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Die einsame Highland-Farm - Jan. 24

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Hingegen waren die beiden Beamten richtig unruhig geworden. „Und wo haben sie das Auto gesehen?"

„In der Nähe von Dounreay, dem stillgelegten Schnellen Brüter-Kernkraftwerk zwischen Thurso und Reay. Das weiß ich deshalb so genau, weil es dort zusammen mit zwei noch ungewöhnlicheren Sportwagen zusammen geparkt war: einem Jaguar XK-Cabriolet in british-racing-green und einem seltenen Mercedes-Benz 190 SL-Cabriolet mit Rechtssteuerung. Der Mercedes war silbern mit roten Ledersitzen." Ich zuckte mit meinen Schultern. „Ich weiß nicht, ob es genau dieser Austin-Healey war, aber ich habe die drei geparkten Autos mehrfach umrundet und gründlich angeschaut. Ich verstehe etwas von Sportwagen."

„In Dounreay?" Die DCI hatte den Standort des berühmt-berüchtigten Kernkraftwerks an der schottischen Nordküste langsam und nachdenklich ausgesprochen. Dann schaute sie mich und Andrew MacLeod wechselweise an. „Ist das die Kernkraftwerkstechnologie, in der waffenfähiges Plutonium entsteht?"

Wir beide Männer nickten synchron. „Ja", ergänzte plötzlich Mary. „Und hier oben gibt es viele Gerüchte, dass die Kontrollbücher des Betreibers nicht korrekt waren. Vor ein paar Jahren gab es in unserer Region helle Aufregung, als man in einem Papierkorb des Kernkraftwerks mehrere gefüllte, allerdings verschlossene Aufbewahrungsbehälter für Plutonium gefunden hatte die nirgendwo in den Büchern verzeichnet waren.

„Oh mein Gott", rutschte es der DCI heraus. „Das passt zum Fall, den Melina Matovic bearbeitet hat." Sie dachte nach und schaute dann DS MacLeod an. „Jetzt müssten wir nur noch diesen verdammten Austin-Healey finden. Dann wissen wir vermutlich, wo sich unsere Agentin die sechs Monate aufgehalten hat."

Andrew MacLeod atmete tief durch. „Wenn das Auto überhaupt noch existiert und nicht in der Schrottpresse gelandet ist."

„So ein Auto verschrottet niemand", entgegnete ich. „Da auf dem Parkplatz in Dounreay waren Auto-Enthusiasten zusammen. Die verschrotten kein sechzig Jahre altes, gut erhaltenes und seltenes Sportauto. Die morden höchstens für so ein Auto."

Die DCI zog ihre Augenbrauen hoch. „Da haben Sie vermutlich recht. Sie klatschte in beide Hände und schaute den Detective Sergeant aus Inverness an. „Dann machen Sie sich mal mit der Polizeitruppe der Highlands an die Arbeit und finden uns diesen Austin-Healey."

Andrew MacLeod blies stöhnend seine Backen auf und griff dann zu seinem Mobiltelefon, um seine Chefin, DCI Lady Redburn, anzurufen und die Arbeitsanweisung des MI5 weiterzugeben.

„Wird die berühmte Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen", murmelte er nach dem Telefongespräch. „Wollen mal hoffen, dass der Austin-Healey noch hier in der Region ist. Ansonsten könnte das schnell eine arbeitsreiche Sackgasse werden."

„Ich empfehle, einen öffentlichen Suchaufruf ins Internet zu stellen", schaltete ich mich wieder ins Gespräch ein. „Es gibt hier in den nördlichen Highlands einige lokale Facebookseiten, die von vielen Bewohnern gelesen werden. Ich würde gern dies Foto hier auf mein Facebook-Account stellen. Es haben mit Sicherheit noch mehr Menschen in Caithness und Sutherland dies auffälliger Auto gesehen."

„Eine gute Idee", bewertete die DCI meinen Vorschlag. „Dann sieht diese Suchanzeige auch nicht sofort nach Polizei aus." Damit reichte sie mir das Foto, das ich sofort mit meinem Mobiltelefon aufnahm und an meine Email-Adresse schickte.

„Ich kümmere mich direkt heute Abend darum und sage Ihnen dann Bescheid."

Mein Suchaufruf auf Facebook war von Erfolg gekrönt. Zwei Tage nach dem Besuch von DCI Dr. Hudson und DS MacLeod öffneten Polizeibeamte aus Thurso eine kleine Scheue neben einem zum Ferienhaus umgebauten alten Croft-Cottage am versteckten Westufer der Halladale und fanden sowohl den Austin-Healey als auch die gesamte, unberührte Hinterlassenschaft von Melina Matovic einschließlich ihres Laptops. Dann hörte die Farmgemeinschaft auf Durran Estate für einige Wochen nichts mehr von dem Mordfall, in den ihre Farm per Zufall verstrickt worden war.

Das Weihnachtsfest kam schnell und begann am Ende einer zehntägigen Periode von kräftigem Regen und erheblichem Wind. Die tägliche Jagd von Mary und Andrew war eine absolute Tortur, die zu schießenden Hirsche und Ricken waren schwierig aufzufinden und ihr Abtransport mit den Highland-Ponys beschwerlich. Damit diese nicht auch noch krank wurden, mussten sie anschließend in ihrem gut gegen Regen und starken Westwind schützenden Offenstall trocken abgerieben und gebürstet werden, eine schweißtreibende Zusatzarbeit für Mary, die sich nach dem Lunch immer zwingen musste, sich bei dem strömenden Regen um die Schafe zu kümmern.

„Irgendwie werden meine Herdwick-Schafe mit diesem Sauwetter besser fertig als ich", stöhnte sie kurz vor Weihnachten. „Die stellen sich an windgeschützte Stellen eng an eng und geben sich gegenseitig Wärme und Schutz. Und ich muss mich immer zu Fuß und auf dem Quad gegen Wind und Regen stemmen. Irgendwie ist das ungerecht."

Ich lachte. „Dafür kannst Du anschließend Deine nassen Klamotten ausziehen und in trockene Kleidung wechseln und Deine Herdwicks nicht."

„Dann könntest wenigstens Du Dich eng an mich schmiegen und wärmen."

„Ist das eine Einladung?" Ich grinste jetzt hintergründig.

„Eigentlich nicht. Dazu habe ich zu viel zu tun. Aber vielleicht heute Abend."

Zwei Tage vor dem Weihnachtsfest wurden Jagd und Wildverarbeitung für eine Woche eingestellt. Es gab genug zu tun, um das erste gemeinsame Weihnachtsfest auf der zum Leben wiedererweckten Estate vorzubereiten. Ludmilla und Ekatarina hatten auf allgemeinen Wunsch eine ukrainische Weihnachtsspezialität, Kutja genannt, vorbereitet. Die traditionell zum Heiligabend gereichte Süßspeise aus Weizenkörnern, Mohnsamen, Haselnüssen, Rosinen und Honig war das zentrale Gericht von insgesamt zwölf verschiedenen Speisen, mit denen nach ukrainischer Sage der zwölf Apostel gedacht wurde. Insbesondere die beiden fünfjährigen Mädchen waren geradezu gierig auf Kutja und konnten nicht genug davon bekommen.

„Welch wunderbare Wandlung hat diese Estate in einem Jahr erfahren", begrüße Mary die sechs Erwachsenen und zwei Kinder an Heiligabend zum gemeinsamen Abendessen, die nun die Farmgemeinschaft ausmachten. „In den vergangenen Jahren habe ich an diesem Abend stets allein hier an diesem Farmtisch gesessen und war froh, beziehungsweise besser gesagt erleichtert, dass ich allein sein konnte. Ich wollte es so und habe, ehrlich gesagt, nichts vermisst, bis mir Gott in einem heftigen Unwetter einen pitschnassen und frierenden Engel auf die Farm schickte." Sie lächelte mich an und hob ihr Rotweinglas zum Toast. „Seither sind wir auf Durran Estate Mensch für Mensch, Haus für Haus und Arbeit für Arbeit gewachsen. Und heute sitzen hier an unserem großen Weihnachts-Esstisch acht liebe Menschen, die gemeinsam etwas erschaffen, von dem jeder von uns am letzten Weihnachtsfest noch nicht einmal träumen konnte." Sie prostete unserer Runde zu, setzte sich wieder und gab das Startsignal zum Essen.

„Was mir so unendlich gefällt an der Entwicklung der letzten Monate ist die Tatsache, dass die vielfältigen Wunden und Verletzungen, die jeder von uns mit sich herumschleppt, von neuer Liebe zugedeckt werden", freute sich während des Essens Ekatarina, schaute den neben ihr sitzenden John mit mädchenhaft verliebten Augen an und drückte seine Hand. John war in der Tat jetzt drei bis vier Tage pro Woche bei Ekatarina in der Alten Schule und in der kurzen Zeit bereits zum Ersatzvater für Alexandra geworden. Der junge Internetdesigner fühlte sich mittlerweile auf Durran wie zu Hause und hatte die Leistungsfähigkeit der satellitengestützten Internetanbindung der einsamen Farm im Zuge seiner Arbeiten weiter gesteigert.

Als abends Ruhe im Farmhaus eingekehrt und alle Familien sich in ihre neu renovierten Häuser zurückgezogen hatten, kuschelte sich Mary auf dem Sofa an meine Seite und drückte mir einen Kuss auf die Wange. „Letztes Weihnachten habe ich mir gewünscht, dass mir Gott einen Engel auf diese Farm schickt und mich von den Dämonen der Kriegserlebnisse erlöst. Ich bin unendlich glücklich, dass mein Wunsch in Erfüllung gegangen ist."

Ich erwiderte ihren Kuss, diesmal auf Marys Mund. „Ich glaube, die Rolle des Engels ist vertauscht worden. Und ich bin mit diesem Tausch mehr als einverstanden."

Dieser Weihnachtsabend endete ganz zärtlich mit liebstem Kuschelsex und einem wirklich nicht wilden, aber trotzdem erfüllenden Cowgirlritt.

Eine Woche später hatten Ekatarina und John die Großfamilie auf Durran Estate in die alte Schule eingeladen. Mit ihrer Einladung hatten sie eine kulinarische Überraschung angekündigt und zwischen den Feiertagen sich geheimnisvoll in ihre nagelneue Küche verkrochen. Als sie nun Mary, Ludmilla, Andrew und mich sowie die beiden Mädchen am Silvesterabend in die Küche zum Büffet führten, standen dort neben dreierlei Salaten fünf verschiedene Türme von Pies.

„Walter und Mary haben davon gesprochen, im morgen beginnenden neuen Jahr auf der Basis unserer eigenen Fleischproduktion auch eine Piebäckerei für den nationalen Vertrieb aufzubauen. Ich finde die Idee wunderbar, so dass ich mit Johns Hilfe auf der Basis von Rezepten seiner Großmutter eine Probeproduktion erstellt habe. Hier könnt ihr nun fünf verschiedene Piefüllungen verkosten: mit einen Wildfleischgulasch, mit Wildfleischhack, mit gerupften Lammfleisch und mit Lammfleischhack sowie eine süße Pie mit einem Aprikosen-Pfirsich-Kompott. Dazu gibt es passende Salate, Soßen wie diese klassische Cumberlandsauce und für die süße Pie handgemachte Custard."

Die Begeisterung, die Ekatarina und John von den übrigen Estatebewohnern entgegenschlug, war nahezu überschäumend. Mit Begeisterung stürzten sich alle auf das vielfältige Pieangebot, probierten mit großer Neugierde und diskutierten dann das jeweilige Geschmackserlebnis lautstark und ausgiebig.

Später am Abend, die Uhr marschierte bereits Richtung Mitternacht, setzte sich Ekatarina zwischen Mary und mich und lenkte unsere Aufmerksamkeit auf sich. „Ich habe gesehen und gehört, wie gut Euch unsere Pies geschmeckt haben. John hat mir die komplette Rezeptsammlung seiner Großmutter besorgt, die früher im Altnaharra-Hotel genutzt wurde. Dazu habe ich auch eigene Rezeptideen auf der Basis unserer Heimatküche." Sie blickte jetzt wechselweise ihre beiden Arbeitgeber an. „Ich würde gern die Piebäckerei übernehmen. Ich kann zum Start die große, nagelneue Küche hier in der alten Schule nutzen. Und wenn sich die Pies übers Internet und im Direktvertrieb gut verkaufen lassen, bauen wir eine kleine, professionelle Bäckerei in einem Anbau an unsere Schlachtbetriebsscheune, um die Stückzahl pro Tag zu erhöhen."

Mary nahm Ekatarina spontan in ihre Arme. „Welch wunderbarer Vorschlag. Mir gefällt die Idee genauso gut wie mir Deine Silvesterpies geschmeckt haben."

Ich war etwas zurückhaltender. „Dann brauchen wir aber eine zweite Fleischereikraft, Ludmilla kann das nicht allein bewältigen."

„Kein Problem", lachte mich Mary an. „Ich glaube, ich weiß, wo ich den zweiten Mann für Ludmillas Schlachthof finde."

„Und wo?" Ich schaute seine Lebensgefährtin verblüfft und zugleich neugierig an.

Mary zuckte mit ihren Schultern. „Wo wohl? Unter Army-Veteranen. Du glaubst gar nicht, wie viele von Ihnen nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst nach einer ordentlichen Zukunft suchen. Wenn Du nicht gerade Kfz-Mechaniker oder so etwas bist, hast du echt Probleme, dich im Zivilleben wieder zurecht zu finden."

„Mein Gott. So schwierig habe ich mir das, ehrlich gesagt, nicht vorgestellt."

Ekatarinas Vorstoß war erfolgreich. Am Neujahrsabend erteilten Mary und ich ihr den Auftrag, ein Startsortiment von zehn verschiedenen Pies zu entwerfen, dass John sofort mit in den Internetshop als Neuigkeit integrieren sollte.

„Bin gespannt, wie schnell dies Angebot angenommen wird", spekulierte ich „Den Pie-Versand kann man sicherlich außerhalb der Hochsommermonate mit unserem Kurierdienst gestalten. Ich werde jedenfalls nächste Woche mit deren Kundendienst reden."

Damit begann Ekatarina mit der Gestaltung des Startsortiments und versorgte in den kommenden vier Wochen uns Farmbewohner immer wieder mit Probierpies und einem Formblatt zur Beurteilung der Proben.

Nachdem es seit Mitte Dezember mehr oder weniger durchgehend gestürmt und geregnet hatte, beruhigte sich das Wetter Anfang Januar und machte die Open-Air-Arbeit auf der Farm und bei der Jagd endlich erträglicher. Das geänderte, trocken-kühlere Wetter sorgte am ersten Januar-Samstag für überraschenden und aufgeregten Besuch.

„Andrew hatte eine Unfall", schnaufte PC Amy Douglas heftig durchatmend, als ich die Haustüre des Farmhauses öffnete. Ich musste erst zweimal hinschauen, bevor ich die junge Polizistin aus Lairg erkannte, die im Radsportdress mit Fahrrad-Sturzhelm sehr viel anders aussah als in Uniform.

„Wie? Wo?" waren meine spontane Fragen. „Ernsthaft verletzt?"

Amy deutete mit dem Finger den Berg hinauf. „Wir sind vom Craigs Inn mit unseren Cross-Rädern den Weg herabgekommen. Etwa auf der Höhe von dem Loch, an dem die Archäologen die Wikingerleiche ausgegraben haben, ist an seinem Lenker oder der Frontgabel etwas gebrochen und er ist kopfüber abgestürzt. Er sitzt da auf dem Boden, hält sein Knie, dass ihm wohl mörderisch weh tut und klagt über Kopfweh. Sein Helm ist an einer Stelle sogar gebrochen."

Ich rief im Haus nach Mary. „Einsatz für eine Army-Nurse! Schnapp Dir den großen Sani-Koffer. Ich hole schon mal den Land Rover."

Mary eilte zur Tür, sah die immer noch vor der Tür stehende Amy und war in einer Minute einsatzbereit, als ich bereits mit dem alten, aber unglaublich geländegängigen Land Rover vorfuhr.

„Was ist passiert?" war Marys direkte Frage an Amy und ließ sich noch einmal den Unfallhergang schildern. „Irgendwelche offenen, blutenden Verletzungen?"

„Nicht soweit ich sehen konnte."

„Also, Verdacht auf Gehirnerschütterung, Knochenbrüche und gegebenenfalls Sehnen- und Bänderverletzungen", diagnostizierte sie vorläufig und musste regelrecht schreien, um den im zweiten Geländegang laut jaulenden Motor des Land Rovers auf der immer noch schwierig zu fahrenden Bergaufstrecke zum Loch zu übertönen. Dann schaute sie Amy an. „Was treibt Euch Anfang Januar mit Euern Rädern auf Tour?"

„Ist die perfekte Jahreszeit für Cross-Country. Ich habe im Januar noch zwei Rennen. Und das Wetter war nach den drei Wochen Dauerregen endlich wieder ordentlich." Sie holte tief Luft. „Da haben wir uns heute morgen spontan entschlossen, eine große Tour zu fahren."

Sie sahen den neben seinem Rad auf dem Boden sitzenden Andrew in seinem leuchtend-bunten, neonfarbenen Trikot schon von weitem, der dem sich bergaufwärts kämpfenden Land Rover bereits zuwinkte. Ich hatte den Land Rover kaum zum Stand gebracht, als Mary mit ihrem Sanitätskoffer ausgestiegen war, neben Andrew auf dem Boden kauerte und mit ihrer ersten Untersuchung begann. Offene Wunden gab es keine, bis auf ein paar Schrammen an den Händen und einem Ellenbogen, wo auch das winterfeste Trikot zerrissen war. Aber Andrews Fahrradhelm wies zwei gebrochene Streben auf, wo er bei dem Sturz auf einem neben dem Weg liegenden Stein aufgeschlagen war.

„Das war kräftig", betrachtete Mary nachdenklich den neben Andrew liegenden Helm und überprüfte zunächst ihren spontanen Verdacht auf Gehirnerschütterung, der sich schnell bestätigte. „Der Helm hat Dich vor einer sehr schweren Kopfverletzung bewahrt", war ihre Bewertung. „Wärst Du mit dem bloßen Kopf auf dem Stein aufgeschlagen, hätte das tödlich enden können", war ihr eindeutiger Kommentar.

Auch die Erstuntersuchung von Andrews rechtem Knie ergab ein zwiespältiges Bild. „Auf alle Fälle eine schwere Knieprellung. Ob Bänder beschädigt sind, kann ich derzeit nicht sagen. Aber wir müssten Dein Knie so schnell wie möglich röntgen lassen." Mary richtete sich auf. „Wir müssen Andrew erst einmal zum Farmhaus schaffen. Da legen wir ihn aufgrund der offenkundigen Gehirnerschütterung erst einmal fachmännisch hin, kühlen den Kopf so gut wie möglich und kümmern uns dann um sein Knie." Sie schaute Walter an. „Am liebsten würde ich Dr. Hammond anrufen, dass er nach Durran Estate rauskommt und sich Andrew persönlich anschaut. Aufgrund der Gehirnerschütterung würde ich im Moment nicht empfehlen, dass er auf die fast dreistündige Fahrt nach Wick oder Inverness geht." Sie stellte ihren Sanitätskoffer in den Kofferraum des Land Rover. „Lasst uns gemeinsam Andrew in das Auto verfrachten. Wird nicht ganz einfach mit seiner Knieverletzung und vermutlich höllisch weh tun. Aber ich weiß nicht, wie wir ihn sonst von hier weg bekommen."

Mary hatte recht. Andrew stöhnte heftig vor Schmerzen, als er sich auf den Beifahrersitz zwängte und sein verletztes Bein irgendwie hinein bekam, um die Tür schließen zu können. Dann rollte und rutschte der Land Rover langsam den Berg Richtung Farm herunter.

Dr. Hammond, der zusammen mit seiner Arzt-Ehefrau die NHS-Praxis in Lairg betrieb, erschien tatsächlich nach zweistündiger Fahrzeit auf Durran Estate. Er bestätigte Marys Diagnose hinsichtlich der Gehirnerschütterung, war aber hinsichtlich des Knies optimistischer. „Die Prellung ist heftig und tut mit Sicherheit aufgrund verschiedener kleiner Blutergüsse im Knie höllisch weh. Hinsichtlich der Bänder bin ich hoffnungsvoll. Aber das kann man ohnehin erst richtig untersuchen, wenn die Schwellungen abgeklungen sind." Er schaute Mary, Amy und mich reihum an. „Am besten wäre es, wenn der Patient für ein paar Tage in Ruhe hierbleibt und immer wieder beobachtet wird. Alle getroffenen Maßnahmen zu seiner erhöhten und kühlen Lagerung des Kopfes sind richtig, das Licht sollte so gering wie möglich sein. Für genügend Wasser sorgen, ein bisschen fasten kann nicht schaden. Und aufpassen, wenn er erbrechen muss, dass er sich daran nicht verschluckt."

Damit hatten Mary und ich für die nächsten paar Tage zwei unverhoffte Gäste. Amy wollte die Bettwache bei Andrew übernehmen, sprach aber gegenüber Mary ihr unmittelbares Problem an. „Ich bin total durchgeschwitzt und dreckig. Zudem habe ich nur meine Sportkleidung dabei. Kann ich hier duschen und kannst Du mir irgendwie mit frischen Zivilsachen aushelfen?"

Mary lachte. „Bekommen wir irgendwie hin. Ich bin sicherlich dreißig Zentimeter länger als Du und Ludmilla ist erheblich breiter gebaut. Aber ich hoffe, dass ich Dir bei Ekatarina etwas halbwegs Passendes besorgen kann. Schauen wir mal." Sie verschwand kurz in ihr Schlafzimmer und kam mit einem sich sehr kuschelig anfühlenden Bademantel zurück. „Der geht Dir vermutlich bis an die Knöchel, aber dafür hält er Dich von oben bis unten warm. Und mein kleines Luxusbad kennst Du ja, es steht zu Deiner Verfügung."

Amy hatte letztendlich ein T-Shirt von Mary, das bei ihr die Länge eines Minikleids hatte, eine Jogginghose und ein frisches Höschen von Ekatarina, ein paar sehr warme Schafsfellschuhe, die ihr aber zwei Nummern zu groß waren, was von dicken Wollsocken teilweise kompensiert wurde, sowie den besagten Bademantel. So saß sie wechselweise am großen Esstisch im Farmhaus oder in einem hohen Sessel im schwach beleuchteten Gästezimmer, um nach Andrew zu schauen. Zur Unterhaltung hatte ich ihr ein ipad und hochwertige Kopfhörer gegeben, so dass sie sich nicht langweilen musste. Andrew lag in seiner Lieblingsstellung auf der Seite und machte sich nur bemerkbar, wenn er sich unter Schmerzen von links nach rechts umwendete oder sich hochstemmte, um etwas Wasser zu trinken. Immerhin war der Eimer, den Mary sicherheitshalber für mögliches Erbrochenes neben das Bett gestellt hatte, leer geblieben. Alle drei Stunden wechselten Mary beziehungsweise Amy die Kühlgel-Bandage um Andrews Knie, was immerhin die Schwellung unter Kontrolle hielt.

Ziemlich übermüdet saß Amy dann am frühen Sonntagmorgen am Esstisch und beobachtete Mary, wie sie das Frühstück vorbereitete, während Walter noch im Bad war. „Ich weiß um Deine sonntäglichen Badestunden mit Marja", sprach sie plötzlich ohne Vorwarnung Mary an, die gerade ein Müsli, Honig und griechischen Joghurt auf den Tisch stellte.