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Homo Superior 09: Der Kommissar II

Geschichte Info
Was? Ich habe noch eine Schwester?
11.4k Wörter
4.69
7k
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Geschichte hat keine Tags

Teil 8 der 11 teiligen Serie

Aktualisiert 06/10/2023
Erstellt 07/15/2021
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9 Die Schwester des Kommissars

Ein paar wichtige Worte vorneweg: In dieser Geschichte gibt es keine Sexszenen. Die Ursache dafür ist, dass ich mich hier mit einem heiklen Thema beschäftige. Mein Betaleser meinte, es wäre "Starker Tobak".

Insofern ist eine Bemerkung hier noch wichtiger als bisher: ALLE an sexuellen Handlungen Beteiligten oder dabei Anwesenden sind volljährig.

Aus gegebenem Anlass: Copyright© 2021 Phiro Epsilon

Das Posten dieser Geschichte, auch auszugsweise, auf einer anderen Webplattform oder unter einem anderen Namen ist nicht gestattet.

Thomas

Ich hätte mir nie träumen lassen, dass es nach der Erkenntnis, dass ich zu einer kleinen Gruppe von Supermenschen gehörte, die alle meine Halbgeschwister waren, eine noch größere Überraschung geben könnte. Ich bin Kriminalhauptkommissar Thomas Weber, der bisher älteste Sohn von Pascal Thomsen, und das ist meine zweite Geschichte.

("Dun Dun")

Freitag, Resort Freiheit, Röbel

Ich stieg aus der Limousine aus, die auf den Namen Lisa hörte — wortwörtlich, denn man konnte mit ihr reden —, und füllte meine Lungen mit der würzigen Luft. Weniger als ein Tag war vergangen, seit ich diesen Duft zum ersten Mal gerochen hatte, und sch— "Upps!"

Ein Paar heiße Lippen war auf meinen gelandet und hatte meinen Gedankengang abrupt unterbrochen.

Wie es unter den Geschwistern üblich war, zu denen ich seit gestern gehörte, war dies beileibe keine flüchtige Aktion.

Thandi — ihre dunkle Haut machte sie leicht erkennbar — gab sich nie mit halben Sachen zufrieden. Und das war mir so was von recht. Vor allem, seit sie mir letzte Nacht absolut klar gemacht hatte — dreimal —, dass ich nicht schwul war.

"Nun mach mal halblang, kleine Schwester", beschwerte sich Matt. "Du schaffst es noch, dass unser großer Bruder hetero wird."

Ohne mich von Thandi zu trennen, griff ich nach ihm und zog ihn an mich. Ich riss meinen Mund von meiner Schwester los, murmelte: "Keine Chance!" und nahm seinen in Besitz.

Pascal hieb mir auf die Schulter. "Schön, dass du wieder da bist. Wir haben dich vermisst."

Irgendwann hatte ich meinen Mund wieder frei. "Aber ich war doch gerade mal fünf Stunden oder so weg."

Er grinste schief. "Das war das erste Mal, dass einer von uns sofort nach der ersten Nacht abgerauscht ist. Wir hatten alle das Gefühl, dass ein Teil von uns fehlte."

"Faszinierend."

Ruth kicherte. "Ist da gerade eine deiner Augenbrauen hochgegangen?"

Ich zuckte die Schultern. "Was soll ich machen, ich bin nun mal —"

"Ein Trekkie!", riefen sieben Stimmen auf einmal.

"Wir haben alle achthundert Folgen von zwölf Serien auf unserem Server", sagte Martha.

"Und alle vierzehn Kinofilme", warf Pascal ein.

"Oh!", sagte Samantha eifrig. "Es ist ewig her, dass ich das gesehen habe. Können wir —"

"Ich habe mir eine Woche freigenommen", gab ich bekannt. "Wir haben viel Zeit, uns alles anzuschauen."

"Wir brauchen einen größeren Fernseher", erklärte Matt, "und ein größeres Bett."

Letzteres konnte ich voll unterstützen.

"Wir haben mit dem Begrüßungs-Mittagessen gewartet", sagte Pascal. "Komm, du musst den Rest der Familie kennenlernen."

"Muss ich?"

Er lachte auf. "Nun komm schon. Es gibt Schlimmeres."

*

Es gab vor allem einiges zu sehen. Ich hatte im Laufe der letzten Nacht während der Pausen noch einige Puzzleteile bekommen, die das Bild weiter abrundeten. Also war ich nicht überrascht, dass mein Vater Pascal Thomsen an einer Seite des Tisches inmitten von gleich drei Frauen saß.

Eine davon war ganz seriös und proper gekleidet, also Ruths Mutter, Janitha Perlenbacher. Langärmelige Seidenbluse in hellrosa mit einem gleichfarbigen Schal und ein Rock, der knapp unter ihren Knien endete. Andererseits schien sie keinen BH darunter zu tragen, und meine Geschwister waren einhellig der Meinung, dass sie schon aus dem Grund keine Höschen mehr trug, weil Papa im Laufe der Zeit schon zu viele ruiniert hatte.

Daneben saß lächelnd eine Frau im Sommerkleid mit kurzen Ärmeln, das ihr Dekolletee sehr vorteilhaft zur Geltung brachte. Das Kleid endete knapp über ihren Knien, sie war also Pascals Mutter, Theresa Theißen.

Und da war noch Matts Mutter, Franziska Vogeler — in Kürze wieder Freymann —, die sich den Begriff "Schlampe" zu eigen gemacht hatte. Ihre ärmellose Bluse war mit einem Knoten unter ihren beachtlichen Brüsten gebunden, was ihren gesamten Bauch inklusive Nabelpiercing der anwesenden Weltöffentlichkeit präsentierte. Ihr sogenannter Rock begann unterhalb ihrer Hüftknochen und endete sofort wieder. So, wie sie mit überkreuzten Beinen saß, konnte man ihr nicht unter den Rock schauen, doch wenn sie aufstand, war das keine Frage. Ich konnte das Tribal auf ihrem Rücken, das sie sich vor kurzem hatte stechen lassen, von hier aus nicht sehen, doch Matt hatte es mir in aller Detailtreue geschildert.

Ich versuchte herauszufinden, wo meine Mutter in dieses Spektrum passen würde. Ihre öffentliche Person tendierte eher in Richtung Theresa Theißen, doch ich wusste, dass sie ziemlich wild werden konnte, wenn sie unter Freunden war.

Vor meiner Aufnahme in diese promiskuitive, libidinöse und inzestuöse Familie hatte die Tatsache, dass sie liebend gern mit mir flirtete, wenn sie etwas Alkohol intus hatte, mich nie vermuten lassen, dass daraus mehr werden würde. Ich sah gut aus, sie sah für ihr Alter sehr gut aus, und wir machten uns gegenseitig Komplimente. Doch Matt hatte mit seiner Mutter geschlafen und es hatte beiden Spaß gemacht —

Ich würde mich in einer stillen Stunde hinsetzen und mein Verhältnis zu meiner Mutter überdenken müssen. Ich konnte nicht riskieren, dass sie mich auf dem falschen Fuß erwischte. Gegen die Ausstrahlung, die wir Männer alle hatten, und deren Auswirkungen ich schon an Monika erlebt hatte, konnte ich wenig unternehmen.

Dieselbe Ausstrahlung, die den Mann schon seit mehr einem halben Jahrhundert antrieb, der strahlend und mit ausgebreiteten Armen auf mich zu kam. "Thomas Weber", rief er überschwänglich. "Mein Sohn, ich freue mich, dass du zu uns gefunden hast."

Und damit riss er mich in seine Umarmung. Ein normaler Mensch hätte wahrscheinlich mehrere Rippenbrüche davongetragen. Doch das war ich ja jetzt nicht mehr, ein "normaler Mensch".

"Hallo, Vater", sagte ich. Ich wusste noch nicht, ob ich mich freuen sollte. Vor sechsundzwanzig Jahren hatte er meine Mutter geschwängert und sich seitdem nicht mehr blicken lassen. Nicht der liebenswerteste Charakterzug, den man sich vorstellen konnte.

Er ließ mich los. "Ich kann dich gut verstehen", sagte er ernst, "und ich verspreche, mich zu bessern." Dann kam ein fast freches Grinsen. "Ich hätte mir schon früher einen Harem zulegen sollen. Wenn eine mich vergisst, dann können ihr die anderen auf die Sprünge helfen."

Was zu einem allgemeinen Gelächter, auch unter den Mitgliedern des "Harems" führte.

Als wir alle am Tisch saßen, meinte Pascal — der jüngere — unvermittelt: "Willst du uns von Thomas' Mutter erzählen?"

Er hatte mich schon darauf vorbereitet. Pascal Senior hatte Gedächtnislücken. Schon sehr seltsam, aber offensichtlich nicht simuliert, da er liebend gern aus seiner Vergangenheit erzählte.

Alle hatten gemeint, es wäre toll, jetzt einen Polizeikommissar zur Verfügung zu haben, der es gewohnt war, Lücken in Aussagen zu füllen. Also sollte ich mal sehen, was für Diskrepanzen ich zwischen Vaters Erinnerung und meiner aufdecken konnte.

"Ihr wolltet mich ja beim letzten Mal nicht von Sonja erzählen lassen", eröffnete Vater das Gespräch.

"O nein", widersprach Pascal. "Da ging es um deine Nachkriegsliebschaft Rosie. Sonja hast du selbst nur flüchtig erwähnt."

"Habe ich das? Na gut. Sonja war die zweite Freundin, die ich nach Tschernobyl hatte, aber noch bevor mir die Tragweite der Ereignisse bewusst wurde. Auf jeden Fall bestand ich darauf, dass wir 'es' nur mit Präservativen taten, mit 'Parisern', wie sie damals hießen.

Sonja war — äh — wild und experimentierfreudig, und es tat mir echt leid, als ich in ihre leeren Augen blickte und merkte, dass ich sie auch beeinflusst hatte, dass sie mich vergaß.

Ich schwor mir in dem Moment zu lernen, dass mir das nicht passierte, doch es war die eine Sache, die ich niemals beherrschte."

Hmmm. Das war sehr kurz gefasst. Aber er schien weitererzählen zu wollen.

"Bei mir", sagte Theresa Theißen, "hat es nicht funktioniert."

"Ja, Mutti", gab Pascal zurück. "Du bist etwas ganz Besonderes."

"Verarsch mich nicht, mein Sohn. Du bist noch nicht zu alt, um dich übers Knie zu legen."

Alle lachten. Nur Pascal blieb ernst. "Ernsthaft, Mutti. Dein Genom ist anders. Kann es sein, dass Oma —"

"Was?" Alle Augen richteten sich auf Pascal Senior.

"Wie ist denn der Name deiner Mutter?", fragte der.

"Lätitia Frommer."

"Äh —"

Alle stöhnten auf.

Pascal Junior nickte langsam. "Dachte ich mir's doch, Opa. Aber das ist eine andere Geschichte —"

"— und soll ein andermal erzählt werden", sagte die versammelte Mannschaft im Chor.

Der Senior lachte auf, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Er schien sich wirklich ernsthaft Mühe zu geben, sich zu erinnern.

Pascal Thomsen

Nach dem Zwischenspiel in Hamburg zog ich wieder in meine Heimat Berlin zurück. Ich fand schnell eine Anstellung im Stutti Frutti, eine Stripbar am Stuttgarter Platz. Ich freundete mich mit den Mädchen an, sorgte dafür, dass ihre Luden nicht über die Stränge schlugen, und hatte wieder mein Kontingent an kostenlosen Blowjobs.

Doch nach einiger Zeit hatte ich das dumme Gefühl, dass dort Leute ein und ausgingen, die ziemlich viel Dreck am Stecken hatten. Harte Drogen vor allem, die sie an die Straßenkinder vertickten.

Ich hatte eigentlich nichts gegen die Leute. Nur, wenn die Bullerei davon Wind bekam, wollte ich nicht unter die Räder geraten.

Außerdem hatte ich den Drang, mehr über mich zu erfahren. Es mag ja blöd sein, mit Neunzig noch etwas über Medizin lernen zu wollen, aber irgendwann stand ich morgens auf und ging an die Uni.

Nicht an die Freie, sondern ich spazierte rüber in den Osten, meldete mich als Heimkehrer, der es bitter bereute, in den Westen geflohen zu sein, und überzeugte den örtlichen Stasi-Leiter, mich als Spitzel an die Ost-Uni zu schicken.

Ab dem Moment fragte ich mich nur noch, warum ich überhaupt in den Westen gegangen war. Ich bekam eine Wohnung, ein Stipendium und Taschengeld. Alles was ich tun sollte, war es, die Ohren zu spitzen und jegliche subversiven Gespräche zu melden.

Überwachungsstaaten kann man viel leichter manipulieren als demokratische! Man braucht nur das Vertrauen eines Bonzen zu gewinnen, alles andere geht wie von selbst.

Nur das Thema Frauen war ein Problem.

Ich saß in den Anfängervorlesungen für Medizin mit all den jungen Mädchen in einem Hörsaal. Ich konnte direkt sehen, wie diejenigen, die näher saßen, immer wieder zu mir herüberschielten.

*

"Moment mal", unterbrach Thomas ihn. "Wann war das?"

"Sommer Achtundachtzig."

"Warum fragst du?", wunderte sich Pascal.

"Weil ich befürchte, dass ich weiß, worauf die Story rausläuft. Meine Mutter hat achtundachtzig an der Humboldt-Universität begonnen zu studieren. Oma und Opa haben mich aufgezogen —" Er winkte seinem Vater zu. "Erzähl weiter."

Der lächelte ihn an. "Kriminaler, wat?"

*

Ich versuchte, Abstand zu halten. Doch ich musste soziale Kontakte pflegen. Mit den Kommilitonen verkehren. Und natürlich mit den Kommilitoninnen.

Was, ja genau, dazu führte, dass ich Sonja wieder über den Weg lief. Zuerst erkannte ich sie nicht — sie war weit entfernt von der wilden Neunzehnjährigen, die kurz vor dem Abitur stand.

Doch irgendwann hörte ich, wie jemand ihren Namen sagte, und die Erinnerung schoss in mir hoch.

Es war natürlich kein Zufall, dass sie sich in dem Moment herumdrehte, doch sie blickte nicht in Richtung zu dem, der sie gerufen hatte, sondern starrte mir in die Augen. Ich wandte mich ab, doch die Katastrophe war geschehen.

Thomas

"Du hast meiner Mutter noch ein Kind gemacht? Aber ich bin doch ein Einzelkind!"

Ich versuchte, mich zu erinnern. Zeugung im Spätjahr Achtundachtzig bedeutete eine Geburt Mitte Neunundachtzig. Sicher, Mutter konnte eine Fehlgeburt gehabt haben — eher unwahrscheinlich, da bei mir alles normal verlaufen war —

Mein Geschwisterchen konnte früh gestorben sein — wir waren eigentlich normale Menschen, bis wir erwachten — doch ich war nie in meinem Leben ernsthaft krank gewesen. Selbst als sich herausstellte, dass meine komplette Kindergartengruppe die Masern hatte, war ich verschont geblieben.

Er oder sie konnte natürlich einen Unfall gehabt haben. Ich runzelte die Stirn. Mama war nicht der Typ, der so etwas verheimlichte. In dem Fall hätte es sicher in der Wohnung, in der ich aufgewachsen war, ein Foto gegeben.

Ich trommelte auf dem Tisch. Ich musste das herausfinden.

"Ich komme mit", sagte plötzlich Thandi neben mir.

Ich blickte auf und stellte fest, dass wir die einzigen in dem Raum waren. "Wie lange war ich weg?"

"Nur ein paar Minuten, aber die anderen wollten dich in Ruhe nachdenken lassen."

"Wohin willst du mitkommen?"

"Ist doch klar. Du wirst zu deiner Mutter fahren, um sie auszuquetschen. Mit mir an deiner Seite bringst du sie erst einmal aus dem Gleichgewicht."

"Warum du?"

Sie grinste. "Willst du lieber Matt mitnehmen?"

"Hmmm." Mama war liberal. Sie hatte immer so getan, als würde es ihr nichts ausmachen, wenn ich schwul war. Andererseits sahen Matt und ich uns ziemlich ähnlich. Das hätte unangenehme Fragen aufgeworfen.

Ich blickte Thandi an. "Du hast sicher auch Argumente gegen jeden der anderen."

Sie nickte. "Klar. Pascal und Ruth müssen studieren, Matt übrigens auch. Samantha ist so auf ihn fixiert, sie wäre sicher nicht in der Lage, deine Freundin überzeugend zu spielen."

Die Beziehung zwischen uns Geschwistern war eine, über die man Doktorarbeiten schreiben konnte. Nicht nur in Genetik, wie es Pascal vorhatte.

Wir liebten uns. Alle gleichermaßen, aber doch waren einige Beziehungen gleicher als andere. Pascal und Ruth waren seit Jahren verheiratet. Sie waren eher zwei Gesichter ein und derselben Person.

Samantha hatte mehr zu verdauen als ich. Klar, dass sie sich eher dem annäherte, den sie schon lange als ihren Cousin kannte.

"Martha?", sagte ich nachdenklich.

"Ich habe kurz mit ihr gesprochen. Sie denkt, dass sie den falschen Eindruck hinterlassen würde."

Martha war Prostituierte gewesen, ein komplett anderer Hintergrund als die anderen. Sie wollte erst einmal zur Schule gehen, um das nachzuholen, was sie durch ihren schrecklichen Unfall verpasst hatte.

Außerdem hatte Thandi die besten Moves drauf. Nicht nur im Bett, sondern auch, weil sie jahrelang Kampfsport betrieben hatte. Aber auch im Bett.

Ich lächelte sie an. "Du fühlst dich weniger zu einer bestimmten Person von uns hingezogen als die anderen."

Sie grinste verlegen. "Mag sein, dass es daran liegt, dass ich jahrelang gehofft habe, meinen Prince Charming zu finden. Ich kann mich momentan noch nicht entscheiden, wer von euch es werden soll."

"Also testest du uns alle intensiv durch?"

"Mit aller wissenschaftlichen Sorgfalt." Sie strahlte wie die Sonne. "Außerdem hat Pascal vorgeschlagen, wir alle sollten gelegentlich Zeit zu zweit mit einem der anderen verbringen. Um die persönlichen Verbindungen zu verstärken."

"Und ich bin jetzt dran?"

"Mhmhm. Absolut."

*

Samstag

Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns und stiegen — "Ein Ferrari?"

Thandi grinste über das ganze Gesicht. "Klar doch. Wir müssen doch den richtigen Eindruck bei deiner Mutter machen."

Ich stöhnte auf. "Brauchst du denn kein Gepäck? Weil, das Ding hat keinen Kofferraum."

"Lisa ist schon mit meinen Koffern unterwegs zu deiner Wohnung."

"Mehrzahl?"

"Man weiß ja nie, was auf einen zukommt. Stell dir vor, wir müssten für die Recherche einen Nachtclub besuchen. Würdest du wollen, dass ich so reingehe?"

Ich ließ meine Blicke über sie gleiten. "In einigen wärst du so perfekt gekleidet."

Das Rot ihres Catsuit war genau dasselbe, in dem der Ferrari leuchtete. Dieser hier schien nicht aus Leder, sondern aus Latex zu bestehen. Man konnte genau sehen, dass sie nicht das kleinste Stück Unterwäsche darunter trug. Ihre hüfthohen Stiefel hatten Absätze, vor denen sich die Louboutins verstecken mussten, die zu ihrer schwarzen "Kampfuniform" gehörten.

"Ach, mein Mann verkehrt in Sexclubs?"

"Ich bin Kriminalkommissar. Ich habe schon so ziemlich alles gesehen. Natürlich rein dienstlich." Mein Mann?

"Natürlich", echote sie und schwang sich elegant hinters Steuer, ohne die Tür zu öffnen.

"Nein, nein", protestierte ich. "Du bist noch keine neunzehn, habe ich gehört. Du kannst deinen Führerschein noch nicht lange genug haben, dass du mit so einem PS-Monster umgehen kannst."

"Und du?"

"Wir machen jährliche Fahrsicherheits-Schulungen, unter anderem auch auf solchen Boliden. Ich weiß, wie empfindlich das Ding reagiert, wenn man aufs Gas tritt. Und deine Stilettos sind genau nicht, was man für so etwas trägt."

Blitzartig saß sie auf dem Beifahrersitz. "Ich wollte nur hören, dass du damit umgehen kannst."

"Reingelegt!", sagte Matt und hieb mir auf die Schulter. Irgendwie hatte sich das bei meinen Brüdern eingebürgert. "Das 'Ding' hat übrigens dieselbe Software wie Lisa. Jeder kann das fahren lassen, selbst Schwesterchen mit Stilettos."

"Verrat doch nicht alles", schmollte Thandi. "Ich wollte doch sehen, was passiert, wenn er auf der Autobahn Gas gibt, und nichts kommt."

Ich öffnete die Fahrertür. "Ich habe nicht vor, in die Poser-Szene einzusteigen." Ich suchte vergeblich nach einem Schlüssel, um das Auto zu starten.

"Biometrisches Schloss", erklärte Matt. "Es testet die DNA des Fahrers. Außer uns kann niemand die Autos fahren. Glücklicherweise auch nicht meine Mutter. Sie wäre sonst ständig mit dem Geschoß unterwegs. Sie meint, es wäre das einzige Auto hier, was zu ihrem neuen Image passt."

Ich drückte auf den Start-Knopf, die Fahrertür schlug zu, Gurte legten sich um mich und Thandi, und das Auto setzte sich lautlos und sanft in Bewegung, noch bevor ich das Gaspedal berührte.

"Weiß das Auto denn, wohin wir wollen?"

"Isch bin Luigi", sagte das Auto mit italienischem Akzent, "und isch weiß immer, was Sie wollen. Ah, Bellissima Thandi. Du bist schon lange nicht mehr mit mir gefahren. Hast du heute Abend schon etwas vor? Wir könnten zusammen den Ku-Damm unsicher machen."

"Was —", keuchte ich.

Thandi kam die nächsten zehn Kilometer nicht mehr aus dem Lachen heraus.

*

Friedrichshain, Grünberger Straße

"Es ist natürlich nicht mit dem Resort zu vergleichen", sagte ich, als ich mit Thandi meine Wohnung betrat.

Meine Eltern — also Mama und mein Stiefvater — wohnten zusammen in einer geräumigen Altbauwohnung im gediegeneren Teil von Kreuzberg. Von dort hatten sie es beide nicht weit zu ihrem jeweiligen Arbeitsplatz.

Ich war schon vor Jahren in meine eigene kleine Wohnung gezogen, die zwar auf der anderen Spreeseite, aber doch ganz in der Nähe lag. Seit ich im D 5 war, konnte ich zu Fuß zur Arbeit gehen und brauchte kein Auto.

Was mir etwas Kopfzerbrechen wegen des Ferrari bereitet hatte. Doch Thandi schickte ihn einfach in das nächste Parkhaus. Wenn wir Luigi brauchten, mussten wir ihn nur anrufen. Schöne neue Welt!

"Es ist überraschend ordentlich", sagte Thandi und fuhr mit einem Finger über die Oberkante der Küchentür. Dann hielt sie ihn hoch. "Das hier", fuhr sie fort, "hätte Frau Sägmüller jedoch nicht durchgehen lassen."

Dass Thandi bis vor kurzem im Resort als Zimmermädchen — äh — Hotelfachfrau gearbeitet hatte, konnte sie wohl nicht so schnell abschütteln.