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Neues Haus Neue Schule Neues Leben Ch. 01

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„Immerhin hast du eine Alternative."

„Eigentlich nicht", widersprach Aiden. „Er lebt in Alaska." Das brachte mich zum Lachen. Inzwischen hatten wir die Treppe erreicht, der wir zwei Stockwerke nach unten folgten. In der Aula blieb ich kurz stehen, um das schwarze Brett zu studieren.

„Spielst du Football", fragte mich Aiden, nachdem er meinem Blick zu dem Aushang, für den ich mich interessierte, gefolgt war.

„Ja", gab ich etwas verlegen zu. „An meiner alten Schule war ich Quarterback."

„Verdammt", sagte Aiden erneut. „Du bist neu in der Stadt, bist Quarterback... Kannst du mich hin und wieder zuhause vertreten, seit der Scheidung kocht meine Mutter selbst und das kann ich nicht mehr lange mitmachen. Sie wird den Unterschied nicht bemerken." Ich brauchte einen Moment bis ich Begriff.

„Hier steht, dass die Footballmannschaft nach einem dritten Quarterback sucht. Wir sind Konkurrenten." Aiden grinste wieder.

„Dann müssen wir den Coach eben überzeugen, dass er uns beide braucht", entgegnete er unbekümmert. „Aber viel wichtiger ist: Hast du jetzt zufällig auch Englisch." Ich schüttelte den Kopf.

„Nein Biologie." Aiden zuckte mit den Schultern.

„Naja. Irgendwann musste diese Serie ja reißen." Die Klingel unterbrach unser Gespräch.

„Oh Mist, ich muss los", sagte Aiden und winkte mir zu, bevor er in der sich schnell ausdünnenden Menge verschwand. Ich starrte ihm einen Moment nach unschlüssig nach.

Er hatte deutlich sportlicher gewirkt als ich und er war in Phoenix sicherlich nicht zweiter Quarterback an einer Schule aus der 3th Division gewesen. Ich sah meine Hoffnungen auf einen Platz in der Mannschaft schwinden und der Grund dafür war mir auch noch sympathisch.

Ich verdankte es diesem Gedankengang, dass ich zu spät in den Biologieunterricht kam, was Mr. Porter als Anlass nahm von mir zu fordern, mich vor dem versammelten Kurs als Neuer zu outen. Mir brannten noch die Wangen, als ich endlich zu einem freien Platz in der zweiten Reihe entlassen wurde und die Stunde wurde danach auch nicht viel besser.

Wie der Mathematikkurs war auch der Biologiekurs meinem alten ein gutes Stück voraus, während ich mir jedoch sicher war in Mathe aufholen zu können, lag mir dieses Fach wesentlich weniger. Ich quälte mich beinahe eine Stunde lang durch Zellbiologie und Genetik, bis es endlich klingelte und ich mich auf den Weg zum nächsten Kurs machte. Sozialkunde bei Mrs. Green.

Sie mochte ich, da sie mich keinerlei Peinlichkeiten aussetzte und eine lockere Einstellung an den Tag zu legen schien als Mrs. Brooks. Außerdem war Aiden im selben Kurs und es war schön zur Abwechslung ein bekanntes Gesicht zu sehen.

Ich war nicht überrascht, als sich der blonde Lockenkopf nach der Stunde zu mir gesellte, allerdings war ich überrascht, als er auf dem Weg in die Cafeteria eine Gruppe von drei männlichen Schülern zu uns winkte.

„Das sind Peter, Patrick und Steve", sagte er zu mir und deutete dann auf mich. „Darf ich vorstellen: James. Er ist quasi mein Duplikat, also werdet ihr ihn sicher lieben."

Neugierig beäugten mich die drei und ich sie. Peter war groß, etwas mollig und hatte braunes Haar, Patrick war, dunkelhäutig, etwas kleiner, eher drahtig als schlank und hatte schwarzes Haar, während Steve uns alle überragte und mehr Ähnlichkeit mit einem wuchtigen Kleiderschrank hatte, als mit einem Menschen. Seine Nase sah aus, als wäre sie bereits mehrmals gebrochen worden, was er jedoch mit seinem gewinnendem Lächeln wieder wettmachte. Er hatte schwarzes Haar.

„Du siehst gar nicht aus, wie Aidens Duplikat", bemerkte er mit tiefer Stimme.

„Ich glaube, Aiden verwechselt da was", erwiderte ich ungewohnt offensiv. „Gut dass die hier Englisch unterrichten." Das brachte die drei zum Lachen, während sich Aiden theatralisch an die Brust fasste.

„Und das von meinem eigen Fleisch und Blut. Quasi." Das sorgte nur für mehr Lacher und ich konnte nicht anders als einzufallen. Zusammen betraten wir die Cafeteria und stellten uns in die Schlange vor der Essensausgabe, während Aiden den anderen von unserem Treffen am Morgen erzählte.

„Steve ist übrigens auch im Footballteam", erzählte er während er sich wie selbstverständlich an einen leeren Tisch setzte. „Linebacker. Und Patrick ist der Star der Wrestlingmannschaft." Patrick sah verlegen auf die Tischplatte, widersprach jedoch nicht, während er sich setzte. Steve brummte zustimmend.

„Wieso sitzt du nicht bei den anderen aus der Mannschaft?", fragte ich und hätte mich am liebsten an Ort und Stelle selbst geohrfeigt. „Ich meinte nicht, dass ich dich loswerden will. Es ist nur... an meiner alten Schule..." Steve lachte nur trocken auf.

„Schon gut, dass ist eine berechtige Frage. Die meisten von uns sitzen dort hinten." Er nickte zu einer Gruppe beieinander stehenden Tischen, die offensichtlich von Sportlern bevölkert wurden. „Ich sage es mal so, ich bin in der Mannschaft und mit den meisten komme ich ganz gut aus, aber es gibt ein paar Arschlöcher, die ich nicht auch noch beim Mittagessen ertragen muss."

Sein Gesicht hatte einen harten Zug angenommen, der zwar zum Rest seiner grobschlächtigen Gestalt passte, jedoch nicht zu dem Jungen, den ich in den letzten Minuten kennengelernt hatte.

„Habt ihr mal wieder Streuner aufgelesen?" Ein Mädchen mit schwarzen Haaren ließ sich auf den noch freien Sitz fallen und unterbrach die Unterhaltung. Patrick grinste sie frech an.

„Der letzte Streuner, den wir aufgelesen haben, warst, wenn ich mich richtig erinnere, du." Sie grinste zurück.

„Und soviel Glück werdet ihr nie wieder haben. Also wer seid ihr?" Damit sprach sie Aiden und mich an. Sie trug ihre Haare kurz, war nicht geschminkt, was sie auch nicht nötig hatte, und trug schwarze Kleidung. Und sie verdrehte die Augen und fuchtelte vor unseren Gesichtern herum.

„Hallo, jemand zu Hause?" Endlich bemerkte ich, dass Aiden diesmal nicht für uns beide geantwortet hatte und sie nur unverwandt anstarrte.

„Das ist Aiden und ich bin James", übernahm ich schließlich die ungewohnte Aufgabe uns vorzustellen.

„Wir sind neu", führte Aiden schließlich verspätet hinzu. Das schwarzhaarige Mädchen lächelte uns freundlich zu.

„Da habt ihr aber Glück uns kennengelernt zu haben. Ich bin übrigens Lena."

„Steh mir nicht im Weg rum", sagte eine Stimme hinter mir, kurz bevor ich zur Seite gestoßen wurde und eine -- man konnte sie nur als Diva bezeichnen -- an mir vorbei stakste.

Ich hatte gerade meinen Stundenplan gemustert, um herauszufinden, welche Fächer ich morgen hatte, und war von dem Stoß überrascht worden. Zum Glück bekam ich den Griff eines Spindes zu fassen, bevor ich schmerzhafte Bekanntschaft mit dem Boden machte. Dennoch gab ich sicherlich kein allzu würdevolles Bild ab.

„Hey", rief ich der Diva hinterher, bevor sie um die Ecke biegen konnte. „Pass gefälligst auf, wohin du gehst." Die Diva erstarrte einen Moment, drehte sich langsam um und musterte mich mit zusammengekniffenen Augen.

„Kennen wir uns", fragte sie abfällig und kam ein paar Schritte auf mich zu. „Ich habe dich noch nie zuvor gesehen."

„Ich bin neu hier", antwortete ich und streckte den Rücken, wodurch ich sie ein gutes Stück überragte. Sie blieb einige Meter vor mir stehen und betrachtete mich misstrauisch, bis sie plötzlich ihren Mund zu einem zuckersüßem Lächeln verzog.

„Oh Verzeihung, dann weißt du natürlich noch nicht, wie die Dinge hier laufen", sagte sie in etwas, was sie vermutlich für einen freundlichen Tonfall hielt. „Ich bin Samantha Cooper und niemand streckt ungestraft seinen knochigen Arsch in meinen Weg."

Fassungslos starrte ich sie einen Moment an. Dieses Mädchen war unverschämt, ja, aber vor allem wirkte sie absolut lächerlich, wie sie dort stand, ihre Arme in die Hüften gestreckt und völlig von sich eingenommen.

Andererseits waren alle übrigen Schüler zurückgewichen und wagten es nicht sie oder mich anzusehen. Ein paar hatten sich sogar unauffällig verdrückt, jedenfalls schien der Gang deutlich leerer zu sein, als noch einige Augenblicke zuvor. Na Bravo, soviel zu dem Plan nicht allzu sehr aufzufallen.

„Ich weiß tatsächlich nicht wie es hier läuft", antwortete ich endlich und bemühte mich möglichst unbefangen zu wirken. „Aber da wo ich herkomme haben die meisten genug Anstand jemanden einfach zu bitten, beiseite zu treten, wenn er im Weg stehen. Und die anderen haben die Manieren sich wenigstens vorzustellen bevor sie handgreiflich werden und nicht erst danach."

Damit erntete ich ein paar überraschte Lacher, auch wenn nach wie vor kaum jemand wagte uns offen anzusehen, Samantha ließ jedoch ihr unglaubwürdiges Lächeln fallen und funkelte mich zornig an.

Sie schien einen Moment lang tatsächlich in Betracht zu ziehen mit fliegenden Fingernägeln auf mich loszugehen, zumindest las ich das aus der Mordlust, die in ihre Augen getreten war, dann schnaubte sie jedoch nur.

„Du hast Glück, dass ich wichtigeres zu tun habe", behauptete sie, warf die wasserstoffblonden Haare über die Schulter und stolzierte von dannen. Ich atmete tief aus und starrte einen Moment auf die Ecke hinter der sie verschwunden war.

Dann riss ich mich zusammen und wandte mich meinem Spind zu, um die Schulsachen, die ich nicht für die Hausaufgaben brauchte, in ihm zu verstauen. Dass Schloss war etwas klobig, aber immerhin war die Zahlenkombination, die ich im Sekretariat bekommen hatte gut einprägsam. Einen Augenblick später schwang die Metalltür auf.

„Das war Klasse", bemerkte plötzlich eine Stimme hinter mir. Diesmal folgte kein Stoß sondern ein helles Lachen. „Sam hat dringend einen Dämpfer gebraucht. Auch wenn sie dir das heimzahlen wird, soviel ist sicher."

Ich drehte mich um und stand vor einem Mädchen mit hellblonden Haaren, das fast so groß war wie ich. Daneben leicht versetzt stand eine etwas kleinere Rothaarige, die mich ein wenig scheu ansah.

„Ich bin Gabrielle und offiziell dein neuer Fan." Sie streckte mir die Hand hin. „Das ist Nora." Sie nickte zu ihrer Freundin, die sich immer noch im Hintergrund hielt. Ich ergriff die Hand ohne groß nachzudenken.

„Mein Name ist Emily. Da habe ich mich wohl etwas mitreißen lassen." Mein verlegener Blick brachte Gabrielle zum schnauben.

„Entschuldige dich bloß nicht, dass war besser als Fernsehen. Du solltest dich nur in Zukunft vor Samantha in Acht nehmen. Sie verzeiht nicht so schnell." Ich nickte.

„Danke für den Ratschlag. Dann ist sie vermutlich immer so unausstehlich?" Gabrielle zuckte mit den Schultern.

„Früher war sie anders. Dann kam sie im letzten Jahr mit Craig zusammen und stand plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das hat ihr offensichtlich nicht allzu gut bekommen."

„Offensichtlich", stimmte ich zu. „Und wer ist Craig?" Gabrielle verdrehte die Augen.

„Craig Gibson. Quarterback des Footballteams. Naja eigentlich nur zweiter Quarterback, aber er führt sich auf wie der Star der Mannschaft."

„Zweitklassiger Spieler, erstklassiges Arschloch", merkte plötzlich Nora an, was Gabrielle ein breites Lächeln entlockte.

„Immerhin ist er heiß", behauptete sie, was Nora sogleich erröten ließ. Ihr tadelndes „Gabe" überging die Blondine einfach.

„Jedenfalls steht unser erster Quarterback William Norris nicht so gern im Rampenlicht, also überlässt er es Craig sich aufzuspielen und weil die meisten Jungs im Footballteam Idioten sind, die gern einem Alphamännchen hinterherlaufen, kommt er damit durch."

Ich musste unwillkürlich an James denken und meinem Versuch ihn zu überreden diesem Footballteam beizutreten. Naja, er war mir nicht wie ein Idiot vorgekommen und falls doch, war das nicht wirklich mein Problem.

„Du bist also neu hier?", fragte Gabrielle nach einer kurzen Pause. „Woher kommst du?"

„Sacramento", erwiderte ich ohne zu zögern.

„Was um alles in der Welt, verschlägt dich dann in dieses bessere Kuhdorf", wollte Gabrielle wissen. Ich musste über die Bezeichnung Kuhdorf lächeln. Delltown mochte deutlich kleiner sein als Sacramento, aber bei 70.000 Einwohnern konnte man sicherlich bereits von einer Stadt reden.

„Gute Frage", antwortete ich schließlich ehrlich. „Meine Eltern haben vor ein paar Wochen verkündet, dass ein alter Freund von ihnen, von dem ich noch nie etwas gehört habe, gestorben ist und ihnen sein altes Haus vermacht hat."

„Krass", kommentierte Gabrielle.

„Warum verkauft ihr sein Haus nicht einfach?", fragte Nora.

„Das habe ich sie auch gefragt, aber anscheinend gibt es eine Klausel im Testament, die besagt, dass das Erbe nur dann vermacht wird, wenn wir dort einziehen."

„Das klingt rechtlich fragwürdig", behauptete Nora.

„Meine Mutter arbeitet als Anwalt, also wird es schon stimmen. Aber das ist nicht mal das schlimmste. Im Testament steht nämlich noch eine zweite Familie, die jetzt mit uns dort wohnt." Das Ganze war etwas aus mir herausgebrochen. Ich schob es auf meine Frustration.

„Krass", widerholte Gabrielle nur und ich konnte ihr nur zustimmen.

„Lohnt sich das Erbe, wenn ihr es teilen müsst. Klingt ziemlich... eng." Nora erwies sich mittlerweile meinem ersten Eindruck zum Trotz als die redseligere. Ich zuckte mit den Schultern.

„Das Haus ist ziemlich groß", gab ich zu. „Eher ein Anwesen. Außerdem sind die anderen scheinbar auch Kindheitsfreunde von meinen Eltern, auch wenn ich von ihnen genauso wenig gehört habe."

„Moment mal." Gabrielle entdeckte offenbar ihr Vokabular wieder. „Du redest doch nicht vom Grimes-Anwesen." Grimes. Der Name war mir tatsächlich bekannt. Wenn mich nicht allzu viel täuschte, hieß so der Mann der uns das Haus vererbt hatte. Norman Grimes.

„Ich glaube schon", antwortete ich also ehrlich. „Es ist ein Stück aus der Stadt hinaus im Wald, falls euch das was hilft."

„Krass!" Gabrielle enttäuschte die Hoffnungen, die ich in sie gesetzt hatte maßlos. Zum Glück fing sie sich schnell wieder. „Wenn du wüsstest, welche Geschichten es über dieses Haus gibt. Du musst uns unbedingt mal einladen."

„Mal sehen", sagte ich ausweichend. Die Mädchen waren nett, offensichtlich, vielleicht hatten wir das Potential Freundinnen zu werden, aber um ehrlich zu sein, war mir das riesige Anwesen etwas peinlich. Es war zu groß, zu prunkvoll, zu angeberisch. Es passte nicht zu mir oder meiner Familie und wenn ich darüber nachdachte, auch nicht zu James oder seiner Familie.

Während wir zum Parkplatz gingen erzählten sie mir einige dieser Geschichten und sie waren offensichtlich allesamt erfunden. Aber es machte durchaus Spaß sich vorzustellen, dass mein neues Zuhause etwas mystisches an sich hatte und nicht nur ein gewaltiges Haus war, dass mich von meinen Freunden und meinem gewohnten Leben in Sacramento fortgerissen hatte.

Auf dem Parkplatz wartete James bereits an den Zafira gelehnt auf mich. Ich blieb ein paar Meter von ihm entfernt stehen und zeigte auf den Wagen.

„Das ist mein Auto", erklärte ich und wollte mich verabschieden.

„Wer ist denn der Junge, der offensichtlich auf dich wartet", fragte Gabrielle und hob und senkte die Augenbraunen anzüglich. Ich warf einen schnellen Blick auf James, der zum Glück zu weit entfernt war um zu sehen, wie ich errötete.

„Das habe ich gesehen", rief Gabrielle lachend.

„Sie ist unmöglich", seufzte Nora, sah mich dann aber ebenso interessiert an.

„Also wer ist er?" Ich stöhnte innerlich aus. Ich musste die beiden eines Tages Sarah, Claud und Sandra vorstellen. Obwohl, lieber nicht, sie würden sich nur gegen mich verbünden.

„Er ist nur einer meiner neuen Mitbewohner", erklärte ich schnell, bevor ich sie auf mehr dumme Gedanken brachte. „Ich kenne ihn kaum, wir teilen uns nur das Auto." Gabrielle nickte mit einem breiten Grinsen.

„Natürlich." Jep. Sie würde sich super mit Claud verstehen.

„Langsam verstehe ich was Nora meint", behauptete ich. Damit brachte ich Gabrielle nur zum Lachen. Ich hob grüßend die Hand und ging in Richtung Wagen, bevor sie noch meinte tiefer bohren zu müssen. Immerhin folgten sie mir nicht. James schien gute Laune zu haben und begrüßte mich mit einem Lächeln. Das sollte er häufiger tun, sein Gesicht schien viel entspannter wenn er lächelte und seine Haselnussbraunen Augen leuchteten geradezu.

„Schon neue Freunde gefunden", fragte er und deutete mit dem Kopf auf die beiden Mädchen, die uns anstarrten.

„Zumindest nerven sie mich bereits wie meine alten", erwiderte ich und brachte ihn damit tatsächlich zum Lachen.

Die Fahrt zum Grimes Anwesen war kurz und ereignislos. Wir unterhielten uns ein wenig über die Schule, aber uns war beiden klar, dass wir uns ohnehin einer eingehenden Befragung stellen mussten, wenn wir ankamen, also wieso zweimal berichten.

Tatsächlich erstaunte es mich, dass meine Eltern nicht bereits an der Tür standen, als ich den Wagen auf dem Kiesweg abstellte. Sie warteten nicht einmal direkt hinter der Tür, stattdessen begrüßte uns der unverwechselbare Duft des Auberginen-Auflaufs meiner Mutter. Im Gegensatz zu meinen Vater konnte sie tatsächlich kochen, durch ihre Arbeitszeiten kam es allerdings selten vor.

Tatsächlich hatten sich bereits beide Familien in der Küche versammelt. Es schien mittlerweile entschiedene Sache zu sein, dass wir uns auf den Tisch dort beschränkten und nicht im Esszimmer aßen. Das fand ich irgendwie beruhigend.

Tatsächlich begrüßte uns mein Vater und James Mutter gleichzeitig mit den Worten „Wie war es in der Schule". Ich hielt mich davon ab die Augen zu verdrehen und tauschte nur einen kurzen wissenden Blick mit James.

Nach dem Essen verstreute sich die Menge zunehmend. James ging hinauf, um seine Schularbeiten zu machen, meine Mutter ging mit James Eltern in den Garten, um sich am Pool zu sonnen, nur mein Vater blieb mit Sofia und Chris am Tisch sitzen, um ein Brettspiel zu spielen.

Ich wäre gern mit nach draußen gegangen, um auf einer Liege zu entspannen. Ich hätte mich auch mit dem Brettspiel zufrieden gegeben, aber die Pflicht rief. Schicksalsergeben nahm ich meine Schultasche und war bereits auf halben Weg die Treppe hinauf, als mir etwas besseres einfiel. Ich ging zurück ins Erdgeschoss und dort in die Bibliothek, die ich beim gestrigen Rundgang entdeckt hatte. Wieso sollte man es nicht ausnutzen in einem Haus mit so einem Raum zu wohnen.

Ich nahm mir einige Augenblicke Zeit die hohen Regale abzuschreiten. Die Literatur war überraschend vielfältig. Philosophie, Fachbücher, aber auch dicke Gedichtbände, einige Klassiker und sogar moderne Belletristik. Widerwillig löste ich mich von dem faszinierenden Anblick, da ich wusste, dass ich mich sonst darin verlor, und setzte mich in einen der gemütlichen Ohrensessel, der vor einem breiten Schreibtisch lag.

Ich kramte einen Augenblick in meiner Tasche und entschied mich für den Anfang für die Aufgaben aus meinem Chemiekurs.

Als ich einen Blick aus dem Fenster warf, stellte ich erstaunt fest, dass es bereits dunkel war. Ich legte die ledergebundene Erstausgabe von Gullivers Reisen zur Seite und warf einen Blick auf mein Handydisplay. Es war bereits nach 11.

Etwas entsetzt stand ich auf. Ich trauerte bereits um den für mich verlorenen Schlaf. Das würde mich morgen früh, wenn ich aufstehen musste, um rechtzeitig zur Schule zu gelangen, sicherlich verfolgen.

Nachdem ich meine Schulsachen wieder in der Tasche verstaut hatte -- immerhin hatte ich alle Aufgaben erledigt, bevor ich dem Ruf der Bücher erlag -- löschte ich das Licht und trat in den Flur.

Das Haus war still um diese Zeit und das Mondlicht, das durch die Fenster fiel, warf unheimliche Schatten auf den Holzfußboden. Ich schaltete das Licht ein. Der warme Schein der Glühbirnen beleuchteten meinen Weg.

Meine Eltern hatten sich bereits darüber unterhalten die verschwenderischen Leuchtmittel durch LEDs auszutauschen. Auch wenn ich die Idee dahinter unterstützte, tat es mir für den Augenblick leid. Dieses warme Schimmern passte irgendwie besser zu dem alten Gebäude.

Ich huschte durch den Flur und stieg dann die Treppe hinauf in den dritten Stock. Ich wollte an James Zimmer vorbei zu meinem eigenen ein paar Meter weiter schleichen, als mich ein leises Stöhnen innehalten ließ.