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Das Ende aller Sorgen

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Andy saß auf einem Bürostuhl, behielt die Geiseln im Auge und war mit seinem Fluchtplan noch immer keinen Schritt weiter. Aber einfach aufgeben war keine Option. Im Knast würde er kaputt gehen. Andy konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen. Er fing an umher zu laufen. Die Pistole hatte er die ganze Zeit über in der Hand gehalten. Der Griff fühlte sich verschwitzt an. Die Softair-Pistole hinter seinem Rücken schmerzte. Bestimmt hatte er da schon eine Druckstelle.

Er durchquerte den Besprechungsbereich. Der Oma schien es nicht gut zu gehen, das konnte man sehen. Der Bankangestellte kümmerte sich um sie und tupfte ihr mit einem nassen Taschentuch die Stirn ab. Andy machte sich Sorgen. Nicht, dass die betagte Dame jetzt einen Herzinfarkt oder Kreislaufkollaps bekam. Wegen zuviel Aufregung war schon so mancher im Krankenhaus gelandet. Oder sogar schlimmer. „Was ist mit ihr?", fragte er. „Frau Schenk hat Diabetes. Der Blutzucker ist zu hoch, wahrscheinlich wegen der Aufregung. Ihr geht es wirklich schlecht." Andy wurde nervös. Die Oma zitterte am ganzen Körper und sah sehr krank aus. „Was können wir tun?"

Mathilda Schenk hob müde den Kopf. „Nichts, junger Mann. Dauert das hier denn noch lange? Ich wollte doch nur eben schnell ein bisschen Geld abheben. Mein Insulin liegt im Handschuhfach, das brauche ich." Sie seufzte schwer. Die alte Dame tat ihm leid. Irgendwie schien sich alles gegen ihn verschworen zu haben. Ob er die Oma auch noch gehen lassen sollte? Aber sie schien nicht in der Verfassung zu sein, allein die Bank verlassen zu können. Also müsste er die Oma und noch jemand anderes gehen lassen. Andy runzelte die Stirn. Wenn er so weiter machte, hatte er wirklich kaum noch Geiseln übrig. Wahrscheinlich würden dann die restlichen Leute anfangen, Krankheiten zu simulieren, damit er sie ebenfalls frei ließ. „Nein, ich muss Härte zeigen, eine klare Grenze ziehen", ermahnte er sich.

„Kümmern Sie sich um sie, so gut Sie können.", befahl er dem Bankangestellten, der das eigentlich sowieso schon tat. Wieder kreisten seine Gedanken. Wie, zum Teufel, kam er hier mit heiler Haut raus? Er begann erneut herum zu laufen. Sein Blick fiel wieder einmal auf die Wanduhr. Das Gespräch mit Linda war jetzt genau eine Stunde her.

In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Andy stürzte zum Apparat. „Linda?" „Erraten! Ihre Stimme klang freundlich, fast fröhlich. „Wie geht es uns so?" Andy fühlte sich gleich besser. „Ach, Sie sind wohl Krankenschwester. Und ich hatte Sie als Polizistin in Erinnerung. Aber eine Krankenschwester... Mhhh. Auch nicht schlecht!" „Das hätten Sie wohl gerne!", lachte sie. „Aber wo wir schon beim Thema sind: Wie geht es denn unseren „Patienten"?"

Andy wurde ernst. „Nicht so gut. Wir haben hier eine ältere Dame. Sie sagt, sie hat Diabetes und braucht Insulin. Sie hat ihr Insulin-Zeug aber im Auto vergessen." „Könnten Sie sie nicht freilassen?", kam es prompt zurück. „Tut mir leid, aber dieses Mal lasse ich nicht mit mir reden. Keine Chance, sorry!", entgegnete Andy.

„Einen Moment, Andy.", sagte Linda. Dann hörte er, wie sie kurz mit einem Mann sprach, wahrscheinlich Glockner. Dann war sie wieder da. „Wir können das Auto öffnen, das ist kein Problem. Wo parkt sie denn? Dann können wir es Ihnen bringen." Andy roch sofort eine Falle. „Nein, das geht nicht. Ich will nicht, dass ein Polizist hier hereinkommt. So blöd bin ich nicht."

„Und eine Polizistin?", fragte sie ganz unschuldig. „Hm!", machte Andy. Zu gern hätte er „ja" gesagt, um sie wiederzusehen. Verflixte Kiste. „Bitte, bitte..." machte Linda. Andy stöhnte innerlich. Zuckersüß. Verflixte Kiste aber auch!

„Na gut. Wenn Sie es sind! Aber Sie kommen unbewaffnet. Nur Sie und das Insulin. Und die Tür nur einen kleinen Spalt aufmachen!" „Danke, Sie haben mein Wort. Wo parkt sie denn, haben Sie ein Kennzeichen für mich?" „Moment!" Er fragte Frau Schenk nach Ihrem Auto und hob dann den Hörer wieder ans Ohr. „An ihr Nummernschild kann sie sich nicht erinnern. Sie sagt es sei ein Mercedes und sie hat direkt vor der Bank geparkt. Hinten muss 240 D drauf stehen. -- ich hoffe die Beschreibung reicht." „Ich glaube schon. Bis gleich, Andy." Dann legte Linda auf. „Gute Nachrichten, Frau Schenk", rief Andy zu den Geiseln herüber. „Jemand wird das Insulin bringen, dann geht's Ihnen schnell wieder besser."

Hauptkommissar Glockner schaute unglücklich drein. „Sie hätten das mit uns vorher absprechen müssen, bevor Sie einfach so in die Bank spazieren wollen." Wespe grinste anerkennend. „Aber wie Sie ihn um den Finger gewickelt haben, fantastisch! Ich glaube, das sollte ins Handbuch für Verhandlungen mit Geiselnehmern aufgenommen werden. Meinen Respekt, Frau Kollegin!" Glockner stand auf. „Ja und ich sehe schon, wie sämtliche Frauenbewegungen das Handbuch wegen Sexismus in der Luft zerreißen und wir beide vorzeitig zwangspensioniert werden, wenn wir das vorschlagen.", brummte er. „Organisieren Sie das Insulin." Dann wandte sich der Hauptkommissar wieder Linda zu. „Bevor Sie da rein gehen, müssen wir Sie noch verkabeln." Er winkte einem der Techniker zu, ihm die benötigten Gerätschaften zu bringen.

Linda legte ihre Dienstwaffe ab. Dann bekam sie ein kleines Mikro, das sie unter ihrem blauen Uniformhemd durchzog und mit einer kleinen Klammer vorne am Mittelstück ihres Büstenhalters befestigte. Hinter ihrem Rücken wurde ein kleines Kästchen in den Gürtel gesteckt und mit dem Mikrofonkabel verbunden. Außerdem erhielt sie einen hautfarbenen Ohrstöpsel. Sie steckte ihn in ihr linkes Ohr und löste ihren Pferdeschwanz. Mit offenen Haaren ließ er sich problemlos verstecken.

„Sehr gut, damit können wir Ihnen direkte Anweisungen geben oder Sie vorwarnen, falls wir eingreifen müssen. Versuchen Sie keine Einzelaktion. Bringen Sie einfach das Insulin herein. Machen Sie sich ein Bild von der Lage. Wo hält er sich am meisten auf, wo befinden sich die Geiseln. Halten Sie Ausschau nach Gegebenheiten, Umständen, nach allem, was wir verwenden können. Sehen Sie es als Aufklärungsmission. Alles klar?" Hauptkommissar Glockner sah die junge Frau forschend an.

„Kein Problem", nickte Linda leichthin. Kurze Zeit später kehrte Wespe zurück. Er hatte ein kleines schwarzes Etui in der Hand und reichte es Linda. „Das ist das Insulin, samt Pen." Glockner drückte ihr kurz die Hand. „Seien Sie bitte vorsichtig. Und jetzt los, viel Glück!" Die beiden Beamten sahen der jungen Frau nach, als sie den Einsatzwagen verließ. „Sie wird das schon schaffen", meinte Wespe. Hauptkommissar Glockner sah seinen langjährigen Kollegen und guten Freund an. „Ja, das denke ich auch. Und jetzt Ruhe, wollen wir mal hören, was unser Freund da drinnen zu sagen hat."

Andy saß nervös vor dem Telefon und trommelte wartend mit den Fingern der rechten Hand auf dem Schreibtisch vor ihm. Dann öffnete sich endlich die Eingangstür und eine schlanke Frauengestalt schlüpfte durch den Spalt. Andy stand auf, die Waffe in der Hand. „Hallo Andy", begrüßte ihn Linda und kam mit selbstsicherem Schritt näher. Neugierig sah sie ihn an. Sie hatte sich schon gefragt, wie Andy wohl unter seiner Skimaske aussah. Eigentlich war er ein gut aussehender Typ. Hoffentlich bedeutete die abgelegte Maske nicht, dass er einen genialen Fluchtplan in der Hinterhand hatte und sowieso alle erschießen würde, die ihn später identifizieren konnten. Aber das kam ihr unwahrscheinlich vor. Als sie ihm in die Augen sah, war sie sich dessen sicher und atmete auf. „Hallo Linda", grüßte er zurück. Er wartete, bis sie nur noch ungefähr drei Meter entfernt war.

„Warten Sie. Halt! Legen Sie das Insulin auf den Boden und stoßen Sie es zu mir herüber." Linda tat wie geheißen. Mit dem Fuß bremste Andy die kleine Stoffmappe ab und hob sie auf. Er kontrollierte sie flüchtig, ohne Linda dabei aus den Augen zu lassen. Es war keine Waffe darin, aber mit den Ampullen und dem stiftähnlichen Ding, damit konnte er nichts anfangen. Linda las in seinem Gesicht. „Ich weiß, wie das geht. Soll ich helfen?"

Andy nickte. „Also gut. Aber die Hände nach oben, so dass ich sie sehen kann. Und dann einmal drehen!" Der Lauf seiner Pistole beschrieb eine kreisende Bewegung. Linda tat wie geheißen. „Wir wechseln ständig zwischen Du und Sie hin und her, ist Ihnen das aufgefallen?", fragte sie, während Andy sie musterte. „Hm? Ja. Entschuldigen Sie bitte. Also soll ich Sie jetzt nicht mehr mit „Linda" ansprechen?" Andy genoss es, die junge Frau ganz ungeniert betrachten zu dürfen.

Sie trug die goldbraunen Haare jetzt offen, was ihm gut gefiel. Genauso wie ihr dunkler Teint, vielleicht vererbt von einer spanischen Mutter. Sein Blick wanderte von ihrem hübschen Gesicht abwärts über den Hals und streifte über das blaue Uniformhemd. Was für eine Figur! Er erwischte sich, dass er ihr unverblümt auf den Po starrte. Sie beobachtete ihn über ihre Schulter! Schnell hob er den Kopf - und schluckte verlegen.

„Doch, Sie können ruhig Linda zu mir sagen." Sie lächelte. „Und, überzeugt, dass ich unbewaffnet bin?" Andy nickte und deutete auf die geöffnete und offensichtlich leere Pistolentasche an ihrem Gürtel. „Bitte entschuldigen Sie. Vorsicht ist besser als Nachsicht." Linda deutete auf die Geiseln, die sie weiter hinten entdeckt hatte. „Darf ich?"

Andy trat beiseite und machte so den Weg für sie frei. Er folgte ihr in einigem Abstand. „Eigentlich schade, dass er auf die schiefe Bahn geraten ist", dachte sie. Sich von ihm betrachten zu lassen, hatte ihr nichts ausgemacht. Und wie er ein bisschen rot geworden war, als sie ihn erwischte hatte, als er ihr auf den Po starrte, das war schon süß. Generell hatte sie sich Bankräuber anders vorgestellt. So grobschlächtige unrasierte Brutalos halt. Oder dürre hakennasige Geiergesichter mit stechendem Blick.

Andy dagegen wirkte gepflegt. Gut, seine Kleidung war nicht mehr die neueste und dieses ockerfarbene Hemd war in ihren Augen eine Zumutung, aber vermutlich hatte er sich die Sachen selbst zusammengestellt. Manche Männer konnten in dieser Hinsicht unglaublich unbegabt sein. Er war größer als sie, mit einer athletischen Figur, an der kein Gramm Fett zu viel zu sein schien. Ihn zu überwältigen war ausgeschlossen. Wenn, dann brauchte sie seine Waffe.

Sie stellte sich den Geiseln vor. Zum Glück war niemand hysterisch, alle wirkten gefasst und ruhig. Aber die alte Dame sah zum Fürchten aus. Andy lehnte sich an einen Tisch. Frau Schenk wirkte apathisch, sie war leichenblass und schien nur noch vor sich hin zu dösen. Er bekam es mit der Angst zu tun. Sie reagierte auch nicht, als Linda sie ansprach.

Kurz entschlossen wandte sie sich Andy zu. „Ich verstehe ja, dass Sie Geiseln brauchen, aber sie muss so schnell wie möglich in ein Krankenhaus!" „Aber wir haben doch das Insulin", schaute er sie verzweifelt an. „Die Frau braucht professionelle Hilfe, einen Notarzt, sehen Sie sie sich doch bitte mal an!" „Ja, ja, ich seh's ja selbst." Mit der Pistole in der einen Hand und der Insulinmappe in der anderen massierte sich Andy mit den Daumenrücken die Schläfen und dachte nach. „Was muss ich tun, damit Sie sie gehen lassen?" Linda sah ihn verzweifelt an.

Das erste, was Andy spontan in den Sinn kam, war, dass er einen Kuss von ihr wollte. Er rief sich zur Ordnung. „Du bist ein Spinner", schalt er sich im Stillen. Jetzt, in dieser Situation so einen Blödsinn zu denken. Er musste sich zusammenreißen. Gut, er war schon viel zu lange solo, aber eine seiner stärksten Charaktereigenschaften war doch immer gewesen, sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können, wenn es darauf ankam. Auf Linda. Nein, auf die Geiseln, natürlich!

„Dauernd lasse ich Geiseln gehen, ohne etwas dafür zu bekommen. Das kann doch so nicht weitergehen." Fast entschuldigend hob er die Achseln. „Und wenn Sie mich dafür bekommen?", schoss es intuitiv aus ihr heraus. Der Gedanke war ganz plötzlich da gewesen und ohne weiter darüber nachzudenken, hatte sie ihn auch schon ausgesprochen. „Wie meinen Sie das?", fragte Andy perplex. „Ich schlage einen Austausch vor. Sie lassen die Geiseln gehen und behalten mich dafür hier."

Im Einsatzwagen schlug Hauptkommissar Glockner mit der Faust auf den Knopf, der das Tischmikrofon aktivierte. „Was machen Sie denn? Wir hatten das doch ganz anders abgesprochen." Aber Linda konnte natürlich nicht antworten. „Abwarten, Chef. Ruhig Blut." Wespe grinste. „Inzwischen glaube ich, die Frau würde sogar den Eskimos Kühlschränke aufschwatzen können, wenn sie wollte." „Mag ja sein, aber ich trage für diese unausgebildete junge Dame die Verantwortung. Wenn das schief geht..." Glockner formulierte den Gedanken nicht aus.

Andy schüttelte den Kopf. „Kommt mir spanisch vor. Ich soll also sämtliche Geiseln gehen lassen und behalte dafür eine waschechte ausgebildete Polizeibeamtin hier. Außerdem sind Sie doch bereits in meiner Gewalt. Irre ich mich, oder kann ich Sie nicht sowieso als Geisel hier behalten!" Triumphierend sah er die junge Beamtin an.

Linda kam ihre eigene Idee inzwischen auch wahnwitzig vor. Kein Wunder, dass Glockner ihr ins Ohr gebrüllt hatte. Was hatte sie sich nur gedacht! Natürlich hatte Andy abgelehnt. Aber sich selbst als Geisel anzubieten war das eine, unfreiwillig als Geisel genommen werden, das schmeckte ihr dagegen gar nicht. Angriffslustig funkelte sie ihn an: „Das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun! Wenn Sie mich gegen meinen Willen als Geisel nehmen, wird gestürmt, das kann ich Ihnen versichern! Dann ist die Sache hier aus und vorbei! Aber egal, es war nur ein Vorschlag, geben Sie mir die Insulinmappe, damit ich meine Aufgabe erledigen kann und dann gehe ich wieder."

Andy wollte nicht, dass Linda ging. Und das sie jetzt so unfreundlich klang, tat ihm fast körperlich weh. Und wenn er schon eine Geisel brauchte, dann war ihm Linda sowieso viel lieber. „Also Sie bleiben hier, wenn ich die anderen gehen lasse?" Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Ja. Und glauben Sie mir, auf eine einzelne Geisel aufzupassen ist auch unproblematischer, als auf deren vier. Ich gebe Ihnen mein Wort, wenn Sie dem Austausch zustimmen, wird auch nicht gestürmt. Also?" „Also gut!" Er winkte mit der Pistole seinen Geiseln zu. „Ihr könnt gehen."

Im Einsatzwagen schlug sich Wespe auf den Schenkel. „Die Frau ist der Wahnsinn! Falls wir stürmen, werden wir auf keinen Fall zivile Opfer haben. Jetzt müssen wir nur noch unsere Polizistin da wieder herauskriegen. Und abhören können wir ihn auch noch!" Er drückte die Sprechtaste auf seinem Funkgerät. „Bereit machen, vier Geiseln kommen raus."

Glockner rieb sich die Augen. „Ich hätte nie geglaubt, dass er sich darauf einlässt. Sie hat dem Mann acht von acht Geiseln aus den Rippen geleiert! So wie die Sache läuft, braucht sie einfach nur Zeit zum Verhandeln. Üben wir uns in Geduld und lassen sie machen. Vielleicht kann sie ihn zur Aufgabe überreden. Wir halten uns natürlich trotzdem in Bereitschaft." Er aktivierte erneut sein Tischmikrofon. „Gut gemacht, Linda. Machen Sie weiter!" Dann lehnte sich der Hauptkommissar zurück und schüttelte ungläubig den Kopf.

Das Funkgerät, das vor ihm auf dem Tisch lag, rauschte kurz. „Achtung, sie kommen! Werden abgeholt!", meldete einer seiner Männer. Glockner und Wespe eilten zur Tür und spähten ins Freie. Tatsächlich, mehrere SEK-Kollegen zerrten im Eilschritt zwei Männer und eine Frau über die Strasse. Eine ältere Frau wurde getragen.

Zufrieden kehrte Glockner zurück in die Einsatzzentrale. Wespe machte sich auf, um die befreiten Geiseln zu befragen. Kurz darauf raste ein Krankenwagen mit Sirenengeheul los. Wespe kam wieder herein und winkte direkt ab. „Keine neuen Erkenntnisse. Frau Schenk wird sich wieder erholen. Den Anderen geht's soweit ganz gut, sie werden jetzt psychologisch betreut. Unglaublich! Alle vier hatten Sorge, dass wir den Kerl erschießen. Vielleicht erste Anzeichen fürs Stockholm-Syndrom." Er deutete zum Lautsprecher: "Und, gibt's in der Bank was Neues?" Glockner schüttelte den Kopf. „Immer langsam mit den jungen Pferden." Ob er damit die junge Beamtin meinte, die auf dem besten Wege war, in sein Team aufgenommen zu werden, ließ er offen.

Linda hatte sich gesetzt und die Beine überschlagen. Andy lehnte lässig an einem Tisch und betrachtete sie stumm. Die Pistole hielt er locker in einer Hand. Linda ließ den Blick in der Bank herumschweifen. Immer wieder kehrte ihr Blick zu Andy zurück, der sie nicht aus den Augen ließ. Schließlich ergriff sie das Wort: „Und nun?" Andy verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. „Ich weiß auch nicht". „Ja aber, Sie müssen doch irgendeinen Plan haben, wie lange wollen Sie denn hier ausharren?", fragte sie.

Andy lachte humorlos auf. „Wie heißt es so schön: Kein Plan überlebt die erste Feindberührung. - Ich hatte nie vor Geiseln zu nehmen, das müssen Sie mir glauben." Linda schüttelte den Kopf. „Ich verstehe gar nicht, warum man so etwas überhaupt versuchen kann. Von fünf Bankräubern wandern laut Statistik vier ins Gefängnis." „Aber ich hatte keine Wahl, ...", versuchte sich Andy zu verteidigen. Sie wischte den Einwand beiseite: „Man hat immer eine Wahl! Es tut mir leid, wenn ich das so ehrlich sagen muss, aber der Überfall war eine Dummheit. Das Beste, was Sie jetzt noch machen können, ist sich zu ergeben."

Andy versteifte sich. „Das kommt nicht in Frage, dann lande ich ja im Knast bis ich alt und grau bin -- und wofür? Nichts, ich stehe mit leeren Händen da! Es kann doch nicht alles umsonst gewesen sein." „Was heißt alt und grau. Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen, dass Ihnen um die fünf bis zehn Jahre Gefängnis drohen. Dann sind Sie immer noch mitten im Leben, wenn Sie wieder auf freien Fuß sind." „Was nützt mir das? Ich bin verzweifelt. Ich habe nichts zum Leben, ersticke in Schulden und bin arbeitslos. Und was wäre in zehn Jahren besser? Ich hätte wieder nichts zum Leben, nach wie vor meine Schulden, wäre immer noch arbeitslos und als Bonus dazu, ein Ex-Knacki."

Zuerst hatte Andy sich nur rechtfertigen wollen. Aber je mehr er erzählte, desto mehr kam er in Fahrt. Viel zu lange schon hatte er niemanden gehabt, mit dem er „einfach Mal reden" konnte. Eine Person, die sich seine Sorgen anhörte. Er erzählte von seiner erfolgreichen Zeit, als er noch sein kleines Unternehmen gehabt hatte. Wie er von skrupellosen Geschäftspartnern betrogen und in den Ruin getrieben worden war, weil er sich zu dieser Bürgschaft hatte überreden lassen. Und von seiner damaligen Freundin, die ihn, nachdem er sie nach seiner Pleite nicht mehr mit Geschenken überhäufte, prompt für ein arrogantes, Porsche fahrendes Schwein verlassen hatte. Er ließ sich aus, über die Augenwischerei der Politiker, die auf der einen Seite generös debattierten und beschlossen, dass man fünf Euro mehr im Monat bekam, aber unter den Tisch fallen ließen, dass auf der anderen Seite die Preise immer höher stiegen und man zugleich immer weniger Zusatzleistungen beantragen konnte.

Linda war eine verständnisvolle Zuhörerin. Sie ermunterte ihn mit kleinen Zwischenfragen oder Bemerkungen weiterzusprechen. Das war kein „taktisches" Manöver oder eine Frage der Höflichkeit, sondern ehrliches Interesse. Natürlich war ihr klar gewesen, dass Andy aus Geldnot die Bank überfallen hatte. Aber als sie nun die Hintergründe und seine Lebensgeschichte erfuhr, fühlte sie sich allmählich mit ihm verbunden. Nicht jeder Kriminelle war ein böser Mensch. Das wurde ihr mit aller Deutlichkeit bewusst. Je länger sie mit ihm zu tun hatte, desto mehr war sie sich sicher, dass er eigentlich ein herzensguter Kerl war.

Mehr zufällig fiel Andys Blick auf die Wanduhr. Dann wurde ihm bewusst, dass er Linda zuschwafelte -- und das seit geraumer Zeit. Er stieß sich vom Tisch ab. „Entschuldigung, das alles interessiert Sie sicher gar nicht." „Das ist in Ordnung, wirklich", beeilte sich Linda zu sagen. Andy deutete auf die Wanduhr. „Komisch, sonst hat man mich zu jeder vollen Stunde angerufen. Aber Glockner ist seit 40 Minuten überfällig." „Ich bin ja jetzt hier, vielleicht deswegen", versuchte Linda eine Erklärung zu liefern. Hauptkommissar Glockner richtete sich auf. Die Unterhaltung der beiden war nicht wirklich interessant gewesen. Natürlich hätte er anrufen müssen. Er schaute Wespe an, der ihm prompt den Hörer reichte und die Wahlwiederholung drückte.