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Die Galamex-Saga - Teil 03

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Ornella blickte mich besorgt an. "Cygnus?"

"Yegor sagte, wir sollen ihn am Shuttle-Landefeld in Ornellas Beauty treffen. Heute war nur ein einziger Flug vorgesehen. Alina wollte sich auf der Station mit Commander Donovan treffen."

Die wahre Bedeutung meiner Worte wurde Ornella sofort klar. Sie riss die Augen auf. "Oh nein! Cygnus!"

"Kannst du bitte schneller machen? Wenn du den Flitzer hochziehst, kannst du über dem Blätterdach dieses Waldes gleiten. Die Bäume hier sind offenbar noch jung und sind daher noch nicht ausgewachsen. Dahinter gibt es nur noch Weizenfelder." Meine Stimme erschien mir fremd, schon fast mechanisch. Meine Sorge um Alina, ein Gefühl abgrundtiefen Schreckens, war von trockenem Pragmatismus ersetzt worden. Ornella antwortete lediglich mit einem Nicken, in ihren Augen spiegelte sich meine eigene Entschlossenheit. Während ich die exakten Koordinaten des Shuttle-Landefeldes auf der Navigationsanzeige markierte, brachte sie den Flitzer nach oben. Dann drückte sie den Beschleuniger durch.

Schwarzer Rauch stieg vom Landefeld auf. Kurz bevor wir es erreichten, fing uns einer von Yegors Trupps ab. Sie hatten den ganzen Bereich um das Shuttle-Landefeld abgeriegelt und kontrollierten jeden, der vorbei wollte. Als Ornella den Flitzer zu Boden brachte und sie mich auf dem Beifahrersitz erkannten, kam der Anführer des Trupps zu mir. "Cygnus, Yegor erwartet dich oben an der Rampe - ich informiere ihn gleich, dass du da bist."

"Danke." Wir fuhren weiter, bis wir den Fuss der Rampe erreichten, und stiegen hastig aus. Yegor kam uns entgegen, flankiert von Borys und Henry. Der Geruch von verbranntem Kunststoff stieg mir in die Nase.

"Wie schlimm ist es?", fragte ich mit ruhiger Stimme, während der abgrundtiefe Schrecken in meinem Inneren alles zu verschlingen drohte.

"Das wissen wir noch nicht genau. Der Antimaterie-Antrieb des Shuttles ist während der Startphase explodiert. Die Strahlung ist noch zu hoch, als dass sich jemand nähern könnte. Wir haben die Flottenvertretung informiert, aber sie haben uns noch niemanden geschickt, der uns dabei helfen könnte, die Strahlung einzudämmen."

"Was?", fragte Ornella aufgebracht. "Wann habt ihr die Flotte informiert?"

"Gleich nach der Explosion", antwortete Yegor. "Vor 90 Minuten."

Ornellas Gesicht zeigte kaum verhohlene Wut unter einer dicken Schicht Entschlossenheit. Ihre Stimme blieb dennoch ruhig und bestimmt.

"Wie viele Leute sind an Bord?"

"Nach unserem Kenntnisstand zwei. Der Pilot, Dior Gueye, und Alina Sparks."

"Habt ihr hier irgendwo Standard-Raumanzüge?"

Yegor nickte. "Gleich da vorne im Versorgungslager."

"Sehr gut. Bringen sie mich hin!", wies sie Yegor an, bevor sie sich an mich wandte. "Und du, mein Herz, kümmerst dich jetzt um Alejandra."

"Puta-Mierda! Lass mich los, Cygnus, lass mich einfach-"

Ich hielt sie davon ab, die Rampe zu den Trümmern des Shuttles hochzustürmen. In ihren Augen brannten Wut und Verzweiflung - vor allem Verzweiflung.

"Schhhht, Ale. Ornella ist mit Yegor hochgegangen. Sie werden sich bestimmt gleich melden."

"Lass mich los, ICHO DE PUTA! LASS. MICH. LOS!"

Alejandra wand sich in meinen Armen, doch ich liess nicht locker, selbst als ihr Knie - unfreiwillig aber schmerzhaft - in meine Weichteile landete. Dann hörten wir Ornellas Stimme aus Henrys ComPad dringen.

"Sie sind beide am Leben, aber bewusstlos. Alina hat auf jeden Fall eine Unterarmfraktur. Wir stecken die beiden in die zusätzlichen Raumanzüge und tragen sie hier raus."

"Alina lebt?", fragte mich Alejandra, als ob sie befürchtete, sich die Worte nur eingebildet zu haben. Ich lächelte und nickte, während mein eigener Schrecken ebenfalls etwas an Kraft verlor. Dann brachen bei Alejandra sämtliche Dämme und sie schluchzte in meine Brust hinein, schrie ihre Verzweiflung in den Stoff meines Hemdes, während ich sie festhielt und wiegte.

Yegor legte Dior auf die Trage, während Ornella immer noch die Rampe hinunterkam, Alina in den Armen. Alejandra war nun nicht mehr zu halten. Sie eilte zu ihr und blickte durch das Visier von Alinas Raumanzug.

"Sie ist immer noch bewusstlos!"

"Korrektur: Wieder bewusstlos", drang Ornellas Stimme dumpf durch ihren Anzug. "Sie hat vorhin in der Pilotenkabine kurz das Bewusstsein wiedererlangt, aber als ich ihr in den Raumanzug geholfen habe, hat sie das Bewusstsein wegen des gebrochenen Arms wieder verloren. Aber ansonsten geht es ihr gut. Schau auf ihre Vitalzeichen auf ihrem Handgelenk, Ale. Atmung normal, Herzschlag normal, Blutdruck normal. Alles im grünen Bereich."

"Oh, Danke-Danke-Danke, du Engel!" Alejandra umarmte Ornella, nachdem diese Alina ebenfalls den Sanitätern übergeben hatte. Ohne eine Antwort abzuwarten, eilte Alejandra den Sanitätern hinterher, machte dann abrupt nochmals kehrt und nahm mich ebenfalls in den Arm.

"Cy, sorry, dass ich dich Icho-"

"De Puta genannt hast? Wofür sind Freunde sonst da, wenn nicht um Hurensöhne genannt zu werden - abgesehen von heissen Blondinen zuführen und entlaufene Freundinnen einfangen? Du hältst mich auf dem Laufenden betreffend Alina und Dior, ja? Ornella, Henry und ich kommen so bald wie möglich nach."

Sie drückte mir einen feuchten Schmatz direkt auf den Mund und sprang wieder davon.

Ornella hatte gerade ihren Helm abgesetzt, als die Flottenvertreter auftauchten. Drei uniformierte Gestalten stiegen aus einem speziellen Eindämmungsfahrzeug aus, das aus Crow Town stammen musste. Das Fahrzeug glitt die Rampe zur Landeplattform empor, um dort, mittels eigens dafür konstruierter Repulsoren, den von der Antimaterie verursachten Brand unter Kontrolle zu bringen.

"Das darf ja wohl nicht wahr sein", murmelte Ornella, als sie die drei Mitglieder der Flotte erblickte. Ihre Stimme klang wie fernes Donnern, wie ein Gewitter das langsam heranzog. Als die drei Flottenmitglieder näherkamen, erkannte ich eine Frau und einen Mann, beide mit den Rangabzeichen eines Commanders. Der dritte im Bunde, ein junger, gut aussehender Mann, war wohl ein einfacher Crewman.

"Rossi?", wandte sich die Frau an Ornella. "Was tun sie denn hier?"

Mir wurde augenblicklich klar, dass Ornella eine tiefe Abneigung gegenüber dieser Frau empfand. Sie wirkte zwar äusserst selbstbeherrscht, aber ich kannte sie inzwischen gut genug. Unter der ruhigen Oberfläche brodelte Wut.

"Wie mir scheint, ihre Arbeit, Commander." Die Schärfe in Ornellas Worten war unüberhörbar.

"Was soll das heissen?", fragte der männliche Offizier an Ornella gewandt. "Und wer sind sie?"

"Ich bin Lieutenant Ornella Rossi, Commander Bacunawa. Ich verbringe gerade meinen Urlaub hier." Ihr Tonfall gegenüber dem Offizier war professionell, aber bei Weitem nicht so feindselig wie gegenüber der Frau. "Die Flotte wurde vor geschlagenen zwei Stunden über die hiesigen Vorfälle informiert, und sie tauchen ERST JETZT auf?"

"Mässigen sie ihren Ton, Rossi!" bellte die Frau. Doch Ornella war nun offenbar in Fahrt geraten.

"Den Teufel werd ich! Ich habe soeben die beiden Insassen aus den Trümmern geborgen. Etwas, dass man bereits eine halbe Stunde nach dem Vorfall hätte tun können, wenn denn jemand von ihnen rechtzeitig hier aufgetaucht wäre!"

"Rossi!!" Die Frau schien kurz vor einem Schreikrampf zu stehen. "Dies ist ein ziviler Landeplatz. Dafür ist die Flotte nicht zuständig. Uns wurde mitgeteilt, dass es zu einem Unfall mit einem Shuttle gekommen sei, bei dem keine Personen involviert waren. Da mir erst vor einer Stunde gesagt wurde, dass man die Situation hier nicht im Griff hatte, habe ich Hilfe auf Crow Town angefordert."

"Das ist so nicht ganz richtig, Commander." Yegor war nun zu uns getreten, den Helm seines Raumanzuges unter dem Arm. "Wir haben bereits bei unserer ersten Nachricht an sie erwähnt, dass sich zwei Leute im Shuttle befanden."

"Das ist nicht wahr!", meldete sich der junge Mann ohne Rangabzeichen zu Wort. "Von irgendwelchen Passagieren hat niemand etwas gesagt!"

Yegor wollte näher an den Mann treten, doch Ornella hielt ihn davon ab. Sie ergriff erneut das Wort.

"Ich bin sicher, es gibt eine Aufzeichnung dieser Nachricht. Es wird sich später zeigen, wer, was, wann mitgeteilt hat." Der junge Mann wurde unter Ornellas wütendem Blick augenblicklich kreidebleich. "Wie dem auch sei: Die Flotte ist dazu verpflichtet, bei Unfällen in denen weltraumtaugliche Fahrzeuge verwickelt sind UNVERZÜGLICH Hilfestellung zu leisten - auch wenn es sich um zivile Anlagen handelt. Zwei Stunden später aufzutauchen ist eine recht eigenwillige Auslegung des Begriffes 'unverzüglich'.

"Rossi!", zischte die Frau. "Mässigen sie UNVERZÜGLICH ihren Ton!"

"Oder was, Commander?", unterbrach Ornella sie. "Verfassen sie sonst einen Eintrag in meiner Akte, ich sei aufmüpfisch?"

"Sie kehren jetzt augenblicklich zur Station zurück, Rossi", keifte die Frau.

"Den Teufel werd ich!", wiederholte Ornella. "Sie haben vielleicht einen höheren Rang, Dysson, aber sie sind NICHT meine direkte Vorgesetzte. Gemäss Flottenreglement kann ein Flottenmitglied ausschliesslich von seinen direkten Vorgesetzten, in meinem Fall Lieutenant Da Silva oder Commander Donovan, aus einem Urlaub zurückgerufen werden. Es sei denn, es handelt sich um einen Notfall. Also entweder zeigen sie mir eine mich betreffende Anweisung meiner beiden vorgesetzten Offiziere, oder sie erläutern mir, welche Art von Notfall meine Rückkehr zur Station erfordert. Dass ihnen meine Anwesenheit hier nicht passt, Commander, qualifiziert es nicht als Notfall."

Die Frau setzte zu einer Erwiderung an, doch der männliche Offizier kam ihr zuvor.

"Stimmt das, Pamela? Du weisst schon seit zwei Stunden hiervon?"

"Verdammt, Jaiden! Miller sagte mir lediglich, es handle sich um einen Brand beim Landeplatz! ER hat die Nachricht entgegengenommen! Ich dachte, die kriegen das selbst in den Griff!"

"Und ein Brand auf einem Shuttle-Landefeld war ihnen nicht ... spektakulär genug, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen, Commander?", fragte Ornella spitz. "Sie leben in der schönsten Gegend im Umkreis von hundert Lichtjahren und sind sich ... Was? Zu schade?!" Ornella holte tief Luft. "Zu schade, um persönlich nach dem Rechten zu sehen, wenn die Flotte um Hilfe gebeten wird? War es ihnen zu weit zum Laufen? Sind doch höchstens zehn Minuten zu Fuss."

"Rossi, ich schwöre ihnen, ich werde ein Verfahren wegen Insubordination gegen sie eröffnen lassen!" Die Frau spuckte regelrecht Gift und Galle. Ich hatte den Eindruck, dass es an der Zeit war einzuschreiten.

"Meine Damen und Herren, könnten wir uns bitte alle etwas beruhigen?"

"Und sie sind?!", keifte mich die Frau an.

"Cygnus Montichiari", entgegnete ich ruhig. "Mitbesitzer und -gründer von Cygnus Cooperations. Zu ihren Diensten, Commander."

Sie nahm dieselbe Farbe an wie der junge Mann, während Ornella süffisant grinsend den Kopf schüttelte und fast unhörbar etwas von wegen 'inkompetent' murmelte.

"Wer - wer war in dem Shuttle?", fragte Commander Bacunawa unvermittelt.

"Der Pilot, Dior Gueye, sowie meine Geschäftspartnerin und Geschäftsführerin von CyCo, Alina Sparks."

Die Frau, Commander Pamela Dysson, wurde tatsächlich noch blasser. Ihre Selbstsicherheit war zusammengefallen wie ein Kartenhaus. Commander Bacunawas Gesicht zeigte nun ebenfalls Sorge.

"Hat ... Hat sie-?"

"Wir konnten die beiden Insassen lebend bergen, Commander", kehrte Ornella in das Gespräch zurück. "Sie wurden soeben zum Spital transportiert. Wir warten noch auf Informationen bezüglich ihres Zustandes." Der männliche Offizier nickte ernst und wandte seiner weiblichen Kollegin einen finsteren Blick zu. Ornella ergriff erneut das Wort. "Commander, ich empfehle, dass sie Crewman Sean Miller festsetzen und Commander Dysson vorübergehend von ihren Aufgaben suspendieren."

"Rossi!!!" Die Frau war sichtlich schockiert, doch von ihrer bisherigen Überheblichkeit war nichts mehr vorhanden. Der junge Mann schien indes kurz davor zu sein, die Flucht zu ergreifen. Yegor hatte sich allerdings neben ihn gestellt und fixierte ihn mit Argusaugen, als warte er nur darauf, dass der Mann eine falsche Bewegung machte.

"Sie hat recht, Pamela", wandte sich Commander Bacunawa ernst an die Frau. "Als DEIN direkter Vorgesetzter entbinde ich dich mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres von deinem Posten. Ich werde umgehend Commander Donovan kontaktieren, damit eine offizielle Untersuchung eingeleitet werden kann. Und da es sich nun tatsächlich um einen Notfall handelt-" Er wandte sich an Ornella. "Bitte ich sie, Lieutenant Rossi, die Leitung der ansässigen Flottenvertretung vorübergehend zu übernehmen."

Ornella nahm Haltung an. "Verstanden, Commander."

"Jaiden! Das kannst du doch nicht-!"

"Ich kann und ich tue es, Commander Dysson. Zudem befehle ich ihnen, ihr Quartier aufzusuchen und vorerst dortzubleiben."

Kapitel 3 - Ornella

Shuttles verfügten nur über einen vergleichsweise kleinen Antimaterie-Reaktor, da sie nur innerhalb eines Sternensystems eingesetzt wurden. Mehr als zweifache Lichtgeschwindigkeit brauchten sie daher in der Regel nicht. Dennoch konnte schon der kleinste Reaktor bei einer Fehlfunktion eine Explosion auslösen, die eine Siedlung von der Grösse von Ornellas Beauty dem Erdboden gleichmachen konnte. Den Sternen sei Dank, war es dazu nicht gekommen. Daher konnte tatsächlich nur eine extrem kleine Menge an Antimaterie aus dem Eindämmungsfeld entwichen sein. Es hatte aber auf jeden Fall ausgereicht, das Shuttle zu zerstören und einen kleinen Krater im Landefeld zu hinterlassen.

Ich schritt erneut im Raumanzug durch die Trümmer, dieses Mal in Richtung des Antriebs. Das Heck, in dem sich standardmässig der Reaktor befand, war bei der Explosion abgebrochen und hatte den vorderen Teil des Shuttles fast fünfzig Meter weit nach vorne geschossen. Der Passagierbereich war dabei vollkommen ausgebrannt. Hätte sich Alina zum Zeitpunkt der Explosion darin aufgehalten, wäre jetzt nur noch Asche von ihr übrig. Bei dem Gedanken musste ich frösteln. Zum Glück hatte sie sich zusammen mit dem Piloten im Cockpit aufgehalten. Sie hatte daher 'lediglich' die Folgen der plötzlichen Krafteinwirkung erlitten. Ich fragte mich unwillkürlich, wie es ihr ging.

Cygnus war zum Spital aufgebrochen, während ich meine neue Aufgabe angetreten hatte. In erster Linie galt es, das Feuer zu löschen und die Strahlungsquelle zu sichern. Die Materie, die für die Energieerzeugung innerhalb des Reaktors mit der Antimaterie vermischt wurde, war radioaktiv. Die Anzeige auf meinem Handgelenk sprach deutliche Worte: Irgendwo in meiner Nähe lag eine nicht abgeschirmte Strahlungsquelle. Vorsichtig näherte ich mich dem Reaktor.

Ich war immer noch darüber erzürnt, wie nonchalant Pamela Dysson angesichts einer weiteren Katastrophe und der damit einhergehenden Risiken innerhalb ihrer Zuständigkeit reagiert hatte. Auch wenn die unmittelbare Gefahr gebannt schien - das Ganze konnte uns immer noch allen um die Ohren fliegen! Richtig wütend war ich allerdings auf Sean Miller: Es war für mich absolut unverständlich, wie er überhaupt die Ausbildung bei der Flotte hatte bestehen können. Dass er der Meldung eines Brandes auf einem Shuttle-Landefeld so wenig Bedeutung zugemessen hatte, war mehr als nur fahrlässig. Aber offenbar verfügten sowohl er als auch Pamela Dysson über 'Schutzengel', die ihren Verbleib bei der Flotte sicherstellten. Ich hoffte inbrünstig, dass die Folgen dieses Desasters ausreichten, um diesen 'Engeln' die Flügel zu stutzen.

Die speziellen Repulsoren hatten inzwischen ganze Arbeit geleistet, indem sie dem Feuer sämtlichen Sauerstoff entzogen hatten. Ich näherte mich vorsichtig, während die Strahlungsanzeige auf meinem Handgelenk weiter Anstieg. Dann entdeckte ich den Materiebehälter. Er war durch die Explosion aus seiner Verankerung gerissen und lag nun zerbeult neben dem eigentlichen Reaktor. Aus der Öffnung, die normalerweise den Behälter mit dem Reaktor verband, rieselte feiner Sand - das radioaktive Material. Ich kippte den Behälter auf die Seite, um weiteren Materialverlust zu verhindern. Dann sammelte ich mit einem kleinen portablen Staubsauger den Sand ein, der auf dem Boden lag. Ich füllte den aufgelesenen Sand in den Behälter zurück und versiegelte diesen behelfsmässig. Die Strahlungsanzeige begann langsam aber stetig zu sinken.

Als Nächstes nahm ich mir die Antimaterie-Kammer vor. Diese war wesentlich grösser und komplexer als der strahlungsdichte Materiebehälter, da die Antimaterie nur mittels eines künstlich erzeugten Eindämmungsfeldes stabil verwahrt werden konnte. Sie hatte sich ebenfalls vom Reaktor gelöst, doch die Öffnung war glücklicherweise automatisch versiegelt worden. Zudem war auf der Seitenwand der Kammer auf einer Anzeige ersichtlich, dass das Eindämmungsfeld nach wie vor in Kraft war. Ich atmete erleichtert auf. Die Gefahr einer grösseren Katastrophe war gebannt. Im Geiste dankte ich den unbekannten Ingenieuren still, die dieses Meisterwerk menschlicher Technik erdacht hatten.

Nun machte ich mich an den zweiten Teil meiner Aufgabe: Beweise sichern. Eine solche Explosion ereignete sich nie 'einfach so'. Die Gründe die dazu geführt hatten, mussten in den Trümmern zu finden sein.

Jeder Antimaterie-Reaktor war mit einem autarken Computer verbunden, der dessen Funktionen überwachte und protokollierte. Es bestand zwar die Möglichkeit, dass dieser durch die Explosion unwiederbringlich beschädigt worden war, aber die Teile waren fast so robust gebaut wie die Reaktorkammer selbst - genau für solche Fälle: Wenn es tatsächlich zu Fehlfunktionen kam, dann wollte die Flotte im Nachhinein erfahren, was dazu geführt hatte, um künftige Reaktoren noch sicherer zu machen. Ich fand dann auch tatsächlich den Computer einige Meter entfernt. Als ich versuchte, die sich darauf befindlichen Daten abzurufen, stellte ich fest, dass das Gerät tot war.

Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter. Der Computer wies keine äusserlichen Schäden auf. Das konnte nur bedeuten, dass dessen Software gelöscht wurde. Das war kein Unfall, sondern Sabotage!

Ich fluchte innerlich und verdrängte eine sich anbahnende Panikattacke. Jetzt die Nerven zu verlieren, konnte ich mir nicht leisten. Ich atmete tief durch und liess mir die Spezifikationen dieses Shuttle-Modells durch den Kopf gehen. Dies hier war kein Standard-Shuttle der Flotte, sondern ein neueres, teureres Modell. So verfügte es beispielsweise auch im Passagierbereich über Fenster. Was aber viel wichtiger war: Bei diesem Modell wurde jeder Bereich des Shuttles videoüberwacht. Ich machte mich sogleich auf die Suche nach irgendetwas, dass nach einer Kamera aussah. Bei einem abgebrochenen Teil der Decke des Antriebraumes wurde ich fündig. Die Linse der Kamera war zwar gesprungen, aber es handelte sich dabei um ein hochmodernes Modell mit einem eigenen Aufzeichnungsspeicher. Dieser war noch intakt.

Bei meiner Ankunft im Wartezimmer der Notaufnahme des Spitals waren jede Menge Leute anwesend: Da waren Henry und seine Frau Jacqueline, eng umschlungen, beide mit tiefer Sorge im Gesicht, Jacquelines Augen gerötet von bereits vergossenen Tränen. Etwas Abseits standen zwei Männer, Yegor und Borys, die jetzt, da ich Zeit hatte, bei genauerer Betrachtung eine gewisse Ähnlichkeit aufwiesen. Ihre Gesichter waren ernst, während sie sich angeregt aber leise in einer osteuropäischen Sprache unterhielten. Und dann war da natürlich noch Cygnus, flankiert von einem kleinen, beinahe kahlköpfigen Mann, bei dem es sich wohl um John Foley, Alinas Privatsekretär, handeln musste.

Als ich Cygnus erreichte, drückte er mich fest in seine Arme.

"Hey", begrüsste er mich schwermütig.

"Hey", antwortete ich im gleichen Tonfall. "Wie geht es dir? Und wie geht es Alina und dem Piloten?"

Er seufzte. "Mir geht es ... gut. Alinas Arm wurde geschient und nun wird sie gerade einer gründlichen Untersuchung unterzogen, um etwaige innere Verletzungen auszuschliessen. Der Pilot, Dior, nun-" Er seufzte erneut. "Er hat eine schwere Schädelfraktur erlitten. Man hat ihn vorerst in ein künstliches Koma versetzt. Die Prognosen ... Er ..." Ich merkte, dass Cygnus die Worte nicht über die Lippen brachte und drückte ihn fester an mich.