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Eigentlich wollte sie nur . . .

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Am Abend wurde auf dem Hof gegrillt und es kamen auch einige Nachbarn vorbei. Sie betrachteten Robert sehr neugierig und er musste eine Menge Fragen beantworten. Es hatte sich herum gesprochen, wer er war und was er alles auf dem Hof machte. Er erklärte, es wäre eine interessante Abwechslung zu seiner normalen Arbeit und vielleicht würde er einmal einen Artikel über das Leben auf dem Land schreiben und über das beschwerliche Leben der Landwirte.

Es war ein angenehmer Abend mit guten Gesprächen und noch besserem Essen. Marlies und Vera hatten sich selbst übertroffen.

*

Der Donnerstag begann mit kleinen Augen und leichtem Schädelbrummen. Eine der zwei Flaschen Wein, die er zum Essen geleert hatte, musste wohl schlecht gewesen sein.

Marlies lachte als sie ihn sah und legte ihm einen eiskalten Waschlappen auf die Stirn.

„Das wird schon wieder, Schatz", meinte sie mitfühlend, „das kommt davon, wenn man über die Stränge schlägt."

Er schaute sie strafend an, war aber zu schlapp und faul um aufzustehen und ihr den Hintern ob ihrer losen Sprüche zu klopfen. Als ob sie gewusst hätte, was er tun wollte und dann bleiben ließ, streckte sie ihm frech die Zunge heraus, um ihn dann liebevoll zu umarmen und zu trösten.

Robert blieb friedlich und genoss ihre kleinen Zärtlichkeiten.

„Ich hole nachher die Ballen, wenn du die Tiere versorgst, Schatz", meinte sie lächelnd.

„Oh ja", ächzte Robert. „Lieber das Muhen der Kühe, als den Lärm auf dem Trecker. Mir platzt dann der Schädel bei dem Gebrumme."

*

Der Schock

Und so geschah es.

Nach dem Frühstück holte Marlies die Ballen, stapelte sie in der Scheune bei den anderen und Robert kümmerte sich um die Tiere. Langsam ging es ihm wieder besser. Die Bewegung und die frische Luft taten das ihre dazu.

Dann holte er die geleerten Milchkannen von der Landstraße, spritzte sie aus uns stellte sie kopfüber zum Trocknen auf die beiden Stangen.

Marlies winkte ihm aufgeregt vom Küchenfenster aus zu. Robert ging in die Küche und sie sagte aufgeregt zu ihm: "Sch . . ., ääh, Robert, schau mal bitte in dein Zimmer. Ich glaube dein Telefon ist ständig am klingeln." Beinahe hätte sie Schatz zu ihm gesagt und nur der Umstand, dass Werner noch am Frühstückstisch saß, verhinderte diesen Fauxpas.

Er ging nach oben und holte sein Telefon aus der Nachttischschublade. Jetzt im Urlaub hatte er sich angewöhnt, dieses Ding nicht einzustecken. Wozu auch? Er hatte frei und wollte diese Freiheit auch genießen.

Auf dem kleinen Display stand: "Sie haben 9 neue Nachrichten" und "nicht angenommene Anrufe 9".

Himmel, was konnte so wichtig sein, dass man ihn in seinem Urlaub störte?

Er blätterte die Liste durch und es war immer die gleiche Nummer. Und diese Nummer kannte er.

Hamburg! Das politische Magazin, für das er schon einige brisante Berichte und Reportagen verfasst hatte.

Der Nummer nach kamen die Anrufe aus der Chefetage, oder zumindest von jemandem, der ziemlich weit oben saß.

Er ging auf den Balkon und wählte die Nummer. Es wurde sofort abgehoben und der Chefredakteur meldete sich.

"Gott sei Dank, Robert, dass ich dich endlich erwische. Du musst sofort zu uns kommen. Es ist wichtig."

"Was kann so wichtig sein, Klaus, dass man mich aus dem Urlaub holen will? Da musst du schon genauer werden."

"Nicht am Telefon. Alles was ich dir sagen kann, ist Mumbai und Palanpur. Kapiert?"

Robert wurde blass. Seine Vergangenheit hatte ihn eingeholt. Damit hatte er eigentlich abgeschlossen und wollte auch nichts mehr davon wissen. Die Sache damals hatte ihm ein Jahr lang Albträume und böse Nächte beschert. Er verkrampfte sich und atmete tief durch.

"Klaus, ich kann jetzt hier nicht weg. Nicht vor Sonntag. Diesmal geht es um meine Zukunft. Ich muss noch einiges regeln, bevor ich kommen kann. Reicht es am Montag? Komm schon, gib mir noch einen kleinen Hinweis, um was es genau geht."

"Robert, zwei deiner Kollegen sind abgängig. Sie wollten in der Sache von damals weiter ermitteln."

Scheiße, Scheiße, verdammter Mist.

„Okay, Klaus, ich bin am Montag bei euch. Richte mir ein Zimmer her. Lange werde ich aber nicht bleiben, also keine große Stadtrundfahrt, bitte. Und dann brauche ich alles, was ihr in dieser Sache habt. Fotos, Berichte, Interviews, alles. Ich muss es mir genau durchsehen."

"Da gibt es nicht so viel, Robert. Sie hatten ja erst angefangen und ich weiß auch nicht um was es genau ging."

"Lass gut sein Klaus. Ich bin am Montag im Laufe des Vormittags bei euch. Komme mit der Bahn. Zuerst muss ich nach Hause. Ich habe noch etwas zu regeln. Bis dann, Servus."

Robert legte auf. Es war so weit. Wahrscheinlich hatte die Sache von damals wieder zwei Menschen das Leben gekostet.

Wie sollte er das Marlies beibringen. Er liebte sie und wollte doch nicht weg!

Aber alles sprach dagegen, dass er blieb. Werner, Hamburg, Palanpur. Drei Dinge, die ihm schwer wie Mühlsteine im Magen lagen.

Er ging wieder nach unten. Marlies schaute ihn an, aber Robert schüttelte den Kopf.

ˋSpäter´, sagte unhörbar nur mit den Lippen und deutete mit einer kleinen Kopfbewegung auf Werner, der noch in seine Morgenzeitung vertieft war. Die hatte er ja heute Nacht noch selber gedruckt.

Marlies nickte ihm zu und Robert ging auf die Terrasse, wo er sich auf die Bank an der Hauswand setzte. In seinem Kopf ging es zu wie in einem Bienenschwarm und er hatte Mühe, seine wirren Gedanken zu ordnen.

Die Sonne schien ihm ins Gesicht. Er schloß die Augen und lehnte seinen Kopf an die Hauswand um nachzudenken.

Er hatte ein schlechtes Gewissen, wenn er an Marlies dachte. Er hatte ihr ein wenig helfen können, aber wenn er jetzt wegfuhr, dann blieb wieder alles an ihr hängen.

Das konnte auf die Dauer einfach nicht gut gehen. Irgendwann würde es zwischen ihr und Werner den großen Knall geben und dann wäre er nicht da, um ihr beizustehen.

Er seufzte, weil er trotz der ganzen Grübelei auf keinen grünen Zweig kam. Die ganze verdammte Situation war ein Dilemma.

*

Aussprache und Abschied

Nach dem Mittagessen fuhren Vera und Werner zur Arbeit und Robert half Marlies noch bei der Hausarbeit. Beide waren recht schweigsam. Robert wegen des Anrufes und Marlies war verunsichert, weil sie nicht wusste, was genau los war.

Als alles erledigt war, nahm sie ihn an der Hand.

"Gehen wir mal eine Runde uns Haus, Rob. Irgendwie fällt mir die Decke auf den Kopf."

Sie gingen auf den Waldrand zu, Robert setzte sich auf einen Baumstamm und zog Marlies zwischen seinen Beine.

"Was ist los, Schatz?" fragte sie ihn besorgt und fürchtete sich vor seiner Antwort.

Sie sah, wie plötzlich zwei Tränen über seine Wangen liefen und ihr wurde so richtig bang.

"Ich muss weg, Spatzl, ich muss weg und will es überhaupt nicht!", stieß er hervor. "Zwei Kollegen, die in einer alten Sache von mir recherchiert haben, sind scheinbar verschwunden. Verdammt und ich habe gedacht, ich hätte alles hinter mir."

"Bis wann musst du fahren?"

"Ich muss am Samstag Vormittag nach München und Sonntag in der Nacht fahre ich nach Hamburg. Was danach kommt, ich weiß es nicht."

Er stand auf und Marlies klammerte sich an ihn. Sie begann leise zu weinen.

"Ich will nicht dass du gehst, Robert. Nicht du! Ich will nicht wieder alleine sein, denn ohne dich bin ich alleine. Und es geht mir wirklich nicht um die Arbeit auf dem Hof."

"Das weiß ich doch, mein Schatz, aber was sollen wir machen? Wir sind doch zwei erwachsene Menschen. Wir haben noch knapp zwei Tage Zeit, also nutzen wir sie. Fotografieren tu ich nur noch dich, keine baufälligen Gebäude mehr. Und glaube mir, am Sonntag brauchen wir den ganzen Tag um uns zu regenerieren, so fertig werden wir sein. Das ist ein Versprechen. Ich werde dir zeigen, wie sehr ich dich liebe. Zumindest so lange, bis wir uns wiedersehen. Und wann das ist, das weiß ich noch nicht."

Und so machten sie es auch.

Sie hingen ständig aneinander, machten alles gemeinsam. Die Arbeit mit den Tieren, das Kochen, sogar beim Putzen und Staubwischen waren sie nicht zu trennen.

Ob es Werner auffiel war ihnen egal, zumindest sagte er nichts und machte auch keine entsprechende Bemerkung.

Vera schaute sie ab und zu etwas komisch an, enthielt sich aber jeder Äußerung.

Marlies gab sich auch keine besondere Mühe leise zu sein, wenn sie zu Robert ins Zimmer ging. Sie hatten jede Heimlichkeit aufgegeben, als ob es sie nicht mehr kümmern würde, was noch kommen konnte.

Und sie liebten sich, als wäre es das letzte mal, dass sie es machen konnten.

*

Am Samstagmorgen nach dem Frühstück packte Robert seine Sachen in den Ford. Marlies sass mit verheulten Augen am Tisch und schien wie gelähmt.

Robert verabschiedete sich von Vera, die ihm herzlich die Hand drückte und einen kleinen Kuss auf die Wange gab.

"Komm bald wieder, du wirst uns fehlen", flüsterte sie zu Roberts Verwunderung.

Werner gab ihm auch die Hand, sagte aber nichts. Irgendwie schien er erleichtert zu sein, dass Robert fuhr.

Marlies ging mit ihm vor die Tür, fiel ihm um den Hals und klammerte sich an ihn. Sie heulte und war gar nicht mehr zu beruhigen. Vera zog sie von Robert weg und hielt sie fest als er losfuhr. Im Rückspiegel sah er wie sie sich auf die Bank setzte, den Kopf in ihren Händen vergrub und weinte.

Das war das letzte, was er von ihr sah und was ihm in Erinnerung blieb.

Auf der Fahrt nach München musste er zweimal anhalten, weil er vor lauter Tränen die Straße nicht mehr sehen konnte.

Er tankte in Bregenz und trank zwei Kaffee, damit er sich wach hielt.

Zuhause angekommen, stellte er sein Gepäck in eine Ecke, zog sich aus und duschte. Vielleicht half ihm ja das. Er besorgte sich über das Internet eine Fahrkarte für den Sonntagabend und druckte sie aus. Dann legte er sich auf sein Bett und war im Handumdrehen eingeschlafen.

Am Sonntagmittag packte er einen kleinen Koffer, fuhr mit der U-Bahn zum Hauptbahnhof und stieg in den ICE.

*

Robert fuhr nach Hamburg in die Redaktion.

Der Chefredakteur bat ihn in sein Büro und schloß die Tür hinter ihnen.

„Also, was ist genau passiert?", wollte Robert wissen.

„Köster und Wellmann sind tot, das nehmen wir zumindest an. Sie sind vor fünf Wochen nach Palanpur aufgebrochen und nicht wieder in ihr Hotelzimmer zurück gekehrt. Und seitdem haben wir nichts mehr von ihnen gehört. Die Nachforschungen der indischen Polizei haben bisher auch kein Resultat gebracht. Als wären sie niemals dort gewesen."

Als Robert das Wort „Palanpur" hörte, lief es ihm kalt den Rücken herunter und böse Erinnerungen kamen in ihm auf.

„Nichts mehr von ihnen gehört?"

„Nein, sie sind spurlos verschwunden und kein Mensch hat sie seitdem gesehen. Sie wollten deine Recherchen wieder aufnehmen und jetzt das."

„Warum wollten sie das, Klaus? Es hat Gründe gegeben, dass ich damals die Sache abgebrochen habe und gegangen bin. In diesem Land gibt es Strukturen, die kannst du mit der normalen Herangehensweise nicht bekämpfen. Die Macht liegt in den Händen von wenigen und die wissen sie gut zu benützen."

Robert setzte sich in einen Sessel und dann dachte er nach. Lange und gründlich.

Dann verpflichtete er den Chefredakteur zu absolutem Stillschweigen und legte ihm dar, was er vorhatte. Er sagte ihm aber nur, dass er die beiden suchen wollte und deswegen einigen Nachforschungen vor Ort durchführen würde. Niemand sollte davon erfahren, da es auch für ihn ein gewisses Risiko bedeutete.

Er fuhr nach München zurück und begann mit seinen Vorbereitungen.

Er verkaufte den Ford an einen Auto-Liebhaber, der schon lange auf das Coupé scharf war und legte sich einen gebrauchten Landrover zu. Mit einem Freund baute er sich einen zweiten Tank und zwei Geheimfächer ein, die ganz besondere Sachen aufnehmen sollten.

Er gab seine Möbel an ein Secondhand-Kaufhaus ab, löste seine Konten und Guthaben auf und kündigte seine Wohnung. Das Geld verschwand in dem einen Geheimfach.

Er machte bei einem befreundeten Notar sein Testament und setzte Marlies Gerspach als Begünstigte ein.

Dann sagte er seinem Agenten, dass er in nächster Zeit keine Aufträge annehmen könnte, da er einen längeren Urlaub antreten würde.

Er setzte sich mit seinen Freunden aus Hongkong und Pakistan in Verbindung und orderte einige Dinge, die er brauchen würde. Er bezahlte einen Spottpreis dafür, nachdem er ihnen gesagt hatte, was er vorhatte. Er würde die Sachen in Lahore bei Radjar Singh abholen können.

*

Aufräumarbeiten

Robert fuhr mit dem Landrover nach Genua und schiffte sich auf einem kleineren Frachter nach Karachi ein. Dank seiner Freunde hatte er alle benötigten Papiere dabei und würde reibungslos in Pakistan einreisen können.

Während der Passage, die zwei Monate dauerte, da sie die Küsten entlang von Hafen zu Hafen schipperten, lies er sich einen Bart wachsen, der zu seinem Bild im neuen Ausweis passte. Ein neuer Name, eine neue Vita und eine Aufbesserung seiner Kenntnisse der zwei Hauptsprachen des Landes (Urdu, das er ziemlich flüssig sprach und Dari, das er nun intensiv büffelte) würde die Sache noch erleichtern. Und mit seiner dritten Sprache, dem Hindi, würde er auch durch Pakistan und Indien kommen.

Über Karachi, Sukkur und Multan erreichte er schließlich Lahore.

Sie trafen sich in Johar Town in einer verschwiegenen Ecke des Avocade Dhelo Parks und Radjar Singh übergab ihm zwei größere Pakete. Robert und Radjar fuhren in ein verlassenes Lagerhaus nach Nawashaher, wo Robert den Inhalt überprüfte.

Ein Scharfschützengewehr SIG SG 550 Kaliber 5,56 mm mit einer Steiner M7Xi Zieloptik und einer Nachtzieloptik von Pulsar, war genau das, was ihm gute Dienste leisten würde. Eine größere Menge Hochgeschwindigkeitsmunition würde eine Zeitlang reichen.

Ein kleineres Päckchen enthielt eine Glock 19, Kaliber 9mm mit Schalldämpfer zum Aufschrauben und ein passendes Gürtelhalfter. Nicht immer konnte er das Gewehr benutzen, gerade in geschlossenen Räumen war es sehr unhandlich.

Er gab Radjar 1.500 € in pakistanischen Rupien für das Risiko, das dieser auf sich genommen hatte. Radjar freute sich ungemein und versprach Robert seine Hilfe in allen notwendigen Angelegenheiten.

Waffen und Munition verschwanden in den beiden Geheimfächern, dann verabschiedete sich Robert von Radjar Singh und machte sich auf den Weg nach Afghanistan. Er hatte seinen Freunden versprochen, einige Dinge zu regeln, die deren Sicherheit massiv bedrohten und die kamen hauptsächlich aus Afghanistan und Tibet.

Über Peshawar und Dschalalabad schlich er sich in die Berge, kleidete sich wie ein Einheimischer und versteckte den Geländewagen in den Schluchten des Nuristan Forest Reserve.

Dann verschwand er für mehrere Monate vom Erdboden.

Die Jagd hatte begonnen.

*

Beunruhigende Berichte machten die Runde, dass mehrere Provinzgouverneure, die auf den Lohnlisten der Taliban standen, erschossen wurden oder spurlos verschwunden waren. Auch mehrere Kommandeure und Ausbilder der Selbstmordattentäter der IS-Truppen machten sich auf den Weg, um vorzeitig die 72 Jungfrauen zu besuchen.

Bald darauf geschah ähnliches in Tibet, ohne dass der Attentäter dingfest gemacht werden konnte. Einige Regionalgouverneure, die schon vorher als höhere Staatsbeamte ihr Unwesen in Hongkong getrieben hatten und darauf hin ihre gut dotierten Posten sich auch durch Kinderprostitution „verdient" hatten, waren wahrscheinlich von einheimischen Terroristen entführt und getötet worden. Gerade diese Beamten waren es auch gewesen, die einige Führungspersönlichkeiten der Hongkonger Opposition unter dem Deckmantel der Rechtsstaatlichkeit hatten verschwinden lassen. Unter der Beamtenschaft der Besatzungsmacht brach eine regelrechte Panik aus. Das chinesische Militär veranstaltete eine Menschenjagd, konnte aber kein Ergebnis erzielen.

Dann kehrte wieder Ruhe ein.

*

Rache und Vergeltung

Indien ( Jodhpur ), ein Jahr später.

Der Raja von Palanpur lies sich wie jeden Abend von seinem Fahrer Dalip Sharma vom Büro aus nach Hause fahren. Er blätterte ein paar Unterlagen durch und schüttelte missmutig den Kopf. Die Geschäfte gingen nicht sehr gut.

Seit vor einigen Jahren dieser verdammte Journalist Wegener angefangen hatte, in seinen ureigensten Angelegenheiten herum zu schnüffeln, war viel schief gelaufen. Streiks und Unruhen unter seiner unzufriedenen Dienerschaft hielten seine Wachleute ständig auf Trab, es gab Probleme den laufenden Bedarf an Kindernutten für reiche Ausländer, vor allem Japaner und Chinesen zu decken und er war nur knapp und unter Zahlung erheblicher Summen dem Gefängnis entkommen.

Layana, die Tochter von Devran Bhat, einem seiner engsten Vertrauten, hatte Wegener Informationen geliefert und ihren Vater angestiftet ihn zu hintergehen.

Seine Rache war fürchterlich gewesen. Er lies Layana kurz vor ihrer Hochzeit entführen, zu sich bringen und vergewaltigte sie mehrmals, bis er sie schließlich bei dem letzten Akt erdrosselte. Dann warf er sie ihren Eltern vor die Tür und als die herbeistürzten, hetzte er seine Bluthunde auf die beiden und schaute zu, wie sie ihr grausiges Werk verrichten. Die furchtbar zugerichteten Leichen ließ er von seinen Leibwächtern verschwinden.

Zwei weitere deutsche Reporter mussten ihr Leben lassen, da der Raja sie vorsorglich ermorden lies, als sie sein Gebiet betraten, um Wegeners Nachforschungen weiter zu führen. All das wäre fast unentdeckt geblieben, aber einer der Killer verplapperte sich im Rausch und ab da waren dann üble Gerüchte im Umlauf.

Geschäftspartner, gerade aus Fernost, mieden seine Gesellschaft, Verträge wurden nicht verlängert und seine finanziellen Schwierigkeiten nahmen zu.

Und dann gab es diese mysteriösen Vorfälle. Einige seiner besten Mädchenjäger und Fänger verschwanden spurlos, mehrere Zuhälter und Bordellbesitzer wurden plötzlich nicht mehr gesehen und Polizeibeamte, die von ihm abhängig waren, ließen sich aus fadenscheinigen Gründen versetzen.

Sein Unterstützer aus höchsten Polizeikreisen, der Polizeichef von Jodhpur wurde auf offener Straße erschossen, danach erwischte es den Amtsinhaber von Beawar.

Missmutig feuerte er die Unterlagen auf die Sitzbank.

Wenigstens würde er heute einen schönen Abend haben. Wie alle gläubigen Hindus aß er kein Fleisch, sondern er war strenger Vegetarier. Er mochte Gemüse, vor allem sehr junges Gemüse. Bei dem Gedanken, dass junges Gemüse und Fleisch in einer Bedeutung gar kein Widerspruch waren, fing er an zu kichern.

Plötzlich wurde er nach vorne in den Gurt geschleudert, als sein Fahrer mit voller Wucht abbremste.

„Was ist los?" wollte der Raja wissen.

„Herr, es liegt ein großer Baum über der Straße und ich konnte gerade noch anhalten."

„Gefahr!", durchfuhr es Ravindra, denn das war alles zu offensichtlich.

Als er die Verriegelung an der Türe herunter drücken wollte, wurde diese aufgerissen und ein kalter Pistolenlauf presste sich an seine Schläfe.

„Na, na, na, wir wollen doch keine Dummheiten machen, Hoheit, oder?" erklang eine spöttische Stimme in akzentfreiem Urdu. Eine Gestalt in einer dunklen Maske beugte sich zu ihm.

Dann wurde die Stimme plötzlich beißend und scharf.

„Raus mit dir, du Sack, aber ein bisschen plötzlich."

Ein paar unsanfte Stöße mit dem Pistolenlauf machten ihm Beine. Und dieser Pistolenlauf sah merkwürdig aus. Lang und vorne verdickt, ein Schalldämpfer. Das war ein Profi, aber wer waren seine Auftraggeber? Ein heftiger Schlag mit dem Pistolenlauf gegen seine Stirn lies den Raja von Palanpur sofort das Bewusstsein und den festen Stand verlieren. Er fiel zu Boden und blieb reglos liegen.

Die vermummte Gestalt wandte sich an den Fahrer, der zitternd hinter dem Steuer saß.

„Keine Sorge, mein Freund", meinte der Vermummte urplötzlich in Hindi, als wüsste er, dass Dalip so gut wie kein Urdu sprach oder verstand.

„Dir wird nichts geschehen. Du weisst, was dir passiert, wenn du hier bleibst? Gut, dann fahre nach Hause, wechsele das Auto, nimm deine Familie und mach dass du nach Pakistan kommst. Suche dir ein Fahrzeug aus dem Fuhrpark heraus. Keinen Benz, eher ein Tata Nano, mit dem du nicht auffällst. Fahre nach Sri Ganganagar und triff dich dort mit Radjar Singh im Gauri Shankar Tempel. Du erkennst ihn an der dunkelblauen Schärpe, die nur er dort trägt. Er wird dir ein paar Fragen stellen und dich und deine Familie dann sicher über die Grenze nach Pakistan begleiten. Ab da seid ihr auf euch gestellt, aber das Geld müsste für einen Neuanfang reichen. Viel Glück!"

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