Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Das Kartenhaus 03

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

Ich stand vor meinem Kleiderschrank und wählte mit Bedacht ein kurzes Kleid, Dessous und Strümpfe aus, die Michael ganz sicher gefallen würden. Ganz so, als könnte er mich sehen, wenn er mich anruft.

Eine völlig unsinnige These. Aber ich fühle mich in eleganter oder wenigstens sexy Kleidung insgesamt selbstsicherer als in meinem Nachthemd.

Mir wurde bewusst, dass ich heute noch nichts gegessen habe. Ohne sonderlichen Appetit verzehrte ich einen Salat, den ich noch im Kühlschrank fand.

Unruhig, mein Puls war sicher schon im bedenklichen Bereich, sah ich wieder auf die Uhr. Warten gehört ganz sicher nicht zu meinen Stärken.

„Na gut", sagte ich mir. „Michael ist kein spontaner Mensch. Er überlegt sich seine Schritte sehr wohl."

Ich saß auf meiner großen bequemen Couch und starrte auf das Telefon. Es blieb stumm. Auch nach Stunden hat es keinen Mucks von sich gegeben.

„Das kann nicht sein! Er ignoriert mich. Der kleine Scheißer ignoriert mich! "

Meine Sehnsucht nach seiner Stimme, egal, wie sie gelaunt war, schwenkte in Ärger und Wut um.

„Das kannst du mit mir nicht machen", drohte ich ihm. „Nicht mit mir!"

Inzwischen dämmerte es und es wurde allmählich dunkler in meinem Zimmer.

Ich zog die Gardinen zu, schaltete 2 kleine Lampen an und öffnete eine Flasche Wein. Es wäre der richtige Moment gewesen, auch mein Nachthemd anzuziehen und es mir gemütlich zu machen. Das Ambiente passte genau so, wie ich es mochte. Gemütlich. Mit einem winzigen Hauch von Erotik.

Eine stimmungsvolle Beleuchtung, leise Musik im Hintergrund und der Duft von einigen Kerzen, die ihr warmes Licht im Raum verbreiteten. Einzig „mein" Mann fehlte, um das Bild perfekt zu machen. Er hat nicht angerufen und würde es jetzt auch nicht mehr tun.

Ich zog die Heels aus, öffnete die Flasche und schenkte mir ein Glas Wein ein. Noch bevor ich die Beine hochlegen und mich auf den Wein und die Musik konzentrieren konnte, klingelte es an meiner Wohnungstür.

Es war spät und nicht die Zeit, zu der ich unangemeldeten Besuch erwartete.

Lediglich meine Neugier auf den späten Besucher ließ mich durch den Türspion gucken.

Meine Beine wurden augenblicklich weich wie ein Wackelpudding. Mein Herzschlag versagte seinen normalen Rhythmus. Meine Atmung beschleunigte sich bis kurz vor einem Kollaps. Jetzt wusste ich, was man unter Schnappatmung zu verstehen hatte.

Michael stand vor der Tür.

Ich richtete in Windeseile mein Kleid, ordnete meine Haare und zwängte mich wieder in die engen High Heels.

Auch wenn seine Miene nicht wirklich freundlich wirkte, öffnete ich die Tür und sah ihn mit einem unschuldigen Lächeln an. Wie unangebracht das Lächeln war, zeigte sich im nächsten Augenblick.

„Hallo Michael, welch eine nette Überraschung", tat ich naiv. „Komm doch rein!" Dabei hielt ich demonstrativ die Tür weit auf. Ein Blick in seine kalten Augen sagte mir, dass er nicht in meine Wohnung kommen würde.

Michael drückte mir die aufgerissene Verpackung und deren Inhalt so unerwartet in die Arme, dass alles zu Boden fiel. Die Gegenstände beachtete ich nicht. Ich wusste ja, was in dem Päckchen war.

Michaels Mine drückte eine Mischung aus Wut und Mitleid aus.

„Carmen, lass es sein! Lass uns in Ruhe! Julia wird meine Frau. Daran können auch deine kindischen Aktionen nichts ändern!" Michael sah mich von oben bis unten an. „Carmen, sei vernünftig. Wir hatten eine schöne Zeit. Die, nebenbei bemerkt, durch deine Schuld ihr Ende fand. Aber nun ist es endgültig vorbei. Zwing mich nicht dazu, eine härtere Gangart einzuschlagen. Was du hier machst, ist Stalking! Und das ist strafbar!"

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, dreht er sich um und ging zum Fahrstuhl.

Das hat gesessen. Ich musste erst einmal tief Luft holen. Um die Wohnungstür schließen zu können, schob ich mit einem Bein das Papier, den Pappkarton, den großen Dildo, einen Anal-Plug, eine Tube Gleitcreme und diverse Penisringe zur Seite. Lediglich die kleine Karte hob ich auf.

„Bring das Spielzeug mit, wenn du zu mir kommst!" Ich legte das Kärtchen auch nicht aus der Hand, nachdem ich mehrmals gelesen hatte, was ich selbst geschrieben habe. Und das ganz bestimmt auch Julia gelesen haben würde. Mir kam nicht mal in den Sinn, wie idiotisch diese Provokation war.

Ich hatte mehr zerstört als aufgebaut.

Mit dem nächsten Tag war mein Urlaub vorbei. Endlich.

Ich hatte durch reichlich Arbeit und nette Kundschaft kaum die Zeit, an Michael zu denken. Um auch am Abend nicht auf dumme Gedanken zu kommen, lud ich Lara und ihre inzwischen Verlobte zu einem Glas Wein in unser Stammlokal ein.

Das war genau die richtige Ablenkung. Schon deshalb, weil Lara so feinfühlig war, keine Fragen zu meiner derzeitigen Gefühllage zu stellen. Sie kannte mich gut genug, um einschätzen zu können, für welche Themen ich zeitweilig nicht ansprechbar bin. Wir amüsierten uns, ohne auch nur einmal mein verkorkstes Liebesleben anzusprechen.

Darauf sprach ich mich selbst an, als ich später in meinem Bett lag. Es war eine lange Konversation mit mir selbst. Bei der ich mich ständig von einer Seite auf die andere drehte. Immer wieder von dem Drang gezogen, das Handy zu nehmen und Michael anzurufen. Es war wohl gegen 2 Uhr morgens, als ich diesem Drang nicht mehr widerstehen konnte.

Ich wählte seine Nummer. Es dauerte ziemlich lange, bis sich eine weibliche Stimme meldete.

„Ja bitte?"

„Ich will Michael sprechen. Nicht die Frau, die ihn mir weggenommen hat", forderte ich energisch.

Das Gespräch wurde abrupt beendet.

Ich wählte erneut die Nummer. Diesmal erfolglos. Weder Michael noch Julia nahmen das Gespräch an. Stattdessen erklärte mir eine freundliche Stimme vom Telefonservice, dass der Teilnehmer derzeit nicht erreichbar ist. Michael hat also sein Handy ausgeschaltet. Für diesmal gab ich mich geschlagen. Dass dieser Anruf höchst unangenehme Folgen für mich haben sollte, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Der nächste Arbeitstag verlief trotz der vielen Kunden ziemlich entspannt. Der Umsatz passte, meine Chefetage war zufrieden und selbst ich konnte dem Tagesablauf nur Positives abgewinnen.

Marc und Lisa hatten den Laden schon verlassen. Die letzte Stunde bis Geschäftsschluss wollte ich nutzen, um eines der Schaufenster neu zu dekorieren. Erfahrungsgemäß waren zu dieser Zeit kaum noch Kunden zu erwarten.

Ich drapierte eine königsblaue Stoffbahn kunstvoll über einem kleinen Glastisch und fixierte sie mit Nadeln am Schaumstoffboden des Ausstellungsfensters. Auf einem Tablett hatte ich ein Set hochwertiger, auf Hochglanz polierter Gläser gestellt, die ich nun einzeln zwischen die Stoffwellen platzierte und mit handgeschriebenen Preisschildchen versah. Ich war so tief in meine Arbeit versunken, dass ich nicht mal die kleine Glocke an der Eingangstür hörte.

Erst als das letzte Glas an seinem Platz stand und ich nach einem prüfenden Blick mit meinem Werk zufrieden war, stieg ich aus dem Fenster.

Ich weis nicht, wie lange er dort schon stand. Als ich ihn sah, ließ ich vor Schreck die kleine Plastikschale mit den Nadeln fallen.

„Michael!", stammelte ich überrascht. „Micha, wie lange bist du schon hier? Ich habe die Glocke nicht gehört. Warum hast du nichts gesagt?"

Ohne seine Antwort abzuwarten, ging ich lächelnd auf ihn zu.

„Ich freue mich, dass du mich besuchst. Was verschafft mir diese Ehre?" Es sollte stark und souverän, aber nicht zynisch klingen. Wie auch immer ich auf Michael wirkte, werde ich wohl nie erfahren.

Er legte wortlos einen Briefumschlag auf den Kassentisch, drehte sich um und verließ den Laden.

So leise wie er kam ging er auch wieder.

Ich sah Michael lange hinterher. Auch noch, als er schon längst außer Sichtweite war. Vielleicht wollte ich auch nur die Öffnung des Umschlags hinauszögern. Ich hatte ein ungutes Gefühl.

Und das zu recht.

Wie zu einer Zeremonie setzte ich mich auf einen Stuhl und öffnete den Umschlag.

Als hätte ich es erwartet. Er enthielt eine „Einstweilige Verfügung" des Amtsgerichts. Ich durfte mich Michael oder seiner Verlobten nicht weiter als 20 m nähern. Jegliche Kontaktaufnahme zu Michael oder seiner Julia über die Medien und sozialen Netzwerke wurden mir ausdrücklich untersagt. Zuwiderhandlungen können auf Antrag nach § soundso verfolgt und geahndet werden.

Ich war nicht sonderlich geschockt. Irgendwie war Michaels Reaktion zu erwarten. Er war noch nie der Typ, der sich widerspruchslos in sein Leben pfuschen ließ. Wie konsequent er sein konnte, hätte mir spätestens klar sein müssen, als er sich von mir getrennt hat.

Das er mit mir länger als 3 Jahre über seinen eigenen Schatten gesprungen ist, war wohl das Höchstmaß an Toleranz, das ich von ihm erwarten durfte.

Am Tag seiner Hochzeit saß ich mit einer großen Sonnenbrille, einem breitrandigen Hut und einem unscheinbaren Kleid in einem Straßencafe gegenüber dem Standesamt.

Die Hochzeitgesellschaft bildete ein enges Spalier, als Michael mit seiner Julia, strahlend lächelnd, über die breiten Stufen aus dem Rathaus stolzierte.

Sie in einem wunderschönen Brautkleid mit kurzer Schleppe und jeder Menge Spitze im Dekolleté . Wahrscheinlich sündhaft teuer, aber mit jedem Quadratzentimeter sein Geld wert.

Wer auch immer diese langen dichten Haare gebändigt und in diese elegante Form gebracht hat, muss wahrlich ein Profi sein. Die zusätzlichen Leistungen der Kosmetikerin taten ein Übriges.

Julia sah einfach anbetungswürdig aus. Das musste sogar ich neidlos anerkennen.

Michael war für mich natürlich der Punkt, auf den sich meine größte Aufmerksamkeit konzentrierte.

Mit kundigem Blick sah ich, dass er unverkennbar einen Armani-Anzug trug, der ihm wie maßgeschneidert passte.

Ich musste lächeln, als ich die gebundene Fliege an seinem Hemdkragen bemerkte.

Michael hasste alles, was den Hals einengte. Ob Fliege, Krawatte oder Rollkragenpullover. Er brachte wirklich ein großes persönliches Opfer.

„Du tust mir leid, mein Liebling. Ich weis, was du gerade erduldest."

Mit einem Handkuss schickte ich ihm meine kleine Botschaft. Wie kitschig? Aber so war es nun mal.

Vor dem Brautpaar gingen 4 kleine Blumenmädchen, die eifrig Rosenblätter in den Weg des Paares streuten. Michael warf händeweise kleine Münzen vor die wartenden Kinder.

Eine Hochzeit wie aus dem Märchenbuch. Perfekt organisiert und umgesetzt. Sogar die Sonne stand auf der Seite des Paares. Sie gab ihr Bestes und ließ ihre warmen Strahlen auf den Rathausvorplatz prasseln.

Michael küsste seine Braut und winkte den zahlreichen Gästen zu. Er sah lächelnd über die große Runde der Gratulanten. Welch ein Auftritt.

Für einen winzigen Augenblick glaubte ich, auch unsere Blicke hätten sich getroffen. Für den Bruchteil einer Sekunde nur. Ob er mich tatsächlich erkannt hat, weis ich nicht. Und werde es wohl auch nie erfahren. In dieser Stunde ist Michael für mich gestorben.

12
Bitte bewerte dies Geschichte
Der Autor würde sich über dein Feedback freuen.
  • KOMMENTARE
Anonymous
Our Comments Policy is available in the Lit FAQ
Posten als:
Anonym
31 Kommentare
AnonymousAnonymvor mehr als 8 Jahren

Wirklich eine Spitzengeschichte, bitte mehr davon!

Ludwig_v_ObbLudwig_v_Obbvor mehr als 9 Jahren
@Anonymus: "Dank"

Das freut mich sehr!

"Das Kartenhaus" verdient es gelesen zu werden.

Hab weiter Freude an guten Geschichten!!

Ludwig

AnonymousAnonymvor mehr als 9 Jahren
Dank an Ludwig_von_Obb.

Ohne deinen Kommentar wäre ich wohl nicht auf Carmens Geschichte(n) aufmerksam geworden. Ich stehe nicht unbedingt "sehnsüchtige Hausfrauen".

Dieser 3-Teiler unterscheidet sich deutlich von den sonst üblichen Fantasiegeschichten. Wenn auch dieses Story nur ein Fantasiegebilde ist, wurde es auf jeden Fall sehr glaubwürdig verpackt.

Ludwig_v_ObbLudwig_v_Obbvor mehr als 9 Jahren
Bemerkenswert!

Carmen44 hat es wie wenige Autorinnen und Autoren geschafft mit ihrer Geschichte eine Diskussion zu entfachen, deren meiste Beiträge unterstellen daß es sich um die Biographie einer wirklichen Person handelt.

Dies ist - unabhängig davon ob es diese wirkliche Person gibt, und ob Carmen44 diese Person ist - ein bemerkenswerter Erfolg.

Offenkundig ist es Carmen44 gelungen, diesen Eindruck der Authentizität in hohem Maß zu erwecken, und das ist nach literarischem Maßstab schon mal gelungen.

Darüber hinaus bekunden mehrere Kommentare Mitgefühl und Mitleid (überwiegend) oder Abscheu (wenige Fälle); Carmen hat also höchst erfolgreich starke Emotionen bei ihren Leserinnen (und Lesern) bewirkt, auch dies - und das muß gesagt werden - nach dem zitierten Maßstab ein Erfolg.

Zu diesem Erfolg trägt bei ihre Sprache: sie ist knapp und klar. Dazu bei trägt auch die Position der Erzählerin: sie ist reflektiert und durchaus selbstkritisch, heischt nicht nach Mitleid. Nur ein Beispiel: „Ich hatte nicht mal das Recht, ihm das übel zu nehmen. Wer sich wie eine Hure anbietet, muss auch damit rechnen, so behandelt zu werden.“

Besonders gelungen ist die Traumepisode, in der die Erzählerin (und damit auch der Leser) die starke Emotion in der Beziehung zu Michael in einer sehr blutigen Szene (einem denkbar starken stilistischen Mittel) noch einmal nacherlebt. Das nachfolgende Handeln der Stalkerin wirkt wie unter Zwang, und wird insbesondere aus dieser Szene sehr plausibel; bereits in der Erwartung des nun Folgenden steigt die Spannung des Lesers.

Das Ende der Geschichte: lakonisch, knapp, klar. Michael ist „gestorben“. Wie geht es der Ich-Erzählerin? In diesem Spannungszustand aufzuhören ist die letzte Zumutung für den Leser.

Ein hohes Wagnis geht Carmen44 ein, indem sie ihre Hauptperson (ich schrieb dazu ausführlich anläßlich der Episoden 1 und 2) mit überwiegend unsympathischen Zügen ausstattet. Ganz offenkundig identifizieren sich trotzdem viele ihrer Leser(innen) mit ihr, auch dies ist bemerkenswert.

Resümee: ein sehr lesenswerte Geschichte, die deutlich im oberen Bereich dieses Forums ansiedelt!!

Ludwig

ContramineContraminevor mehr als 9 Jahren
Letzter Teil des besten

Die ersten Teile waren komisch und amüsant, aber der letzte Teil macht den stärksten Eindruck. Zeigt wie leicht man ein Stalker(in) werden kann. Dann gibt es nur eine Lösung: konsequent einen Schlussstrich daunter, so schwierig das auch sein mag.

Ich komme aus den Niederlanden und las ein paar Geschichten hier, um die deutsche Sprache was zu verbessern. Zufälligerweise am Kartenhaus 01 angefangen. Ein paar Stunden eine Menge Spaß um Ihre Eskapaden gehabt. Danke.

Zeig mehr
Teile diese Geschichte

LESEN SIE MEHR VON DIESER REIHE

Das Kartenhaus 02 Vorheriger Teil

ÄHNLICHE Geschichten

Hilde und Rainer Urlaub auf Mallorca Teil 1.
Der Alte Mädchen fährt mit einem befreundeten Pärchen in Urlaub.
Konferenzexperiment Wer benutzt hier wen?
Meine Ehe und was daraus wurde Sehnsüchtige Hausfrauen.
Alter Bulle Teil 01 Älterer Herr trifft junges Ehepaar mit Cuckold-Fantasien.
Mehr Geschichten