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Homo Superior 11: Karina

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Als sie zurückkam, war sie fast nicht mehr zu erkennen. Sie hatte sich nicht nur abgeschminkt, sondern trug jetzt kurze, dunkelblonde Haare -- die schwarzbunte Frisur war offensichtlich eine Perücke gewesen.

"Sie hat ja dasselbe an wie wir", stellte Karina fest.

"Naja." Garth trug ein Latex-Minikleid mit Spaghettiträgern, doch da endete schon die Gemeinsamkeit. Ihres war schwarz und spiegelnd. Sie trug schwarze Lederstiefel mit Highheels, allerdings ohne Plateau.

Und ihre Piercings hatte sie ebenfalls deutlich reduziert. Dafür konnte ich jetzt die Tattoos sehen, die ihre Arme und ihren Oberkörper bedeckten. Wild und aggressiv. Drachen, Teufel, Feuer, Wölfe. Sehr interessant, die Frau.

Eine weitere Sache war anders. Jetzt, ohne das Korsett und ganz offensichtlich ohne BH unter ihrem Kleid, sah ihre Oberweite seltsam aus.

"Sie hat keine Nippel", bemerkte Karina.

"Sie hat wohl Polster an."

Garth ging zum Tresen, drückte dem Mann dahinter ihre Tasche in die Hand und kam mit einem Tablett mit zwei Glasschüsseln zurück. "Ich dachte", sagte sie, "ich hole uns zwei Salate. Falls du etwas anderes willst —"

"Nein, nein!" Ich grinste sie an. "Genau das Richtige am Beginn einer langen Nacht."

Ihr Gesichtsausdruck war zum Schreien komisch. Scheinbar war ihr die Ursache für ihre Einladung an mich überhaupt nicht bewusst gewesen.

Sie setzte sich und begann, den Salat wortlos in sich hineinzustopfen. Ich hatte wenig Hunger, doch die Schüssel sah appetitlicher aus, als ich es in so einem Restaurant erwartet hätte. "Mhmhm", brach es aus mir heraus. "Das ist geil!" Die Soße war süß und sauer und bitte und salzig und noch ein paar mehr Geschmäcker deren Namen ich nicht wusste.

"Geil?" Garths Augen musterten mich misstrauisch. "Kann es sein, dass du dir etwas in der Richtung erhoffst? Ich — ich bin nicht so gestrickt."

Ich lachte auf. "Ich stehe mehr auf Männer, aber mit meinen Schwestern zu kuscheln, ist auch toll."

Die Falten in ihrer Stirn vertieften sich noch mehr. "Ich — ich kann mit keinem von beiden warm werden. Wieso erzähle ich dir das eigentlich?"

"Weil ich so vertrauenswürdig und offen bin? Keine Angst —" Ich fuhr mit Daumen und Zeigefinger über meinen Mund. "Ich verrate nichts. Aber ich dachte —"

"Was?"

"Naja, was man so über Punkbands hört. Und ihr vier wohnt ja schließlich in einer WG."

Sie legte den Kopf schief. "Dafür, dass du angeblich kein Fan bist, weißt du eine Menge über uns."

"Upps. Dann muss ich wohl auch ein Geheimnis loswerden. Ich kenne deine Mutter."

Sie zuckte zurück. "Sie spioniert mir nach!"

"Nein, nein. Sie weiß gar nicht, dass ich hier bin. Ich —" Ich holte tief Luft. "Sie arbeitet für meinen Vater, und er hat sie auf mich angesetzt. Als Psychotante."

"Du? Du siehst nicht wie ein Straßenjunkie aus."

Ich grinste. "Bin ich auch nicht. Sie arbeitet auch gar nicht mehr in der Richtung, sondern kümmert sich jetzt um die Angestellten meines Vaters. Diese jungen Leute, die nicht wissen, wann sie Feierabend machen sollten und sich mit Koffein, Zucker und Pizza durch die Nächte an den Computer schleppen. Bis sie schlimmere Halluzinationen kriegen als mit LSD."

Ihre Augenbrauen gingen hoch. "Interessant."

"Auf jeden Fall hat sie eine Bemerkung über dich fallen lassen. Ihr beide steht euch nicht besonders nahe?"

Sie schüttelte den Kopf. "Das ist noch milde ausgedrückt. Sie hasst mich."

Das war definitiv nicht so, doch ich widersprach ihr nicht. "Und ich hatte noch nie zuvor das Wort 'Punk' gehört, also hab ich ein bisschen recherchiert."

Sie stöhnte auf. "Der Scheiß-Artikel in der Mopo?"

"Der ist sehr schmeichelhaft. Eher für deine Bandkollegen —"

"Mit denen hat sie ja auch geschlafen."

"Und du nicht?"

Sie zuckte die Schultern. "Klar habe ich. Mit den Jungs meine ich. Nicht mit ihr. Aber, eigentlich —"

"Du bist asexuell?"

"Du wirfst mit Fachbegriffen um dich."

"Ich habe eine dissoziative Identitätsstörung."

"Eine was?"

Margarethe

Mit einem Schlag änderte sich ihr Gesichtsausdruck.

Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl gehabt, dass sie sich für diesen Abend älter gemacht hatte. Ich konnte zwar kein Makeup sehen, doch ihre Ausdrucksweise passte eher zu einer von unseren Teenie-Fans als zu jemand, der etwa so alt war wie ich.

Doch die Augen, die mich jetzt ansahen, waren — alt? Kalt? Kindlich? — auf jeden Fall komplett anders.

"Hallo, Margarethe", sagte sie — auf Russisch! "Ich bin Jekaterina." Sie streckte die Hand aus.

Ich schüttelte sie, ohne meinen Blick von ihrem Gesicht losreißen zu können.

"W-w-was?"

Ihr Gesicht änderte sich wieder.

"Und ich bin Katharina. Du kannst Kathi zu mir sagen. Mein zweites Ich läuft unter 'Karina'."

"Zweites Ich?"

Sie nickte ernst. "Und wenn wir schon beim Auspacken der Wahrheit sind: Warum starrst du ständig auf meine nicht vorhandene Oberweite?"

Ich holte tief Luft. Doch dann blickte ich nach rechts und links. Es waren bekannte Gesichter darunter, und einige davon drehten sich ruckartig zur Seite. "Hast du Lust, Tanzen zu gehen?"

"Super! Das wollte ich immer schon mal machen!"

Okay. Das war eine seltsame Antwort, aber ich beließ es dabei. "Komm", sagte ich, stand auf und hielt ihr meine Hand hin. "Ich kenne einen Club ganz in der Nähe."

Hand in Hand schlenderten wir durch die Gassen, und ich versuchte, mir über diese Frau und meine Gefühle für sie klar zu werden. Seltsamerweise war ich tatsächlich an ihr interessiert. Mehr als je ein Kerl mein Interesse geweckt hatte.

"Wieso eigentlich 'Garth'? Die Buchstaben stammen ja aus deinem Namen, aber —"

"Wegen Wayne's World — du kennst den Film nicht?"

"Mein popkultureller Background ist — einseitig."

"Da gibt es diesen Typ, der mit seinem Kumpel einen Radiosender betreibt. Er hat lange, blonde Haare. Beim Headbangen fliegen die immer nach vorn."

Sie kicherte. "Genau wie deine. Cool!" Das war wieder das kleine Mädchen.

Ich zeigte mit dem Finger auf ihren Kopf. "Ist das eigentlich schlimm?"

"Meine DIS? Deine Mutter meinte, es könnte schlimmer sein. Wir sind nur zu zweit hier drin, und wir reden miteinander. Damit sind wir schon weiter als die meisten."

Ihr Gesicht veränderte sich. "Aber Kathi ist immer genervt, wenn ich mich nach vorne drängele." Sie grinste frech.

"Ach, du kannst auch Deutsch?"

"Erste Fremdsprache. Von Kathi gelernt."

Ich hätte gern mehr erfahren, doch wir waren da.

"Pink Rose?" Es war wieder Kathi, die mich angrinste.

"Das ist keine Lesbenbar", fühlte ich mich genötigt zu erklären.

"Hätte ich auch nichts dagegen."

"Ich aber." Ich stieß die Tür auf. "Die veranstalten Konzerte auf der kleinen Bühne. Ich habe hier oft gespielt, bevor ich bei 'Drei plus Eine' eingestiegen bin."

"Hallo Gretha", begrüßte die Garderobiere mich.

"Gretha?", fragte Kathi grinsend. "Weißt du, was ich mir da vorstelle?"

"Das trifft wahrscheinlich die Realität ganz gut." Ich zeigte auf das Foto von mir an der Wand. Lange blonde Zöpfe, schwedisches Bauernkleid, barfuß und akustische Gitarre.

"Kleine Identitätskrise?"

"Eher Identitätssuche. Ich habe eine Zeitlang verschiedene Stile ausprobiert." Das Bild daneben zeigte mich mit einem braunen Bubikopf wie Mireille Matthieu, in einem schwarzen Cocktailkleid. "Das ist aus meiner Chanson-Phase."

"Und Punk ist die Identität, die du gefunden hast?"

Ich zuckte die Schultern. "Ich habe eine Familie."

"Aber ist es die richtige für dich?"

Das hatte ich mich tatsächlich auch schon gefragt. Doch bisher hatte ich nichts Besseres gefunden.

Wir stellten uns an die Bar.

"Hi", sagte Vanessa, die Barkeeperin. "Was darf ich meiner Lieblings-Neuerdings-Nicht-Mehr-Blondine bringen?"

"Ein Bloody Mary, natürlich."

"Und deine gutaussehende Begleitung?"

"Ich möchte etwas Süßes", sagte Kathi mit einem Seitenblick auf mich. "Darf auch ein bisschen salzig sein." Sie leckte sich über die Lippen.

Ich spürte, wie ich rot wurde. Legte sie es wirklich darauf an, mich ins Bett zu kriegen?

Vanessa lachte auf und warf mir einen bezeichnenden Blick zu. "Wenn du unsere Eiskönigin zum Schmelzen bringst, Kleine, sind die Drinks umsonst."

"Wie willst du das dann wissen? Oder soll ich sie hier auf der Tanzfläche vernaschen?"

"Nein!", keuchte ich.

Die zwei brachen in Gelächter aus.

"Dein Wort reicht mir", sagte Vanessa, lehnte sich über den Tresen und küsste mich auf die Wange. "Und wenn du erst einmal geschmolzen bist —", raunte sie mir ins Ohr. Dann richtete sie sich auf. "Eine Bloody Mary, ein Himbeer-Margarita mit Salz, kommt sofort."

Kathi kam näher und legte ihren Arm um meine Hüfte. "Sind dir diese Sprüche sehr unangenehm?" Ihr Blick war ernst.

Ich zuckte die Schultern. "Eigentlich sollte ich das lockerer nehmen. Wird ja eh nichts passieren. Und selbst wenn — Du brauchst nur die Jungs zu fragen, was sie von mir als Bettgefährtin halten."

"Gretha, die Eiskönigin?" Sie kicherte.

"So ungefähr."

Ihr Mund war plötzlich ganz nah an meinem Ohr. "Ich nehme die Herausforderung an." Und da, wo Vanessa mich absolut kalt gelassen hatte, verursachte mir Kathis Atem an meinem Ohr eine gehörige Gänsehaut. Eine wohlige Gänsehaut.

Sie griff nach meiner Hand. "Du wolltest tanzen?"

Hier lief meistens Techno. Tanzen war ungefährlich. Auf jeden Fall ungefährlicher, als so eng beisammen zu stehen. "Klar!"

Ich ließ mich von ihr zur Tanzfläche ziehen. "Fang an", rief sie.

Meine Füße waren schon dabei. "Und du?"

"Lass mich ein paar Minuten zuschauen."

"Da hast wirklich noch nie getanzt?"

"Hand aufs Herz und Zunge ins Ohr!"

Ich lachte auf. "Was ist das für ein Spruch?"

Ihr Gesicht veränderte sich. "Den hat Kathi für mich erfunden. Ich habe auch noch nie getanzt."

Ich griff nach ihren Händen. "Mach einfach kleine Schritte, Karina. Vor, zurück, vor, zurück."

"Ist gar nicht so schwer."

"Sag ich doch."

Sie stolperte und meine Arme waren um sie, bevor ich noch darüber nachdenken konnte.

"Danke", keuchte sie und küsste mich auf den Mund.

Ich keuchte auf. Ihre Lippen auf meinen prickelten, als stünden wir unter Strom.

Karina

Margarethe zu küssen machte Spaß. Nicht so sehr wie mit meinen Brüdern und Schwestern, aber mit denen verglichen war ich noch sehr unerfahren und sie waren die Aktiven. Hier — ich hatte das Gefühl, dass sie noch nie richtig geküsst hatte.

Dass sie in dem Moment den ersten Geschmack unserer DNA abbekam, machte die Sache noch reizvoller.

"Nicht zu schnell", sagte Kathi.

"Ich weiß, was ich tue. Du hast versprochen —"

"Das ist dein Abend. War nur ein Tipp."

Sie hatte natürlich recht. Ich löste meinen Mund von Margarethe, machte einen kleinen Schritt rückwärts und drehte mich einmal um meine Achse.

Ich sah, wie ihr Blick wieder einmal zu meinen nicht vorhandenen Brüsten hinunterrutschte. Es wurde langsam Zeit, etwas zu unternehmen. Und das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden.

"Puuh!", stöhnte ich theatralisch. "Ist das mörder-heiß hier!"

"Tanz einfach ein bisschen weniger wild."

"Aber das macht Spaß! Ich weiß was Besseres!"

Ich bückte mich, nahm meinen Rocksaum in meine Hände —

"Karina! Nein!", rief Kathi.

— und zog mein Kleid über den Kopf. "Ja!", seufzte ich. "So ist es besser." Es war ja schließlich nicht so, als wäre ich nackt.

Kathi lachte gequält. "De facto bist du es. Tanga und Highheels sind normalerweise keine angemessene Bekleidung für einen Club."

"Karina!", keuchte Margarethe.

"Das fühlt sich toll an!" Ich wirbelte wieder um meine Achse und sah interessierte Blicke der anderen Pärchen.

Ich tanzte näher zu ihr. "Schau dir die anderen Leute an. Denen macht es nichts aus, dass ich keinen Busen habe. Das ist doch auch dein Problem, nicht?"

"Woher weißt du?"

Ich nahm sie an den Händen und wirbelte sie herum. "Keine Nippel", keuchte ich. "Und kein BH."

"Jaaa!"

"Komm, Schwester", rief ich, "Zieh dein Kleid aus!"

Sie blickte mich an, ihre Augen wurden groß wie Unterteller, dann bückte sie sich, nahm ihren Rocksaum in die Hände und zog das Kleid über den Kopf. Sie trug Boyshorts aus schwarzer Spitze. Sehr sexy.

Ich stieß meine Faust in die Luft. "Yeah, yeah, yeah!"

Ringsum brandete Beifall auf.

Sie blickte sich verwirrt um, doch dann nahm ich ihre Hände und wirbelte sie herum. "Tanzen, Gretha, Tanzen."

Nur wechselte plötzlich die Musik von Wumm-Wumm-Wumm auf etwas sehr viel Langsameres, Erotisches.

Aus unserem Herumwirbeln wurde ein Näherkommen, ein Sich-In-Die-Arme-Fallen und dann trafen unsere Lippen aufeinander.

Diesmal ließ ich meine Zunge ihre Lippen teilen.

"Oh", murmelte sie. "Das kribbelt."

Unsere Lippen trennten sich, aber ich hielt sie weiter fest an mich gedrückt. "Danke", flüsterte ich in ihr Ohr, während sich unsere Körper im Takt wiegten.

"Wofür?"

"Dass du den Mut hattest." Ich blickte ihr in die Augen. "Ganz ohne Alkohol."

Sie holte Luft, unsere Oberkörper rieben aneinander und meine Brustwarzen wurden hart.

"Geil", murmelte ich. "Einfach geil!"

Margarethe seufzte. "Ich hoffe, ich finde den Mut, mich von dir zu lösen."

"Da ist nichts, was du verstecken musst. Dann haben wir zwei halt keine Melonen —"

"— sondern zwei Erbsen, auf ein Brett gesteckt!"

Ich konnte mich nicht halten. Ich brach in Gelächter aus.

"Komm", sagte ich dann. "Da wartet etwas Süßes und Salziges auf mich."

Margarethe

Ich lachte auf. "Und ein Mutmacher auf mich."

Ich erkannte mich selbst nicht wieder. War das wirklich ich, die mitten auf der Tanzfläche ihr Kleid ausgezogen hatte? War das wirklich ich, die ernsthaft in Erwägung zog, die Nacht mit einer Frau zu verbringen, die aus ihren Intentionen keinen Hehl machte?

Vanessa grinste mich an, als wir die Bar erreichten. "Aufgetaut?"

Karina kicherte. "Nicht nur. Die Frau ist heiß!"

Ich griff nach meinem Bloody Mary. "Nur gut, dass ich etwas Kühles zu trinken habe."

"Ich kann dir noch ein paar Eiswürfel bringen." Sie ließ ihren Block demonstrativ in Richtung meiner Brustwarzen schweifen, die, wie ich gerade merkte, sich sowieso schon ziemlich hart anfühlten.

Ich schaffte es tatsächlich sie anzugrinsen. "Nein, nein. Ich fühle mich ganz wohl, so — heiß!"

"Den Trick muss ich mir merken", sagte sie und verschwand.

Ich wandte mich zu Karina und hob mein Glas. "Auf einen schönen Abend."

"Und eine noch schönere Nacht."

Ich nahm einen großen Schluck. "Weißt du was? Ich habe plö—"

"Na, ihr Püppchen, wie wär's mit uns Vieren?"

"Habe ich da einen Frosch quaken gehört", fragte sie mich in einem Tonfall, als wäre sie von der Anmache nicht im Geringsten überrascht.

Ich stellte mein Glas ab, und wandte mich in die Richtung, aus der die leicht alkoholisierte Männerstimme gekommen war. So im ersten Moment sahen die beiden Kerle noch nicht einmal schlecht aus — auf den zweiten allerdings hielten sie einen Vergleich mit Kathi nicht aus. Schon wegen des leicht glasigen Blicks.

"Kann sein", gab ich zurück.

"Das letzte Mal", warf Kathi ein, "als mir so etwas passierte, habe ich den Kerl einfach stehen lassen. Der wollte mich dann beim Weitergehen festhalten."

"Ach ja? Was hatte er davon?"

"Eine blutige Nase vom Hinfallen."

"He, ihr zwei. Redet ihr über uns?"

Ich zuckte die Schultern. "Wem der Schuh passt. Und die Antwort ist: Nein."

Der eine zögerte, doch der Sprecher macht einen Schritt auf mich zu, direkt in meine Privatsphäre.

Doch plötzlich standen rechts und links von den beiden zwei hochgewachsene breitschultrige Schatten, und Vanessas Stimme kam schneidend durch die laute Musik. "Nein heißt nein, ihr Arschlöcher. Raus aus meinem Laden! Ihr habt eine Woche Hausverbot. Und wehe, ihr versucht das noch einmal."

Ich drehte mich um, gerade rechtzeitig, um mitzubekommen, dass Vanessa einen der Rausschmeißer musterte, als kannte sie ihn gar nicht.

"Tja", sagte Kathi, "das mit dem Nein-Sagen hätte der vorige Typ genauso wenig verstanden."

"Wieso?"

"Der war zehn."

Ich blickte sie groß an, dann sah ich das Funkeln in ihren Augen und lachte. "Guter Witz!"

Sie hob ihr Glas. "Willst du nochmal tanzen oder suchen wir uns eine ruhigere Lokation?" Sie wandte sich an Vanessa. "Nichts gegen das Pink Rose. Aber —"

Vanessa winkte ab. "Ich verstehe euch sehr gut. Ich habe übrigens eure Kleider hier. Frank hat sie von der Tanzfläche gerettet."

"Hmmm", machte Kathi und blickte mich an. "Traust du dich?"

Ich runzelte die Stirn. "Was denn?"

"Ich habe ein Zimmer in der Nähe vom Brandenburger Tor. Das sind zu Fuß —"

"Fünfhundert Meter", sagte Vanessa, die scheinbar momentan nichts Besseres zu tun hatte, als uns zu belauschen.

"Zehn Minuten", sagte Kathi nachdenklich. "Zehn Uhr Abends, Berlin, Unter den Linden."

"Warum sagst du das?"

"Ich glaube nicht, dass dich jemand so erkennt —"

"Ach du Scheiße!"

"Also: Traust du dich?"

Karina

Hätte ich nicht sowieso gewusst, dass Thomas mich keine Sekunde aus den Augen ließ, sein Auftritt als "Rausschmeißer" hätte mich vollends überzeugt.

Doch zu wissen, dass er da war, nicht vorhatte, mir dreinzureden, aber nah genug, um mir im Notfall beizustehen, gab mir den Mut, eine verrückte Idee nach der anderen in die Realität umzusetzen.

Ich sah die Antwort in Margarethes Augen und wartete nicht, bis sie sie aussprach. "Komm", sagte ich, griff nach ihrer Hand, und wir stolzierten durch die Tanzenden Richtung Ausgang.

Wir kamen hinaus auf die Straße und liefen in Richtung Norden.

"Nicht umsehen", sagte ich zu ihr. "Im Moment sind wir beide ganz allein auf der Welt."

Ihre Stimme zitterte. "Das versuche ich mir auch einzureden."

Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass Passanten uns bemerkten, doch die meisten dachten wohl, wir wären Kerle und ignorierten uns.

"Hast du das gesehen?", fragte eine Frau auf der anderen Straßenseite ihren Mann.

"Ja und?", gab er zurück. "Das ist Berlin!"

Margarethe grinste. Sie hatte es auch gehört, und ihr war nicht aufgefallen, dass die beiden viel zu leise geredet hatten, als dass sie ein normaler Mensch über die Straße hinweg hören konnte.

"Siehst du", flüsterte ich ihr zu. "Keine große Sache."

Kurz bevor wir die Linden erreichten, hörte ich Schritte hinter uns. Noch ziemlich weit weg, aber sie kamen schnell näher.

"Verfolgt uns jemand?", fragte Margarethe, hielt inne und begann, ihren Kopf zu drehen.

Ich stoppte die Bewegung mit beiden Händen an ihrer Wange und brachte mein Gesicht ganz nah vor ihres. "'Nicht umdrehen', habe ich gesagt. Zur Strafe küsse ich dich jetzt richtig."

Unsere Lippen trafen aufeinander und ihr Mund öffnete sich meiner Zunge bereitwillig. Sie stöhnte in den Kuss und hörte offensichtlich nicht die dumpfen Schläge, als zwei Körper auf den Asphalt fielen. "Schließ die Augen", murmelte ich, "und genieße".

So konnte sie meinen Bruder nicht dabei beobachten, wie er mit den beiden Kerlen auf den Schultern in einer Seitengasse verschwand, nicht ohne mir vorher zuzuzwinkern.

Natürlich hätten die beiden auch gegen mich keine Chance gehabt, doch das hätte garantiert die Stimmung verdorben.

Wir trennten uns viel später, und ich hatte kurz die Idee, sie genau hier auf der Straße zu vernaschen. Ich war mir sicher, dass sie mitmachen würde, doch mein Bruder hätte dann wohl zu viel zu tun gehabt.

Also nahm ich wieder ihre Hand und wir liefen weiter. "Wer war das?", fragte sie.

"Was meinst du?"

"Der Kerl, der eben die beiden Frösche entsorgt hat. Das war doch derselbe, der vor ein paar Minuten den Rausschmeißer gespielt hat."

"Du hast gute Augen."

"Lenk nicht ab. Er hat dir zweimal zugezwinkert."

"Das war mein großer Bruder Thomas. Er — äh — hat ein Auge auf mich."

Sie lachte auf. "Wenn du öfters so verrückte Ideen hast, ist das wohl nötig."

Ich zuckte die Schultern.