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Miryar - Freiheit für Alle

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Er steckte die Waffe wieder zurück in die Scheide, die er dann in die Truhe legte, und holte ein besonders hochwertig gefertigtes, mit Eisen beschlagenes Lederwams und eine Schwarzholztartsche aus der Truhe. Beides war höchst wahrscheinlich noch mit einem kleinen Schutzzauber besprochen.

Als nächstes nahm er einen Schwarzholzbogen heraus. Da Miryar sich ebenfalls ein wenig aufs Bogenmachen verstand, untersuchte er diesen Gegenstand etwas genauer.

Es handelte sich um einen Jagdbogen. Diese Art von Bögen besaß eine Gegenkrümmung, wodurch sie auch ohne Sehne ihre form behielten. Jedoch ließen sie sich auch schwerer spannen, da sie unter einem stärkeren Zug standen. Hatte man es jedoch erst einmal geschafft einen Pfeil ab zu feuern, gab dieser Zug dem Pfeil mehr Schwung, so dass er sich tiefer in das Fleisch des Feindes bohrte. Eine gute Methode, um es der natürlichen Sofortheilung der Vampire zu erschweren.

Miro fuhr mit den Fingern über das Holz. Bis auf die feinen Linien, die den Wind darstellen sollten, war die Oberfläche komplett glatt, ein Zustand in den das Holz nur von den besten Bogenmachern gebracht werden konnte.

Vom ersten Moment an, da Miryar den Bogen berührt hatte, fühlte er sich damit verbunden. Er erschien ihm wie eine natürliche Verlängerung seines eigenen Arms.

Zuletzt holte Miro ein Paar Handriemen aus Leder und einen silbernen Dolch samt Scheide und eingravierten Drachenkopf heraus.

Als er die Handriemen anlegte, merkte er, wie sie sich an seine Hände anpassten und sie stützten. Nun waren ihm plötzlich viel feinere Handbewegungen möglich. Zusätzlich spürte er in sich eine Kraft aufsteigen, die ihn agiler werden ließ. Welcher Zauber auch immer auf diesen Riemen lag, es war ein sehr guter. Laucian trat wieder an Miryar heran und streifte etwas vom Finger, das wie ein lederner Ring aussah: „ Dieser Ring gehörte einst deinem Vater und vor ihm vielen Generationen deiner Vorfahren in direkter Linie, auch wenn er nicht so aussieht. Wenn es an der Zeit ist, wird er selbst dir seine Macht offenbaren. Bis dahin bewahre ihn gut.“

Miro nahm den Ring schweigend an.

Zur versammelten Gemeinde gewandt meinte Laucian: „Sofern es unsere vier Freiwilligen nicht allzu sehr stört, würde ich sie nun bitten, sich hier vorne aufzustellen, damit ich sie segnen kann.“ „Ich denke das lässt sich machen“, meldete sich Miryar scherzhaft zu Wort: „Nicht wahr Freunde?“

Tatsächlich kamen die drei anderen nun nach vorne.

Die vorher ernannten Ratsmitglieder und die Träger der Truhe hatten sich mittlerweile wieder unter die Zuseher gemischt.

Die vier Freiwilligen stellten sich mit Blick zum Publikum auf. Nun hob Laucian abermals zum Sprechen an: „Mögen euch die Geister eurer Ahnen auf eurer beschwerlichen Mission beschützen. Mögen sie euch den Elementen gleich machen. Die Erde: sie ist sanft und ruhig und ein Nährboden für alles, was auf ihr lebt. Aber für jene, die sie missachten, wird sie zu hartem unnachgiebigem Fels, auf dem nichts gedeiht. Das Feuer: es spendet uns Wärme und Licht in kalten, finsteren Nächten und wird euch auf eurer Reise ein Beschützer gegen nächtliche Angriffe wilder Bestien sein. Doch sollte man nie seine Zerstörungskraft vergessen. Einmal außer Kontrolle geraten, breitet es sich aus und verzehrt alles und jeden, der nicht rechtzeitig fliehen kann. Ähnlich verhält es sich mit seinem, nur auf den ersten Blick, ungleichen Zwilling. Dem Wasser: lebenspendend, kühl und heilend kann es sein. Doch hebt es sich einmal zur Flut an, verschlingt es alles, was es erreichen kann, unter seinen riesigen Wellen. Das vierte Element, die Luft: als Atem der Welt verleiht sie auch unserem Atem die kraft des Lebens. Unsichtbar und oft unscheinbar ist sie jedoch jene Kraft, die am engsten mit dem Gemüt der Welt verbunden ist. Denn, so wie unser Atem stärker wird, wenn wir in Rage geraten, so ist auch die Luft dort am zerstörerischsten, wo die Natur missachtet wird.“

Nachdem Laucian geendet hatte, wallte erneut Applaus auf. Als dieser zu ende war, meinte Laucian: „So und nun würde ich sagen, wir geben ihnen noch bis zur Mittagsstunde Zeit, sich persönlich von ihrer Familie zu verabschieden und sich auf die Reise vorzubereiten.“

Der Elf wartete, bis sich die Menge zerstreut hatte. Danach nahm er die vier Freiwilligen beiseite: „Ich habe zwar nicht herausfinden können wo das Schwert ist, jedoch solltet ihr am Flussufer entlang gehen, so lange ihr keine Spur entdeckt.“

Sie wussten zwar nicht, was dieser Rat zu bedeuten hatte, doch hielten sie es für klüger, ihn zu befolgen.

„Fertig?“

Miro schnallte sich im Umdrehen den Krummsäbel um: „Fertig!“ Er blickte den Halb-Ork an.

Blath war nicht wirklich dass, was man unter einem Halb-Ork verstand, das Kind eines Menschen und eines Orks. Irgendwann hatten die Halb-Orks begonnen untereinander Kinder zu zeugen. Blath war nur ein Glied in einer langen Ahnenreihe von Halb-Orks.

Seine Haut wies noch einen leichten Schimmer des orkischen Graus auf. In seinem Gesicht waren nur mehr Andeutungen der fliehenden Stirn und der schweineartigen Nase zu sehen. Die unteren Eckzähne waren etwas vergrößert und standen ein wenig aus dem Mund hervor. Das schwarze Haar hielt er kurz, da es sich so besser zähmen ließ. Der Halb-Ork trug einen eisernen Brustpanzer. Dazu hatte er goldene Armschienen mit dem Abbild eines Ebers, was Miryar in Gedanken ein lautes „Ha!“ entlockte. Blaths Hände waren in schwere, eisenbeschlagene Lederhandschuhe gehüllt. Seinen Umhang hielt eine Brosche in form eines Skarabäus zusammen. Auf dem Rücken trug er außer seinem Rucksack noch einen großen Zweihandhammer, einen Jagdbogen aus Schwarzholz und einen Köcher mit Pfeilen. An seiner Seite hing ein Dolch.

„Solltest du nicht noch bei deinen Eltern sein?“

„Ich habe mich schon von meiner Mutter verabschiedet.“ Blath war etwa zwei Jahre jünger als Miryar und hatte nicht gerade ein gutes Verhältnis zu seinem Vater. Daher konnte er sich auch erlauben, mit Miro mitzugehen.

Die Beiden verließen das Zelt.

Miryar kippte vor Überraschung der Mund nach unten.

Die Dorfbewohner hatten sich vor seinem Zelt versammelt und eine Gasse gebildet, die vom Eingang von Miros Zelt wegführte. Die Menge jubelte.

Erst als er Blaths Ellbogen sanft in die Rippen bekam, schloss Miryar seinen Mund wieder und die Beiden gingen die Gasse entlang.

Am anderen Ende warteten bereits Súra und ihre Schwester Nára. Die beiden Frauen verabschiedeten sich noch von ihren Eltern, einem Elfen und einer Menschenfrau.

Als Súras Vater Miro die Hand reichte verstummte die Menge. Auf Elfisch sagte er zu Miryar: „Meine Tochter hat mir von euch erzählt. Wenn ihr zurückkommt, meinen Segen habt ihr.“

Da die Höflichkeit dies gebot antwortete Miryar auf Elfisch: „Ich danke dir, aber wir werden unser Glück selbst suchen. Doch weis ich diese Geste zu schätzen. Alles worum ich dich daher bitter ist dein Einverständnis.“

Nach diesem kurzen aber offenbar ergreifenden Wortwechsel brandete der Jubel erneut los.

Wenn dies überhaupt möglich war, so schien es Miro diesmal sogar noch lauter als zuvor.

Die vier Abenteurer winkten den Dorfbewohnern noch einmal zu und machten sich auf den Weg.

Der Bach wurde durch unterirdische Zuflüsse gespeist, so dass er bis zur Barriere zu einem Fluss mit mehreren Metern Breite anschwoll. Hier jedoch war das andere Ufer vielleicht zwei Meter entfernt.

Plötzlich blieb Miryar stehen. Er hatte bemerkt, dass Súra sich immer wieder umblickte. Miro wusste auch warum. Mit sanftem Lächeln meinte er nur: „Ich würde nie von dir verlangen, deine beste Freundin zurück zu lassen.“ Nun drehte sich auch Miryar um und pfiff, wie er es so oft bei Súra gehört hatte.

Daraufhin kam ein schneeweißer Wolf mit tiefblauen Augen aus seinem Versteck.

Der Wolf war Súras Totem und so war es nicht verwunderlich, dass sie sich mit einer Wölfin angefreundet hatte.

Das Tier kam mit gesenktem Kopf, langsam auf die vier zu.

Miro ging in die Hocke, um weniger bedrohlich zu wirken und die Wölfin im Nacken zu kraulen.

Sofort entspannte sich deren Haltung und sie begann Miryars Gesicht zu lecken. „Ich möchte aber nicht, dass sie mit kommt. Es ist viel zu gefährlich.“

Miro und die Wölfin sahen Súra an, während er weiterhin den Nacken des Tieres streichelte: „Du hast sie gehört. Sie sorgt sich um dich, und wie ich Súra kenne werden wir sie nicht davon überzeugen können, dich mit zu nehmen.“

Miryar stand auf und die Wölfin wandte sich wieder von ihnen ab. Sie blickte noch einmal kurz zurück bevor sie hinter den Bäumen verschwand.

Nun marschierten die vier Freunde zur Barriere, wo sie alle ein letztes Mal stehen blieben und einander anblickten. Dann machten sie gemeinsam einen Schritt ins Ungewisse.

Sie konnten nicht fassen, was sie sahen.

Miro lief ungläubig auf einen der beiden Hügel, die vom Fluss getrennt wurden. Dort viel er auf die Knie. Hinter sich konnte er das unverwechselbare Geräusch von Metall, das auf zerbrechendes Gestein trifft, hören.

Die Jagd beginnt

Vor Miryars Augen lag eine Sandwüste. So weit er blicken konnte, waren nur riesige Dünen zu sehen. Erst als Súra zu ihm aufgeschlossen hatte und eine Hand auf seine Schulter legte, wagte Miro es, den Blick zurück zu wenden. Das Tal und die umgebenden Hügel waren eine einzige große Steinlandschaft.

Jetzt konnte er auch den Ursprung des Geräusches erkennen. Blath stand breitbeinig neben einem Stein, der wirkte, als habe ein Blitz ein großes Stück heraus gesprengt. Der Halb-Ork hatte in blinder Wut seinen Zweihandhammer gezogen und auf den Stein eingeschlagen.

Plötzlich entdeckte Miryar etwas, dass ihn stutzen ließ. Genau an der Stelle, an der er die Barriere überquerte, schien der Fluss wie aus dem Nichts auf zu tauchen. Er floss durch die Hügel, bog dann leicht nach rechts ab und schlängelte sich durch die Dünen.

„Wie lange schon haben wir uns feige hinter unserem magischen Schild versteckt? Wie lange schon waren wir blind und taub für das Leid der Welt?“

Súra versuchte Miros Gedanken in eine andere Richtung zu lenken und ihnen ein Ziel zu geben: „Ein Grund mehr die Diebe so rasch, wie möglich zu finden. Wenn sie ohne das Schwert schon zu so etwas in der Lage sind, werden sie mit ihm den letzten Rest des Widerstandes zermalmen.“

„Welcher Widerstand?“, hielt er dagegen: „Du siehst doch, was sie mit unserem Tal getan haben. Da wird es ihnen bestimmt egal sein, ob wir in unserer heilen Welt hocken und uns der Illusion hingeben, alles sei in Ordnung.“

„Andererseits hätten sie das Schwert nicht gestohlen, wenn sie es nicht brauchten. Also wenn sie uns, wie du sagst, nicht als Bedrohung sehen, muss es irgendwo noch jemanden geben, der ihnen schwer zu schaffen macht. Falls wir das Schwert nicht finden, können wir uns diesen Leuten anschließen. Vielleicht können sie uns helfen, es wieder zu bekommen.“

Dies schien den Ausschlag zu geben, den sich die Halb-Elfe erhofft hatte: „Na gut, aber wir schlagen hier ein Lager auf und gehen nachts weiter. In dieser Hitze komme ich sonst noch um.“

Die Erste Allianz

Zwei Nächte lang folgten die Vier dem Fluss weiter in die Wüste hinein, bis er endgültig versiegte.

Da sie keine anderen Anhaltspunkte hatten, blieben sie in dem ausgetrockneten Flussbett, das an vielen Stellen bereits unter dem Sand begraben, aber dennoch ausreichend gut zu verfolgen war. Für das nötige Wasser sorgte von da an Súra, die ihre Wasserschläuche durch Magie immer wieder auffüllte.

Die Vier lernten schnell, dass die Wüste lebendiger war, als sie auf den ersten Blick schien. So mussten sie nicht nur einige Angriffe monströser Skorpione abwehren, sondern auch Hieracosphinxen und sogar einen halbwüchsigen Messingdrachen, der partout nicht von einem kleinen Grillabend ablassen wollte, mit ihnen als Grillfleisch.

Doch trafen sie auch auf einige Messingdrachen und sogar auf einen blauen Drachen, die ihnen, wie Drachen eben sind, nur nach Bezahlung verrieten, dass sie ohnehin nichts über das Schwert wussten.

Miro flog über Sanddünen. Er kannte sein Ziel nicht, doch wusste er, dass dort etwas auf ihn wartete.

Nun konnte er am Horizont einen kleinen Schimmer erkennen. Wer oder was auch immer auf ihn wartete, Miryar kam ihm näher. Irgendwo in den tiefen seines Unterbewusstseins wusste er, dass er nichts zu befürchten hatte, wenn er am Ziel seines Fluges ankam.

Nun sah er zum ersten Mal an sich herab. Im selben Moment, da er erkannte, dass er keinen Körper hatte, wachte Miro auf.

Er schrak nicht hoch. Nein, er glitt einfach sanft aus der Traumwelt zurück in die reale Welt.

Als er vollends erwacht war, stellte er fest, dass er neben Súra her ging, und tat den seltsamen Traum von eben als Übermüdungserscheinung ab. Kein Wunder, immerhin waren sie bereits neun Nächte ununterbrochen unterwegs.

Miro war sich nicht sicher, ob seine Gefährten etwas von seinem Zustand bemerkt hatten. Doch plötzlich hörte er die beiden Schwestern, wie aus einem Munde: „Seht, Dort!“

Gleich darauf war Blaths Stimme zu hören: „Was glaubt ihr? Vampire oder Überlebende?“

Als Miryar aufsah, erkannte er, dass eine Gestalt aus dem Lager vor ihnen auf sie zukam: „Das werden wir gleich herausfinden.“

„Und wenn es ein Späher ist, der die anderen alarmiert, sobald, er uns entdeckt? Ich glaube kaum, dass wir es mit allen aufnehmen können.“

Doch Miros Entscheidung war bereits gefallen. Er brannte darauf, zu erfahren, ob sich Súras Vermutung bestätigen würde. Außerdem war ihm klar, dass sie dringend Verbündete brauchten, wenn sie sich hier zurechtfinden wollten. Nicht zu schweigen davon, dass sie so auch eine größere Chance haben würden, ihre Mission zu er füllen.

Da Blath nicht vollkommen unvorbereitet sein wollte, hatte er seinen Hammer gezogen, als die Gestalt näher kam.

Jetzt konnten sie auch sehen, dass sie ein Wesen war, das etwa halb so groß war wie ein Mensch, und auf einem Hund ritt. Mehr konnten die Vier nicht erkennen, da der Reiter von Kopf bis Fuß komplett verhüllt war. Nur ein kleiner Spalt an der Stelle, wo Miro die Augen vermutete, war zu sehen. Die Dunkelheit der Nacht verwehrte ihm einen genaueren Blick.

Der Reithund wurde langsamer und blieb direkt vor den Freunden stehen.

„Wos moch'n woi a Oak, zwa Öf und a Mensch gemeinsom mitt'n in da Nocht in da Wüste, so weit entfernt von dem Oat, wo ich's imma be-such'? Vampia' seid's woi ned. Dafia seht's ned bloss gnua aus.“

Der Reiter war eine Reiterin. Doch was sie sagte, konnte Miryar nicht verstehen, und ein Blick auf die anderen Drei verriet ihm, dass es ihnen wohl auch so ging. Aber vielleicht verstand sie ja, was Miro sagte: „Verzeiht edle Dame, doch wir verstehen Euch nicht, aber könntet Ihr uns wenigstens Euer Gesicht zeigen, damit wir sehen, mit wem wir es zu tun haben?“

Es schien zu funktionieren, denn vorsichtig hob die Gestalt ihre Hände und schob das merkwürdig lange Tuch, das um ihren ganzen Kopf gewickelt war, von ihrem Gesicht. Darunter kam eine ältere Halblingsfrau zum Vorschein. Ihre Stimme hatte einen seltsamen Akzent: „Also Vampire seid ihr wohl tatsächlich keine, sonst würdet ihr nicht in der alten Gemeinsprache sprechen. Nun, wer seid ihr? Wo kommt ihr her? Und warum seid ihr nicht dort geblieben?“

„Mein Name ist Miryar, der Halb-Ork hier heißt Blath und die beiden Halb-Elfen sind Súra und Nára. Was unseren Herkunftsort und unsere Beweggründe für diese Reise anbelangt, erachte ich es nicht für weise, sie jemanden mit zu teilen, den wir gerade zum ersten Mal sehen. Nun, wie sieht es mit Euch aus?“

Die Reiterin nickte ihm anerkennend zu: „Gut gesprochen, junger Mann. Mein Name ist Euphemia Sanftfuß. Und was meine Herkunft und meine Beweggründe, für eine Reise durch die Wüste, betrifft, die könnt ihr ruhig erfahren. Ich bin die Anführerin einer Handelskarawane, der einzigen Verbindung zwischen den freien Völkern.“

„Also gibt es noch mehr, die in dieser Wüste leben?“ Von Miro fiel plötzlich eine Last ab, die sich in den letzten Tagen schwer auf sein Gemüt gelegt hatte.

„Nun, nicht alle müssen in der Wüste leben. Es gibt noch ein paar letzte Zufluchtsorte, die nicht von den Vampiren zerstört wurden. Wenn ihr wollt, könnt ihr euch uns anschließen, um euch selbst ein Bild davon zu machen, wie es um die freien Völker bestellt ist, “ bot Euphemia Sanftfuß ihnen an.

Nach einem kurzen Blick auf seine drei Gefährten meinte Miro: „Wir werden mit Euch kommen, für welche Zeitspanne es auch sein möge.“

„Also ist es beschlossen, “ die Halblingsfrau wendete ihren Reithund, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg ins Lager.

„Bist varuckt 'word'n Euphemia! Du konnst do ned afoch Fremde in unsa Loga bring'n!“

„Reg' di' ob Cora. Die Leit' sprech'n no' die oide Hond'lssproch'. A wonn i ned waß, wia des geht, oba iag'ndwo muaß' no' an Oat geb'n, der so obg'schied'n is', dass si die oide Hond'lssproch' no' g'hoit'n hott. Und wenn dea so obg'schied'n is' homn eam die Vampia' sicha no' ned g'fund'n. Und die Leit' wiss'n sicha a ned, wia's im Rest da Wöt ausschaut.“

„Mog jo sein, oba nua wöi's die oide Sproch' sprech'n haßt des no' long' ned, dass kane bös'n Obsicht'n homn. Oba wonn's kane Vampia san' soin's ru'ig mit uns mitkomm'n. I werd' scho' a Aug' auf si hamn.“

Die Zelte und Wagen der Karawane waren um ein großes zentrales Lagerfeuer angeordnet. In der Nähe des Feuers hatte Miryar ein paar Hunde erkennen können. Manche von ihnen schliefen, manche waren wach. Als sich die Gruppe näherte, hatten diese Tiere sofort Alarm geschlagen, und in kürzester Zeit war das gesamte Lager auf den Beinen gewesen.

Nun standen die Bewohner direkt vor den Neuankömmlingen, an der Spitze eine ältere Frau, die anscheinend über ein gewisses Maß an Einfluss verfügte.

„Schön, dass das jetzt geklärt ist“, nun wandte sich Euphemia wieder Miro zu: „Dies ist meine Schwester und Stellvertreterin Cora Sanftfuß -- auch wenn sie meist ein eher unsanftes Auftreten hat.“ Für einen Augenblick stahl sich ein Lächeln auf das Gesicht der Halblingsfrau: „ Sie ist nicht gerade begeistert über eure Anwesenheit. Aber solange ihr euch nichts zu Schulden kommen lasst, wird sie euch nicht weiter behelligen, und jetzt lasst uns unser neues Bündnis feiern, sollte es auch nur von kurzer Dauer sein. PADËI!“

„PADËI!“, stimmten auch die übrigen Halblinge ein, die das Geschehen bisher schweigend verfolgt hatten. Im Nu zerstreute sich die Menge. Die vier Freunde sahen sich schnell von ein paar der mutigsten Halblingskindern zu ihren vorgesehenen Plätzen bugsiert. Die Erwachsenen liefen zu den Wagen und bald waren Speisen und Getränke hervorgeholt und verteilt. Einige Trommler fingen an, einen ausgelassenen Rhythmus zu schlagen. Gleich darauf setzte eine Flöte mit einer ebenso fröhlichen Melodie ein.

Miro sah zu Súra, die neben ihm saß. Sie blickte zurück. Der Blick in ihren tiefblauen Augen, gepaart mit der Wildheit der Musik, weckte in ihm ein Verlangen, das in den Letzten Tagen tief in seinem Unterbewusstsein geschlummert hatte. Nun kämpfte es sich wieder an die Oberfläche.

Just in diesem Moment stoppte die Musik. Miryar griff instinktiv zu seinem Krummsäbel und sah sich um.

Rund um das Feuer nahmen vermummte Gestalten Aufstellung. Ihrer Größe nach zu urteilen, waren es Halblinge. Erneut setzten die Trommeln ein. Im selben Moment zogen die Halblinge jeweils zwei Krummsäbel. Zum Rhythmus der Trommeln begannen sie ihren Schwerttanz.

Miro war fasziniert von der Wildheit des Tanzes und der Präzision der Bewegungen. Wie sie mit gezogenen Klingen an einander vorbei wirbelten, ohne sich gegenseitig zu verletzen.

Als nächstes kam ein Schaukampf. Es war erstaunlich, wie präzise die vier Kontrahenten ihre Bewegungen sowohl auf einander als auch auf den Rhythmus abstimmten. Der Kampf endete genau am letzten Trommelschlag. Die Halblinge waren im Viereck stehen geblieben, die Klingen an den Kehlen der jeweiligen Nachbarn. Unter Applaus schoben die Kämpfer ihre Waffen zurück in die Scheide und verneigten sich vor einander. Danach fügten sie sich in die Reihen der anderen ein, die eine Art Straße gebildet hatten.