Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Traumbaby

Geschichte Info
Franziska hat gute Nachrichten für ihre Freunde.
7.4k Wörter
4.1
14.3k
0
Teile diese Geschichte

Schriftgröße

Standardschriftgröße

Schriftabstand

Standard-Schriftabstand

Schriftart Gesicht

Standardschriftfläche

Thema lesen

Standardthema (Weiß)
Du brauchst Login oder Anmelden um Ihre Anpassung in Ihrem Literotica-Profil zu speichern.
ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

"Für mich nicht, bitte", hält Franziska die Hand über ihr Weinglas und senkt mit einem unmerklichen Lächeln den Blick. Hendrik zögert nur kurz und geht dann weiter zu Franziskas Mann, Lorenzo. Wohlwollender Gastgeber, der er ist, gießt Hendrik das Glas extra voll, denn er ist sich sicher, dass sein bester Freund den Anteil seiner Frau gerne übernimmt. Das würde bestimmt noch ein lustiger Abend werden.

Im Gegensatz zu ihrem Partner Hendrik muss Jenny stutzen. Das ist so gar nicht Franziskas Art, schon beim Aperitif zu kneifen. Sie sieht ihr fragend in die Augen, als Franziska ihren Blick wieder hebt. Franziska errötet leicht und streicht sich verlegen eine ihrer langen, blonden Haarsträhnen hinter das Ohr. Jenny kann nicht anders, als wissend zu grinsen. Das würde definitiv noch ein interessanter Abend werden.

„Wie schön, dass wir es endlich mal wieder alle geschafft haben. Euch beiden tausend Dank für die Einladung und die ganze Mühe", ergreift Franziska das Wort und hebt leicht verwirrt ihr leeres Glas. Sie zupft nervös an ihrem Top herum und greift nach Lorenzos Hand: „Also, zu allererst haben wir eine Ankündigung zu machen." Dabei lächelt sie gequält, während Jenny sie mit großen Augen auffordernd anstrahlt.

„Also ... es hat endlich geklappt. Ich bin schwanger!"

Jetzt ist es raus. Franziska atmet aus und lächelt verlegen in die Runde. Gleichzeitig springt Jenny auf, wirft sich über den Esstisch und fällt ihrer Freundin um den Hals. Hendrik hat alle Mühe, die Weinflasche zu retten, während Lorenzo in die Runde strahlt. Er legt dabei gedankenverloren seine Hand auf seinen Bauchansatz, der deutlich sein weißes Hemd spannt.

Nachdem sich alle etwas beruhig haben, gibt Franziska die Eckdaten bekannt: Sie ist jetzt in der zehnten Woche, alles sieht gut aus und bald kann sie Ultraschallbilder zeigen, auf denen wirklich etwas zu erkennen ist.

Jenny freut sich sehr für ihre Freundin. Seit der Hochzeit hat Franziska Jenny immer mehr in die Zukunftsplanung eingeweiht. „Weil ich Grundschullehrerin bin, hält sie mich wohl für eine Expertin für Kinder", hat Jenny kopfschüttelnd gedacht. Aber sie hat sich trotzdem geschmeichelt gefühlt, ins Vertrauen gezogen zu werden.

„Mensch, das war jetzt aber plötzlich. Ich hatte schon angefangen, mir Sorgen zu machen. Ihr habt es ja schon eine ganze Zeit vergeblich versucht."

„Hat grade noch rechtzeitig geklappt. Als nächstes wäre das Spermiogramm fällig gewesen", sagt Lorenzo jovial und fügt zu Hendrik gewandt hinzu: „Du hast mich gerettet, Alter. Kann mich gar nicht genug für deine tatkräftige Unterstützung bedanken!"

Hendrik und Jenny gucken fragend, während Franziska die Augen verdreht und erklärt: „Diesen doofen Witz muss ich mir seit Wochen anhören. Hab schon darauf gewartet, dass der Blödmann den hier vom Stapel lässt. Rechnet doch mal. Vor ziemlich genau zehn Wochen habe ich mir mit Hendrik das Zimmer in diesem ranzigen Gasthof geteilt, als wir zusammen auf dem Kongress waren. Wir mussten sogar gemeinsam in einem Bett schlafen, weil es kein Zweites gab."

Jenny lacht entgeistert und sieht Hendrik mit großen Augen an, die durch ihre Brille noch größer wirken. Es ist undenkbar, dass er ... Der wird rot, öffnet den Mund, um etwas zu sagen, lässt es dann aber bleiben. Lorenzo hingegen dreht sich weg und hat mit dem Lachen zu kämpfen.

„Alles gut", wiegelt Lorenzo ab. „Ist ja nur ein Spaß und, gebe ich zu, nicht der Beste. Ich bin mir außerdem ziemlich sicher, dass es von mir ist. Franzi und ich haben es noch einmal richtig krachen lassen, bevor sie gefahren ist."

Damit zieht er seine Frau an sich und gibt ihr einen versöhnenden Kuss aufs Ohr mitten auf den Perlohrring. Franziska verdreht noch einmal die Augen, ergänzt dann aber beflissentlich:

„Wir hatten schon Angst, weil meine fruchtbaren Tage genau auf die Woche des Kongresses gefallen sind. Aber offenbar hat unser Frühsport vorgehalten, auch wenn ich fast meinen Zug verpasst hätte."

Dabei kichert sie mädchenhaft und indem sie Lorenzo in die Seite boxt: „Siehst du, Schatz, wie schnell sich die Ernährungsumstellung ausgezahlt hat."

„Das können wir dann ja wieder sein lassen", erwidert der Angesprochene leicht säuerlich. „Ich bin nur froh, dass das Rammeln auf Termin jetzt ein Ende hat. Das hört sich zwar in der Theorie gut an, ist in Wirklichkeit aber die Hölle. Als Mann habe ich auch Gefühle und kann nicht auf Befehl."

„Och, du Armer", tätschelt ihm Franziska die Wange mit dem dunklen Bartschatten und alle fangen laut an zu lachen.

***

Als sie aufgegessen haben, nimmt Jenny Franziska an die Hand und zieht sie in die Küche. Für das Gespräch unter Freundinnen können sie keine männlichen Zuhörer gebrauchen. Die Spülmaschine, die sie einräumen werden, ist für ihre Verschwiegenheit bekannt.

„Und bist du schon aufgeregt?", steigt Jenny in das Verhör ein. „Wie du das alles geplant hast mit deiner Dissertation, Lorenzos Job und dem Umzug, hast du mir ja schon erzählt. Ich hoffe nur, du bist immer noch so enthusiastisch, jetzt wo es wirklich losgeht. Wie lange weißt du es denn eigentlich schon?"

„Wir sind immer noch total happy, vielleicht noch mehr als am Anfang. Die kleine Verzögerung hat uns klar gemacht, dass wir wirklich ein Kind wollen. Lach mich nicht aus, aber ich habe sofort gewusst, dass es dieses Mal geklappt hat. Schon während des Kongresses habe ich gespürt, dass etwas anders ist."

„So, so, gespürt? Im Uterus etwa?", murmelt Jenny skeptisch in die Spülmaschine hinein.

„Ich weiß selbst, wie lange es dauert, bis das mit der Einnistung losgeht. Aber während des gesamten Kongresses war ich irgendwie kribbelig. Das fing schon in der ersten Nacht an, als ich allein auf dem Zimmer war.

Ich bin ja einen Tag früher gefahren, um an der Eröffnung teilzunehmen. Die Keynote war zwar total langweilig, aber dafür waren einige der Kollegen schon da. Jedenfalls ist es ziemlich spät geworden und ich musste mir ein Taxi nehmen. Krieg ich nie bezahlt, aber egal.

Das Zimmer war ziemlich weit draußen an der Landstraße auf dem Dorf. Aber laut Hendrik das Einzige, das noch zu einem erschwinglichen Preis zu haben war. So ein alter Gasthof mit Kneipe und Fremdenzimmern. Ohne Scherz, das stand an der Tür."

„Nach kribbelig hört sich das aber bis jetzt nicht an", wendet Jenny ein. „Hendrik hatte schon vermutet, dass sich die Eröffnung nicht lohnt. Deshalb ist er ja erst für den zweiten Tag angereist."

„Dein Liebster will mir ja nie glauben, wie wichtig Networking ist. Aber egal.

An der Rezeption war so ein komischer kleiner Typ mit schütterem Haar. Gleichzeitig der Wirt von der Kneipe. Er kam von nebenan rübergeschlurft als ich geklingelt habe. Ich war nur froh, dass ich nicht in den Gastraum musste im Kleinen Schwarzen und Strumpfhose. Sein schmieriger Blick hat mir schon gereicht. Und als er mir den Schlüssel gegeben hat zur Honeymoon Suite, wie er es genannt hat, hat er anzüglich gegrinst und gefragt, ob ich mir denn alleine die Zeit zu vertreiben wüsste, bis morgen der Bräutigam käme."

Jenny guckt auf den Teller in ihrer Hand, auf dem noch ein halbzerkautes Stück Fleisch klebt, und verzieht das Gesicht.

„Du kannst dir vorstellen, wie ich da explodiert bin. Ich lass mich doch nicht von so einem alten Sack anmachen und was das mit dem Bräutigam sollte, habe ich auch nicht verstanden. Und da hat er sich so halb entschuldigt, vonwegen: sei ja nur Spaß gewesen und morgen sei dann ja alles wieder gut. Da ist mir nichts mehr eingefallen, ich hab mir den Schlüssel geschnappt und bin die Treppe hochgestampft. Einen Aufzug gab es natürlich nicht.

Auf halber Treppe hat mich dann ein Junge in einer Art Uniform überholt und mir den Koffer abgenommen und direkt vor mein Zimmer gestellt. Hat sich noch mal umgedreht, mir zugezwinkert und ist dann um die Ecke verschwunden. Ob der zum Hotel gehörte? Jedenfalls wusste er, welches mein Zimmer war."

Einen Moment ist Franziska in Gedanken versunken, als ob sie alles noch einmal erlebt. Dann fährt sie fort:

„Ich habe schon das Schlimmste befürchtet wegen des Zimmers. Wahrscheinlich ist der Gasthof das letzte Mal in den 60ern renoviert worden. Es sah überall so aus, wie im Eingangsbereich des Odeons, nur nicht so poliert, sondern eher abgewrackt. Wenn mir auf dem Flur Frauen im Trenchcoat begegnet wären, hätte ich mich nicht gewundert."

„Das Zimmer war dann aber super. Sehr groß, knarrendes Parkett und es roch nach Bohnerwachs und Lavendel. Es war zwar dunkel aber irgendwie gemütlich. Die dunkelgrüne Tapete hat das wenige Licht von den funzeligen Appliken fast ganz geschluckt. Die Möbel waren alles Antiquitäten und in der Mitte des Raumes stand als Hauptattraktion ein riesiges Himmelbett. Das musste ich mir in der nächsten Nacht mit Hendrik teilen. Am ersten Abend, als ich noch allein war, hab ich mich einfach hineinfallen lassen und war sofort weg."

„Dass das Zimmer so gediegen war, hat Hendrik gar nicht erzählt", wundert sich Jenny. „Kann man vielleicht auch nicht von jemandem erwarten, der den ganzen Tag in der Erde rumwühlt und bronzezeitliche Wallanlagen ausgräbt. Er hat nur was von alten Möbeln und einer Menge Bildern erzählt. Dabei habe ich mehr so an Jagdzimmer mit röhrendem Hirsch gedacht. Freut mich, dass du zufrieden warst. Aber den Kribbelfaktor sehe ich immer noch nicht."

„Der kam, als ich eingeschlafen war. Ich habe lange nicht mehr so intensiv geträumt."

Jenny leckt sich die Reste der Sahnesauce von den Fingern, die sie beim Stapeln der Teller abbekommen hat. Es sprudelte aus ihr heraus:

„Ich weiß, was du geträumt hast: dass Lorenzos Spermien wie aus einem Bomber über deiner Gebärmutter abspringen, um dein Ei zu befruchten. Und eines der Spermien, das mit der schwarzen Hornbrille, redet pausenlos von seinen Existenzängsten."

„Ja, ja, mach dich nur lustig. Mich beschäftigt der Traum immer noch. Es war der heißeste Traum, den ich je hatte. Und gleichzeitig war er irgendwie unheimlich. Ich weiß auch nicht."

Franziska wird still und als Jenny sich zu ihr umdreht, sieht sie, dass ihre Freundin gedankenverloren mit dem Finger über einen Teller malt, den sie in der Hand hält. Dabei schiebt sie ein von der Vinaigrette glänzendes Ruccolablatt hin und her. Jenny nimmt ihr den Teller bestimmt aus der Hand und räumt ihn in die Maschine.

„Das muss ja mindestens ein Gangbang gewesen sein, oder Bukake? Waren das schon die ersten Anzeichen der gestiegenen Schwangerschafts-Libido? Jetzt erzähl schon."

„Ich habe gesagt, dass es heiß war nicht ekelig!

Also, es war so ein verschachtelter Traum. Ich habe geträumt, dass ich nachts in dem Himmelbett im Gasthof aufwache, in dem ich ja auch wirklich geschlafen habe. Und ich liege komplett nackt, quer auf dem Bett und habe eine Hand an meiner Muschi und streichle mich."

Jenny schließt zur Sicherheit die Spülmaschine, lehnt sich neben Franziska an den Tresen und schaut zu ihrer Freundin, die mehr als einen Kopf größer ist, auf. Sie fühlt, dass sie Redebedarf hat. „Das hört sich wirklich heiß an ... für deine Verhältnisse."

„Danke!", erwidert Franziska mit einem leicht gekränkten Unterton. „Aber du hast ja recht, normalerweise rede ich nicht gern von solchen intimen Dingen.

Also ... ich streichele mich und werde immer erregter aber gleichzeitig auch immer frustrierter, weil ich merke, dass ich irgendwie keine Erlösung finden kann. Und dann wird es unheimlich: Ich spüre einen Blick und als ich den Kopf drehe, sehe ich diesen Mann ... also Lorenzo. Er sitzt im Sessel am Fenster und sieht mich an."

„Und dann", Franziska hat jetzt die Stimme so weit gesenkt, dass sie fast flüstert, „sehe ich mich selbst durch seine Augen auf dem Bett liegen. Und es fühlt sich so an, als ob er mich mit seinem Blick dirigiert: meine Hand an meine Brust führt und sie kräftig an den Nippeln ziehen lässt, eines meiner Beine an den Pfosten des Himmelbetts stellt, damit sich mein Schoß ganz weit öffnet und meine Finger schnell und hart über meine Perle reiben lässt.

Ich war Voyeur bei meiner eigenen Selbstbefriedigung. Ein ziemlich merkwürdiges Gefühl aber definitiv ein heißer Anblick."

„Habe ich wirklich so lange Beine?", unterbricht Franziska ihren Bericht und guckt Jenny dabei mit großen, blauen Augen an.

Jenny, die kurz ihre Finger abgespült hat, trocknet sie sich am Hosenboden ab und legt dann einen Arm um Franziska. „Ja klar, mindestens so lange wie Hendrik, nur viel schöner, weil weniger Haare", scherzt sie, ist sich aber nicht sicher worauf Franziska eigentlich hinaus will.

Darum nimmt Jenny einen neuen Anlauf: „Ich muss zugeben, so wie du das beschreibst, klingt es wirklich heiß. An Lorenzos Stelle wäre ich aufgesprungen und hätte dich ordentlich gefickt. Ich hätte dir sofort ein Baby gemacht, wenn du nicht schon schwanger gewesen wärst. Ein Traumbaby ..."

Franziska scheint Jennys flapsige Ausdrucksweise, die sie sonst gar nicht mag, überhört zu haben. Offenbar hat ihre Freundin genau das gesagt, was sie hören wollte.

„Ja, ich habe mich so nach seiner Umarmung gesehnt", kommentiert sie träumerisch. „Ich habe ihn gewollt wie nie zuvor und mein ganzer Körper hat gebebt, dass er mich endlich nimmt."

Dann verfinstert sich Franziskas Mine und sie sieht Jenny hilfesuchend an:

„Aber Lorenzo hat sich nicht bewegt. Er hat mich mit meinem Verlangen auf dem Bett liegen gelassen und mich nur weiter still beobachtet. Ich könnte schwören, er hat sogar unverschämt gegrinst. In dem Maße, wie meine Erregung gestiegen ist, bin ich wütender und enttäuschter geworden. Ich habe mich auf dem Bett gewunden und in die Kissen vergraben und gedacht: Wo zum Teufel ist mein Ehemann, wenn ich ihn am dringendsten brauche."

„Und was ist dann passiert?", fragt Jenny mit belegter Stimme jetzt ganz dicht an Franziska gelehnt.

„Ich kann mich an nichts mehr erinnern", lässt Franziska die Spannungskurve abrupt gegen Null sinken. „Irgendwann am Morgen bin ich in dem total zerwühlten Himmelbett aufgewacht, die Bettdecke war zwischen meine Beine geklemmt und ich habe ein bisschen gefroren, weil ich mir in der Nacht offenbar mein Nachthemd ausgezogen habe.

Aber ich hatte noch jede Einzelheit des abgebrochenen Traumes parat. Und ich war noch genau so unbefriedigt und erregt wie in der Nacht. Offenbar hatte mein nutzloser Ehemann seine Pflicht nicht erfüllt. Ich musste noch bis zur nächsten Nacht auf die Fortsetzung des Traums warten. Dann ist er endlich aktiv geworden, aber das wusste ich am Morgen ja noch nicht. Du kannst dir vorstellen, wie meine Stimmung war."

„Das war ja kein guter Start in den Tag", sagt Jenny und beginnt den Kaffee vorzubereiten.

„Ganz und gar nicht gut. Mir ist ein bisschen mulmig geworden, denn ich musste ja am Nachmittag meinen Vortrag halten. Wie sollte ich mich nach so einer Nacht auf die Lyoner Seidenweberinnen im Spiegel der spätmittelalterlichen Zunftordnungen konzentrieren.

Ich habe kurz überlegt, mich schnell anzuziehen, in die Stadt zu fahren und die ganze Sache zu ignorieren. Aber das schien mir dann doch zu riskant. Wer weiß, wohin meine Gedanken driften, sobald ich in einem der vielen langweiligen Vorträge sitze, habe ich gedacht. Auf diesen Kongressen muss man sich eine Menge Unsinn anhören, ohne dass man weglaufen darf.

Da habe ich mich lieber wieder unter die Bettdecke verzogen und noch einmal schnell das nachgeholt, was mir in der Nacht verwehrt geblieben ist. Ich habe das noch nie in einem Hotelzimmer gemacht. Das war mir immer zu unpersönlich und ich konnte mich nicht entspannen. Aber dieses Mal ging es ganz einfach und in zwei Minuten war ich fertig."

Den nüchternen Ton aufgreifend hakt Jenny nach, ob es funktioniert habe, worauf Franziska kurz zögert und dann antwortet:

„Erst einmal schon. Ich war hellwach und wieder total fokussiert. Ich bin noch eine Weile im Bett liegengeblieben, um in Gedanken den Vortrag durchzugehen. Zu meiner Erleichterung konnte ich mich an alles erinnern. Energiegeladen habe ich mich aus dem Bett geschwungen, um schnell zu duschen, da ..."

Franziska unterbricht sich und lächelt, als sie den Moment noch einmal heraufbeschwört.

„... da habe ich erst gemerkt, wer mir bei meiner morgendlichen Entspannungsübung alles zugeschaut hat.

Am Abend war ich ja gleich ins Bett gefallen. Jetzt bei Licht konnte ich sehen, dass eine Wand des Zimmers voller Ölgemälde und Schwarzweißfotografien hing. Und auf allen diesen Bildern waren junge Paare zu sehen. Manche guckten mich direkt an, mit glücklichen, strengen oder auch neutralen Gesichtern, andere hatten nur Augen füreinander. Die Männer und Frauen auf den alten Gemälden trugen kostbare Kleider, meist dunkle, schwere Stoffe; auf den Fotos waren die Männer im dunklen Anzug oder in Uniform und die Frauen im weißen Kleid mit mehr oder weniger aufwändigem Schleier zu sehen. Da habe ich begriffen, warum der Wirt das Zimmer Honeymoon Suite genannt hat.

Und auf einer Kommode lag auch noch so ein dickes Gästebuch mit Fotos und kurzen Widmungen. Von formalen Hochzeitsfotos aus den 50ern bis zu den ersten Farbfotos in den 70ern war alles dabei. Ein Pärchen, die sahen aus wie späte Hippies, hat sogar ein Polaroid von sich nackt in dem Himmelbett gemacht."

„Wow, ein kleines Hochzeitsmuseum", staunt Jenny, die begonnen hat, an der Espressomaschine herumzuhantieren.

„Ja, die Wand war echt beeindruckend. Viele der Gemälde sahen aus wie 17. Jahrhundert, ein besonders schönes sogar spätmittelalterlich. Ein Paar, das sich verliebt ansieht, beide mit langen, blonden Locken. Sie in einem langen roten Kleid, er im rot-weißen Rock und lustigen Schnabelschuhen. Der rotbraune Brokatstoff mit den Blumenmustern, aus dem je einer ihrer Ärmel bestand, könnte glatt aus Lyon stammen.

Auch die anderen Gemälde waren mit einem erstaunlichem Sinn fürs Individuelle komponiert. Einige sahen nach Hofmalerei aus. Ob derjenige, der sie hier zusammengetragen hat, die Sammlung im Schlossmuseum geplündert hat? Vielleicht waren es auch nur Kopien, aber dann richtig gute.

Du kannst dir vorstellen, wie fasziniert ich war, obwohl ich mir bis heute nicht erklären kann, wer das Zimmer so schön eingerichtet hat. Es passte halt so gar nicht zum übrigen Erscheinungsbild des Gasthofes.

Da bin ich selbst auch ein bisschen ins Träumen geraten. Ich habe an meine eigene Hochzeit gedacht und ich habe mich auf unser Baby gefreut, genau so wie wahrscheinlich die Paare auf den Bildern."

„Du meinst das Baby, von dessen Existenz du noch gar nichts wusstest", wirft Jenny ein.

„Ich gebe ja zu, ich habe es mir herbeigeträumt. Das war wohl Teil der Ahnung, die ich die ganze Zeit hatte. Aber das Resultat spricht für sich", erwidert Franziska trotzig. „Und über der ganzen Träumerei habe ich total die Zeit vergessen. Ich konnte mich nur noch schnell etwas frisch machen, meine Sachen schnappen und zum Bus rennen. Der fuhr da draußen nur alle drei Stunden. Das war wirklich JWD.

Als ich dann mit knapper Not den Bus erreicht hatte, war ich nicht nur total durchgeschwitzt, sondern meine Konzentration war wieder hin, weil ich schon wieder ganz wuschig war."

„Oh je, von kribbelig zu wuschig. Zum Glück bist du immer so gut vorbereitet. Da ist deine Präsentation sicher trotzdem ganz wie von selbst gelaufen", sagt Jenny, während sie auf den Knopf drückt. Prompt beginnt die Maschine zu schnurren und zwei Tassen zu füllen.

„Es war eine Katastrophe", erwidert Franziska traurig den Kopf schüttelnd. „Ich war noch viel nervöser als sonst und dazu noch unkonzentriert, habe viel zu schnell gesprochen und mich dauernd bei den Folien verklickt. Zum Schluss habe ich dann auch noch meiner eigenen These widersprochen.

Aber das Schlimmste war, dass ich irgendwann gemerkt habe, dass mir niemand so richtig zuhört. Mehr als an den Seidenweberinnen waren sie alle am Inhalt meiner Seidenbluse interessiert!"

Jenny sieht Franziska betroffen an, denn sie weiß, wie sehr ihre Freundin sich davor fürchtet, für eine oberflächliche Blondine gehalten zu werden. Jenny kann es jedoch nicht verhindern, dass ihr Blick kurz nach unten gleitet.