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Eigentlich wollte sie nur . . .

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Marlies kaufte all das an Obst und Gemüse ein, was sie nicht selbst anbaute und als sie den Supermarkt des Einkaufszentrums verließen, war der Kofferraum des Capri gut gefüllt.

Robert lud sie zum Mittagessen ein und da Marlies auch keine Lust hatte zu kochen, nahm sie seine Einladung gerne an.

*

Wieder auf dem Hof räumten sie die eingekauften Lebensmittel ein und warteten auf Beate, die noch vorbeikommen würde, um die Eier und die Butter abzurechnen. Sie hatten aus der Stadt etwas Kuchen mitgebracht und Robert kochte eine große Thermoskanne Kaffee. Dann setzten sie sich Hand in Hand auf die Bank vor das Haus. Sie würden rechtzeitig mitbekommen, wenn Beate aufkreuzen würde und dann etwas Abstand halten.

Als sie Beate den Weg herfahren sahen, setzten sie sich sittsam getrennt auf die Terrasse.

Marlies Freundin legte ihr einen Zettel und das eingenommene Geld hin und nahm Platz.

Robert schenkte ihr eine Tasse Kaffee ein und setzte sich wieder auf seinen Stuhl.

Beate runzelte die Stirn und schaute Marlies an.

„Sag mal, wollt ihr euch nicht endlich nebeneinander setzen?"

Marlies machte einen erschrockenen Eindruck.

„Wie meinst du das, Beate?"

„Glaubst du vielleicht, dass ich nicht bemerkt habe, dass da etwas zwischen euch beiden läuft? Ich bin eine Frau und ich spüre so etwas. Ich würde es dir gönnen, denn ich kenne deine familiäre Situation und ich beneide dich wirklich nicht. Und jetzt bist du so richtig aufgeblüht, du sprühst vor Lebensfreude und strahlst wie ein Stern."

Robert stand auf, ging um den Tisch herum und setzte sich neben Marlies.

„Du hast Recht, Beate", sagte er und legte seinen Arm um Marlies. „Sie ist etwas ganz Besonderes und ich mag sie sehr."

Das war eine Untertreibung, aber mehr wollte er nicht offenlegen, da er nicht wusste, ob es ihr recht war.

Marlies gab ihm einen kleinen Kuss und lehnte sich an seine Seite.

"Und wie soll das mit euch weitergehen, Marlies, morgen kommt doch deine Familie wieder?", fragte Beate neugierig.

"Keine Ahnung, ich weiß es wirklich nicht", sagte Marlies und zuckte ratlos mit den Schultern. „Robert muss ja irgendwann wieder weg und dann wissen wir nicht, wie lange er fortbleibt und wohin er geht."

Als Beate ihn fragend anschaute, sagte er ihr, was er beruflich machte und dass es manchmal nicht ungefährlich war. Einige seiner Kollegen waren als Kriegsberichterstatter im Irak und Vietnam schon ums Leben gekommen und auch er hatte schon mehr als einmal viel Glück gehabt, dass ihm nichts passiert war.

Beate schaute ihn betroffen und als sie bemerkte, dass Marlies Tränen in den Augen hatte, nahm sie sie in den Arm und tröstete sie.

"Du siehst also, dass ich Marlies keine Versprechungen machen kann. Ich will ihr auch nicht zumuten, mit mir zu leben, denn ich sehr oft und lange weg und meine erste Ehe ist genau aus diesem Grund gescheitert. Ich will nicht, dass sie ständig in Sorge lebt und Angst um mich haben muss. Ich werde mich natürlich so oft melden, wie es mir möglich ist, aber wenn ich verdeckt arbeite kann das schwierig werden und sehr lange dauern. Alles was ich ihr jetzt sagen würde, wäre geraten und ich will sie nicht anlügen, dafür liebe ich sie zu sehr."

Beate nickte verstehend und wandte sich an Marlies.

"Und wie sieht es bei dir aus?"

Marlies atmete tief durch.

"Ich weiß es wirklich nicht. Mein Sohn ist nächstes Jahr mit seinem Studium fertig und wird dann irgendwo das Arbeiten anfangen und meine Tochter hat einen festen Freund, der an ihrer Klinik Assistenzarzt ist und wird irgendwann mit ihm zusammen ziehen. Dann bin ich alleine auf dem Hof, da Werner ja halbtags arbeitet und von den Kindern keines Interesse hat, den Hof zu übernehmen. Und was dann? Alleine schaffe ich das nicht und du weißt, dass mein Mann mir keine große Hilfe bei der Arbeit ist. Wir würden den Hof verpachten oder verkaufen müssen, aber ich will doch nicht in die Stadt ziehen."

Sie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.

"Und mit Werner schon gar nicht. Ich wäre dann den ganzen Tag alleine, da er dann in Vollzeit arbeiten würde. Und ich müsste mir dann eine Arbeit suchen, von der ich jetzt schon weiß, dass sie mir keinen Spaß machen wird. Ich bin halt Bäuerin mit Leib und Seele. Ja, wenn er sich hier richtig einbringen würde, dann könnten wir vom Ertrag des Hofes gut leben. Die Feriengäste bringen auch einiges, aber sie machen auch viel zusätzliche Arbeit. Und einen Mann, der nur das Stuhlpolster flach sitzt, den kann ich nicht gebrauchen."

"Und wenn du dich von Werner trennst?", stellte Beate die ernste Frage. "Es ist doch dein Hof und du wirst doch sicher jemanden finden, mit dem du ihn richtig bewirtschaften kannst?"

"Beate, Mensch! Ich kann mich doch nicht einfach so von Werner scheiden lassen. Wir sind fast 27 Jahre verheiratet, haben Kinder und . . ."

" . . . . keine gemeinsame Zukunft, Kleines. Aber ich will dich nicht beeinflussen, das ist allein deine Entscheidung. Was sagst du dazu, Robert?"

"Da gibt es schon ein paar Probleme, Beate. Ich habe Verträge mit mehreren Zeitungen und Verlagen und kann nicht so einfach aussteigen. Ich habe einen Agenten, der mir die Aufträge vermittelt und die werden sehr gut bezahlt. Ich habe ja doch noch ein paar Jährchen bis zur Rente und ich bin kein Landwirt. Die paar Kleinigkeiten, die ich durch Marlies gelernt habe, reichen bei Weitem nicht, um einen Hof zu führen. Und mich würde sie dann die nächsten Jahre wahrscheinlich noch weniger sehen als ihren Mann. Nein, Beate, das will ich ihr nicht zumuten. Vom Regen in die Traufe? Ohne mich, dafür ist sie mir zu schade."

Eine trübsinnige Stimmung machte sich breit, die Unterhaltung schlief ein und Beate verabschiedete sich bald, um nach Hause zu fahren.

*

Marlies und Robert saßen noch eine ganze Weile still nebeneinander und hielten sich an den Händen. Sie hingen ihren Gedanken nach und versuchten vergeblich einer Lösung nahe zu kommen.

Schließlich machten sie sich auf den Weg zur Weide, denn die Tiere mussten noch versorgt werden.

Am Abend saßen aneinander gelehnt auf der Terrasse. Sie versuchten einander zu trösten, aber das war gar nicht so einfach. Zum ersten Mal waren sie sich der Probleme bewusst, die auf sie zukommen konnten.

Robert konnte und wollte nicht über das Leben seiner Liebsten bestimmen, denn sie musste ihr eigenes Leben leben und ihre Entscheidung musste sie selber ohne seine Beeinflussung treffen. Alles andere würden sie beide irgendwann bitter bereuen.

Und Marlies war hin und her gerissen zwischen ihrer entflammten Liebe zu Robert und der Verantwortung für ihre Familie und dem Bauernhof.

Als sie zu Bett gingen, schaute er sie fragend an. Sie wusste, was er sie fragen wollte.

"Nein Schatz, wir sind heute Nacht zusammen", sagte sie und drückte sich an ihn. "Wer weiß, wie oft wir das noch machen können. Ich will heute Nacht nicht alleine sein, denn ab morgen bin ich es wieder. Lieb mich heute noch einmal, als wenn es das letzte Mal wäre. Gib mir all deine Liebe und ich werde dir meine geben."

Und so geschah es. Es wurde eine Nacht voller Zärtlichkeit und Leidenschaft. Marlies und Robert waren unersättlich und konnten nicht genug voneinander bekommen. Sie fanden wenig Schlaf, aber das war zweitrangig. Nur ihr Gefühl und ihre Liebe füreinander hatte in dieser Nacht Vorrang.

*

Beim Frühstück am nächsten Morgen saßen sich beide recht müde und trübsinnig am Küchentisch gegenüber und wußten nicht so recht, was sie reden sollten.

Robert nahm sich ihre Hand und streichelte sie sanft.

„Schatz, es hilft nichts, wenn wir hier so matt herumsitzen", sagte er. „Machen wir unsere Arbeit, vielleicht kommen wir dann auf andere Gedanken."

Es folgte das tägliche Procedere. Kühe melken, auf die Weide bringen und dann ging Marlies in den Gemüsegarten, um sich um die Pflanzen zu kümmern, die in den letzten Tagen außer Wasser nichts bekommen hatten. Robert nahm sich einen Stuhl von der Veranda, holte eine Kamera und setzte sich in ihre Nähe.

Von Grünzeug hatte er keinen blassen Schimmer, außer dass er wußte, was genießbar war und was nicht.

Dafür schoß er ein Foto nach dem anderen. Er war von Marlies fasziniert und konnte nicht genug von ihr bekommen.

Die Apfel- und Zwetschgenbäume waren voller Früchte und bogen sich fast unter der Last. Auch Johannisbeeren und Stachelbeeren gab es im Überfluß und auf seine Frage, was sie mit den Beeren machen würde, schnaufte Marlies resigniert auf.

„Eigentlich wollte ich Marmelade und Likör daraus machen, aber ich komme einfach nicht dazu. Wahrscheinlich bekommen sie die Vögel."

"Auf keinen Fall", widersprach Robert energisch. „Soll ich pflücken?"

Marlies lies ihre Hacke fallen, mit der sie die Erde in den Beeten auflockerte. Sie ging zu ihm hin und umarmte ihn.

„Das würdest du machen?", fragte sie und legte ihren Kopf an seine Brust. Sie wirkte ein wenig müde und erschöpft.

„Für dich würde ich alles tun, das weißt du doch. Ich helfe dir wo ich kann und das wird auch so bleiben, wenn deine Familie wieder da ist."

Robert drückte sie leicht gegen sich und hielt sie fest in seinen Armen, als er merkte, dass sie ein wenig schwankte.

„Setz dich bitte mal hin, ich mache weiter", sagte er und drückte sie auf den Stuhl. Er holte eine Flasche Apfelsaft und drückte sie ihr in die Hand.

„Trink, mein Schatz und schau , dass du wieder auf die Reihe kommst. Ruhe dich mal ein wenig aus."

Dann nahm er sich die Schüssel und fing an die Stachelbeeren abzupflücken. Marlies schaute zu, wie sie sich schnell füllte. Ab und zu fluchte er unterdrückt, als er sich an den Stacheln pikste, denn die Benutzung von Handschuhen hatte er empört abgelehnt. Er war doch schließlich kein Weichei. Marlies konnte ein leichtes Grinsen nicht unterdrücken, hatte sie doch bereits die selben Erfahrungen gemacht. Und das war nur der erste Strauch.

Aber Robert war nicht nur hartnäckig, nein, er war stur. Auch als er schon aus mehreren Stichwunden blutete, verweigerte er hartnäckig die ihm angebotenen Handschuhe.

Nach gut einer Stunde machte er eine Pause und Marlies schaute nach seinen Händen.

„Männer!", war ihr Kommentar.

Werner nahm ihr Kinn und hob es leicht an.

„Frauen!", konterte er. „Ihr müsst einfach alles besser wissen. Aber du hast Recht, mein Engel, Handschuhe wären schon gut gewesen, aber da habe ich einfach kein Gefühl, was ich mache."

„Dass du auch immer so stur sein musst", maulte sie. „Was hast du denn davon?"

„Wenn ich nicht so stur gewesen wäre, dann wäre ich jetzt nicht mehr hier. Dann hätte ich mir gedacht, eine hübsche Frau, aber nix für dich. Sie ist verheiratet, vermutlich glücklich, also fahre und vergiss sie. Aber irgendetwas hat mich daran gehindert, so sang- und klanglos zu verschwinden. So wie du vor mir gestanden bist, verstaubt und leicht verschmutzt, hast du ein Bild zum Verlieben abgegeben. Und ich habe mich verliebt. Einfach so und auf der Stelle. Und als wir von der Schlachtersäge zurückgekommen sind, da habe ich krampfhaft nach einer Möglichkeit gesucht, wie ich bei dir, oder wenigstens in deiner Nähe bleiben konnte."

„Und ich habe mir überlegt, wie ich dich auf dem Hof halten könnte. Und als du nach einem Zimmer gefragt hast, da musste ich dich einfach überreden, bei mir zu bleiben. Ich habe dich angelogen, als ich gesagt habe, dass alles in den Gasthöfen belegt wäre, aber ich musste dich ja irgendwie hier behalten. Bist du mir böse deswegen, Rob?"

„Warum soll ich dir böse sein, Marli? Nur weil du so schnell reagiert hast, bin ich geblieben und etwas Besseres hätte mir gar nicht passieren können. Ich habe mich in dich verliebt und ich bin es mehr als als ich mir hätte erträumen lassen."

Er nahm Marlies in seine Arme und sie küssten sich zärtlich und ausgiebig.

*

„Ähem, hmmh, entschuldigt bitte wenn ich euch störe."

Beate stand hinter ihnen und räusperte sich verlegen.

Robert und Marlies erschraken, lösten sich aber nicht voneinander.

„Keine Panik, ich bin´s nur. Ich verpetze euch schon nicht, im Gegenteil, ich freue mich für euch. Dir Robert, gönne ich Marlies von ganzem Herzen und dir, meine beste Freundin, hätte gar nichts Besseres passieren können. Aber passt auf, was ihr macht, denn die Familie kommt nachher. Verratet euch nicht. Ich weiß nicht, was der Bernauer mit deinem Alten gesprochen hat, aber seine Frau hat mir natürlich brühwarm erzählt, dass die beiden gestern lange telefoniert haben. Seid bloß vorsichtig, dass ihr nicht auffliegt."

„Danke für deine Warnung, Beate. Wir werden uns in Acht nehmen, damit die anderen nicht argwöhnisch werden", meinte Marlies.

Beate trank noch eine Tasse Kaffee mit ihnen, dann nahm sie noch Eier und Milch für den Eigenbedarf mit und verabschiedete sich.

Der Nachmittag zog sich zäh dahin. Marlies und Robert arbeiteten noch im Obst- und Gemüsegarten, pflückten Bohnen für das morgige Mittagessen, sowie einige Tomaten und zwei große Zucchini. Noch ein paar Gurken für den Salat und einige Zwetschgen für einen Datschi.

*

Die Familie

Ein Auto kam den Weg entlang auf den Hof zu.

„Jetzt ist es soweit, sie sind da. Schatz, ich habe Angst."

„Das musst du nicht, Liebste, wir werden das Kind schon schaukeln", versuchte Robert etwas Optimismus zu verbreiten. „Geh hin und begrüße sie und ich warte hier auf euch."

Aber auch Robert versuchte sich zu sammeln, während er sich wieder setzte. Er hörte das Auto bremsen, Türen schlagen und Stimmen durcheinander sprechen. Schritte näherten sich und Marlies ging vorneweg.

Dahinter kam ihr Mann Werner. Er war fast 1,90m groß, hatte schütteres hellblondes Haar und war ein wenig übergewichtig.

`Zuviel Zeit an der Druckmaschine und zu wenig auf dem Hof´, dachte sich Robert. Da lagen die Prioritäten eindeutig falsch.

Dann folgten die Kinder, Vera und André, wie er erfahren hatte. Aber das waren keine Kinder. Sie waren erwachsen.

André war etwa 23 Jahre alt, größer als sein Vater und schlank. Er studierte in Heidelberg `Angewandte Informatik und Ökonomie´. Robert musste innerlich grinsen, als er daran dachte, dass ein Landwirt in Bayern auch Ökonom genannt wurde, aber damit hatte Junior nichts im Sinn. Er warf einen kurzen Blick auf André´s Hände. Schlank und feingliedrig, Pianistenhände also. Wann hatte der wohl zum letzten Mal eine Schaufel oder Säge in der Hand gehabt?

Vera war auch hoch aufgeschossen, schlank und gut gebaut. Sie war etwa zwei Jahre älter als ihr Bruder und ziemlich attraktiv. Sie kam ganz nach ihrer Mutter, genau so hübsch und sexy. Sie hatte aber trotz ihrer Jugend schon einen resignierten Zug um die Mundwinkel und schaute etwas verdrossen drein.

Marlies sagte, dass ein Feriengast seit ein paar Tagen auf dem Hof war, der die alten Sägen und Mühlen in der Umgebung für einen Kalender fotografieren wollte und für einige Zeit ein Gästezimmer gemietet hatte.

Werner stutzte, runzelte die Stirn und überlegte angestrengt.

„Er heißt Ro . . . .", wollte sie fortfahren.

„Ich kenne ihn", stieß Werner mit großen Augen hervor. Und als seine Kinder ihn erstaunt ansahen, fuhr er fort. „Nicht persönlich, aber ich weiß, wer er ist. Robert Wegener, der Skandalreporter!"

Robert schüttelte den Kopf.

„Das stimmt nicht ganz. Die Skandale machen andere, ich decke sie nur auf und mache sie öffentlich."

„Ihretwegen mussten unser Landwirtschaftsminister und der Bauernpräsident den Hut nehmen," sagte Werner mit nicht zu überhörendem Missfallen in der Stimme und deutete vorwurfsvoll auf Robert.

„Das stimmt", gab Robert zu. „Dabei haben sie noch Glück gehabt, dass sie in Deutschland leben. Das Gericht hat sie nur zu einer Gefängnisstrafe auf Bewährung und einer saftigen Geldstrafe verdonnert. In China wären sie für die gleichen Vergehen, also Korruption, Bestechlichkeit im Amt sowie Vorteilnahme, hingerichtet worden. Sollten sie denn frei ausgehen? Jeder kleine Bürger muss für sein Fehlverhalten geradestehen, warum dann nicht auch die Mächtigen?"

Er warf einen Blick zu Marlies, die ein süffisantes Lächeln zur Schau trug.

`Oha`, dachte sie, `das kann ja noch lustig werden.`

Robert wechselte das Thema.

„Der Kaffee ist fertig, Frau Gerspach, ich hole ihn und bringe den Kuchen gleich mit."

„Ist in Ordnung, aber wir waren doch schon bei Robert und Marlies angekommen. Oder? Nach dem, was du mir in der Woche geholfen hast, ist das nur recht und billig."

„Ich habe schon vom Bernauer erfahren, dass Sie meiner Frau ordentlich zur Hand gegangen sind, vielen Dank dafür. Wie mir ein kurzer Blick gezeigt hat, habt ihr sehr viel erledigt. War ungewöhnlich, nicht wahr?", fragte Werner.

„Das schon, aber ich habe schon öfters Urlaub auf dem Bauernhof gemacht und gewußt, was auf mich zukommt. Als ich gesehen habe, was ihre Frau jeden Tag zu erledigen hatte, war es klar, dass ich ihr meine Hilfe angeboten habe. Das ist schon was anderes, als jeden Tag nur mit Kameras herum zu laufen. Es hat mir richtig gut getan und da ich Urlaub habe und nur nebenbei Fotos mache, war es schon eine Abwechslung. Und Marlies hat mir die Mühlen und Sägen gezeigt, da mein Wagen kein Navi hat und ich mich in der Gegend nicht auskenne. Am ersten Tag bin ich wie ein Blinder in der Landschaft herum geirrt."

Marlies schaute ihn mit stiller Bewunderung an. Robert verstand es, Situationen zu seinen Gunsten zu drehen und dem Ganzen die Schärfe zu nehmen.

Robert ging in die Küche, um den Kaffee zu holen. Marlies eilte ihm nach, stellte Teller und Tassen zurecht. Sie griff sich Roberts Hand und drückte sie.

„Danke, Liebling", flüsterte sie ihm zu.

Robert zwinkerte ihr zu.

„Wird schon werden, Spatzl, ich bin ja noch da. So schnell wird er mich nicht los."

Marlies kicherte leise, dann nahmen sie Geschirr, Kaffee und Kuchen und gingen wieder auf die Terrasse.

Eine entspannte Unterhaltung baute sich auf, nachdem Robert noch einige Missverständnisse aus dem Weg geräumt hatte und einige lustige Anekdoten von seinen Reisen erzählt hatte.

Robert fragte Werner, ob er ihm sehenswerte Sägen und Mühlen nennen konnte.

„Hm, da wäre die Albtalmühle und das Sägewerk Ebner in Görwihl, in St. Märgen die Danielhofmühle und die Öhlermühle in Titisee-Neustadt. Die kann ich ihnen nur empfehlen. Die sind teilweise noch in Betrieb und es werden auch Führungen gemacht."

„Schön, da werde ich mal vorbeischauen", sagte Robert und zögerte kurz. „Hätten sie vielleicht eine Karte von der Gegend, damit ich nicht wieder so herum irre, denn ein Navi habe ich in meinem alten Ford natürlich nicht."

Werner überlegte kurz.

„Damit kann ich leider nicht dienen, aber wenn sie meiner Frau weiterhin vormittags auf dem Hof helfen, dann ist es nur recht und billig, wenn sie nachmittags mit ihnen zum Fotografieren fährt und ihnen zeigt wo die besten Motive zu finden sind. Oder was meinst du, Frau?"

´Ach du lieber Himmel`, dachte sich Robert. `Wie redet denn der mit seiner „geliebten" Ehefrau? Noch unpersönlicher ging es ja nicht. Und die Arbeit, die eigentlich er machen müsste, ist dann auch erledigt.`

Er warf einen schnellen Seitenblick zu Marlies, die recht unbeteiligt dreinschaute, ihm kurz den Kopf zudrehte und schnell mit dem linken Auge ihm zuzwinkerte.

`Schatz, pass auf`, schoß es ihm durch den Kopf, `dein Mann und deine Kinder sitzen mit am Tisch! Nicht dass die etwas mitbekommen.`

„Das mache ich", erklärte Marlies, „und wir sind rechtzeitig zum Melken zurück. Du bist ja am Montag wieder beim Arbeiten, Vera auch und André ist sowieso nicht da. Das kriegen wir schon hin."

„So, dann ist ja alles geregelt", meinte Werner und lehnte sich zufrieden in seinen Stuhl zurück.

`Du treibst deine Frau regelrecht in meine Arme´, dachte sich Robert und sah an Marlies Grinsen, dass sie scheinbar den selben Gedankengang hatte.

*

André war von seinem Kommilitonen abgeholt worden und auf dem Weg nach Heidelberg.

Marlies wollte das Abendessen zubereiten und Robert ging zur Weide, um die Kühe zu holen.

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