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Alle Kommentare zu 'Der fremde Mann im Zug'

von Groschenromantiker

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  • 12 Kommentare
Auden JamesAuden Jamesvor mehr als 8 Jahren
Seltsame Zugfahrt

Der vorliegende Text bietet eine seltsame Mischung. Einerseits sticht die sprachliche Gestaltung ins Auge, die im Großen einen gewissen Stilwillen erkennen lässt, aber im Kleinen diesen Eindruck immer wieder durch haarsträubende Fehler unterläuft. Das fängt gleich mit dem ersten Satz an, der da lautet: „Nur mit einem leichten Sommerkleid bekleidet stand Marie am Bahnstein und genoss die erfrischende Prise die ihr um die Beine wehte.“ Besagte „Marie“ mag eine Prise Salz auf ihr für die Reise geschmiertes Butterbrot streuen, aber mit Sicherheit wird der Wind ihr keine solche „Prise“ um die Beine wehen. In dieselbe Kerbe schlägt folgende Stelle: „Schüchtern stick sie aus den nun am Boden liegenden Slip [...].“ Und die stilistisch fragwürdigen Stellen sind damit längst nicht erschöpft, wie der folgende Satz zeigt: „Der Zug quietschte in den Bahnhof ein [...].“ Manchmal ist es für den Autor einfach besser, eine gängige Formulierung („in den Bahnhof einfahren“) zu übernehmen, wenn ihm – wie im vorliegenden Fall – evidentermaßen nur Schlechteres einfällt. Der Höhepunkt dieser sprachlichen Unzulänglichkeiten wird dann in Kauderwelschsätzen wie dem folgenden erreicht:

„Sie war ein bisschen enttäuscht keine leer Kabine erwischt zu haben, aber dann wiederum, es gab ja so oder so keine Garantie darauf dass sich nicht doch noch weiterer Fahrgast später zu hier setzen würde.“

Ansonsten geht der Textinhalt durchaus als Kurzgeschichte durch, wobei im gleichen Atemzug betont sei, dass dessen Glaubhaftigkeit dadurch allein n i c h t gewährleistet wird. Dass „Marie“, unsere Studentin aus überdurchschnittlich guten Verhältnissen (beide Eltern tätige Ärzte), sich mir nichts, dir nichts der Prostitution hingibt, weil sie als Studentin das Geld jederzeit gebrauchen könne, grenzt, wie in so vielen anderen LIT-Texten der jüngeren Vergangenheit, an Leserverarsche, da der Autor, wenn er diesen Mechanismus als alleinige Erklärung für das Verhalten seiner Protagonistin vor dem wandernden Auge des geneigten Leser hinstellt, diesen offenbar für so dumm hält, ihm diesen Schwachsinn auch noch abzukaufen, obwohl ein Minimum an willentlicher Aussetzung der Ungläubigkeit selbst die billigste Wichsvorlage noch anstreben muss, um den Leser zur Handgreiflichkeit zu motivieren. Angesichts dessen mag man sich darüber streiten, ob nun in der hirnrissigen Logik oder den sprachlichen Unzulänglichkeiten das größere Problem des vorliegenden Texts auszumachen sei.

Eine Kleinigkeit, die hier und da befremdet, ist die unklare Einordnung in Raum und Zeit, denn Beschreibungen, die auf das „Klackern“ des Zuges oder den „wackelten [sic!] Wagon“ verweisen, werfen die Frage auf, in was für Zeiten und was für einem Land der vorliegende Text eigentlich spielen mag (im Deutschland der modernen ICEs allem Anschein nach jedenfalls nicht)?

Was dem Text dennoch ein Stück weit besser gelingt als manch anderem ist die Unmittelbarkeit in der Sexszene, was dem Restgehalt an Stil und dem Einbeziehen von Gedanken und Gefühlen während des Akts zu verdanken ist (obgleich dabei an die Grenzen der gewählten personalen Erzählperspektive gekratzt wird). Das sollten zwar eigentlich Selbstverständlichkeiten sein, aber dass diese Elemente in vielen dt. LIT-Geschichten dieser Tage nicht mehr selbstverständlich sind, sagt ebenso viel über das dt. LIT wie den vorliegenden Text aus.

Fazit: Ein Text, der seine relative Stärke, die Beschreibungen sexueller Inhalte, durch eine Reihe sprachlicher Unzulänglichkeiten und das Fehlen eines Minimums an Glaubhaftigkeit in der Handlung selbst konterkariert. Muss man nicht lesen!

–AJ

Auden JamesAuden Jamesvor mehr als 8 Jahren
∴ { ◊ 1 STERN ◊ }

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AnonymousAnonymvor mehr als 8 Jahren
A.J

Aden James, ich muss deinen Kritikpunkten zustimmen, es wirkt als ob zwei Seelen an einer Geschichte gesessen hätte.

Die Story hat ihre Höhen, jedoch sind die textlichen Abstürze dermaßen exorbitant, das der Spass an der Story verloren geht.

MfG

KK.

GroschenromantikerGroschenromantikervor mehr als 8 JahrenAutor
@A.J.

Man A.J. macht dich mal locker oder ist das ne Art Gag zur einer Wichsvorlage einen stocksteifen Text zu schreiben :D

Aber erst mal danke für deinen ausführlichen Kommentar.

Ich finde es schade, dass du die Geschichte nicht glaubhaft findest, Glaubhaftigkeit ist nämlich auch für mich wichtig und ich habe ja auch versucht zu verdeutlichen, dass Geld vielleicht auch nicht ganz allein der Grund war.

Ich habe aber auch nix gegen eine gewisse Freiheit, denn seien wir mal ehrlich, wären alle Geschichten 100% realistisch, wären sie oft ziemlich langweilig oder ziemlich abstoßend. Erotikgeschichten haben halt wie alle Genres (ich will nicht „Kunstarten“ sagen) ihre Tropes und Klischees. Hätte ja auch 10 Seiten schreiben können wie verarmt das Mädel ist aber dann wiederum, warum die ganze Geschichte mit dem Zug, warum geht sie nicht gleich anschaffen? Ne, das sie gut bürgerlich ist, ist doch gerade der Reiz daran oder zumindest war das der Reiz für mich an dieser Geschichte.

Ach ja und was das Klackern des Zuges betrifft - das verlangt einfach der narrative Imperativ, Züge klackern nun mal in Geschichten :D

Auden JamesAuden Jamesvor mehr als 8 Jahren
@ Groschenromantiker: „@A.J.“ (09/10/15)

Danke für Ihre Erläuterungen. In Anbetracht Ihres erklärten Erzählziels, einfach einen pornographischen Topos (das gutbürgerliche Mädel, dass sich prostituiert) zu bedienen, egal wie klischeehaft und unrealistisch, mag meine Kritik vielleicht überzogen erscheinen, aber ich bitte Sie zu bedenken, dass ich nur mit einem Maß messe; und das gilt für a l l e Erotisma, die ich lese. Außerdem wurde mir erst kürzlich vorgehalten, dass ich zuletzt zu unsachlich in meinen Kommentaren geworden sei, weshalb ich versuchte, diese bemängelte Unsachlichkeit in meinem Kommentar zu ihrem Beitrag nach Möglichkeit zu reduzieren. Dass mein Kommentar, wenn ich Ihrem Urteil Glauben schenken darf, nun „stocksteif“ (ein beabsichtigtes Wortspiel?) geworden ist, ist – natürlich! – weder in Ihrem noch meinem noch dem Interesse der anderen Leser, weshalb ich in nächster Zeit mich diesbezüglich zu bessern versuchen werde. Versprochen!

Das mit dem „narrativen Imperativ“ werde ich mir merken. Der ist gut.

Noch kurz zur Glaubwürdigkeit: Um diese zu steigern hätte es nicht unbedingt eines zehnseitigen Armutsberichts bedurft (wen interessierte das schon?), sondern lediglich einer stärkeren Hervorhebung des Schlampencharakters der Protagonistin im Vorfeld des unmoralischen Angebots. Durch die zeitliche Vorlagerung wäre auch gleich das Problem des Deus-ex-Machina-Effekts vermieden worden, dass der Sinneswandel aus heiterem Himmel vom Autor der Figur von außen aufgedrückt wird. Soviel dazu.

Ich wünsche Ihnen mehr Mut zum Realismus beim nächsten Mal!

MfG

Auden James

AnonymousAnonymvor mehr als 8 Jahren
was koennen wir doch gluecklich sein ...

... dass der grossartige AudenJames (OursPolaire, LitRanicki oder so) sich aus dem Olymp der Genialen herablaesst und uns an seinem Gestotter teilhaben laesst. Diese stammelnden Erguesse (literarische natuerlich), die uns zeigen, wie ein Pseudoschriftsteller und Alleswisser tickt, sind fuer diese Forum unersaetzlich. Wir koennen glücklich sein, dass es ihn gibt.

Und wieder bewahrheitet sich, nachdem er eine Geschichte nacherzaehlt, dass sich die Qualitaet der Kritik invers proportional zur Qualitaet der Geschichte verhaelt.

Wie gut, dass es ihn gibt - Danke ...

Auden JamesAuden Jamesvor mehr als 8 Jahren
@ Anonymus: „was koennen wir doch gluecklich sein ...“ (09/11/15)

Mit Ihrer vom Evidenz- wie Probabilitätsproblem ebenso geplagten Behauptungen, ich sei zugleich „OursPolaire“ und „LitRanicki“ – und nach Möglichkeit wahrscheinlich noch jeder andere Nutzer, der Ihnen warum auch immer nicht in den Kram passt –, disqualifizieren Sie sich – absichtsvoll? –im Prinzip selber, denn die Behauptung ist so offenkundig falsch (allein schon die grundverschiedenen Ausdrucksweisen sind Beleg genug), dass Ihre Einlassung an dieser Stellung schlechterdings in die berüchtigte Kategorie ‚Bullshit‘ fallen.

Alles weitere dazu erfahren Sie in „On Bullshit“ von Harry G. Frankfurt, erschienen als Buch 2005 in der Princeton University Press (ISBN 0-691-12294-6) und heute genauso relevant wie ehedem (die ursprüngliche Fassung des Essays stammt aus dem Jahr 1986!).

In diesem Sinne

Auden James

PS: Interessant finde ich, dass Sie in ihrem Bullshit die feine Unterscheidung zwischen meinem letztlichen Urteil über einen gegebenen LIT-Beitrag und der inhaltlichen Darbietung desselben – denn wie sonst soll ihr Ausdruck von der „Qualität der Kritik“ verständlich sein? – treffen. Im Grunde sagen Sie also lediglich, dass Ihnen die Art und Weise, wie ich Kritik übe, missfällt, da diese im Fall der schlechtesten LIT-Beiträge Ihnen besser gefalle als im Fall der besten LIT-Beiträge. Gut, das muss ich akzeptieren und damit kann ich auch leben, denn in dieser Sache kommt es schließlich nicht darauf an, w i e ich ein Texturteil ausdrücke, sondern o b selbiges zutrifft. Und wenn die Richtigkeit meiner Urteile für sich genommen selbst für einen Bullshitter wie Sie nicht zu kritisieren ist, dann unterstreicht das indirekt nur die Richtigkeit meiner Urteile (denn diese scheinen Ihnen ja in den Kram zu passen, weshalb Sie sie nicht mit Bullshit belegen)!

GroschenromantikerGroschenromantikervor mehr als 8 JahrenAutor
@ nochmal A.J.

Weißt du, du wirfst mir vor, dass ich hier Leute verarschen will, weil meine Geschichte ja so unsagbar dumm und schlecht ist, dass es Absicht sein muss. Ich kann dir versichern, diese Geschichte ist kein Produkt bösen Willens sondern wenn dann nur reiner Unfähigkeit.

„Gehe niemals von Böswilligkeit aus, wenn Dummheit ausreichend ist.“ – eine kleine Lebensweisheit, die auch Hanlon`s Razor genannt wird, in Anlehnung an Ockham`s Razor.

Im Gegensatz dazu zielen deine Kommentare mit ihrer gestelzten Art aber nur darauf ab, mich zu verarschen. Es ist durchschaubar und albern – ich bitte dich das sein zu lassen.

AnonymousAnonymvor mehr als 8 Jahren
In der Tat

Nicht mal einen Groschen wert. ( Ich gehe mal davon aus, dass die meisten Leser hier noch wissen was ein Groschen ist)

Aber diese Sparte der Literatur ja seit jeh her viel mehr Leser als Prosa.

Von da her...

Ich finde auch diese Geschichte gruselig. Inhaltlich wie auch stilistisch.

Aber damit kommt sie den meisten Veröffentlichungen hier ja sehr nahe und fällt in der dumpfen Masse dann auch nicht auf.

HartMannHartMannvor mehr als 8 Jahren
gut

Kurz und heftig, Groschenromantik eben. hat mir gefallen.

MamaBitteMamaBittevor mehr als 8 Jahren

Ganz genau, kurz und heftig, gerne noch heftiger! Und am Ende sollte sie erst recht mit Nils knutschen, sich vielleicht heimlich daran aufgeilen, dass und wie sie den ahnungslosen Jungen gerade betrogen hat.

Aber eine Sache noch: "Tolle Stehkraft für das Alter". Bei einem 40-jährigen!? Also Groschenromantiker, wenn er 60 gewesen wäre okay ...

AnonymousAnonymvor etwa 8 Jahren
Tolle Geschichte

Ich verstehe nicht, warum so eine gute Geschichte hier in den Kommentaren wegen einiger Kleinigkeiten schlecht gemacht wird. Meines Erachtens ist es eine der besten Storys in dieser Kategorie seit langem. Bitte mehr davon.

Anonymous
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