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Junge Liebe Teil 13

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„Wenn du nicht tust, was ich sage", hatte er ihr ins Ohr geraunt, „wird all das, was dir bevorsteht, sehr viel mehr wehtun.

Ich kann dich so schlagen, dass es keine Spuren hinterlässt. Und ich kann dich so ficken, dass es richtig wehtut. Und vor allem kann ich dafür sorgen, dass du von jemandem gekauft wirst, der eine kleine Schlampe zum Totquälen haben will.

Oder du bist artig und gehorchst. Dann tut das Ficken nicht so weh und es kauft dich jemand, der vielleicht sogar mal ein bisschen nett zu dir ist. Deine Entscheidung."

Die Worte waren schlimmer gewesen als alles, was Renes Finger oder sein Pimmel ihr antun konnten.

Tanja schämte sich vor sich selbst, weil sie schon wieder selbstsüchtig war. Sie hasste sich dafür, aber sie hatte schreckliche Angst. Mehr als alles andere hatte sie Angst davor, zu Tode gequält zu werden. Vor den Schmerzen.

Sie nickte so ausholend, wie sie konnte, um ihm zu zeigen, dass sie artig sein wollte. Und gleich im nächsten Moment wollte sie sich am liebsten selbst umbringen, weil sie Peter damit verriet. Wieder!

Als nun die Schritte wiederkamen, befürchtete sie, es wäre soweit. Nun würde er ihr wehtun. Oder sie verkaufen. Oder was auch immer mit ihr tun.

Sie hatte Angst. So entsetzlich viel Angst, dass sie die Kontrolle über ihre Blase verlor. Was ihre Lage nur noch schrecklicher machte. Und sie anwiderte, weil sie so schwach war. So jämmerlich und wertlos.

„Zeit für deinen Auftritt, Puppe", grunzte ein völlig Fremder. Dann schnüffelte er kurz. „Hast du dich eingepisst? Oder hat einer der Penner hier in die Ecke gestrullt?"

Ohne eine Antwort auf seine Frage zu erwarten, packte er einen Teil ihrer Fesseln und zerrte sie auf die Füße. Mit zusammengebundenen Beinen konnte sie kaum stehen, aber das schien ihn nicht zu interessieren.

„Ich schneide dir die Fesseln unten auf. Aber wenn du wegläufst, fängst du dir ne Kugel ein, klar?", erklärte er. „Scheiße... Du hast dich wirklich eingepisst... Na das wird Pierre gefallen. Wenn er dir jetzt den Arsch wundfickt, hast du selbst schuld..."

Tanja konnte nur wimmern und trotz der zusätzlichen Bewegungsfreiheit ihrer Beine knickte sie ein. Aber der Fremde riss sie wieder hoch und zerrte sie mit sich.

Unter ihren Füßen fühlte sie lauter kleine und größere Steine, die ihr in die Sohlen stachen. Und die kalte Nachtluft, die ihr unter das Krankenhausleibchen fuhr, ließ sie frösteln. Aber das interessierte niemanden.

Sie war schließlich nur Abschaum. Wertlos...

„Nimm ihr die Kapuze ab", wies Pierre den Fremden an. „Der Bubi soll sehen, dass sie es ist, wenn er ankommt."

Rasch wurde der Sack, den man ihr über den Kopf gezogen hatte, entfernt. Und Tanja konnte einen Blick in die Runde werfen. Aber Erleichterung brachte ihr das keine.

Sie befand sich vor einer Bauruine im Wald. Vielleicht die alte Villa, die nie ganz fertiggestellt worden war. Abgelegen und kaum noch jemandem bekannt. Das würde passen.

Zu ihrer Rechten stand Rene und starrte sie anzüglich grinsend an. Ihr verrutschter Kittel schützte sie praktisch nicht mehr vor seinen Augen. Und sie konnte nichts dagegen tun.

Auf der anderen Seite stand der hochgewachsene Pierre und etwas weiter entfernt sein Bruder Andre. Ersterer starrte in die Ferne und Letzterer betrachtete sie ähnlich interessiert, wie es Rene tat.

Wo der Fremde steckte, konnte sie nicht sagen. Aber vermutlich war er hinter ihr.

„Es ist kein Streifenwagen", verkündete Pierre nun. „Sieht schon aus wie die Karre von dem Bubi."

Erst jetzt bemerkte Tanja, dass er ein Fernglas vor den Augen hatte.

„Sieht so aus, als könntest du deinen Arm behalten, Schlampe."

Aber Tanja hörte ihn kaum noch. Sie starrte auf die näherkommenden Lichter und kämpfte mit den Tränen.

Sie wollte ihm zurufen, nicht hierher zu kommen. Sie ahnte, dass ihm weit mehr als eine Tracht Prügel drohte. Aber ihr Herz machte Luftsprünge, denn Peter kam. Wegen ihr! Um sie zu retten!

Er... ließ sie nicht im Stich, so wie sie ihn im Stich gelassen hatte.

Oh... warum ließ er sie nicht im Stich?

Er sollte doch bei Nadia sein und nicht hier.

Jähes Entsetzen rang mit der Freude in ihrer Brust, als ihr Blick auf die Pistole fiel, die Pierre in seinem Gürtel stecken hatte.

Er durfte nicht kommen! Sie... sie würden ihn... töten!

*****

Peter war unfähig einen klaren Gedanken zu fassen, während er durch die Nacht raste.

Tanja war in Gefahr. Es stand außer Frage, dass er ihr helfen musste. Und es stand ebenfalls außer Frage, Nadia in Gefahr zu bringen. Also war er allein.

Das war nicht vernünftig, aber es war die einzige Option.

‚Fünfzehn Minuten', hatte auf dem Zettel gestanden. Nicht genug Zeit für die Polizei. Also kam das nicht in Betracht. Aber hoffentlich ignorierten die beiden Frauen die Drohung und verständigten sie trotzdem.

Eine leere Drohung war es möglicherweise. Aber vielleicht auch nicht. Wenn Pierre Pfaffer mit von der Partie war, war so ziemlich alles möglich. Der Typ war ein irrer Schläger.

So oder so konnte Peter das Risiko nicht eingehen.

Er lenkte seinen Wagen durch den Wald. Er kannte sein Ziel und musste nicht suchen. Dafür hätte er auch keine Zeit gehabt.

Als der große Rohbau in Sicht kam, der einmal eine Villa hatte werden sollen und der jetzt schon wieder langsam im Wald verschwand, atmete er auf. Im Licht seiner Scheinwerfer sah er die gesamte Pfaffer-Bruderschaft. Und er sah Tanja.

Aber als Nächstes wurde er wütend, denn seine Cousine stand zitternd in einem völlig verschobenen Krankenhauskittel da und war mit reichlich Klebeband am ganzen Oberkörper umwickelt. Sogar auf die Entfernung konnte er die Angst in ihrem Gesicht ganz klar erkennen.

Rasch stieg er aus und stapfte los, ohne auch nur den Motor abzustellen. Irrer Schläger oder nicht - Pierre Pfaffer war fällig für die Tracht Prügel seines Lebens. Und seine Brüder waren danach dran.

Ohne das geringste Zögern steuerte er mit geballten Fäusten auf den Wichser zu, der Tanja mit einer Hand an seiner Seite hielt. Die schüttelte wild den Kopf und wimmerte, aber Peter beachtete sie nicht. Noch nicht. Zuerst musste er...

„Das reicht, Bubi", knurrte Pfaffer.

Und um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, holte er eine schwarze Pistole hinter seinem Rücken hervor und richtete sie auf Peter.

Der hielt kurz inne. Aber dann spannte er sich auch schon an, um vorwärts zu springen. Koste es, was es wolle. Der Gnade der Pfaffers konnte er sich jedenfalls kaum ausliefern. Dann waren Tanja und er am Arsch.

Dummerweise war Pierre kein so großer Idiot wie seine Brüder. Er erkannte, was vor sich ging. Und er schaltete Peter auf die einzig mögliche Weise aus.

„Denk nicht, ich würd bluffen", schnauzte er, während er Tanja die Pistole in die Seite drückte.

Peter blieb stehen und zwang sich dazu, sich zu entspannen.

„Du hast mich. Lass sie gehen", forderte er mühsam beherrscht.

„So läuft das nicht", erklärte Pierre höhnisch. „Los ihr Pappnasen. Er gehört euch. Macht ihn fertig."

Peter starrte sein Gegenüber hasserfüllt an, während sich Andre und Rene zögerlich in Bewegung setzten. Und dann sah er Tanja an, die gegen ihren Knebel anschrie und versuchte, sich loszureißen, während ihr die Tränen über die Wangen strömten.

„Nicht deine Schuld, Kleines", sagte er, mühsam um Sanftheit in der Stimme bemüht.

Als Rene neben ihm ausholte, um ihn ins Gesicht zu schlagen, tat er... nichts.

*****

Patty wehrte sich nach Kräften gegen die beiden Fremden. Sie wusste nicht, was los war. Aber sie wusste, dass sie das nicht wollte. Nur war schon einer von ihnen mehr als stark genug, um mit ihr fertig zu werden.

Man schleppte sie über die Straße zu einem Auto und sie hoffte kurz, Nadia würde kommen, um ihr zu helfen. Und dann hoffte sie, Nadia würde genau das nicht tun, sondern die Polizei rufen. Denn sonst hätten die beiden Typen gleich zwei Gefangene.

Es war nicht schwer, sich auszurechnen, dass sie Penner zu Pierre gehörten. Sie trugen Lederwesten, rochen nach Alkohol und waren grob an der Grenze zur Gewalttätigkeit. Das passte.

Demnach würde man sie wahrscheinlich dorthin bringen, wo sie ohnehin hinwollte. Nur nicht ganz in der Weise, wie sie dorthin wollte. Frustriert zwang sie sich dazu, ihre Gegenwehr einzustellen und ließ sich von einem der beiden Typen auf die Rückbank des Wagens ziehen.

Wenn sie doch nur wie Nadia wäre und sich einen Plan ausdenken könnte...

„Fessel die Schlampe", forderte derjenige der Typen, der sich ans Steuer setzte.

„Jaja... Gleich...", meinte der andere. „Nur kurz mal auf Tuchfühlung gehen..."

Pattys erster Impuls war, sich sofort aufzubäumen und zu kämpfen. Aber sie riss sich zusammen, als ihr etwas einfiel: ‚Wenn Männer Geilheit sehen, fängt ihre Hose an, für sie zu denken.'

Also versuchte sie, sich soweit es ging zu entspannen. Und als der Dreckskerl ihr an die Brust griff, stöhnte sie verhalten und presste ihren Oberkörper ein wenig der Hand entgegen.

Es dauerte ein paar Minuten, bis der Dummkopf die Signale verstand, die ihm gegenüber wahrscheinlich noch keine Frau jemals ausgesandt hatte. Patty befürchtete schon, zu sehr zu übertreiben, als er endlich stutzte.

„Ich glaub, die Schlampe ist geil", meinte er.

„Klar. Ganz bestimmt", höhnte sein Kumpan.

„Alter... Die reibt sich an mir. Ich sags dir!"

„Genau... Bist du geil, Kleine. Stehst du auf harte Kerle wie uns?"

Er sah dabei in den Rückspiegel und sagte es sarkastisch. Aber er stutzte verblüfft, als sie langsam und deutlich nickte.

„Nimm mal die Flosse von ihrer Futterluke, Daniel", schnauzte er.

„Ja", sagte Patty so leise und verführerisch wie möglich. „Ich steh auf harte Kerle. Richtige Kerle. Nicht solche Waschlappen wie Rene und Andre..."

„Kann ich verstehen", gackerte der, der ihr weiterhin die Brüste betatschte.

„Ein Jammer, dass wir keine Zeit haben, Süße", sagte der Fahrer und schenkte ihr ein Grinsen, bei dem ihr fast schlecht wurde, weil er wohl keinen einzigen gesunden Zahn mehr im Mund hatte. „Aber später können wir uns bestimmt amüsieren."

Einerseits war Patty sehr froh darüber, dass sie sich nicht jetzt ‚amüsieren' musste. Aber andererseits verfluchte sie ihre Unfähigkeit. Nadia hätte das ganz sicher besser hinbekommen.

Allerdings musste sie sich eingestehen, dass der Typ, auf dessen Schoß sie hing, ihr nicht einmal mehr die Hände festhielt. Offenbar wurde sie nicht als Bedrohung betrachtet. Und das... war doch etwas, oder? Damit ließ sich doch etwas anfangen...

Nur was? Was?

*****

„Walther! Wach auf, Walther! Du musst aufstehen!"

Walther brummte nur und fluchte im Geiste. Erst klingelte mitten in der Nacht das Telefon ohne Pause. Was allein schon eine Frechheit war. Wer rief den bitteschön zu nachtschlafender Zeit bei ihnen an? Das konnten ja nur jugendliche Witzbolde sein. Mistpack!

Aber zum Glück war Elfriede dran gegangen und er hatte sich wieder entspannt und versucht, seinen schönen Traum wieder aufzunehmen. Den, in dem diese beiden jungen Dinger eine gewisse Hauptrolle spielten, die der junge Bübler bei sich gehabt hatte, als Walther mit Fritz Gassi gegangen war.

Aber Elfriede war eisern. Wahrscheinlich spürte sie instinktiv, dass er nicht von ihr träumte. Und gönnte ihm das Vergnügen nicht.

„Walther Müller!", keifte sie. „Steh sofort auf und hol dein Gewehr!"

Was war nur aus der süßen Brünetten geworden, die er damals geheiratet hatte? Die mit der Engelsstimme, die ihn immer so bewundernd anstarrte, wenn er einen kapitalen Bock mit nach Hause brachte. Und die... sich nicht zu schade gewesen war, auch mal eine dieser modernen Stellungen im Bett auszuprobieren...

Ach ja. Sie war zusammen mit ihm gealtert, ertrug Nacht für Nacht sein Schnarchen, küsste ihn noch immer, ohne zu zögern, und lüftete gerne auch noch ein oder drei Mal in der Woche ihr Nachthemd für ihn. Auch wenn sie keine zwanzig mehr war, konnte er sich verflucht noch eins nicht wirklich beschweren...

Moment! Gewehr?

„Was'nlos?", nuschelte er benommen und versuchte, seinen Halbschlaf abzuschütteln.

„Renate hat angerufen. Jemand hat ihre Enkelin entführt und der Peter ist hinterher. Sie glaubt, die Scheißkerle sind bei der ollen Ruine im Wald und sie fürchtet, die wollen der Tanja was tun."

Was?", grunzte er.

Das war ein wenig viel so kurz nach dem Aufwachen. Aber dann fiel ihm siedend heiß etwas ein.

„Ja hol mich doch der Teufel!", schnauzte er. „Ich wusste doch gleich, dass diese Gestalten nichts Gutes im Schilde führen."

Erst am Mittag hatte er seine Runde durch den Wald gemacht. Schließlich war er für den Wildbestand verantwortlich. Und dabei hatte er eine Gruppe Jugendlicher mit Motorrädern und Autos beobachtet, die sich an der Bauruine herumgetrieben hatten.

Das missfiel ihm, aber solange sie kein Feuer legten oder etwas in der Art, musste er es schlucken. Auch wenn er die Pfaffer-Burschen mit dem Fernglas erkannt hatte. Und die waren wirklich besonders zwielichtige Gestalten. Säufer und Raufbolde allesamt.

Jetzt hatten sie offenbar völlig den Verstand verloren...

So rasch er konnte, schwang er die Beine aus dem Bett und rieb sich den letzten Rest Schlaf aus den Augen.

„Du musst für mich in den Keller gehen, Liebes", sagte er betont ruhig. „Der Schlüssel für den Panzerschrank liegt..."

„Ich weiß, Schatz", sagte sie sanft. „Denkst du wirklich, dass es so schlimm ist?"

„Ich habe heute die Pfaffers im Wald gesehen. Und reichlich Jungvolk dabei. Wenn die daran beteiligt sind, reicht meine Flinte vielleicht nicht."

„Aber es sind doch nur dumme Kinder", widersprach Elfriede leise und hoffnungsvoll.

„Wenn der Mistkerl Pierre nicht dabei wäre, hättest du vielleicht recht."

Seine Frau kniff die Augen zusammen. Wie alle Leute im Dorf kannte sie die Geschichte von Pierre Pfaffer ganz genau. Auch wenn ihm niemals nachgewiesen werden konnte, dass er seiner Mutter absichtlich fast den Schädel eingeschlagen hatte, wusste man im Dorf doch Bescheid. Und niemand zweifelte an seiner Schuld.

Ihm war in klaren Worten gesagt worden, dass er nicht mehr zurückkehren sollte, wenn er seine Zeit für die ‚fahrlässige Körperverletzung' abgesessen hatte. Dass er nicht mehr willkommen war.

Wenn er so vermessen war das zu ignorieren, konnte das nichts Gutes bedeuten.

„Vielleicht rufst du besser Klaus und Franz an und sagst ihnen, was vor sich geht", sagte er nachdenklich. „Lieber scheuche ich sie umsonst aus dem Bett, als dass ich zulasse, dass in diesem Dorf am Ende noch etwas wirklich Schlimmes passiert."

„Das mache ich", sagte sie und schluckte. „Und dann ziehe ich mich an und begleite dich."

„Nein, Elfriede!", widersprach er sofort und in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.

„Streite nicht mit mir", fauchte sie. „Ich komme mit. Basta!"

Fieberhaft überlegte er, wie er sie davon abbringen konnte. Und zum Glück fiel ihm etwas ein.

„Du musst zu Renate, Liebes. Du weißt so gut wie ich, dass sie nicht stillsitzen wird. Sie wird eine Dummheit tun. Und du musst sie aufhalten."

Mit einem Blick zu ihr erkannte Walther, dass er einen Volltreffer gelandet hatte. Sie kaute auf ihrer Lippe und dachte nach. Und ganz am Rande registrierte er, dass sie ihn genau mit dieser Miene damals um den Finger gewickelt hatte. Deutlich konnte er gerade ihr junges, bildschönes Selbst vor sich sehen.

„Wir haben keine Zeit für Streitereien. Ich fahre in den Wald und du zu Renate. Und meine Flinte nimmst du mit. Falls du sie nicht abhalten kannst, will ich dich bewaffnet wissen."

Die Zugeständnisse schienen ihr zu reichen. Sie gab sich geschlagen und gemeinsam schlüpften sie rasch in die Kleidung und holten, was notwendig war. Einschließlich der alten MP 40 von Walthers Vater, die der seinem Sohn übergeben hatte, bevor er sich im dämlichen Volkssturm für den ollen Adolf umbringen ließ.

„Pass auf dich auf, Walther Müller", sagte seine Frau mit Tränen in den Augen zum Abschied. „Du magst dir denken, dass du ohne mich nicht zurechtkommen würdest..."

Er zuckte zusammen, als sie bewies, wie gut sie ihn durchschaute und dass sie sehr wohl wusste, weswegen er sie nicht dabei haben wollte.

„Aber ohne dich...", sie stockte. „Wen sollte ich denn rumscheuchen und anschreien?"

Er nickte und küsste sie.

„Später wirst du nicht drum rum kommen, mir zu gestehen, dass du mich noch liebst", sagte er mit schrägem Lächeln.

„Später", nickte sie. „Später werde ich dir alles gestehen."

*****

Energisch trat Renate aus dem Haus. Sie hatte die Polizei gerufen und sie hatte bei Müllers angerufen, weil der Walther nicht so weit von der Bauruine im Wald wohnte. Und weil er als Jäger ein Gewehr hatte.

Die Rentnerin hoffte inständig, dass er seine Flinte nicht brauchen würde. Aber was auf dem Zettel stand, machte ihr wenig Hoffnung.

Ein dummer Jungenstreich sah anders aus. Selbst heutzutage. Und er kam nicht so kurz, nachdem sich Peter mit den Pfaffers angelegt hatte, aus heiterem Himmel.

Renate wusste, dass die beiden jüngeren Brüder Maulhelden waren. Aber da gab es noch den älteren. Und wo der steckte, wusste niemand.

Er hatte seine Mutter fast totgeprügelt. Was mochte er mit einem Mädchen anstellen, dass ihm rein gar nichts bedeutete?

Renate wusste, was Gewalt anrichten konnte. Sie wusste es aus erster Hand.

Nicht nur die Opfer veränderten sich, sondern auch die Täter. Sie verloren ihre Menschlichkeit. Wurden zu Tieren ohne Mitleid. Bis sie nicht mehr unterschieden zwischen Schuldigen und Unschuldigen.

Renate war die Letzte, die nicht einräumte, dass für angetanes Unrecht Vergeltung gerechtfertigt war. Aber was hatten sie und ihre Schwestern jemandem an Unrecht getan, das rechtfertigte, was ihnen angetan worden war? Was hatten sie den Russen getan, die über sie hergefallen waren und Ulrike, Wilhelmina und Franziska hernahmen, bis sie tot waren?

Was konnten Kinder denn schon Schlimmes getan haben?

Nicht noch einmal! Das hatte sie sich geschworen.

Und nun hatte sich jemand ihre Enkelin geholt und wollte ihr ein Leid antun.

Nun... Sie hatte Rudolfs Luger in der Tasche und sie war bereit sie einzusetzen. Sie hatte einst einem russischen Soldaten mit einer Schaufel den Schädel eingeschlagen und einen anderen mit der Mistgabel aufgespießt und elendig verrecken lassen.

Sie konnte und würde ihre Kinder schützen. Um jeden Preis!

Nur ob sie nach all den Jahren noch in der Lage war, Ernsts Höllenmaschine zu bändigen, wusste sie nicht so recht. Die schwere BMW stand unter einer Plane abgedeckt im Schuppen. Eigentlich sollte sie tip-top in Schuss sein. Darum kümmerte sich ihr Sohn gelegentlich.

Und eigentlich konnte sie auch ein Motorrad fahren. Ernst hatte es ihr selbst beigebracht und sie hatte sogar ordentlich Spaß daran gehabt. Nur war sie da noch wesentlich jünger gewesen.

Na, es nutzte alles nichts. Wenn sie rechtzeitig kommen wollte, um Schlimmes zu verhindern, konnte sie nicht auf jemanden warten oder zu Fuß gehen. Also stieg sie auf den Bock und startete mit einigen Schwierigkeiten die schwere Maschine.

Und dann ließ sie die Kupplung kommen und klappte bei der ersten Vorwärtsbewegung die Stütze ein, wie sie es gelernt hatte. Sie fuhr!

Nur ob es mit dem Anhalten was werden würde, musste sich noch zeigen...

*****

Nadia war am Rande der Hysterie.

Sie fand es unerträglich, still im Auto sitzen zu müssen, während Kenny viel zu langsam und vorsichtig durch das Dorf kurvte. Das Auto konnte doch bestimmt schneller als hundertzwanzig fahren. Warum schlich er so?

Weil niemandem geholfen war, wenn sie an einer Hauswand plattgedrückt wurden, beantwortete sie sich die Frage selbst. Aber besser wurde es dadurch nicht.

Tanja... Immer wieder Tanja.

Gerade, wenn sie anfing, dem Rotschopf eventuell einmal verzeihen zu können, passierte wieder irgendetwas und Tanja steckte mittendrin.

Nein. Das war unfair. Tanja hatte sicherlich nicht die Geisel spielen wollen. Sie steckte ebenso in Schwierigkeiten, wie Peter vermutlich mittlerweile.