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Anita und wir Episode 11

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Daneben zwei junge Frauen. Ich hatte vorher schon gesehen, dass sie denselben Ring trugen. Also in den Augen der Kirche noch mehr Sünder. Eine davon sah deVille recht ähnlich, die andere schmiegte sich die ganze Zeit auf der Kirchenbank an sie mit glücklichem Lächeln und den typischen feuchtglänzenden Augen von Frauen bei einer Hochzeit.

Sollte ich sie verdammen?

Ein weiteres junges Paar, der Mann hatte Ähnlichkeit mit dem zweiten älteren Paar, das war wohl der Sohn. Die Frau neben ihm sah wie Ende Zwanzig aus und sehr schwanger. Das Mädchen daneben war ziemlich sicher ihre Tochter. Doch dann saß da noch ein weiteres Mädchen mit recht eckigem Gesicht. Wie passte sie hinein? Sie benahm sich wie eine große Schwester, aber war wohl nicht verwandt, und auch zu alt, um ein Kind der beiden anderen zu sein.

Und dann kam das allerexotischste Paar. Er war der Bruder, wahrscheinlich sogar Zwilling des anderen jungen Mannes. Doch wo jener einen schicken Anzug trug, war dieser ganz in schwarzes Leder gekleidet. Wenn man mich gefragt hätte, ob ich ein Klischee wusste, auf das er passte, hätte ich auf "Schwulenszene" getippt. Doch warum hier in der Kirche?

Und die letzte ... Person? Sie trug ein Dirndl und füllte es auch an den richtigen Stellen aus. Also war sie wohl eine Frau. Doch unter dem Dirndl trug sie einen schwarzen Anzug, der ihren Körper und ihren Kopf komplett verhüllte. Ich lebte ja nicht hinter dem Mond, ich wusste von den Subkulturen, die es in den Großstädten gab. "Sado-Maso" nannte man das. Genau dort passte sie mit ihrer Verhüllung hinein und dem eisernen Ring, den sie um den Hals trug und der an diesem Ring befestigten Hundeleine, die der junge Mann in Leder in der Hand hielt.

Warum war sie so angezogen? Ich kannte sie und ihre Geschichte nicht. Sollte ich sie alleine deswegen in eine Schublade stecken und sie verdammen, weil sie so angezogen war?

Das Orgelvorspiel war zu Ende. Ich stand auf und stellte mich vor den Altar. "Vater im Himmel, wir sind in deinem Namen heute zusammengekommen, um diese beiden Brautpaare mit deinem Segen im Bund der Ehe zu vereinigen."

Nur das zählte.

*

Die letzten Besucher hatten die Kirche verlassen, und ich stand nachdenklich am Eingang, als ich eine Stimme hörte.

"Herr Pastor, haben Sie eine Viertelstunde Zeit?"

Pastor? Ich wandte mich um. Es war der junge Mann in Leder.

"Wir können Sie danach auch zur Feier mitnehmen. Sie kommen doch zur Feier?"

"Natürlich", sagte ich. "Vielen Dank. Worum geht es."

Er wies mit dem Finger zur Seite. "Sie will beichten. Da, wo wir wohnen, sind katholische Kirchen ziemlich rar, deswegen dachte sie ..."

"Sie" war die verhüllte Gestalt im Dirndl. Beichten?

Es konnte sein, dass ich in meinem Leben etwas Verrückteres erlebt hatte, aber wenn, dann fiel es mir in dem Moment nicht mehr ein.

"Natürlich", sagte ich automatisch. "Kommen Sie herein."

"Ich warte hier draußen", meinte er, setzte sich breitbeinig auf eine Bank am Weg und legte seinen Fuß auf sein anderes Knie. Sehr provokativ, der junge Mann.

Ich drehte mich zu "ihr" um. "Kommen Sie mit." Dann lief ich los.

Ich ging ihr zur Sakristei voraus. Ich bin kein Verfechter der "Ohrenbeichte", obwohl einige der älteren Leute darauf bestehen. Ich sitze meinen Schäfchen gerne Auge in Auge gegenüber. Zumindest konnte ich die blauen Augen der Frau sehen.

Aus der Nähe konnte ich auch erkennen, dass der Kopfteil des Anzugs eine Haube war, die man abnehmen konnte. Hinten kam ein Pferdeschwanz aus blonden Haaren heraus, und Reißverschlüsse zogen sich quer über ihren Mund und hoch am Hinterkopf.

Ich setzte mich auf einen der Sessel in der Sakristei und wies auf den zweiten. Doch sie sank einfach vor mir auf den Boden und kniete sich hin. Jetzt konnte ich sehen, dass sie lange, schwarze Stiefel mit sehr hohen Absätzen trug.

"Segne mich, Pater", sagte sie mit einer kräftigen Stimme, wie ich sie nicht erwartet hätte, "denn ich habe gesündigt. Meine letzte Beichte ist fast vier Jahre her."

"Was hast du zu beichten, Kind?"

"Ich habe gelogen und betrogen. Ich habe Unzucht getrieben mit so vielen Männern, dass ich nicht mehr weiß, wie vielen. Ich habe einem Mann die Ehe versprochen und dieses Versprechen willentlich gebrochen. Ich habe auch meine Eltern entehrt."

Ich holte Luft, wartete, ob noch etwas kam. Doch sie kniete starr und mit gesenktem Kopf.

"Und was", musste ich einfach fragen, "hat es mit diesem Aufzug auf sich?"

"Ich denke nicht", sagte sie mit einem Anflug von Humor in der Stimme, "dass ich deswegen etwas zu beichten habe." Sie griff an ihren Hinterkopf und zog die Haube herunter. "Das ist nur, damit mich niemand erkennt."

"Johanna!"

"Ja, Herr Pfarrer. Das schwarze Schaf von Annabrunn. Oder vielleicht richtiger: die schwarze Schlampe."

Es war wohl besser, den letzten Satz nicht zu kommentieren. "Warum bist du hier?"

"Ich bereue meine Taten. Mein Vater hat mich zu Recht gezüchtigt und verstoßen. Ich habe eine neue Familie gefunden, die mir helfen will, mein Leben in den Griff zu kriegen. Ich büße auch für das, was ich getan habe. Mein Meister hat ..."

"Wer?"

Sie grinste verlegen. "Entschuldigung, das ist mir nur so rausgerutscht. Max hat mir befoh— nahegelegt, die Hochzeit von Lukas zu besuchen, um am eigenen Leib zu erleben, wie glücklich er ohne mich ist."

Ich nickte langsam. Dieser Max schien durchaus vernünftig zu sein.

"Ist dieser Anzug nicht viel zu heiß?"

"Das sieht zwar aus wie Gummi, ist aber atmungsaktives Neopren. Solange ich mich aus der Sonne halte, geht es. Auf der anderen Seite muss ich mich ja auch nicht wohl fühlen bei der Veranstaltung."

Ich nickte erneut. "Und wie denkst du über Lukas?"

"Ich freue mich darüber, dass, was ich ihm angetan habe, nicht schlimmere Folgen hatte. Er und Sanne gehören zusammen. Das wusste ich schon immer. Er passt nicht zu mir, das wusste ich schon vor der Verlobung, aber ich habe trotzdem versucht, ihn an mich zu binden."

"Das ist überraschend einsichtig."

"Meine neue Familie hilft mir dabei. Das ist nicht immer einfach und schmerzlos. Aber ich strenge mich an. Ich will mich ändern."

"Was war das mit 'Meister'?"

Sie grinste. "Soll ich mit ihnen über Sex reden? Haben Sie das berüchtigte Video gesehen?"

"Nur davon gehört. Nein, was ich wissen will: Zwingt er dich zu irgendetwas?"

"Nicht gegen meinen Willen. Er ist streng —" sie rieb sich, wohl ganz in Gedanken, über ihren Hintern, "— aber gerecht. Wir haben Regeln und Strukturen für mein Leben ausgearbeitet, und Verstöße werden bestraft."

Das hörte sich irgendwie viel zu vernünftig an. "Kümmert er sich auch um deine Seele? Betet er mit dir?"

Sie schüttelte den Kopf. "Die sind alle ziemliche Heiden. Protestanten durch die Bank, aber keine Kirchgänger. Lisa ist, glaube ich, katholisch, aber die habe ich erst einmal getroffen."

"Hast du eine Bibel?"

"Dazu war bei meinem schnellen Abgang keine Zeit."

Ich stand auf und holte ein Neues Testament aus dem Schrank. "Hier", sagte ich, "Deine Buße besteht darin, ein Jahr lang jeden Tag zwei Seiten zu lesen und darüber zu beten. Ruf mich an oder geh zu einem Pfarrer in deiner Gegend, wenn du Fragen hast."

"Danke, Herr Pfarrer. Ich werde das beherzigen."

Ich bekreuzigte mich und dann sie. "Ego te absolvo. Gehe hin und sündige nicht mehr. Amen."

"Amen." Sie stand auf, ohne ihre Hände zu benutzen. Die Johanna, die ich in flüchtiger Erinnerung hatte, war zwar nicht gerade fett gewesen, aber doch so ... unbeholfen, dass sie das niemals geschafft hätte.

"Du solltest vielleicht deine Verkleidung wieder anlegen. Hast du eigentlich vor, Lukas die Wahrheit zu sagen?"

"Unbedingt. Wir wollen warten, bis morgen nur noch die Familie da ist. Der Rest vom Dorf braucht das nicht mitzukriegen."

Der Rest vom Dorf würde sich nur den Mund zerreißen. Ich lachte auf. "Da hast du wirklich recht, mein Kind."

Sie zog sich die Haube über den Kopf, brachte ihre Haare in Form und schloss den Reißverschluss. Dann lief sie auf ihren endlos hohen Absätzen vor mir her nach draußen.

Hätte ich sie verdammen sollen?

Max

Gottseidank waren am Tag nach der Hochzeit nicht mehr so viele Menschen da. Die Eltern von Sanne wohnten ja in Mühldorf und waren, wie auch Georgs und Lukas' Kumpel und deren Anhang, gestern Abend nach Hause gefahren — worden. Selbst fahren konnte von denen keiner mehr. Ich hatte manchmal das Gefühl, dass die alle außer einem Flüssigkeitsbehälter keine inneren Organe besaßen.

Janinas Eltern wohnten im Hotel, und waren gestern so schnell abgedüst, wie es die gute Kinderstube eines Hanseaten erlaubte. Ich hatte mich kurz mit ihnen unterhalten — ihre Tochter war wohl bei ihnen absolut untendurch. Einen bayrischen Bauern zu heiraten statt eines Hamburger Unternehmers ... Sie waren der einzige Grund, warum Janina und Georg nicht schon längst geheiratet hatten.

Ich musste innerlich grinsen, wenn ich mir überlegte, was sie wohl davon halten würden, wie ihr Töchterchen die Nacht verbracht hatte.

Meine Lehrstunden waren allem Anschein nach bei Lukas und den anderen drei Brautleuten auf extrem fruchtbaren Boden gefallen. Es schien, als ob sich die vier schon kurz nach seiner Rückkehr sehr viel nähergekommen waren als gedacht.

Gestern waren Janina und Sanne am Abend "mal kurz die Nase pudern" gegangen. Als sie zurückkamen, hatten beide je ein kleines Stück weißen Stoff in der Hand, die sie ihren Ehemännern in die Reverstaschen steckten. Wenn das nicht ihre Höschen gewesen waren, wollte ich selbige fressen. Allerdings war es noch interessanter, dass sie das überkreuz gemacht hatten.

Sie waren zwar nicht zusammen verschwunden, aber im Bauernhaus gab es eigentlich nur ein Schlafzimmer mit Doppelbett. Und als sie dann heute gegen Mittag alle gleichzeitig auftauchten, war mir zumindest alles klar. Dem Beifall unserer Familie nach zu urteilen, denen auch.

Also mal wieder ein erfolgreicher Einsatz unserer immer noch wachsenden Gemeinschaftspraxis für Sexualtherapie.

Apropos ...

Ich gab Johanna, die immer noch ihren Neopren-Anzug trug, heute ohne Dirndl drüber, ein Zeichen, und sie verschwand in Richtung zu unserem Auto.

Sie war natürlich gestern — angefangen vom Pfarrer über das ganze Dorf bis hin zu denjenigen Gästen, die nicht Bescheid wussten — der Aufreger schlechthin gewesen. Frau Wissmann hatte ausgesehen als würde sie gleich kotzen. Das wäre bestimmt lustig geworden.

Die Fahrt durch das Dorf im offenen Porsche-911-Kabrio — man weiß ja, was man seinem Publikum schuldig ist — hätte Johanna fast kommen lassen, als wir am Hotel vorbeikamen und doch tatsächlich ihr Vater davorstand. Ich konnte es mir nicht verkneifen, anzuhalten und ein paar Worte mit ihm zu wechseln, während Johanna ihm vom Rücksitz aus ihren Hintern entgegenstreckte.

Ich gab ihr dann beim Einsteigen noch einen freundlichen Klaps darauf, falls er es bisher noch nicht mitgekriegt hatte. Doch das hatte er wohl. Die Beule in seiner Stoffhose war unübersehbar. Was hätte er wohl gemacht, wenn er gewusst hätte, wer da auf Händen und Knien kauerte...

Als sie mit dem Flipchart-Ständer zurückkam, stand ich auf und schlug ein Messer gegen mein Glas. "Liebe Brautleute", sagte ich. "Braut-Paare kann ich ja wohl nicht sagen, eher Braut-Sechser."

Etwas dick aufgetragen, aber was soll's? Es wussten ja eh alle Bescheid. Zumindest dem Gelächter nach zu urteilen.

"Ich habe extra bis heute gewartet, denn was jetzt kommt, geht die anderen im Dorf erst einmal nichts an. Nachdem nun auch Lukas und Georg — mit Anhängen — Teil unseres Familienclans sind, haben wir noch ein Geschenk für euch und ein paar Vorschläge."

"Das war doch eh schon viel zu viel", protestierte Georg.

"Janina und Sanne", gab ich zurück. "Wenn er nicht den Mund hält, müsst ihr ihn ruhigstellen."

"Wird gemacht", gab Sanne zurück.

"Als ich das erste Mal während meiner denkwürdigen Woche bei der Soko Annabrunn hier war, habe ich relativ schnell gemerkt, dass ihr beide, Georg und Janina, zwar die wohl glücklichsten Menschen der Welt waren, dass es euch aber finanziell gelinde gesagt saumäßig ging. Auch die Tatsache, dass Lukas gleichzeitig Tom darum gebeten hat, euch deswegen die Hochzeit zu bezahlen, spricht für das Gleiche.

Ich habe mir also ein paar Gedanken gemacht."

"Hört, hört", höhnte mein Bruder. "Er kann denken."

Gelächter.

"Laura und Lisa, ihr seid für Frank zuständig. Wenn er nicht spurt, schlagt ihn K.O."

"Das ist doch meine Aufgabe", meinte Kathi frech.

"Um den Kerl flachzulegen", gab Lisa zurück, "reichen selbst meine paar Judogriffe aus."

"Ich", sagte Laura, "brauche kein Judo, um ihn flachzulegen."

"Au ja", kam von Kathi. "Kann ich endlich mal zukucken?"

"Kusch", sagte ich. "Klärt eure familieninternen Probleme ein andermal.

Also, das Geschenk."

Ich nahm die Aktenmappe, die Johanna auch gebracht hatte, und reichte sie Georg.

"Als euer Vater starb, hat er fast sein ganzes Bargeld in die beiden Ausbildungs-Fonds für Lukas und Sebastian gesteckt. Du hast den Bauernhof gekriegt, fast kein Geld, aber dafür eine dicke Hypothek.

Die ist jetzt abbezahlt. Der Hof gehört euch."

Georg musste gewaltsam mit Küssen beider Bräute davon abgehalten werden zu protestieren.

Wir hatten das mit Lukas besprochen. Es war ein ziemlich großer Brocken, den wir seinem Bruder geschenkt hatten, doch er war voll dafür gewesen. Er hatte seinen Ausbildungsfonds ja noch.

"Das ist aber", fuhr ich fort, "noch keine Garantie, dass der Hof überlebt. Ich bin kein Bauer, also habe ich mich ein bisschen schlau gemacht. Dein Hof ist zu klein zum Überleben. Keine Hypothekenzinsen mehr zahlen zu müssen, schützt euch nicht davor, dass der Milchpreis noch weiter in den Abgrund geht. Ich habe mir deshalb überlegt, ob man nicht aus dem Bauernhof etwas Anderes machen kann.

Die Lage hier ist fantastisch — wenn man nicht gerade mit dem Fahrrad hier hoch klettern muss."

Diesmal lachten nur Georg und Janina.

"Wunderschöner Ausblick, aber so weit vom Dorf weg und so schwer zu erreichen, dass niemand freiwillig hier hochkommt. Was auch ein Vorteil sein kann. Mein Vorschlag lautet:"

Johanna schlug das erste Blatt um. Darauf war eine Fotografie des Bauernhofs, an dem ich nur ein Detail geändert hatte, nämlich ein Pärchen, das sich davor vergnügte. Nackt.

"Erotikferien auf dem Bauernhof Huber."

Georgs Gesicht fiel runter.

"Das ist doch nichts Neues", meinte Janina. "Das haben in den letzten Jahren schon ein paar andere versucht und Pleite gemacht."

"Jaaa", sagte ich. "Die hatten aber auch die hohen Personalkosten. Ihr kriegt Zimmermädchen, Butler und Koch von deVille. Alles Roboter. Ihr Menschen konzentriert euch auf die Gäste und nicht auf das ganze Drumherum."

"Dann müssen wir aber gleich wieder Hypotheken aufnehmen", sagte Georg, diesmal recht sachlich.

"Müsst ihr nicht, denn wir können eine Gesellschaft gründen, bei der die Familien deVille und Schuppach einen Anteil von sagen wir mal vierzig Prozent übernehmen, und euch dafür mit Hardware ausstattet. Rückzahlung in Form von Gewinnausschüttungen. Solltet ihr Pleite gehen, unser Pech. Kein Risiko für euch."

Georg nickte langsam.

"Was mir gerade vor ein paar Minuten eingefallen ist: Wie wäre es, wenn hier eine junge Doktorin der Psychologie eine Praxis für Sexualtherapie einrichten würde?"

"Ich habe meine Verpflichtungen bei AniTekCo", meinte Jessica. "Das würde mir nicht sehr gefallen."

"Dann führt ihr zwei halt eine Zeitlang eine Wochenendehe", gab ich zurück. "Du bist drei oder vier Tage in Frankfurt, und fliegst dann hier runter. Wenn du überhaupt noch dort vor Ort sein musst. Ihr könnt hier auch ein Videokonferenzsystem einrichten."

Jessica wollte wieder protestieren, doch Doro legte ihr eine Hand auf den Arm. "Wir lassen uns das durch den Kopf gehen", sagte sie. "Die Gegend gefällt mir und im Rhein-Main-Gebiet kann ich ganz sicher keine eigene Praxis aufmachen."

"Gut. Weiter: Was mir vorschwebt, ist eigentlich ein High-Level-Fetischclub wie das Black Dreams. Sehr exklusiv. Nur Pärchen oder Dreier erlaubt. Massive Backgroundchecks, die garantieren, dass nur legitime Beziehungen hier ausgelebt werden und kein Chef seine Frau mit der Sekretärin betrügt, es sei denn alle drei checken in einem Zimmer ein. Keine Drogen, keine Prostitution. Nur absolut legale Praktiken."

"Immer noch nichts sooo besonders", sagte Janina. Sie war wohl ein härterer Brocken als Georg.

"Was hältst du vom einzigen Etablissement weltweit, das echten virtuellen Sex anbietet?"

"Oh!", sagte Doro.

"Ich habe", fuhr ich fort, "mit Bryan und Thora gesprochen. Sie sind inzwischen soweit, dass sie die Datenmenge um den Faktor zwanzig runterdrehen können. Und wenn es nicht auf die Umgebung ankommt — die ist beim Sex ja doch meistens egal — nochmal um achtzig Prozent. Alles in allem: Wir können den Gästen — für einen nicht ganz so kleinen Aufpreis — etwas anbieten, dass es sonst nirgends gibt. Zumindest für einige Zeit."

"Das muss ich aber sehen", sagte Janina, "bevor ich es glaube."

Alle lachten.

Janina wurde tatsächlich rot. "So habe ich das nicht gemeint."

"O doch", sagte Georg. "Das hast du." Er wandte sich an mich. "Und was soll ich Bauer da tun? In grünen Gummiklamotten rumlaufen, um Fetische zu bedienen?"

"In Gummihöschen würdest du süüüß aussehen", sagte Sanne.

Als das Publikum sich wieder weitgehend beruhigt hatte, sagte ich: "Vorab mal zwei verschiedene unausgegorene Ideen. Erstens: Eine Art Streichelzoo für Erwachsene. Kälber auf einer Weide direkt am Hof. Pferde vielleicht. Ich kenne mich damit nicht aus."

"Wir könnten ganz besonderes Fleisch liefern", sagte Janina nachdenklich und war schon wieder überrascht, als alle lachten. "Ach Leute!", beschwerte sie sich lachend. "Ich meine, Kobe-Rinder oder irische."

"Die Idee ist nicht so abartig", meinte Georg grinsend. "Das könnte ich mir schon vorstellen. Das ganz besondere Fleisch, meine ich."

"Außerdem denke ich", sagte ich zu ihm, "dass du dein Abitur nachmachen und danach nebenbei noch studieren könntest. Das Gleiche gilt auch für deinen Bruder. Obwohl ..."

"Was?", fragten alle vier wie aus einem Mund.

"Da wäre zum einen die ganze Haustechnik. Roboter, Küche und so weiter. Da könntet ihr mindestens einen fähigen Mechatroniker brauchen, der bei deVille immer zu Familientarifen die neuesten Schulungen kriegt und auch sämtlich Küchenläden der Umgebung beraten kann."

"Hätte ich nichts dagegen", meinte Lukas, und Georg nickte nachdenklich.

"Zum anderen: Zimmer mit vollständiger Videoausstattung. Wenn gewünscht, laufen die ganze Zeit — auch bei Dunkelheit — Kameras mit, und die Gäste kriegen am Schluss ihren ganz persönlichen Porno mit nach Hause."

"Das", sagte Sanne pointiert, "würde mir echt Spaß machen."

"Das wissen wir", rief Thomas.

Wieder allgemeines Gelächter.

"Es gibt nur ein Problem", sagte Lukas nachdenklich, "wenn das ein reines Drei-Familien-Unternehmen bleiben soll. Wir haben absolut niemanden mit Erfahrung in der Leitung eines Hotels."

Ich grinste. Gottseidank war wenigstens ihm das eingefallen.

"Das ist nicht ganz richtig", sagte ich und schnippte mit dem Finger.

Johanne schritt graziös nach vorne und kniete sich vor meine Füße.

"Ja", meinte Georg. "Ich wollte die ganze Zeit schon wissen, was es mit der auf sich hat."

"Das ist unsere Hoteldirektorin. Sieht sie nicht zum Anbeißen aus? Sie hat einschlägige Erfahrung, vor allem darin, die Hotelgäste in allen Belangen zu befriedigen."

Lukas' Augen wurden groß. "Ist das etwa ..."

Ich schnippte noch einmal, und Johanna zog die Haube ab.

"Ja, Herr, ich bin es. Ich bin Ihre ergebene Dienerin. Sie werden keinen Grund haben, an meiner Loyalität zu zweifeln."

Vier Gesichter starrten.

"Ich ... ich ...", stammelte Lukas.

"Ich verstehe", sagte Johanna, "wenn Sie mich hassen, Herr. Doch Sie können mich nicht so sehr hassen, wie ich mich selbst dafür hasse, was ich Ihnen, Herr und Ihrer Gattin angetan habe."