Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Die Anstellungsprüfung

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

"Andere Männer haben sich geschickter angestellt. Wenn Sie nur an unseren Humboldt denken. Ein Forscher, Philosoph und Politiker..."

"Ja, seine Lebensleistung ist wirklich beeindruckend", pflichtete Georg bei. "Aber berührt hat mich Forsters Geschichte tiefer. Vielleicht weil ich noch so jung war und noch nicht die Hoffnung aufgegeben hatte, selbst einmal neue Welten zu entdecken."

"Junger Mann, Ihr dürft nicht so leicht den Mut verlieren. Zum Reisen ist es nie zu spät", versuchte die Gräfin Georg aufzumuntern.

"In der Tat", pflichtete Miss Robinson bei, "es muss ja nicht eine Weltumseglung sein. Und selbst die wäre heutzutage mit dem Dampfer und der Eisenbahn ganz leicht. Ich wette, wir könnten in hundert Tagen um die Welt reisen."

"Von London aus wäre das vielleicht möglich. Wir hier sind ja noch nicht einmal an die Eisenbahn angeschlossen", erwiderte die Gräfin. "Wir sollten uns nicht solchen Phantastereien hingeben und ein näher gelegenes Reiseziel anstreben. Wir nehmen den Kaffee im Türkischen Salon."

"Aber Frau Gräfin", fuhr Miss Robinson auf einmal erschrocken hoch, "das ist doch wirklich nicht nötig. Sie müssen sich keine solche Mühe machen. Ich denke, Sie konnten sich ein Bild vom Bewerber machen. Er wird sicher müde von der Reise sein."

"Es ist nicht nur nötig, sondern wird sich in diesem Falle auch einmal lohnen. Ich habe meiner Cousine versprochen, den Bewerber dieses Mal ganz genau kennenzulernen und daran halte ich mich. Kommt Ihr? Dann werden wir für unseren Gast alles vorbereiten", sprach die Gräfin zu Miss Robinson, die auf diesen Befehl nichts mehr zu erwidern hatte.

Georg konnte den Blick, den ihm Miss Robinson beim Aufstehen zuwarf, nur schwer deuten. Er spiegelte eine Mischung aus unterdrücktem Ärger (dass die Gräfin sie so herumkommandieren konnte?), Bedauern (dass sie ihn in die Sache hineingezogen hatte?) und freudiger Erwartung (auf den Kaffee?) wider. So blieb er ratlos zurück, als Miss Robinson der Gräfin folgend den Speisesaal verließ.

George saß noch eine Weile alleine am Tisch, bis der Diener ihn abholte und über die Hintertreppe in den ersten Stock führte. Sie waren jetzt offenbar in einem älteren Teil des Schlosses. Der Türkische Salon entpuppe sich als ein Zimmer mit einem großen Erker, unter dessen drei Fenstern niedrige Sofas angeordnet waren. Ein roter Orientteppich war zwischen ihnen ausgebreitet. Da es draußen bereits dunkel war, entzündete der Diener einige bunte Lampen. Er bedeutete Georg sich zu setzen, die Gräfin würde bald eintreffen. Das Zimmer verbreitete eine trauliche Stimmung: Die niedrige Decke war mit dunklem Holz vertäfelt und als einziges Möbelstück neben den Sofas stand eine kunstvoll verzierte Truhe an der Wand. Georg lehnte sich gegen das große Kissen in seinem Rücken und wartete.

Um sich die Zeit zu vertreiben, nahm er das kleine Buch mit dem grünen, abgegriffenen Einband in die Hand, das neben ihm auf dem Sofa lag. Außen war ein kleiner goldener Halbmond eingraviert, innen war der Buchdeckel mit bunt marmoriertem Papier ausgekleidet. Georg las den Titel:

"Türckisches Haus- und Zauberbüchlein, für erblühende Frauenzimmer, werdende Mütter und liebende Gattinnen mit allerlei Ratschlägen, Rezepten und Zaubersprüchen die Schönheit, das Liebesverlangen, die verschiedenen Modi des Beischlafes und die Kindsgeburt betreffend, gesammlet von der Gräfin C*** nach eingehender freundschaftlicher Befragung der Dame S***, ehemalige Lust-Sklavin des Sultans ietzt Hofmeisterin vorselbiger, mit einem Nachwort und Kommentaren versehen von der Kloster-Apothekerin Schwester B***."

Der barocke und rätselhafte Titel setzte sich in der für Georgs Geschmack wirre Aufzählung des Inhalts fort. Dafür wurde der Leser durch schöne Abbildungen und Tafeln entschädigt, wie er beim Durchblättern feststellte. Das Kapitel zur Herstellung von allerlei Salben, Cremes und Liebestränken hatte feine Stiche der benötigten Kräuter. Die Illustrationen zum Thema Geburtshilfe überblätterte Georg rasch und fühlte sich erst im folgenden Kapitel wieder auf festem Boden, das sich der körperlichen Lust widmete.

Die Tafel mit den "Orientalischen Liebes-Werkzeugen" fand er sehr instruktiv, auch wenn die Funktion jedes einzelnen nicht unmittelbar zu erschließen war. Bei den Abbildungen der "Modi des Beischlafes" musste er schmunzeln, denn er kannte diese Bilder, die besonders unter den Studenten der klassischen Sprachen zirkulierten. Gewöhnlich zeigten sie fröhlich fickende griechische Götter, Göttinnen, Heroen und Nymphen in den unterschiedlichsten Stellungen. Für das Zauberbüchlein hatte sich der Kupferstecher die Mühe gemacht, diese Szenen in den Orient zu verlegen. Die Paare tummelten sich auf Sofas, Diwanen und Kissen. Die Männer waren wie die muskelbepackten griechischen Heroen meist nackt bis auf den einen oder anderen Turban. Den Frauen rutschten im Eifer des Gefechts die langen orientalischen Gewänder von den Körpern. Dabei achtete der Illustrator stets darauf, dass ihre kleinen, festen Brüste bloß lagen und dass gut zu sehen war, wie die blanken Schamritzen von den Krummsäbeln der türkischen Recken lustvoll durchbohrt wurden.

Georgs Gedanke, wie die türkischen Frauen wohl aussahen, wenn sie nicht in den Körpern von antiken Göttinnen steckten, wurde vom Geräusch der Tür unterbrochen. Eine junge Frau trat herein, die mit einem katzengleichen Gang auf ihn zukam. Um den Kopf hatte sie ein himmelblaues Tuch gewickelt, unter dem nur einzelne Strähnen ihres Haares hervorlugten. Sie trug ein langes weißes Obergewand, das mit bunten Blumen bestickt war. Es hatte enge Ärmel und einen weiten, tiefen Ausschnitt, so dass ihr Busen nur von dem dünnen Untergewand bedeckt wurde.

Mit lächelnden blauen Augen flüsterte die Unbekannte ihm zu: "Ein unvergesslicher Abend, Georg, wie ich es verspochen habe. Die Gräfin hat etwas für dich übrig." Erst an ihrer Stimme erkannte er Miss Robinson, die durch ihre Kleidung gänzlich verändert war.

Jetzt kam auch die Gräfin in ähnlicher Aufmachung herein. Ihr Kopftuch war schwarz mit allerlei Perlen verziert und von Silberfäden durchzogen. Ebenso schwarz der reich bestickte und pelzbesetzte, offene Kaftan. Mitten auf ihrem rund hervortretenden Bauch prangte der silberglänzende Verschluss des breiten Gürtels, der ihr rotes Obergewand zusammenhielt.

Die Gräfin steuerte das Sofa gegenüber von George an und ließ sich mit einem Seufzer nieder. Angelehnt an ein großes Kissen, ein Bein untergeschlagen, das andere aufgestellt, richtete sie sich auf dem Lager ein, bis sie majestätisch und gelassen ruhte wie ein alter Hofhund.

"Junger Efendi, wenn wir eines von den Türken lernen können, dann ist es die Bequemlichkeit. Legt euren engen Frack ab, zieht die Schuhe aus und setzt eure Türkenmütze auf. Fräulein Maria wird gleich den Kaffee servieren. Unterdessen will ich Euch etwas aus der gräflichen Familiengeschichte erzählen."

Der Bericht der Gräfin enthüllte Georg den Hintergrund des Türkischen Salons, der mehr als eine galante Turquerie war. Ihr Vorfahr, Graf Christian, war vom Feldzug zur Befreiung Ungarns von der Herrschaft des Sultans mit reicher Beute heimgekehrt. Dazu zählte neben einem Prunkzelt, Waffen, Teppichen und Zaumzeug auch die Dame Samira aus dem Harem eines türkischen Paschas. Die Verschleppte lebte sich nolens volens ein, wurde getauft und Mitglied des Hofstaats als Mätresse des Grafen.

Unterdessen begann Miss Robinson von einem silbernen Tablett die drei dampfenden Kaffeeschälchen und einigen Süßigkeiten zu verteilen. Sie bediente Georg und die Gräfin, dann setzte sie sich im Schneidersitz auf das dritte Sofa im Erker. Die Sittsamkeit der so Sitzenden wahrte eine weite türkische Hose, die in dieser Haltung zum Vorschein kam. Entzückt entdeckte Georg ein kleines silbernes Kettchen mit einem Anhänger, das sich um ihre nackten Fesseln schmiegte. Miss Robinson trug keine Strümpfe.

"Wissen wir etwas darüber, wie sich die arme Samira hier im kalten Norden gefühlt hat", fragte Georg nach einem Schluck Kaffee.

"Nicht wirklich", erwiderte die Gräfin, die inzwischen eine vorbereitete Wasserpfeife am Fuße des Sofas entfacht hatte. "Man mag sich die durch diese Gefangenschaft erlittene Erschütterung gar nicht ausmalen. Ein Zeugnis von ihr selbst ist nicht überliefert. Aber immerhin scheint das Verhältnis zur Gräfin gut gewesen zu sein. Samira wurde ihre Freundin und Hofmeisterin und als die Gräfin ans Sterben kam schrieb sie Samira einen ergreifenden Abschiedsbrief."

"Aber die erstaunlichste Hinterlassenschaft ist wohl diese hier", sagte die Gräfin, indem sie auf das Tischchen vor dem Sofa deutete, wo Georg das Buch abgelegt hatte, als die beiden türkischen Damen so plötzlich wie der Geist aus der Flasche erschienen waren. "Beide zusammen wurden Autorinnen unseres Türkischen Haus- und Zauberbüchleins."

Georg nahm das Buch, tat so, als studiere er den Titel aufmerksam und blätterte ein paar Seiten bis zum Inhaltsverzeichnis.

"Eine wirklich bemerkenswerte Zusammenstellung von Themen. Und das haben wir ihrer Vorfahrin und dieser Samira zu verdanken? Wirklich erstaunlich", murmelte er etwas verlegen.

"Die Hausrezepte sind sehr nützlich und effektiv. Nicht wahr, Maria?", sagte die Gräfin und fuhr an Georg gewandt fort: "Es wäre wirklich einmal interessant, sie mit den Augen der modernen pharmazeutischen Wissenschaft zu studieren. Vielleicht habt Ihr ja später einmal Gelegenheit dazu. In der Schulbibliothek befindet sich auch ein Exemplar."

Sie fuhren fort, Kaffee zu trinken und getrocknete Smyrna-Feigen zu essen. Dazu brach Miss Robinson einen Granatapfel auf, dessen leuchtend rote Kerne sie auf einen Teller häufte. Die Gräfin zog kräftig an ihrer Wasserpfeife und das Blubbern steigerte noch die behagliche Stimmung. Georg war froh, dass er das Buch wieder aus der Hand legen konnte, denn das Gespräch wendete sich allgemeineren Themen zu. Es war vor allem die Gräfin, die von der Geschichte und der Zukunft der Schule erzählte. Er schwieg und hatte Zeit, Miss Robinsons Zehen zu betrachten, die ab und zu unter dem Stoff ihrer Hose hervorblitzten, wenn sie ihre untergeschlagenen Beine bewegte. Auch sie blieb still und lächelte ihn nur hin und wieder etwas müde an.

Dann beendete die Gräfin mit Verweis auf den morgigen Tag die Zusammenkunft. Ihre Kutsche würde den Magister Wie-war-doch-gleich-Sein-Name schnell zum Gasthof zurückbringen. Georg, der gehofft hatte, noch einmal mit Miss Robinson über den Verlauf des Abends reden zu können, wagte es nicht, zu widersprechen. Es blieb ihm zunächst nichts als der förmliche Abschied in Gegenwart der Gräfin. Aber einer Lehrerin sollte man ohnehin eher einen Brief schreiben. Und dazu würde er am Pult im Kontor seines Onkels in Zukunft genug Zeit finden, dachte er wehmütig.

Als die Gräfin ihn dem Kutscher übergab, hielt sie ihn kurz zurück, blickte ihm in die Augen und ermahnte ihn: "Lasst Euch morgen nicht von meiner Cousine einschüchtern. Auf Außenstehende kann sie sehr streng wirken. Und zieht nicht Ihre Autorität in Zweifel. Das mag sie nicht. Ich würde Euch wirklich gerne auf der Stelle sehen und ich bin sicher, Ihr beginnt auch zu ahnen, was für eine Gelegenheit das für Euch wäre."

Durch die Tür der Kusche reichte sie Georg einen Gegenstand, den er automatisch entgegennahm. Zu seinem Erstaunen hielt er einen Apfel in der Hand. Die Gräfin lächelte ihn schelmisch an: "Was Ihr mit dem Apfel machen müsst, um die Dame eures Herzens zu gewinnen, erfahrt Ihr auf Seite 35 des Zauberbüchleins." Dann schloss sie die Tür, die Pferde zogen an und brachten den verdutzten Georg zurück zum Gasthof.

***

Wo bin ich? Wieder auf meinem Beobachtungsposten im Badehaus. Der Raum wird von vielen Kerzen in ein warmes Licht getaucht. Die unbekannte Frau hat ihr Rasierzeug zur Seite gelegt und auf der Steinbank Platz genommen. Die Haare hängen ihr ins Gesicht, während sie ihre schweren Brüste massiert. Von Zeit zu Zeit träufelt sie sich ein wenig Öl aus einer kobaltblauen Flasche auf die Hände. Ihre Brüste glänzen und unter ihren Fingern richten sich ihre langen Zitzen steil auf. Genau wie mein Schwanz, der gegen den Vorhang drückt.

Zu ihren Füßen vor der Bank raucht die Gräfin ihre Wasserpfeife. Sie wendet mir den Rücken zu, nackt bis auf ihre Perlen, an denen ich sie erkenne. Im Schneidersitz sitzt sie fest auf den beiden Halbkugeln ihres enormen weißen Hinterns. Dann hebt sie einen Arm und nimmt von der anderen die blaue Flasche und einen kurzen elfenbeinweißen Stab in Empfang.

Jemand klopft laut an die Tür des Badehauses. Ich wende mich um. Zwei Soldaten in altertümlich bunten Uniformen treten ein. Sie führen eine verschleierte Frau in schwarzen Seidengewändern den Gang hinunter in das Nebenzimmer. Ein dritter Soldat tritt dicht hinter mich. Es ist Mary. Unter dem breiten Hut quellen ihre offenen Haare hervor. Die Uniform ist ihr viel zu weit und schlackert um ihrem zierlichen Körper. Jacke und Hose werden immer weiter und fallen schließlich ganz von ihr ab. Sie steht nur noch in einem durchsichtigen Hemd da, durch das sich ihre spitzen Brüste abzeichnen. Einen Arm schling sie von hinten um meine Brust, mit dem anderen greift sie fest meinen Schwanz und flüstert mir ins Ohr: "Wir müssen eine Lösung finden, die alle befriedigt."

Wieder ein Klopfen, dieses mal noch energischer, sodass Georg erwachte. Durch die Tür kündigte die Stimme des Wirtes einen dringenden Besuch an. Georg blinzelte in die einfallende Morgensonne und schaffte es grade noch, sich im Bett aufzusetzen, bevor die Tür aufgestoßen wurde und Miss Robinson einen Schritt ins Zimmer trat.

"Herr Herzog, ich komme, um Sie abzuholen", sagte sie ernst.

"Aber ich... warum...", stammelte Georg, der verwirrt war, sie so schnell wiederzusehen und noch dazu vollständig bekleidet in ihrer schwarzen Lehrerinnenuniform.

Miss Robinson schaute ihn mit flehenden Augen an und bedeutete ihm mit einer leichten Bewegung des Kopfes, dass sie wegen des Wirtes, der immer noch hinter ihr in der Tür stand, jetzt nicht frei sprechen könnte. Georg überlegte kurz, ob er sich unter seiner Decke verstecken sollte, seufzte dann aber und versprach, in zehn Minuten fertig zu sein. Irgendetwas musste vorgefallen sein, das seine Abreise verzögern würde. Und wenn er ehrlich war, freute er sich, dass sich doch noch eine Gelegenheit für eine ordentliche Verabschiedung ergab.

Er genoss noch einmal den Luxus seines eigenen Zimmers im Gasthof, den ihm Miss Robinson ermöglicht hatte. Am Waschtisch vertrieb das kalte Wasser schnell die Erinnerungen an seinen seltsamen Traum. Er fand Miss Robinson auf dem Hof, wo sie wie am Tag zuvor neben ihrem Wagen stand.

"Ich hätte nicht zu hoffen gewagt, Sie so schnell wieder zu sehen", sprach Georg sie an.

"Ich freue mich auch. Gott sei Dank, Sie sind noch nicht abgereist. Es war so schön gestern Abend. Und jetzt störe ich Sie schon wieder", sagte sie und ihr Lächeln wich einem besorgten Ausdruck.

"Heute Morgen kam eine Nachricht. Die Gräfin will am Vormittag in die Schule kommen. Genau zu der Zeit, wenn die Prüfung des Bewerbers Herzog stattfindet. Die Direktorin ist sehr aufgebracht, dass die Gräfin sich einmischt. Dabei weiß sie die Hauptsache noch gar nicht: Wir haben immer noch keinen Bewerber, Herzog ist immer noch nicht da", führte sie bekümmert aus.

"Das heißt, Sie haben der Direktorin nichts von unserem gestrigen Streich erzählt", rief Georg erstaunt aus.

"Ich wollte es hinterher tun. Nachdem wir mit Herzog fertig waren. Ich konnte doch nicht ahnen, dass die Gräfin plötzlich so aktiv wird. Wie kann ich das jetzt erklären. Ich werde meine Stellung verlieren", verteidigte sie sich mit wachsender Verzweiflung.

Georg konnte ihre Notlage an ihren Augen ablesen. Anstatt die Spannungen zwischen der Direktorin und der Gräfin zu beruhigen, hatte Miss Robinson sie durch die gestrige Maskerade wahrscheinlich noch einmal gesteigert und sich selbst in eine gefährliche Lage manövriert. Er wollte nicht in ihrer Haut stecken und überlegte angestrengt, wie er ihr helfen könnte. Aber sein Kopf war leer, ihre Panik übertrug sich auch auf ihn. Außerdem rumorte es laut in seinem Magen, denn er hatte noch nicht gefrühstückt. In der Tasche seines Gehrocks ertaste er den Apfel, den ihm die Gräfin gestern mit den rätselhaften Worten zugesteckt hatte. Am Morgen hatte er ihn schnell gegriffen, bevor er sein Zimmer so überstürzt räumen musste. Beim Hineinbeißen verzog er den Mund, denn er war ziemlich sauer.

"Ich könnte ja noch einmal den Herzog geben. Das ist das einzige, was mir jetzt einfällt", sagte er und nahm noch einen Bissen, an dem er sich prompt verschluckte und einen Hustenanfall bekam.

"Das würden Sie tun?", begann Miss Robinson zu strahlen und machte einen Schritt auf ihn zu.

"Zumindest hilft es, solange der echte Herzog nicht doch noch auftaucht. Aber dann fällt Ihnen gewiss etwas ein", sagte er etwas zu sarkastisch. Das tat im sofort wieder Leid, als sie in ihrer Bewegung innehielt und verschämt den Kopf senkte.

"Ja, ich muss mir besser vorher überlegen, was ich tue. Aber noch ist nicht alles verloren. Die Direktorin wird Herzog ablehnen, so kann sie die Gräfin ärgern. Dann könnt Ihr abreisen, ich weihe meine Herrin ein und wir können ein neues Spiel beginnen", machte sich Miss Robinson unter Georgs skeptischen Blicken selbst Hoffnung.

Georg nahm einen letzten Bissen vom Apfel, gab den Rest dem Pony und stieg zu Miss Robinson in den kleinen offenen Wagen, den sie selbst von der Sitzbank aus steuerte. Auf dem Weg war sie still und mied auffallend seinen Blick, bis sie nach kurzer Fahrt die Gräfliche Erziehungsanstalt für Höhere Töchter erreichten, die unmittelbar an den weitläufigen Park des Schlosses angrenzte.

Gemeinsam betraten sie das langgezogene einstöckige Gebäude mit der Front zur Straße. Die Einrichtung des nüchternen Empfangszimmers bestand aus nicht viel mehr als einem Schreibtisch. Miss Robinson begann nervös in einem Stapel von Papieren auf dem Tisch zu blättern und drückte Georg einige vorbeschriftete Bögen in die Hand, zur Erledigung der Formalia, wie sie sagte.

Georgs Laune sank schlagartig. Wie oft war er schon bei Behörden wegen des Namens seines Vaters in Schwierigkeiten geraten. Er schluckte seinen aufkommenden Ärger jedoch herunter und begann seine Lebensverhältnisse kurz niederzuschreiben wie es auf dem Matrikelbogen vorgesehen war. Er war noch in die Arbeit vertieft, als es Unruhe an der Tür gab. Ein Kutscher öffnete und die Gräfin rauschte herein, heute in einem weinroten Ausgehkleid.

"Guten Morgen, Fräulein Maria. Und das ist ja auch unser junger Bewerber. Wie war noch sein Name? Nicht so wichtig. Ich gehe gleich zur Frau Direktorin durch. Hoffentlich ist Cousinchen in guter Stimmung und wir können diese Sache jetzt ein für alle mal über die Bühne bringen", sagte sie jovial zu Georg und Miss Robinson. Dann verschwand sie durch eine große Flügeltür am Ende des Empfangszimmers. Während Georg hastig seinen Matrikelbogen unterschrieb, erklangen vom Flur Schritte und Stimmen, bevor wieder alles ruhig wurde.

Als er Miss Robinson die Blätter zurückgab, lächelte sie ihn sichtlich nervös an. Dann sprach sie wie zu einem unsichtbaren Publikum: "Zuerst wird sich der Bewerber der ärztlichen Untersuchung unterziehen, dann wird die Direktorin ihn empfangen."

Sie setzte sich in Bewegung und Georg folgte ihr durch die Flügeltür, die das Empfangszimmer mit einem langen Korridor verband, von dem etlichen Türen abgingen. Miss Robinson klopfte an eine der Türen und trat mit dem Gast in ein weißes Zimmer. Hinter einem Schreibtisch saß eine blasse Frau undefinierbaren Alters mit stahlblauen Augen und einem schmalen Mund, was ihrem Gesicht eine gewisse Härte verlieh. Über dem einfachen grauen Kleid trug sie eine weiße Schürze. Sie wurde Georg als Schwester Gerda, die Ärztin der Schule, vorgestellt. Dann verschwand Miss Robinson wieder und ließ Georg mit ihr allein.