige Frau starrte den Dildo von ihrem Platz aus an, wie eine Hungrige eine Schale Süßigkeiten anstarren würde. Da Vivian nicht imstande war, sich verbal zu äußern, klopfte sie dezent auf den Tisch. Die Frau riss den Kopf mit wirbelnden Haaren herum, als fühle sie sich ertappt. Vivian winkte und versuchte, ihre prallen und tiefroten Lippen zu einem Lächeln zu verziehen.

»Hi, wow! Sie sind ... schon ... dran gewesen«, sagte die Dunkelhaarige und ging vor Vivian auf die Knie, »entschuldigen sie meine Unaufmerksamkeit, bitte.«

Irritiert schaute Vivian von oben auf die dunkelhaarige Frau herab, die mit ihrer Pagenfrisur und dunkel umrandeten Augen zu ihr aufblickte. Die Frau hatte normale Haut mit einem südländisch dunklen Teint. Sie trug einen knielangen schmal geschnittenen Lederrock und eine weiße ärmellose Bluse. Das einzig schräge an ihrem Outfit, war das zweifingerbreite Lederhalsband mit dem Edelstahlring auf Höhe des Kehlkopfes. Vivian konnte keinen Verschluss an diesem Halsband erkennen, abgesehen von dem Edelstahlring, war das Halsband selbst ein makelloser Ring ohne Anfang und Ende. Vivian reichte ihr die Hand zum Gruß und nahm dann auf einem der gepolsterten Stühle Platz.

»Ich heiße Dora Lynx.«

Da Vivian sich nicht vorstellte, fragte Dora mit treuem Hundeblick: »Wenn ich die Klappe halten soll, sagen sie es, dann werden sie nicht bemerken, dass ich hier bin.«

Vivian öffnete ihren Mund und zeigte auf das Kupplungsstück des Schlauches, dann zuckte sie mit den Schultern.

»Wow! Sie sind schon so weit ... fortgeschritten. Ich warte noch auf meinen Termin. Sie müssen eine von den Ersten gewesen sein, oder?«

Vivian zuckte erneut mit den Schultern, sie ging davon aus, die Erste gewesen zu sein, war sich aber nicht sicher, welche Experimente der Konzern ohne ihr Wissen durchgeführt hatte. Die Anlagen, mit denen das von ihr entwickelte Verfahren an ihr durchgeführt worden war, machten nicht den Eindruck, als handele es sich um hastig zusammengebaute Prototypen. Durch Vivian fuhr ein stechender Schmerz der Erkenntnis.

»Hier, sie können doch schreiben, was sie sagen wollen«, sagte Dora und holte den Tablet Computer vom Beistelltisch.

»Ich heiße Vivian Ox. Ich habe die künstliche Haut erfunden«, tippte Vivian mit flinken Fingern. Die langen Spitzen ihrer künstlichen Fingernägel klackerten auf dem Display.

»Sie sind ein Genie«, sagte Dora und duckte sich in ihrer knienden Pose noch tiefer.

»Bitte setzen Sie sich, ihr devotes Gehabe macht mich nervös«, tippte Vivian.

Dora kam dem Wunsch mit willfähriger Hektik nach. Kaum saß sie auf dem Lehnstuhl neben Vivian, betrat Mr. Reel den Raum.

»Wie ich sehe, haben sich die Damen schon kennengelernt«, sagte er in einer staatsmännischen Geste. Dora rutschte von der Sitzfläche und kniete sich vor Mr. Reel.

»Bitte. Miss Lynx, sie dürfen natürlich auch sitzen«, sagte er und nahm gegenüber den Damen auf der anderen Seite des niedrigen Tisches Platz.

»Ist es so weit? Bin ich jetzt dran?«, fragte Dora, während sie Platz nahm, »ich bin so aufgeregt, die Erfinderin von Sin-Skin persönlich kennenzulernen.«

Vivian stutzte. Sie hatte den Begriff "Sin-Skin" noch nie gehört. Allgemein sprachen die Beteiligten von künstlicher Haut oder definierten es etwas wissenschaftlicher als biopolymere-symbiontische-multifunktionale-Dermalmembran. Vivian konnte den Gedanken nicht fortführen, da Mr. Reel weitersprach: »Nachdem sie die Arbeit von Miss Ox schon kennen, sollten sie etwas über ihre Forschung erzählen, Miss Lynx.«

Mr. Reel übergab das Wort an Dora Lynx und tippte eine Nachricht auf seinem Smartphone. Dora drehte den Kopf zu Vivian: »Oh, Entschuldigung. Ich bin Neuroinformatikerin und habe ein Verfahren entwickelt, durch das selbstlernende neuronale Netze mit den höheren Hirnfunktionen interagieren können. Es hat bei Ratten und Affen funktioniert. Es wird auch bei Menschen funktionieren, da bin ich mir sicher. Aber ich werde die Arbeit nicht veröffentlichen, denn in den falschen Händen wäre es eine schreckliche Waffe.«

Auf dem Tablet, das Vivian noch in den Händen hielt, erschien eine neue Textzeile.

»Sie glaubt das wirklich. ... Der Chip ist in ihrem Halsband, die Schnittstelle zwischen Hirn und Halsband ist im vierten Halswirbel«, stand da. Mr. Reel warf Vivian einen vielsagenden Blick zu. Vivian unterdrückte ihr Entsetzen und drehte das Tablet so, dass Dora nicht mitlesen konnte. Aber Dora schien sich nicht für das Display zu interessieren, sie sprach weiter: »... ich konnte Ratten dazu bringen, vor ihren Fressfeinden Männchen zu machen, anstatt die Flucht zu ergreifen. Stellen sie sich einmal vor, man könnte Menschen derart manipulieren -- sie würde es wahrscheinlich nicht einmal merken.«

»Starten sie die Musikdatei«, schrieb Mr. Reel und schickte die Nachricht mit einem Dateianhang an Vivians Tablet. Vivian startete den Dateianhang. Es war ein klassisches Klavierstück. Doras Redefluss kam ins Stocken, dann sagte sie verlegen: »Oh, das ist jetzt aber gemein.«

Vivian ließ die Musik weiterlaufen und schaute fragend zu Dora, deren Wangen rot wurden. Sie fuhr sich mit der Hand über ihr Dekolletee und öffnete einen Knopf ihrer Bluse, als wäre ihr zu warm. Mr. Reel schickte eine weitere Nachricht an Vivian: »Chopin wirkt direkt auf ihre sexuellen Neurotransmitter.«

Dora öffnete einen weiteren Knopf ihrer Bluse, ließ sich erneut von der Sitzfläche rutschen und ging auf allen vieren zu dem Beistelltisch, auf dem der weiße Dildo stand. Sie küsste den Schaft mit geschlossenen Augen über die gesamte Länge, bevor sie mit der Zunge zärtlich über die Spitze leckte, dabei floss ihr der Speichel aus dem Mundwinkel. Vivian beobachtete Mr. Reel, dessen Interesse vorerst Dora galt und sah in seinen Augen eine kalte Freude. Die erotischen Avancen, die Dora dem Dildo machte, ließen ihn unberührt. Er war entweder asexuell oder Asket oder ein asexueller Asket. Ihn interessierte die Darbietung nur insofern, als das sich alles nach seinen Vorstellungen entwickelte.

»Solange Chopin spielt, ist Miss Lynx abgelenkt«, sagte er und drehte den Kopf zu Vivian, »wie ich sehe, machen sie Fortschritte mit ihrer neuen Situation.«

»Was ist mit meiner Würde als Mensch. Das Recht auf Selbstbestimmung?«, tippte Vivian in das Chatprogramm. Der Manager lächelte: »Zuerst würde mich interessieren, wie es mit ihrer Würde als Frau bestellt ist.«

Vivian war von der Aussage überrascht und blickte an sich herunter. Sie saß breitbeinig mit einem knappen Röckchen vor einem Mann in einem Maßanzug. Erschrocken schlug sie die Beine übereinander. Warum war ihr das nicht aufgefallen? Sie hatte schon als kleines Mädchen gelernt, die Beine geschlossen halten zu müssen. Erst recht, wenn sie kurze Röcke oder Kleider trug. Konsterniert versuchte Vivian, ihre Gedanken zu ordnen. Der erste Anlauf in ihrem Kampf um ihr Recht war ins Leere gelaufen.

Der Manager erhob das Wort, bevor sich Vivian gesammelt hatte: »Dann würde mich noch interessieren, mit welchem Interesse sie Miss Lynx unnötig lange demütigen. Sie könnten das Musikstück stoppen und Miss Lynx somit eine würdevolle Teilnahme an diesem Gespräch ermöglichen. Offenbar genießen sie das Gefühl der Macht? Dabei hätte ich vor allem von ihnen ein gewisses Mitgefühl erwartet.«

Mr. Reels fadenscheinige Rhetorik brachte Vivian aus dem Konzept. Vivian tippte auf dem Tablet herum und versuchte, die Musikdatei zu stoppen, schloss dabei aber das Chatprogramm und fand das Icon nicht, um die App erneut zu öffnen. Chopin spielte unterdessen weiter. Der Manager erhob sich und nahm Vivian das Tablet aus den Händen. Mit einem gezielten Fingertipp stoppte er die Musik.

»Miss Ox, sie sind auf ihrem Gebiet genial, genauso wie Miss Lynx auf ihrem. Während Miss Lynx sich danach sehnt, in den Genuss ihrer Arbeit zu kommen, bin ich mir nicht sicher, ob sie an der Forschung von Miss Lynx teilhaben möchten. Diese neuronale Schnittstelle würde sie zwar deutlicher kooperativer werden lassen, aber sie schränkt die Kreativität ein.«

Vivian wollte auf keinen Fall ein Halsband mit einem Chip. Aber sie wollte sich auch nicht kampflos fügen. Vorwurfsvoll öffnete sie ihren Mund und zeigte auf den Schlauch.

»Körperöffnungen sind noch ein Problem von Sin-Skin, Miss Ox -- das wissen Sie am besten. Wir finden für jede Körperöffnung eine individuelle Lösung und wir werden darin immer besser«, sagte Mr. Reel und wirkte dabei aufrichtig besorgt. Vivian war nicht der Meinung, dass es Probleme gab, die man lösen musste. Die Schläuche und Ventile empfand sie als Schikane, um sie in eine maximale Unselbstständigkeit zu treiben. Vielleicht gab es aber doch Probleme, von denen sie nichts wusste. Und offenbar war sie nicht die erste Person, die diesen Prozess durchlief. Vivian kam sich gegenüber dem Manager klein und hilflos vor. In ihrem Outfit kam sie sich wie ein billiges Flittchen vor, das nicht einmal Schuhe trug.

Zu gerne hätte sie ihre Fragen in den Tabletcomputer getippt, aber der Manager hatte das Gerät hinter sich auf den Tisch gelegt und begann zu reden: »Sehen sie denn nicht auch die Vorteile? Sie werden niemals Falten bekommen. Mit etwas Disziplin und Sport werden sie bis ins hohe Alter wie eine junge Frau aussehen. Millionen Frauen träumen davon und sie zeigen nur auf die Nachteile.«

Er legte eine Pause ein, in der Vivian nachdachte. Das Gespräch entwickelte sich überhaupt nicht, wie sie es sich erhofft hatte, vor allem, weil sie sich nicht adäquat mitteilen konnte.

Dora kniete vor dem Dildo, der mit ihrem Speichel überzogen war, und schien zu überlegen, was sie hier tat. Mr. Reel zeigte auf Dora und erklärte Vivian: »Sie dürfen nicht denken, dass sie dumm ist, weil sie das tut. Sie ist hochintelligent und es bereitet ihr aufrichtig Freude, sonst würde sie es nicht tun. Seien sie sich gewiss, dass wir die Fürsorgepflicht gegenüber unseren Mitarbeitern nicht vernachlässigen, sie müssen uns aber die Gelegenheit geben, geeignete Verfahren zu entwickeln.«

Vivian konnte dem Manager nicht folgen. Sie tippte mit der Spitze ihres künstlichen Fingernagels gegen die Glaslinsen, hinter denen ihre Augen verborgen waren, und malte ein Fragezeichen in die Luft.

»Ach wissen sie Miss Ox«, sagte Mr. Reel und legte sich die weiteren Worte bewusst zurecht, bevor er sie aussprach, »In der Marketingabteilung waren sich alle einig, dass eine weinende Puppe der absolute Stimmungskiller wäre.«

*

Als Mr. Reel den Raum verlassen hatte, saß Vivian reglos auf ihrem Stuhl. Ihre Beine waren züchtig übereinandergeschlagen und sie fragte sich, warum sie nicht von Anfang an in dieser Pose Platz genommen hatte. Das knappe Latexoutfit war ohnehin schon aufreizend genug und ihr neues Permanent Make-up musste selbst bei einem Asketen wie Mr. Reel Empfindungen auslösen.

Vivian erinnerte sie sich an die Pressekonferenz des Konzerns -- an den letzten Abend ihres alten Lebens. Sie war überrascht, dass Mr. Reel alle Hoffnungen der Journalisten zerschlug, die darauf abzielten, dass die künstliche Haut Linderung oder Heilung für Millionen von Patienten bedeuten könnte. Der Manager wies darauf hin, dass eine Anwendung am Menschen noch ungewiss sei und wenn, dann wäre solch eine Behandlung für die meisten Menschen nicht bezahlbar. Irgendwann fiel ihm Vivian ins Wort und erklärte vor aller Welt, dass die Zellkulturen recht einfach herzustellen seien. Weiter kam sich nicht mit ihren Ausführungen, denn dann wurde ihr Mikrofon abgeschaltet. In dem Saal brach ein Tumult aus, weil die Reporter hören wollten was Vivian zu sagen hatte. Schließlich rief sie gegen das Stimmgewirr: »zur Not schaffe ich es alleine, zum Wohle der Menschheit!«

Nach diesem heroischen Versprechen wurde die Veranstaltung abrupt beendet. Vivian wurde von einem großen Aufgebot an Bodyguards zur wartenden Limousine gebracht, die sie aus dem Gefahrenbereich bringen sollte. Bei dieser Fahrt geschah der Unfall, bei dem sie für den Rest der Welt gestorben war.

Dora sah Vivians traurigen Blick und kam auf den Knien zu ihr.

»Sie müssen nicht traurig sein, es gibt für alles eine Lösung. Wenn wir erst einmal fertig sind, haben wir viel Spaß und nie wieder Sorgen.«

Vivian sah aus wie eine Puppe und Dora verhielt sich wie eine Aufziehpuppe. Sie ahnte langsam, dass der Konzern mit ihrer Entdeckung ganz andere Absichten verfolgte, als sie sich erhofft hatte.

***

Vivian wurde von den Sicherheitsangestellten zurück in den Fahrstuhl gebracht der sie in die Untergeschosse des Zentralgebäudes brachte, in der sie seit ihrem Unfall untergebracht war. Sie erreichten einen fensterlosen Raum, dessen Wände, Boden und Decke in strahlendem Weiß gehalten waren. Vivian sank mit ihren nackten Füßen etwas in dem weichen Boden ein, als würde sie auf Schaumstoff laufen, die Wände waren auf die gleiche Art gepolstert. Gegenüber der Tür stand eine futuristische Liege, die mit weißem Leder überzogen war.

Miss Petty stand neben der Liege und begrüßte Vivian. Die Sicherheitsmitarbeiter blieben im Flur zurück und schlossen die Tür von außen.

»Das ist ihr neues Reich«, sagte Miss Petty, »nehmen Sie bitte Platz, dann zeige ich ihnen die Funktionen.«

In der Liege war die Sitzfläche der tiefste Punkt. Der Teil für Rücken und Kopf konnte in seiner Neigung stufenlos verstellt werden. Die Liegefläche für die Beine war zweigeteilt und ebenfalls höhenverstellbar. Als Vivian in Rückenlage Platz genommen hatte, lagen ihre Beine leicht gespreizt und etwas erhöht auf den jeweiligen Polstern. Dazwischen ragte ein Turm auf. Der Turm beinhaltete unter anderem die Anschlussstücke für die Ventile ihres Buttplugs und der Harnröhre.

Miss Petty koppelte die beiden Schläuche an Vivians Schnittstellen an und erklärte: »Wenn sie aufstehen möchten, können sie die Verbindungen alleine lösen. Solange sie sich entspannen, sollten sie immer angekoppelt sein.«

Vivian wartete darauf, mit Armen und Beinen auf der Liege fixiert zu werden, stattdessen schloss Miss Petty einen Schlauch an dem Verbindungsstück in Vivians Mund an und schwenkte ein großes gekrümmtes Display in Vivians Blickfeld.

»Lesen sie die Bedienungsanleitung und machen sie sich mit den Funktionen vertraut. Das Bedienmenü ist interaktiv. Benötigen sie noch etwas?«

Vivian war mit den vielen neuen Eindrücken überfordert. Sie schaute Miss Petty ratlos an. Der Versorgungsschlauch führte seitlich aus ihrem Mund, sodass sie die Lippen einigermaßen geschlossen halten konnte. Miss Petty verstand die nonverbale Botschaft und legte ihre warme Hand auf Vivians Stirn. In ihrem Blick war Mitgefühl.

»Sie werden bis morgen früh von niemandem mehr gestört. Machen sie sich mit den Funktionen der Liege und des Raums vertraut.«

So gefühlvoll war Vivian schon lange nicht mehr ins Bett gebracht worden. Als Miss Petty gegangen war, schaute sie noch einige Zeit zur Tür. Sie würde diese Tür nicht öffnen können, dazu musste Vivian nicht erst aufstehen, um sich davon zu überzeugen. Mit wenig Interesse startete Vivian das Tutorial auf dem Display vor ihren Augen und bekam die zahlreichen Funktionen der Liege vorgestellt.

Nachdem sie mit den grundlegenden Funktionen vertraut war, dimmte sie die Beleuchtung des Raums und änderte das Farbklima von dem grellen Weiß in ein warmes Orange. Sie konnte sogar Farbmuster an die Wände projizieren, die sich langsam bewegten und ineinander übergingen. Anschließend wählte sie ein Abendessen aus der Vielzahl an Menüs aus. Eigentlich war es egal, was sie auswählte, der Nahrungsbrei wurde direkt in ihren Magen gepumpt, da war die Geschmacksrichtung egal.

Während sich ihr Magen füllte, erkundete sie weitere Funktionen auf dem Display. Der Computer in der Multifunktionsliege war mit dem firmeninternen Netzwerk verbunden und sie hatte Zugriff auf ihre alten Arbeitsdaten. Sie fand die vollständige Dokumentation ihrer Forschungen und einige Zusatzdateien mit Ergänzungen. Wenn die Datumsangaben der Zusatzdateien stimmten, arbeitete ein Forscherteam schon seit Monaten heimlich mit ihren Ergebnissen an einer Anwendung bei Menschen.