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Banditen

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Entführung und Gefangenschaft.
9.7k Wörter
4.53
15.2k
4
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Banditen

Adrian fand die Situation völlig verrückt. Er, der Pazifist, saß in einem Militärjeep und wurde durch die Wildnis irgendwo auf dem lateinamerikanischen Kontinent kutschiert, in einer Kolonne, die von einem waffengeilen und geistig absolut unterbelichteten Obristen geführt wurde. Er hätte sich nicht träumen lassen, mal in so etwas hineinzugeraten. Aber da war er nun.

Eigentlich hatte alles ganz vernünftig angefangen. Als Agrarwissenschaftler in der staatlichen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit sollte er Entwicklungshilfeprojekte entwerfen. Nach der Förderung verschiedener Großvorhaben, die allesamt daran gescheitert waren, dass Millionen in den dunklen Kanälen der Korruption versickerten, war man umgeschwenkt auf „nachhaltige" Unterstützung von Kleinbauern, Dorfgemeinschaften und Kleingewerbetreibenden.

Überhaupt war „nachhaltig" die Lieblingsvokabel seiner Vorgesetzten. Kein Schriftstück, in dem das Wort nicht mindestens dreimal vorkam, konnte die behördliche Hühnerleiter auch nur eine Sprosse weiter kommen. Irgendwann hatte er die Nase voll vom Dasein als Behördenhengst. Acht Stunden Bleistifte von links nach rechts und wieder zurück sortieren und als Höhepunkt des Arbeitstages mittags der Gang in die Kantine. Deshalb meldete er sich für einen Einsatz „draußen".

Nun war er da, wo er angeblich hinwollte: „draußen". Dieses Draußen entpuppte sich als ein Behördendschungel, der schlimmer war als daheim. Das Schlimmere war vor allem, das ohne Militär gar nichts ging. Die berufsbedingte Paranoia dieser Spezies führte dazu, dass er sich trotz gegenteiliger Zusicherungen kaum frei bewegen konnte.

Immer war eine Region zu unsicher, von Banditen und Rebellen verseucht, die sich in der Regel als armselige, halbverhungerte Bauern herausstellten. Darum war ihm jetzt diese militärische Begleitung aufgezwungen worden. Und da der Oberst ohnehin gerade in die Region unterwegs war, war er jetzt mit in diesem Konvoi.

Überhaupt, dieser Oberst. Er hatte Interesse an Adrian gezeigt, der ja immerhin Repräsentant einer Regierung war, wenn auch der allerkleinste. Aber hier zählte er in den Augen der Mächtigen plötzlich. Der Oberst war in seinen Ansichten ein Musterbeispiel für den Satz: „Wenn du als einziges Werkzeug einen Hammer hast, brauchst du dich nicht zu wundern, wenn alles, dem du begegnest aussieht wie ein Nagel."

Er sah alles durch die militärische Brille. Das Elend der Landbevölkerung lag für ihn nur daran, dass diese peones alle zu faul und aufsässig waren. Wenn man sie mit Gewalt zu Arbeit und Gehorsam triebe, ginge es ihnen sicher besser. Hinter jedem Baum witterte er Aufständische, die von irgendwelchen Agitatoren aufgeheizt den Leuten einredeten, dass es ihnen schlecht gehe. Wenn man mit denen kurzen Prozess machen dürfe ... und so weiter, die ewig gleiche Leier.

Also traute er sich nur mit schwer bewaffneter Begleitung in die Gegend. Adrian wunderte sich nicht, dass das Militär überall verhasst war. Der Oberst bekam auf diese Weise seine Auffassung immer wieder bestätigt. Adrian fragte sich, wie er unter diesen Umständen arbeiten könne.

Ü berfall

Er saß mit seinem Sack Saatgut und Fachliteratur sowie guten Ratschlägen versehen, in dem Jeep am Ende der Kolonne allein mit dem Fahrer. Der war realistisch und deswegen froh, mit Adrian zu fahren. Wenn irgend jemand Ziel einer Attacke sein würde, dann das hohe Tier weiter vorne. So mühte er sich nicht sonderlich, immer Anschluss zu halten.

In der Unterhaltung mit ihm erfuhr Adrian, dass er nur deswegen beim Militär war, weil er der Armut entgehen wollte. Begeistert war er nicht. Ein Bauernsohn, der größeres Verständnis für die Lage der Bauern hatte, als der Oberst und die gesamte korrupte Regierung zusammen. Hätten die so einem Menschen zugehört, hätten sie einiges lernen können. Standesdünkel und Überheblichkeit verhinderten das.

Die Straße, die sie befuhren war eine einspurige, enge Schotterpiste mit zahlreichen Schlaglöchern, Pfützen und vom Regen aufgeweichten Stellen. Sie holperten mit einige Abstand hinter dem Rest der Kolonne her, als weiter vorne ein Baumstamm hinter dem letzten Wagen krachend quer über die Straße fiel. Der Fahrer stieg in die Bremse, bekreuzigte sich und murmelte „madre de Dios", als weiter vorne schon Schüsse ertönten.

Zu allem Überfluss hatte ihr Wagen sich bei dem Bremsmanöver im Schlamm festgefahren, bei eingelegtem Rückwärtsgang drehten die Räder durch und spritzten Matsch durch die Gegend. Der Fahrer überlegte nicht lange, sondern sprang aus dem Wagen und rannte wie vom Teufel getrieben die Piste zurück.

Adrian zögerte einen Moment. Dann packte er seine Siebensachen und kletterte aus dem unbrauchbar gewordenen Jeep. Er beglückwünschte insgeheim den Fahrer seines Wagens, der so weit hinter der Fahrzeugreihe hergetrödelt war, für seine Voraussicht. Irgendwo da vorne war jetzt wohl der Teufel los und er war dankbar, nicht dabei zu sein.

Die nächste Ortschaft lag schon einige Kilometer zurück, es wäre ein beschwerlicher Weg, aber schon irgendwie zu schaffen. Da er weder Uniform noch Waffen trug und sein Aussehen nicht gerade Reichtum vermuten ließ, hoffte er, unbehelligt zu bleiben. Aber kaum hatte er sich umgewandt, als er wie angewurzelt stehen blieb.

Eine abenteuerlich vermummte Gestalt stand auf dem Weg und zielte mit einem Gewehr auf ihn. Er musste sich eingestehen, dass der andere über die stärkeren Argumente verfügte und hob die Hände. Woher die Gestalt auf einmal kam, war ihm unklar. Sie musste schon dort gestanden haben, als er sich noch aus dem Jeep mühte.

Die Schießerei hinter ihm hatte so schnell aufgehört, wie sie begonnen hatte. Die Figur vor ihm deutete wortlos in die Richtung, in die sich Adrian in Bewegung setzten sollte. Mit einem Seufzer fügte er sich. Er befürchtete - mangels Uniform, Bewaffnung oder Reichtümern - nichts ernsthaft Schlimmes für sich. Aber er musste sich darauf einstellen, dass es ungemütlich werden würde. Auf einmal erschienen ihm täglich acht Stunden Bleistifte von rechts nach links zu sortieren doch als recht reizvolle Beschäftigung ...

Es ging einen schmalen Pfad in den Urwald hinein. Schon nach wenigen Schritten war von der „Straße" nichts mehr zu sehen. Dafür erreichten sie bald eine kleine Lichtung, auf der neben dem Oberst und einigen entwaffneten Soldaten eine Gruppe malerisch zerlumpt aussehender Bewaffneter zu sehen war. Adrian rieb sich die Augen: Es waren Frauen darunter, nein er sah sich um, die meisten ... nein, fast alle waren Frauen. Bewaffnet und entschlossen wie sie aussahen war es ratsam, still zu bleiben.

Das schien sogar der Oberst einzusehen, der still vor Wut schäumte. Die Soldaten sahen eher so aus, als ob sie sich in ihr Schicksal fügten und froh waren, mit dem Leben davongekommen zu sein. Endlich sprach eine der Frauen, sie schien die Anführerin zu sein. Sie befahl einigen ihrer Anhängerinnen, mit den gefangenen Soldaten zu den Jeeps zu gehen, sie von der Piste weit genug in den Wald zu schleppen, um sie vor Blicken von der Straße aus zu verbergen, unbrauchbar zu machen und die Straßensperre zu beseitigen.

Sie sprach mit ruhiger Autorität, erhob kaum die Stimme, wirkte ganz unmilitärisch, aber ihre Anweisungen wurden ohne zu zögern befolgt. Inzwischen wurden über einen anderen schmalen Pfad Maultiere herangeführt. Die Mules waren zähe, genügsame Tiere. Das Hauptverkehrsmittel in unwegsamen Regionen, wie Adrian wusste. Trittsicher und ausdauernd. Mit ihnen konnte man in Gegenden reisen, in denen die Jeeps der Armee hoffnungslos feststecken würden.

In der Zwischenzeit wurde der Oberst auf ein Maultier gesetzt und festgebunden. Der Kontrast zwischen dem wütenden und in seiner Ehre verletzten Militär und der ruhigen Sachlichkeit, mit der er dem Muli wie ein Gepäckstück aufgebunden wurde, wirkte bei aller Bedrohlichkeit der Situation komisch.

Aber bevor Adrian dazu kam, sich darüber zu mokieren, wurde er wortlos auf den Rücken eines Maultiers befördert, die Arme auf den Rücken gebunden, die Füße unter dem Bauch des Tieres zusammengefesselt und ihm ein dichtgewebter Stoffbeutel über den Kopf gestülpt. Dunkelheit umfing ihn, er nahm nur wahr, wie sich das Maultier in Bewegung setzte.

Er wunderte sich, wie leise alles vor sich ging. Es wurde nur das Allernötigste gesprochen und auch das nur mit gedämpfter Stimme. Er war sich sicher, dass der Urwald sie nach wenigen Schritten verschluckt hatte und von dem Überfall keine Spur mehr zu sehen war.

Einige Stunden schaukelte er auf dem Rücken des Mulis dahin. Die Bewegung erschien nicht schnell, aber er wusste, dass der gleichmäßige Schritt dieser geduldigen Lasttiere die Kilometer verschlang wie ein Großfeuer den Wald. Es ging bergauf und bergab, in zahllosen Windungen des Pfades. Völlig unmöglich auszumachen, in welche Richtung sie wirklich vorankamen.

Irgendwann hörte er ein Rauschen, das beim Näherkommen lauter wurde und sich zu einem Tosen steigerte. Er spürte einen feuchten Schleier, erst wie Nebel, auf seiner Haut. Die Nässe nahm zu, bis er sich in einem feinen Sprühregen wähnte. Sie mussten einen Wasserfall passieren. Der Lautstärke nach zu urteilen in greifbarer Nähe.

Dann - er wunderte sich, wie sehr der Verlust des Sehens die Aufmerksamkeit der anderen Sinne steigerte - wurde es kühl, das Tosen hallte von Wänden wider. Sie mussten in eine Höhle oder einen Tunnel gegangen sein. Das hallende Tosen nahm allmählich ab, sie schienen sich von dem Wasserfall wieder zu entfernen. Plötzlich hörte aller Hall auf, das Tosen war wieder zu einem Rauschen geworden, und es wurde warm. Sie waren wohl in die Sonne hinausgeritten. Adrian vermutete, dass sie einen Tunnel unter dem Wasserfall durchquert hatten.

Nach wenigen Minuten machten sie Halt. Ihm wurde der Stoffbeutel vom Kopf gezogen. Er blinzelte in die untergehende Sonne. Die Fesseln wurden entfernt, er rutschte von seinem Reittier und landete weich im Gras auf dem Rücken. Während er sich aufrappelte und wartete er, dass das Blut wieder in seinen Gliedmaßen floss und die Augen sich an das helle Licht gewöhnten.

Schließlich sah er sich um. Ein weiter Talkessel umgab die Gruppe. Ringsum ein Berggrat. Er mutmaßte, im Krater eines riesigen, erloschenen Vulkans zu sein. Der Durchgang, durch den sie anscheinend gekommen waren, war nirgendwo zu entdecken. Üppige Vegetation überall. Die Gruppe, die ihn hierher gebracht hatte, war kleiner geworden.

Offensichtlich hatten die Banditen sich nach dem Überfall getrennt. Ehe er sich genauer orientieren konnte, wurde er in einen Höhleneingang geführt. Nach wenigen Metern wunderte er sich. Statt einer Höhle schien er sich in ordentlichen Räumen zu befinden. Statt Höhlenfinsternis gab es angenehme Beleuchtung. Woher mochte die Elektrizität kommen? wunderte er sich. Das nächste Kraftwerk war etliche Tagesreisen entfernt. Und selbst in den großen Städten funktionierte die Versorgung alles andere als zuverlässig.

Er warf einen genaueren Blick auf seine Bewacherinnen. In der Tat, allesamt Frauen. So wie sie gekleidet waren, wären sie unter ärmlichen Bauern der Provinz nicht aufgefallen. Auf den zweiten Blick aber wirkten sie gesünder, besser genährt und selbstbewusster.

Er wurde tiefer in die Gänge hineingeführt bis in einen Raum, der aussah, wie ein gewöhnliches Büro. Hinter einem Schreibtisch saß eine Frau, die er auf Mitte dreißig schätzte. Halt! dachte er bei sich. Er schätzte sie wie eine Frau der dünnen Oberschicht dieses Landes. Eine dreißigjährige Bäuerin hier sähe verbraucht aus. Ausgelaugt von vielen Geburten, vom Elend und harter Arbeit gezeichnet, die Brüste vom Stillen erschlafft, der Blick stumpf, die Haltung kraftlos.

Nein, diese Frau wirkte energisch, zielbewusst, dynamisch und strotzend vor Gesundheit. Etwas passte hier nicht. „Commandante Laura, das ist der zweite Gefangene. Wir haben ihn noch nicht identifiziert", wurden seine Gedanken unterbrochen, „Er saß in einem anderen Wagen als der Oberst, ganz hinten in der Kolonne. Scheint kein Militär zu sein." Commandante Laura dankte höflich, mit reibeisenartigen Stimme und leicht nasaler Aussprache. Auf einen Wink von ihr verschwanden Adrians Bewacherinnen im Hintergrund.

„Die Identifikation ist einfach, ich kann sagen, wer ich bin" fiel Adrian ein. - „Ach, du kannst sprechen", spottete die Reibeisenstimme, „wenn du auch noch denken kannst, dann kommst du nicht vom Militär." - „Richtig", bestätigte Adrian, „leider ist das Militär für mich die einzige Möglichkeit in diese Gegend des Landes zu kommen." Er stellte sich vor und verwies zum Beweis auf seinen Sack mit den Sämereien und der Fachliteratur.

Commandante Laura ließ seine Sachen bringen und durchsuchen. Das Ergebnis schien sie zufrieden zustellen. Unerwartet verfiel sie in die deutsche Sprache. Adrian fragte sie, woher sie die könne. „Ich habe an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich studiert", erläuterte sie, „wundere dich nicht, wir sind hier mehrere, die im Ausland studiert haben. Du wirst wohl in kaum einem Teil des Landes so viele Akademikerinnen auf einem Fleck finden, wie in diesem Talkessel."

„Und wieso seid Ihr dann nicht in der Führung dieses Landes?" wunderte Adrian sich. „Entwicklungshelfer sind immer so naive Gutmenschen", stöhnte sie mit gespielter Fassungslosigkeit, „so lange die Latifundistas und die Compradorenbourgoisie hier das Sagen haben, werden wir weiter behandelt wie der letzte Dreck. Eine Handvoll Familien in diesem Land lebt in Saus und Braus. Beschützt von einer Bande hirnloser Mililtärs und ihrer reichen Freunde aus Nordamerika und Europa. Da helfen Vernunft und Bildung nicht. Einige Zeit haben wir es mit Politik versucht, mit der Revolution, mit Guerillakämpfen und was ist daraus geworden? Die Besten dieses Landes sind tot oder verfaulen im Knast. Wir hier versuchen nur noch, gescheit zu überleben. Als Frauen gelten wir in diesem Land als doppelt wertlos. Die Banditenexistenz hier ist noch die beste Möglichkeit für uns."

Allmählich verstand Adrian besser, was er gesehen hatte. Er war in einer winzigen Republik verfemter, intellektueller Frauen gelandet. Dieser unzugängliche Talkessel war das ideale Versteck. Inmitten von Urwald und umgeben von steilen Bergen war er völlig unzugänglich. Der einzige Weg hinein schien unter dem Wasserfall durch einen Tunnel zu führen. Wer den nicht kannte, hätte höchstens mit einem Hubschrauber einfliegen können. Dann ein Haufen gut ausgebildeter Frauen, die Ressourcen zusammengeraubt, damit ließ sich was anstellen.

„Wir können dich nicht einfach laufen lassen", unterbrach Laura seine Gedanken, „das Risiko, dass du uns verrätst ist zu groß. Zwar hast du kaum genug mitgekriegt, um jemandem den Weg hierher zu zeigen, aber es ist besser, dich erst mal hier zu behalten. Wir denken nach, wie wir mit dir verfahren."

Nach diesen Worten winkte sie in den Hintergrund, aus dem zwei bewaffnete, junge Frauen kamen und Adrian wegführten. Durch mehrere, verzweigte Stollen, in denen er bald die Orientierung verlor, führten sie ihn in einen Raum, dessen Öffnung mit einem Gitter versehen war. Er wurde hineingestoßen, die Gittertür fiel hinter ihm zu, ein Schlüssel drehte sich zweimal, die Bewacherinnen entfernten sich mit hallenden Schritten, dann war Ruhe.

Unter die R ä uberinnen gefallen

Er sah sich um. Der Raum wurde durch eine Lampe erhellt, die - er staunte schon wieder - aus LEDs bestand. Diese Banditinnen waren hochmodern. An einer Seite stand eine Liege, landestypisch war es nur ein Rahmen aus Holz auf Beinen, der stramm mit einem Gitter aus Lederriemen bezogen war, so dass sich eine elastische Liegefläche ergab. Ein Moskitonetz hing von der Decke bis auf den Boden. Es war lückenlos, würde also tatsächlich Schutz bieten.

Die Beine des Gestells standen in alten Konservendosen, aus denen es deutlich nach Petroleum roch. Die Geruchsbelästigung war auszuhalten, zumal er wusste, dass dies einen zuverlässigen Schutz gegen Raubwanzen darstellte, die gerne in diesen Breiten des Nachts im Schutz der Dunkelheit Schlafende bissen, was nicht nur entzündete Einstichstellen zur Folge hatte, sondern auch die gefürchtete Chagas-Krankheit übertragen konnten. Hier kannte sich offenbar jemand aus und traf die richtigen Vorsichtsmaßnahmen.

Auf einem Tisch stand etwas zu essen, in einer Ecke gab es eine Waschgelegenheit, sogar an eine Zahnbürste war gedacht. Es war spät, er war müde, Gott weiß, was der nächste Tag bringen würde. Er nahm das bereitstehende Angebot an und legte sich hin. Überaschenderweise war er trotz der Aufregung bald eingeschlafen.

Schritte kamen den Gang hinunter, eine der Bewacherinnen kam in seine Ecke. „Hör her", sagte sie, „Commandante Laura hat entschieden, dass du harmlos bist. Und sie hat gesagt, du kannst uns in der Landwirtschaft helfen." Mit diesen Worten schloss sie die Tür auf und nahm ihn mit hinaus ins Freie.

Um einen roh gezimmerten Tisch mit Bänken saß eine Gruppe Frauen. Vom Obersten und den anderen Mitgefangenen keine Spur. Der Tisch stand unter einem großen Baum im Schatten. Alles war einfach, aber solide und ordentlich. Als er sich umblickte, die Worte der Commandante vom Vortag noch im Ohr, fiel ihm auf, dass alles so eingerichtet war, dass selbst von einem Hubschrauber unmittelbar über dem Talkessel nichts Ungewöhnliches zu sehen gewesen wäre. Das Ganze war hier einfach ein perfektes Versteck. Für wie viele vermochte er nicht zu sagen, aber hundert Menschen waren es mit Sicherheit. Und fast nur Frauen.

Er stellte sich vor, als er an den Tisch herantrat. Seine Ankunft wurde mit freundlicher Neugier begrüßt. Eine rutschte zur Seite und winkte ihn heran: „Ey, ein Mann und dann noch ein Blonder. Komm' her und setz' dich zu Juanita." Ihre Hand klatschte unter dem Gejohle der anderen auf seinen Hintern, und sie zog ihn zu sich heran. Er versuchte sich freundlich der Zudringlichkeiten zu erwehren, aber es hatte wenig Zweck.

Schnell war er eingekeilt zwischen zweien, die ihn betasteten. Das Frühstück wurde ihm in den Mund geschoben. Es bestand aus Tortillas, die mit denen, die in europäischen Restaurants serviert wurden nur soviel gemeinsam hatten, dass sie Maismehl enthielten. Diese hier hatten, wie er es im ganzen Land kennen gelernt hatte, die Konsistenz von feuchter Pappe und er fand sie einfach widerlich.

Die Runde war freundlich zu ihm, aber er hatte schon das Gefühl, das er ansonsten bei attraktiven Frauen, die in eine feucht-fröhliche Männerrunde geraten waren, vermutet hätte. Muntere Sprüche in dem Stil „Den würde ich auch nicht von der Bettkante stoßen." - „Doch! Ich wüsste schon in welche Richtung!" machten die Runde. Er wusste nicht recht, wie er sich in dieser Situation verhalten sollte und schluckte erstmal brav die angebotene Tortilla.

Zu seiner Erleichterung war der Spaß bald vorbei, es sollte an die Arbeit gehen. Hier wurde er als Fachmann akzeptiert. Es ging um Gemüseanbau an den flacheren Teilen der Hänge ringsum. Auf halber Höhe gab es eine sprudelnde Quelle, von der aus ein Bach in den Talkessel plätscherte.

Ausgehöhlte Baumstämme lagen schon bereit, aus denen sie gemeinsam eine Leitung zur Bewässerung der kleinen Flecken, die bebaut werden sollten, entstehen sollte. Adrian kalkulierte, dass bei dem Boden aus fruchtbarem Vukangestein, der regelmäßigen Sonneneinstrahlung und guter Bewässerung recht gute Ernten zu erwarten sein würden. Die Arbeit war anstrengend und bei den herrschenden Temperaturen ordentlich schweißtreibend.

Zur Siestazeit ging es den Bach ein kleines Stück hinauf bis zu einer Stelle, wo er zu einem kleinen Teich aufgestaut war, von wo aus er weiter nach unten floss. Jetzt war Baden und Schweiß abwaschen angesagt.

Adrian überlegte sich gerade, eine andere Stelle, außer Sichtweite der Frauen zu suchen, als er von ihnen umringt und einfach ausgezogen wurde. Strampeln half nichts, sie waren nun mal in der Überzahl. Und - Platsch! - landete er im Bach. Juchzend sprang die Meute hinterdrein. Ein paar Mal wurde er untergetaucht. Nackte Leiber drängten sich an ihn, Hände griffen nach ihm und etliche verirrten sich unter seine Gürtellinie. Ihm war es peinlich, dass er eine Erektion nicht verhindern konnte.