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Am anderen Ende der Welt ...

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Die folgenden Tage waren wirklich genial. Die körperliche Arbeit an der frischen Luft, der Umgang mit Tieren und immer mal wieder ein kühles Blondes. Was will man mehr?! Manchmal, wenn wir Pause machten, einfach wortlos im Schatten eines Baumes saßen und uns ein kühles Bier genehmigten, konnte ich Mick's zufriedenes Gesicht beobachten, wie er glücklich in die Ferne schmachtete. Das was seine Welt! Während ich später mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem stinklangweiligen Bürojob dahinvegetiere, wird bei Mick kein Tag dem anderen gleichen. Ich konnte Mick darum nur beneiden.

Brandon war auch fast jeden Tag auf der Farm. Zu dritt waren wir eine richtig verrückte Truppe, als ob wir uns schon seit Jahren kennen würden. Mit den Jungs machte es einfach richtig Spaß; egal ob bei der Arbeit oder abends im Pub. Zwischen Brandon und mir entbrannte ein erbitterter Wettkampf beim Abendessen. Brandon wollte es einfach nicht wahr haben, dass jemand kleineres mehr verdrücken kann, als er selbst. Und ich ... keine Ahnung, ich hatte einfach nur einen Mordshunger vom Arbeiten. Zu zweit gaben wir dann wirklich ein Bild a la Bud Spencer und Terence Hill ab.

Die Mädchen haben wir die Tage nur selten gesehen und wenn, dann war es meist so, dass wir Kerle irgendwelche Dummheiten getrieben haben, als ob wir erst 15 wären, und unserer weiblichen Gesellschaft das eher peinlich war. Na ja, wie man so schön sagt: Männer werden nicht erwachsen, nur ihre Spielzeuge größer.

Die 8 Tage vergingen wie im Flug, bis ich schließlich das Mietmotorrad abholen konnte, eine geländegängige Tourenmaschine. Mir brannte es schon unter den Fingernägeln. Ich war nur noch heiß darauf, endlich diese Fahrt antreten zu können. Darauf hatte ich so lange hin gespart und nun war es endlich so weit. Ivette und die Jungs verabschiedeten sich von mir. Meine Cousine umarmte mich dabei eine halbe Ewigkeit, als ob ich wieder heim nach Deutschland fliegen würde.

„Pass auf dich auf! Wehe, du bist in zwanzig Tagen nicht hier! ... Oder, überlegs dir doch! Vielleicht lässt du das lieber bleiben?" Sie klang fast wie meine Mutter und schien sich ziemlich Sorgen zu machen. Aber dieses Erlebnis wollte ich mir nicht nehmen lassen.

„Sorry, aber darüber lass ich nicht mit mir diskutieren. Machs gut, meine Kleine!" Ich umarmte sie nochmal. Ihre Augen wurden feucht und sie gab mir einen Abschiedskuss auf die Wange.

Den Jungs schüttelte ich noch kräftig die Hände und schwang mich voller Elan in den Sattel des Motorrads. Vollbepackt nur mit dem nötigsten ging es dann los. Circa 11.000 Kilometer erwarteten mich: von Perth ging es über Broome nach Darwin, dann Richtung Süden über Alice Springs nach Adelaide und zurück nach Perth.

Ich war zwar schon in den USA auf den bekanntermaßen ewig langen, geraden und einsamen Highways unterwegs, aber hier in Australien schien die Straßen noch länger, gerader und einsamer zu sein. Eigentlich sollte Australien im Duden unter Einsamkeit aufgeführt werden. Mich störte das aber nicht im geringsten; im Gegenteil, ich habe es genossen teilweise tagelang mit keinem Menschen zu reden. Meistens übernachtete ich im Zelt, abgeschieden von jeglicher Zivilisation. Es war einfach traumhaft. Diverse Sehenswürdigkeiten, wie Ayers Rock oder Krokodilfarmen, habe ich angesteuert, zahlreiche Road Trains musste ich überholen, etliche Kilometer auf ungeteerten Straßen bin ich gefahren und mit einigen sehr interessanten und wirklich netten Menschen habe ich abends ein Bier in Pubs getrunken, welche nur aus ein paar zusammengenagelten Brettern bestanden haben. Alles in allem ein Traum für jeden Motorradabenteurer.

Einen Tag früher als geplant, kam ich wieder in Perth an. Mick holte mich vom Motorradvermieter ab, da Ivette im Café arbeiten musste. Er staunte nicht schlecht, als er mich in meinem Zustand sah: seit 20 Tagen unrasiert, verdreckt und körperlich total geschafft. Mick brachte mich zu sich nach Hause, wo ich mich erstmal meiner Körperpflege widmete. Danach bin ich nur noch todmüde ins Bett gefallen. Ich musste mich wundern, wie lange der Körper derartige Strapazen mitmacht und die Erschöpfung hinausschiebt, bis er realisiert hat, dass es jetzt vorbei ist. Ich habe sodann geschlafen wie ein Bär im Winterschlaf.

Erst ein Schlag auf meine linke Gesichtshäfte weckte mich unsanft. Schreckhaft richtete ich mich im Bett auf und erkannte aus meinen verschlafenen Augen Ivette.

„Was verdammt nochmal sollte das? Konntest du mich nicht irgendwie schonender wecken?"

„Das hab ich versucht! Aber es half nichts."

„Oh Mann, wie viel Uhr ist denn Überhaupt?"

„17 Uhr."

„Super, dann hättest du mich doch noch etwas liegen lassen können. Hab mich erst vor 3 Stunden hingelegt." Dabei gähnte ich und wollte mich wieder ins Bett zurückfallen lassen.

„Von wegen! Du schläfst schon seit 27 Stunden wie ein Stein! Ich dachte du wärst im Koma oder so!"

„Was? Niemals!" Aber ein Blick auf mein Handy bestätigte dies. „Scheiße! Das ist mir ja noch nie passiert."

„Mick's Eltern waren schon beunruhigt und haben mich deswegen angerufen. ... Aber egal. Mach dich mal fertig. Ich muss noch kurz ins Café und dann sehen wir uns heut Abend im Pub."

Ivette gab mir noch einen flüchtigen Kuss auf die Stirn und machte sich auf den Weg. Ich kroch nur ganz langsam aus dem Bett. Es dauerte ewig und 3 Tage bis ich das Bad erreichte. Erst die erfrischende Dusche hauchte mir wieder etwas Lebensgeist ein. Als ich endlich fertig war, warteten Mick und Brandon schon auf mich. Wir brachen sodann auch gleich auf in Richtung Pub, in welchem wir schon am Tag meiner Ankunft in Australien waren.

Wie gewohnt waren wir die ersten und mussten auf die Mädels warten, was uns nicht daran gehindert hat, schon mal ein Runde Bier zu bestellen.

„Hey Max, are you hungry?", fragte Brandon, nachdem der erste Schluck Bier unsere Gaumen passiert hatte. Ich wusste sofort worauf dieser Kerl hinaus wollte.

„No, I'm not." Er schaute mich äußerst verwundert an, worauf ich grinsend hinzufügte: „I am starving to death!"

Und das war keine Lüge. Die letzten 30 Stunden habe ich überhaupt nichts gegessen und die letzten 20 Tage war meine Nahrungsaufnahme spärlich und unbefriedigend. Mein Magen war leerer als leer. Essen war praktisch das einzigste, an das ich in jenem Moment denken konnte. Folglich bestellten Brandon und ich jeweils eine ordentliche Portion des Känguru-Eintopfs, den ich schon an meinem ersten Tag hatte. Ich hielt es kaum noch aus, bis dieses herrlich riechende Gericht vor mir stand. Ich schaufelte in mich hinein, als ob es meine Henkersmahlzeit wäre. Brandon versuchte mir gleich zu tun. Mick schien unsere Fressorgie peinlich zu sein, da er die Sitzecke verließ und sich an die Bar stellte. Meine gesamte Aufmerksamkeit ließ ich dem Eintopf zukommen, sodass ich gar nicht mitbekam, dass die Mädels eingetroffen waren. Mir wurde später nur erzählt, wie die Konversation zwischen Mick und den Mädels ablief.

„Hey Mick, where are the other guys?", fragte meine Cousine verwundert, als die Mädchen Mick allein an der Bar erblickten.

„Over there!", dabei schüttelte er nur den Kopf. „Check out these two idiots! The Amerian lumberjack is challenging the German Aryan like in the old days. But this time they fight with food instead of weapons. Unbelievable!"

Die Mädels mussten bei unserem Anblick herzhaft lachen. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Brandon und ich nicht gerade ein salonfähiges Duo abgaben.

Ich streichte gerade die letzten Reste des köstlichen Eintopfs aus meiner Schüssel, als ich wahrnahm, dass Brandon gar nicht mehr am essen war.

„Are you already done, buddy?"

„Oh man, I'm totally done! I guess nobody can compete with you."

„Cool! Can I have your bowl?"

„What? Are you crazy?"

„No, I'm just starving to death!"

Kopfschüttelnd übergab er mir seine Schüssel und ich schaufelte auch Brandon's Reste des leckeren Känguru-Eintopf in mich hinein. Als auch diese ihren Weg in meinen Magen gefunden hatten, versank ich höchst zufrieden in der bequemen Sitzecke und realisierte ein weiteres mal die verblüfften Gesichter aller Anwesenden, die mich ungläubig anstarrten.

„Come on, guys! What the hell is wrong?"

„You are wrong! Dude, you are a machine!", entgegnete Brandon.

Schallendes Gelächter war die Folge. Als sich alle wieder gefangen hatten, stand ich für den Rest des Abends im Mittelpunkt. So ausführlich wie nur möglich sollte ich von meiner Motorrad Tour berichten. Alle hörten interessiert zu, löcherten mich mit unzähligen Fragen und ich redete mir den Mund fusselig. Cynthia, die neben mir saß, warf mir dabei schmachtende Blicke zu und kommentierte meine Erzählung immer wieder mit Aussagen wie 'Haven't you been scared?' oder 'You are a real daredevil! I find it sexy!'. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich dadurch nicht geschmeichelt gefühlt habe. Dabei suchte sie immer wieder den Körperkontakt und streichte mir beiläufig über den Unterarm oder legte ihre Hand auf meinem Oberschenkel ab. Ja, ich habe es schon ziemlich genossen, von diesem prallen sexy Mädel umgarnt zu werden. Einzig Ivette's giftigen Blicke auf die Anmachversuche von Cynthia, untermauert von kleinlauten Randbemerkungen wie 'Dämliche Kuh!', bremsten mich darauf einzugehen. Ich war irgendwie in einer Zwickmühle. Aber wieso eigentlich?

Glücklicherweise unterbrach Mick die mir unangenehme Situation, als er uns Jungs zum Aufbrechen antrieb.

„Buddys, let's go. We have to get up early tomorrow!"

„Was? Du bleibst weiterhin bei Mick?", fiel Ivette mit einem fast ärgerlich wirkendem Gesichtsausdruck ein.

„Ja, aber nur heute noch, da er morgen Vormittag meine Hilfe brauch. Aber am Nachmittag gehen wir wie geplant auf den Campus. ... Versprochen!" Skeptisch jedoch ohne Widerspruch, ließ sie mich gehen.

Ob es nun an den 27 Stunden Dauerschlaf oder an meinen nicht zur Ruhe kommenden Gedanken lag, jedenfalls habe ich kaum ein Auge zu bekommen in jener Nacht. Meine Gedanken kreisten um Ivette; in einer Art und Weiße, wie es eigentlich zwischen Verwandten nicht angebracht war. So angebracht wie Volksfestmusik auf einer Trauerfeier. Dieses liebreizende und attraktive Geschöpf ging mir nicht aus dem Kopf. Wenige Stunden zuvor wäre ich am liebsten mit Cynthia in die Federn gehüpft, aber an diese verschwendete ich keine Sekunde. Stattdessen musste ich mir immer wieder Ivette vorstellen, wie sie mich am Flughafen abgeholt hat. Wie sie in ihren Hot Pants und dem schwarzen Top vor mir stand. Wie ich unwillkürlich eine angenehme Erregung wahrgenommen hatte, als ich noch gar nicht wusste, dass es sich um meine Cousine handelte. Ich war hin und her gerissen. Die Lösung von mehrdimensionalen partiellen Differentialgleichungen erschien mir in diesen Stunden einfacher, als die Lösung meines Problems mit Ivette.

Ich lag mit offenen Augen im Bett, als Mick's Vater mich morgens um 6.30 Uhr wecken wollte. Nach einem reichhaltigen Frühstück, ging es an das Verladen von Futtermitteln, die bis zum Mittag auf dem Weg sein sollten. Brandon, Mick und ich saßen noch auf einem hölzernen Viehzaun bei einem abschließenden Bier, als meine Cousine mit dem heruntergekommen T1 auf den Hof der Farm vorfuhr.

Als sie ausstieg, ist mir fast das Bier im Hals stecken geblieben; insofern das bei einer Flüssigkeit überhaupt möglich ist. Sie trug ein luftig geschnittenes Sommerkleid, das ihr nicht mal bis zur Hälfte ihrer Oberschenkel reichte und sich weich um ihren sportlichen Körper schmiegte. Die sommerlichen Farben des Kleids brachten ihre haselnussbraune Haut bestens zur Geltung. Nicht die Spur eines BHs war zu erkennen. Aber bei dem, was ich von ihr schon zu sehen bekommen hatte, hätte es schier an Frechheit gegrenzt, diese straffen Brüste durch ein weiteres Stück Stoff stützen zu wollen. In ihrem Gesicht war kein Anzeichen von Make-Up zu sehen, aber trotzdem hätte ich mir kein Gesicht vorstellen können, das hübscher und liebreizender wäre, als ihres genau in diesem Moment. Vielleicht war es falsch, aber es wäre eine Lüge etwas anderes zu behaupten.

Auch wenn ich sie noch Stunden lang hätte anstarren können, wusste ich, dass ich langsam meinen Arsch bewegen musste, um nicht wie ein Vollidiot dazustehen. Ich wurde herzlich von Mick's Eltern verabschiedet, die sich liebenswürdig bei mir für die Hilfe bedankten. Ich verstaute mein Zeug im Bus und wir verließen die Farm.

Zwischen meiner Cousine und mir fielen nur wenige Worte auf dem Weg zum Campus. Ich war immer noch beschäftigt mit Situation umgehen zu können und irgendwas schien auch Ivette zu bedrücken. Ich traute mich jedoch nicht zu fragen. Stattdessen musste ich immer wieder zu ihr herüber schielen, wie ihre prachtvollen Beine mit der veralteten Pedalerie des T1 kämpften, wie sie sich den Schweiß aus ihrem wunderhübschen Gesicht wischte oder wie sie sich ihr Kleid immer wieder zurecht zupfte. Stundenlang hätte ich ihr dabei zuschauen können.

Als wir schließlich an der Uni ankamen, ließ sie sich von ihrem bedrückten Zustand jedoch nichts mehr anmerken. Sie hakte sich fröhlich bei mir ein und wir suchten uns ein nettes Plätzchen auf dem wunderschönen Campus. Sie war wohl gut vorbereitet auf diesen Nachmittag, denn sie zog eine Decke aus der mitgebrachten Tasche und breitete diese auf dem Rasen aus. Ich ließ mich erstmal darauf fallen, da das Verladen der Futtermittel heute Vormittag doch recht anstrengend war.

„Und zur Feier des Tages, hab ich uns noch was mitgebracht." Dabei zauberte Ivette ein paar Häppchen aus ihrer Tasche, was mich riesig freute, denn ich war durchaus hungrig. „Und außerdem noch das!" Sie hielt mir zwei Gläser und eine Flasche Sekt vor die Nase.

„Uhh, wow.", gab ich sarkastisch mit leicht angewidertem Gesicht von mir. Sekt?! Für mich das mit Abstand widerwärtigste Getränk überhaupt.

„Ach komm schon! Ein Glas wirst du doch mit mir trinken.", und händigte mir verführerisch ein gefülltes Sektglas aus. Etwas widerwillig stieß ich mit ihr an und kippte das Zeug in einem Zug in mich hinein.

„Wähhh!" Ich schüttelte mich am ganzen Leib. „Wie kann man so etwas nur gut finden?"

„Du bist doch ein Spinner!" Sie grub kurz in ihrer Tasche. „Aber so eine Reaktion habe ich irgendwie erwartet. Daher habe ich dir das mitgebracht." Ivette zeigte mir eine Flasche Tannenzäpfle Pils; mein absolutes Lieblingsbier.

„Oh mein Gott! Wo hast du das her?", rief ich derart laut, dass einige Studenten, die ebenfalls auf der Wiese ausspannten, uns verwundert anschauten.

„Tja, ich habe so meine Geheimnisse!" Sie grinste dabei so unwiderstehlich neckisch und lies die Bierflasche in ihrer Hand wie ein Pendel schwingen, in der Erwartung, dass ich versuchen würde das Bier ihr zu entreißen. So wie wir uns früher öfters gerne provozierten und miteinander rumalberten.

„Du bist die Allerbeste!" Dabei stürzte ich mich auf Ivette, sodass wir zusammen umfielen. Ich gab ihr einen Kuss und griff nach der Flasche. Ich erwartete heftigste Gegenwehr, doch zu meiner Überraschung entließ sie die Flasche sofort aus ihrer Hand und schaute mich vollkommen perplex an. Zuerst dachte ich ich noch, ich hätte sie irgendwie verletzt, bis ich begriff, was ich soeben getan hatte. Oh mein Gott. Ich hatte sie geküsst. Direkt auf den Mund!

„Ivette, du bist echt die Allerbeste! Vielen Dank!", sagte ich schnell, um den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen und wieder ein wenig Normalität in die Situation zu bringen.

„Ja ... ehh ... gern geschehen."

Nach ein paar Minuten, in denen kein einziges Wort zwischen uns gefallen ist, haben wir uns wieder einigermaßen gefangen. Wir saßen entspannt auf der Decke, verspeisten die mitgebrachten Häppchen und genossen den wunderschönen Nachmittag. Aus Ivette sprudelten die Worte nur so heraus. Sie erzählte von dies und jenem, lästerte über so manche Person aus ihrem vergangenen und jetzigen Leben ab und brachte Dinge zur Sprache, über die ich mein Lebtag nicht nachgedacht hätte. So wie sie es früher immer schon getan hatte. Und genauso wie früher kommentierte ich ihre Geschichten, denen ich beim besten Willen nicht vollständig folgen konnte, mit einem obligatorisches 'Ja' oder 'Mmhhmm'.

Ich ließ mich zurückfallen, die Hände hinter den Kopf gelegt, und folgte mehr oder weniger Ivette's Erzählungen, während ich in den strahlend blauen Himmel starrte. Ivette tat es mir gleich und legte ihren Hinterkopf auf meinem Bauch ab. Es durchfuhr mich wie ein Stromschlag, als ich ihren Kopf auf mir spürte. Aber es fühlte sich nicht falsch an. Im Gegenteil, es war ein angenehmes Gefühl, so da zu liegen, keinen Gedanken an die Zukunft zu verschwenden, sich einfach nur zu entspannen und dabei Ivette auf eine vertraute Art zu spüren. Es war einfach wie zu guten alten Zeiten.

Ob es nun an meiner eingeschränkten Aufmerksamkeit für die Erzählungen meiner Cousine lag, weiß ich nicht. Jedenfalls war mir zuerst gar nicht aufgefallen, dass Ivette's Redefluss seit geraumer Zeit versiegt war, bis sie die angenehme Ruhe wieder unterbrach.

„Max?"

„Ja ... anwesend."

„Ha ha. Jetzt aber mal im Ernst. Ich habe das Gefühl, du gehst mir aus dem Weg." Schockiert richtete ich mich ruckartig auf. Ertappt! Hatte sie mich etwa durchschaut? Woher wusste sie von meinem Gefühlschaos? „Du kannst ehrlich zu mir sein. Ich habe nicht erwartet, dass sofort wieder alles wie früher zwischen uns sein wird. Ich könnte es dir nicht übel nehmen, wenn du immer noch sauer auf mich bist wegen all dem, was ich damals zu dir gesagt habe."

„Ach Ivette. Nein! Kleine, das hat damit gar nichts zu tun!" Daher wehte also der Wind. Ich war erleichtert.

„Und weswegen gehst du mir dann aus dem Weg?" Sie blickte mich erwartungsvoll an.

Scheiße! Meine letzten Worte hätte ich sorgsamer wählen sollen. Jetzt musste aber eine plausible Erklärung her. Die Wahrheit, dass ich möglicher Weise mehr in ihr sah, als nur meine Cousine, konnte ich ihr ja schlecht sagen. Das wollte ich ja verhindern. Ich wusste doch selbst nicht, was Sache war. Hormonelle Fehlfunktion? Liebestollwut? Zu lange Enthaltsamkeit? Kurzschluss?

„Ehh ... na ja, du weißt, ich hasse nichts mehr als untätig zu sein. Daher war es ganz gut, dass ich bei Mick auf der Farm arbeiten konnte. Und ... ehh ... du hattest ja sowieso im Café zu tun."

„Wirklich? Das war alles?"

„Schon."

Täuschte ich mich, oder war die Erwartung aus ihrem Blick verschwunden und einer leichten Enttäuschung gewichen?

„OK. Aber langsam sollten wir gehen. Da wir beide morgen nach Sydney fliegen, treffen wir uns heut Abend mit den anderen in einer Cocktail Bar."

„Cocktail Bar?", gab ich entrüstet und angewidert von mir.

„An deiner Einstellung zu Cocktail Bars scheint sich ja nichts verändert zu haben."

„Warum auch?! Das sind nur schicki-micki Läden, die pappsüßes, gepanschtes Zeug zu überzogenen Preisen verkaufen."

„Whatever! Heut Abend entscheiden wir Mädels! Und komm jetzt endlich!"

Meine Freude darüber war so groß, wie über ein Paar gestrickte Socken zu Weihnachten. Aber was sollte ich machen?! Wir packten alles zusammen und fuhren in das Apartment, um uns für den Abend fertig zu machen.

Erwartungsgemäß war ich recht schnell fertig. Nach einer kurzen Dusche zog ich mir ein lockeres Leinenhemd an, das passend für die vorherrschenden Temperaturen in Perth war, und dazu eine passende Jeans. Ich saß mir den Hintern platt in der Küche, während ich auf Ivette wartete, die eine gefühlte Ewigkeit im Badezimmer verbrachte. Ihre Mitbewohnerinnen waren scheinbar schon ausgeflogen. So war meine einzige Gesellschaft die allseits unbeliebte Langeweile, welche meine Augenlider einen erbitterten Kampf gegen die Schwerkraft ausfechten ließ. Endlich hörte ich das Öffnen der Badezimmertür. Ich erhob mich vom Stuhl, um stracks Richtung Haustür zu gehen, damit wir endlich aufbrechen konnten, als ich auf halbem Wege wie angewurzelt stehen blieb.

Es verschlug mir regelrecht die Sprache, als Ivette in diesem trägerlosen Kleid vor mir erschien. Ein kurzes, schwarzes Etwas, das ihren Körper wie eine zweite Haut umschmiegte und ihre weiblichen Reize bestens zur Geltung brachte. Ihre dunklen Haare, das dezente Make-Up, das ihre wunderschönen blauen Augen betonte, das schwarze Kleid in Kombination mir ihrer haselnussbraunen Haut, die langen, sinnlichen Beine, die unter dem kurzen Kleid hervortraten und in aufreizenden schwarzen Stilettos endeten. Es war ein unbeschreibliches Bild. Einfach edel und unerreichbar. Ich muss ein selten dämliches Bild in jenem Moment abgegeben haben; wie eine Comicfigur aus den guten alten Warner Brothers Zeichentrickfilme, der die lechzende Zunge aus dem weit aufgerissenen Mund bis zum Boden ragt und gleichzeitig die Augäpfel aus dem Kopf springen.