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Phantom of my Opera

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»Irgendwie verhält der sich heute echt seltsam«, stellte Rayne fest, schluckte an ihrer herben Enttäuschung über seine unmissverständliche Abfuhr und wandte sich dann an Sawyer: »Hat er nie Lampenfieber?«

»Woher soll ich das wissen?«, gab Sawyer gedankenverloren zurück. Ihm war nämlich gerade aufgefallen, was hier so partout nicht zusammenpassen wollte...

Willow und Rayne tauschten einen irritierten Blick, aber bevor sie nachhaken konnten, hatte Sawyer weise bei sich beschlossen, seinem Zwilling umgehend zu folgen -- und ihm dabei endlich die Pistole auf die Brust zu drücken und zu fragen, welche Rolle er eigentlich im Stück abbekommen hatte.

Immerhin war er bei jeder Probe zwar anwesend, aber auch ständig unauffindbar gewesen... Spielte er überhaupt mit? Oder durfte er nur dazu herhalten, Sylvis löchriges Nervenkostüm sporadisch zu flicken und sie daran zu hindern, alles in Grund und Boden zu fauchen, wenn so kurz vor der Premiere alles wunderbar schief lief?

Allerdings waren Sawyers Vorsätze gegenüber seines Bruders prompt vergessen, kaum dass er einen Fuß in die Aula gesetzt hatte.

Zu behaupten, es herrschte das schiere Chaos, wäre die Untertreibung des Jahrtausends.

Vor der Bühne hatte über Nacht jemand sämtliche Altkleidercontainer im Radius von 50 Kilometern entleert -- anders konnte Sawyer sich dieses Desaster an Klamottenbergen einfach nicht erklären. Davor stand eine wild gestikulierende Sylvi, die munter sich gegenseitig widersprechende Befehle in alle Himmelsrichtungen brüllte und gerade den Lichttechniker anpflaumte, der nicht schnell genug vor ihrem Groll flüchten konnte. »Was soll schon wieder dieses bescheuerte Blau??? Wie oft soll ich euch noch erklären, dass ich für die erste Szene einen zarten Rosafilter will???«

Der bedröppelt dreinblickende Lichttechniker konnte Sawyer fast leidtun. Aber auch nur fast -- schließlich musste Sawyer seiner cholerischen Regisseurin im Stillen Recht geben. Das bläuliche Licht sah wirklich extrem krude aus zum Auftakt des Spiels, wenn im Prolog Christines Spieluhr versteigert wurde.

Unbemerkt huschte er an Sylvi vorbei und mogelte sich zur Garderobe durch, in der auf seinem Platz das Tüllkleid hing, das er bei der ersten Begegnung mit dem Phantom tragen würde. Seine anderen Kostüme waren weniger aufwendig zu pflegen, weshalb Whisper, die für die Garderobe verantwortlich war, sie zusammen mit den Kleidern der Ballettmädchen im großen Kostümschrank aufbewahrte.

Der Anblick des im Licht hübsch glitzernden Kleides verursachte einen heißen Stich in Sawyers Brust. Heute Nacht war es so weit -- dann würde ihm das Phantom nicht mehr entkommen. Dann würde er endlich wissen, wer ihm da so frivol sein Herz gestohlen hatte.

Bei dem Gedanken schlug sein Magen ohne Vorwarnung eine Kapriole.

»Ach, hier versteckst du dich!«

Sylvi. Kein Stück leiser als vorhin vor der Bühne, aber wenigstens ein minimales Bisschen weniger grantig. »Ich will, dass du in fünf Minuten in der Maske sitzt -- wir ziehen die Probe um eine halbe Stunde vor, weil irgendwer von der Schülerzeitung noch unbedingt vor der Premiere ein Gruppenfoto mit allen Schauspielern und ein kurzes Interview mit dir für die nächste Ausgabe haben will. Irgendwas von wegen mutig, so offen zu deiner Transsexualität zu stehen, bla bla bla. Ich hab gar nicht richtig zugehört. War aber auch nicht wichtig. Hauptsache, du erzählst ihm irgendwas, damit er endlich Ruhe gibt und mich nicht mehr mit seinen blöden Emails nervt.«

»Meine Transsexuali-... was? « Überrumpelt starrte Sawyer sie an. Das war jetzt aber nicht ihr Ernst. Oder?! Es war ja nicht so, als wäre er nicht schon genug neben der Spur -- der Verantwortung, in seinem kribbeligen Zustand auch noch irgendeinem dahergelaufenen Möchtegernjournalisten die Vorurteile gegenüber Transsexuellen zu nehmen, fühlte er sich einfach nicht gewachsen.

»Du machst das schon.« Zuversichtlich strich Sylvi ihm kurz über den Rücken, sah ihn dann mit glühenden Augen an. »Ich kann's kaum erwarten, dich heute Abend auf der Bühne zu sehen. In dich könnte ich mich echt verlieben, Principessa.«

Sprach's und war verschwunden. Perplex blinzelte Sawyer ihr nach. War das etwa grad...?

~

Um zwanzig Uhr war Sawyer fertig.

Fertig mit dem grenzdebilen Möchtegernjournalisten von der Schülerzeitung und dessen unsagbar dummen Fragen, fertig mit den Panikanfällen der Ballettmädchen, fertig mit seinen Nerven und vor allem fertig mit dem Rest der Welt.

WOAH. Hatten die heute denn restlos ALLE beschlossen, ihn ins Nirvana zu strapazieren?!

Ein Gutes hatte dieser Zustand allerdings: Seine lästige Situationsphobie war erfolgreich in die Flucht geschlagen. Wider allen Erwarten konnte Sawyer es inzwischen kaum noch erwarten, endlich auf der Bühne zu stehen und dem Backstagechaos wenigstens für den Moment zu entfliehen.

Und das Spiel lief entgegen dem negativen Herumgeunke diverser Schauspielerinnen und negativen Mutmaßungen diverser nichtiger Nebendarsteller wie geschmiert. Kaum dass die ersten Szenen im wahrsten Sinne des Wortes über die Bühne gebracht worden waren, schien das Eis in ihren Körpern zu schmelzen und das überall grassierende Lampenfieber gleich mitfortzuspülen -- Sylvies Schauspieler vollbrachten wahre Höchstleistungen und zogen das Publikum dabei immer tiefer in ihren Bann.

Inzwischen konnte Sawyer es kaum noch erwarten, endlich im Kitschkleid vor dem imposanten Schminktisch zu hocken, während das Phantom ihm seine Aufwartungen machte.

Endlich erlosch die Bühnenbeleuchtung und das Bühnenbild für Christines Ankleidezimmer wurde in Windeseile aufgestellt.

Mit wild gegen seinen Brustkorb sprengendem Herzen nahm Sawyer seine Position vor dem Schminkspiegel ein. Seine Stimme klang hell und klar, als er die ersten Töne anschlug.

Er spürte, dass alle Augen auf ihm ruhten und dass er, wenn er es geschickt anstellte, die Leute von ihren Stühlen bekam -- Standing Ovations waren dann auf jeden Fall drin, und damit war ihm auch Sylvis grenzenlose Zufriedenheit gewiss.

Versunken in den Anblick vom Spiegel, schob Sawyer sich die Rose vom Satinkissen ins Haar, betrachtete sich ausgiebig von allen Seiten -- und wirbelte erschrocken herum, sobald er das Phantom im Spiegel ausmachen konnte.

Still, mein Herz, so schlage doch langsamer!, schoss es ihm zynisch durch den Kopf. Dumm nur, dass sein Herz noch nie auf ihn gehört hatte und daran jetzt auch garantiert nichts mehr ändern würde. Schon gar nicht, wenn er so erbärmlich darum bettelte...

Sawyer atmete tief durch.

Okay, konnte los gehen, er war... zwar alles andere als bereit, aber wie schief konnte es schon laufen? Schließlich hatte er diese Szene schon gefühlte tausend Mal gespielt -- er war quasi ein Profi. Jawohl. Und daran änderten auch die dämliche Raupeninvasion in seinen Eingeweiden nichts, die das Phantom so perfekt unter seiner Kontrolle hatte.

Sawyer zählte stumm den Takt mit, erwischte seinen Einsatz im Auftakt auf »vier und« -- und war bald darauf komplett in seiner Rolle gefangen. Er würde es nicht mal über seine geschändete Leiche zugeben, aber Fakt war: Er liebte es, in Christines Charakter zu schlüpfen. Auf kitschige Art fühlte er sich von ihr... verstanden. Deshalb fiel es ihm auch nicht schwer, echten Schreck zu spielen, kaum dass er das Phantom still und leise im Spiegelbild bemerkt hatte.

Ihr balladenhaft angehauchtes Duett, untermalt vom schuleigenen Streichorchester inklusive Pianisten und Schlagzeuger, verfehlte seine Wirkung aufs geneigte Publikum nicht. Es fieberte begierig mit und hing nahezu an jeder Silbe, die das Phantom sang.

Als das Phantom schließlich vor Christine kniete und ihr kurz darauf den stürmischen Kuss raubte, ging ein schmachtendes Seufzen durch die ersten Reihen. Mit entrücktem Lächeln blickte Sylvi auf ihre beiden Hauptakteure. Auch vor ihr machte der Zauber von Musik und Schauspiel keinen Halt.

Sawyer bekam nichts von alledem mit.

Zu atemberaubend war dieses federweiche Kribbeln in seinem Innersten, das der Kuss jedes Mal mit gewissenhafter Standhaftigkeit in ihm verursachte -- für ihn existierte in diesem Moment kein hingerissenes Publikum, keine aufgeregt hinter der Bühne herumeumelnde Sylvi und erst recht kein Raum-und-Zeit-Kontinuum. Für Sawyer gab es einzig und allein das Phantom und dessen frech stupsende Zungenspitze, die gekonnt gegen die seine anfocht, jeder der beiden fest entschlossen, dem Anderen den begehrten Einlass in den Mund so schwer wie möglich zu gestalten.

Es musste wohl frivoles Schicksalsgeflecht sein, dass der Zufall gerade diesen Moment als passend auserkor, um in Sawyers Gedanken seinen Zwillingsbruder auftauchen zu lassen.

Preston, der ihm frech entgegen grinste.

Preston, der ihm tief in die Augen sah, während alles Andere schlagartig unwichtig wurde.

Preston, der sich quälend langsam in der Garderobe sein Lieblingsshirt vom Leib streifte, sodass Sawyer ein zugegebenermaßen verdammt heißer Exklusivanblick auf Prestons sportlich-muskulösen Oberkörper geboten wurde...

Selbstvergessen stöhnte Sawyer leise, aber für das Phantom deutlich vernehmbar in den Kuss: »Preston...«

Ein gezielter Schubs gegen Sawyers Brust, der den Schwarzhaarigen perplex zurücktaumeln ließ, beendete den Kuss abrupt.

Das Phantom starrte ihn ihn komischer Verzweiflung für einen Moment an, ehe er es für angebracht befand, Hals über Kopf mit ihm nachflatterndem Umhang hinter die Bühne zu verschwinden. Sehr dramatisch, das musste der Neid ihm lassen.

Gelähmt vor... - ja, was eigentlich? Schreck? Entsetzen? - blinzelte Sawyer ihm nach. Dann wurde ihm siedend heiß bewusst, wo er sich hier überhaupt befand -- nämlich nach wie vor mitten auf der Bühne, angestrahlt von einem Dutzend dösiger Kerzen und drei geschmackvoll gedimmten Moving Heads und angestarrt von einem gespannt den Atem anhaltenden Publikum.

In hanebüchener Improvisation, die den Rüffel von Sylvi sowas von rechtfertigen würde, rettete er sich eilig nach hinten in den Backstagebereich, wo er sich nach Atem ringend gegen die erstbeste Wand lehnte. Oh verdammt. Das würde Sylvi vermutlich überhaupt nicht gefallen. Aber sie konnte Sawyer gerade echt gestohlen bleiben. Sein viel akuteres Problem lautet: Was zur Hölle hatte er da gerade getan???

Ganz schlichte Antwort: Er hatte von seinem Zwillingsbruder fantasiert. Er hatte sich vorgestellt, es wäre Preston, der ihm diesen... diesen... diesen verdammt leidenschaftlichen, heißen Kuss stahl, der Sawyers Schritt JEDES -- verdammte -- Mal -- so -- hart -- spannen -- ließ... weshalb er auf Knien dankbar war für sein aufgebauschtes Rüschenkleid, unter dem man keinerlei verdächtigen Regungen erkennen konnte.

Stöhnend rutschte Sawyer an der angenehm kühlen Wand hinunter und vergrub sein glühendes Gesicht in einer Schicht glitzerndem Tüll. Oh Gott. Wie sollte er dem Phantom denn jemals wieder unter die Augen treten???

Das war doch abartig, sich zu wünschen, es wäre der eigene Bruder, der sich hinter der Maske des mysteriösen Phantoms versteckte...

Aber, realisierte Sawyer jäh, genau das tat er: Er hoffte inständig, dass Preston das Phantom war. Weil er... weil er Preston liebte. Mehr als er einen Bruder lieben sollte...

»Ich bin so abartig«, stöhnte Sawyer in einem Anflug von Selbsterkenntnis gedämpft in den Glitzertüll.

»Da kenn ich aber noch wen.«

Eine nur allzu vertraute Stimme.

Uwah!

Sawyer zuckte fürchterlich zusammen, hob grimmig den Kopf -- und wäre am liebsten sofort wieder im Tüll abgetaucht.

Das Phantom.

Was wollte DER denn jetzt hier?!

Gesellschaft, scheinbar. Ungefragt hockte er sich neben Sawyer auf den mit vergessenen Requisiten zugestellten Zwischengang, der Bühne, Maske und Garderobe miteinander verband.

Oh, und reden auch, allen Anschein nach.

Aber das konnte der knicken, das konnte der sowas von vergessen!

Sawyer biss sich auf die Unterlippe. »Hör zu, das eben mit dem Kuss, das...«

»...war bloß ein dummer Fehler, der nichts zu bedeuten hat?«

Sawyer hielt irritiert inne.

Erlag er da gerade einer Halluzination, oder klang das Phantom wirklich verletzt?

Er riskierte einen flüchtigen Seitenblick.

Tatsächlich, das Phantom imitierte seine niedergeschlagene Haltung gekonnt. Fast so, als sei er sein... Nein! Das war schlicht nicht möglich. Und zufällig war es auch geringfügig unerlaubt!

Eilig unterband Sawyer jeglichen weiteren Gedanken, der in die Richtung abdriften wollte.

Zu gefährlich, hielt er sich vor Augen. Ergo gar nicht gut!

»Woran hast du mich erkannt?«, fragte das Phantom leise.

...Moment mal. Was?

»Erkannt?«, echote Sawyer wenig intelligent. Die Fragezeichen standen ihm quer über die Stirn geschmiert. In grellpink und asynchron leuchtend.

Das Phantom lachte leise, was Sawyer einen warmen Schauer den Rücken hinunterjagte. Nicht drüber nachdenken, rief er sich zur Vernunft. Einfach ignorieren! Vielleicht würde es dann irgendwann von selbst aufhören... so in hundert bis tausend Jahren vielleicht...

»Als du meinen Namen in unseren Kuss gestöhnt hast, da ... da hätte ich auf der Stelle kommen können«, gestand das Phantom leise und starrte auf die gegenüberliegende Wand, als wären die dunklen Flecken darauf das Spannendste, was er je gesehen hatte.

Und in dem Augenblick realisierte Sawyer jäh, was den Gedanken an Preston auf der Bühne ausgelöst hatte: Er hatte den angenehm herben Geruch nach einem unaufdringlich riechenden Männerdeo erkannt, den das Phantom umgab und den für gewöhnlich nur zwei Menschen in Sawyers Umfeld ausströmten. Der eine war seine beste Freundin Morrigan, die das irgendwie sexy fand, nach einem dezenten Männerduft zu riechen, und die schon allein wegen ihrem Geschlecht als Verdächtige für die ungeklärte Phantom-Identität wegfiel.

Und der Andere war...

»Ach... du... Schande.«

Fassungslosigkeit war gar nichts im Vergleich zu dem, was sich auf Sawyers Gesicht widerspiegelte, als er endlich die Offensichtlichkeiten zusammenaddierte und dabei zu einem einzigen logischen Schluss kam.

Plötzlich ergab alles einen erschreckenden Sinn...

Aber das hieß auch... -

Aus einem Impuls heraus schwang er sich -- so gut das eben mit zehn Pfund an ausgesprochen sperrigem Tüll im Schlepptau ging -- auf den Schoß vom Phantom, drückte dessen Oberkörper hart gegen die Wand und legte ihm beinahe schon drohend eine Hand an die Maske.

Das Phantom starrte ihn bloß wortlos an, als wolle es Sawyer mit seinem Blick dazu provozieren, ihm die verdammte Maske endlich herunterzureißen.

Sawyer ließ sich auch kein zweites Mal darum anflehen, endlich diese unsägliche Dummheit zu begehen. Mit einem gezielten Zupfen löste er die Schleife seitlich vom Gesicht, welche die Maske am Verrutschen hinderte, woraufhin sie genau das tat und mit dumpfem Laut irgendwo zwischen Umhang und Polyvinylchloridfußboden landete -- und dann sah Sawyer sich mit zwei tiefbraunen Augen konfrontiert, die seinen eigenen auf so schmerzhafte Weise ähnelten: Prestons Augen.

Sein Zwillingsbruder erwiderte das stumme Flehen, das in Sawyers Blick lag, mit derselben Intensität an Hoffnungslosigkeit.

Und seien wir mal ehrlich: Genau das war ihre vertrackte Lage doch. Hoffnungslos. Sie waren schließlich Brüder, verdammt!

Es war falsch, sich ineinander zu verlieben.

Ganz furchtbar falsch...

Impulsiv zog Sawyer Preston an sich und drückte ihm mit der Inbrunst eines Verzweifelten seine Lippen auf den Mund. Preston erwiderte den harten, fordernden Kuss mit derselben Hingabe, mit der Sawyer seine feuchten Lippen bearbeitete.

In diesem Kuss lag eine solche Menge an aufgestautem Frust und Wut über die Ungerechtigkeit, sich in den eigenen Bruder verliebt zu haben, dass die Atmosphäre um sie herum schier loderte.

Ihre aufgestauten Gefühle suchten sich in diesem Kuss ihr dringend benötigtes Ventil. Denn nicht nur Sawyer fühlte sich vom Schicksal um sein Herz betrogen. Auch Preston haderte damit, ausgerechnet seinem Zwillingsbruder verfallen zu sein.

Vielleicht war es auch diese unsäglich kontraproduktive Resignation, die sie zu dem ausgesprochenen Verzweiflungsakt trieben, ohne groß darüber nachzudenken, einfach im Requisitenraum zu verschwinden, der linker Hand neben der Garderobe lag und den die nächsten fünfundzwanzig Minuten garantiert niemand betreten würde -- bald war Pause, und anschließend hatte Sylvi eine kleine Extraszene ins Textbuch geschrieben, um den Ballettmädchen, allen voran ihrer anderthalb Jahre jüngeren Schwester, einiges mehr an Bühnenzeit zuzuschustern. Hatte so seine Vorteile, die unangefochtene Regisseurin zu sein.

Nebenbei verschafften dieser kleine Schicksalskniff den Zwillingen Sawyer und Preston die Zeit, die sie beide so sehr wollten... und die würden sie ausnutzen, oh ja. Schamlos und ganz ohne Reue. Die Realität würde sie schon früh genug in Form von schlechtem Gewissen einholen. Aber sie hatten morgen Früh immer noch genügend Gelegenheit, sich darüber die Köpfe zu zerbröseln.

Preston drückte Sawyer gegen die geschlossene Tür, während er seinen Zwillingsbruder ungestüm küsste. Seine Zunge drang haltlos in Sawyers Mund ein, wurde rüde zurückgestoßen und unternahm gleich den nächsten Versuch, Sawyer in die Knie zu zwingen. Wortwörtlich. Aber den Plan hatte er ohne Sawyer geschmiedet, der ja im Traum nicht daran dachte, seinem Bruder einfach so den Triumph über ihn zu überlassen.

Wild stupste Sawyers Zunge zurück. Provozierte Preston zu härteren Maßnahmen. Mit einem Ruck hatte er Sawyers Handgelenke umschlossen und sie über Sawyers Kopf gerissen, um sie dort mit seiner rechten Hand festzupinnen.

Ein freches Grinsen spielte über Prestons Lippen, als Sawyer finster knurrte. Er konnte rütteln, soviel er wollte, Sawyer war wehrlos.

...und wo wir schon beim Thema »härtere Maßnahmen« waren: Frivol tastete Prestons linke Hand nun über das, was sich in Sawyers Schoß seinen Fingern entgegenbäumte und womit seine Gedanken schon viel zu oft beschäftigt gewesen waren.

Mit räudigem Blick sah Preston Sawyer in die Augen, in denen leises Verlangen glomm.

»Ich will dich«, hauchte Preston und ließ seinen dunklen Umhang zu Boden sinken.

Der Auftakt zu dem längst überfälligen Machtkampf, den Menschen nur in der Horizontalen ausfechten konnten -- beziehungsweise im Stehen gegen die Tür gedrückt, damit ja niemand auf die ausgesprochen blöde Idee kommen konnte, jetzt zu stören.

Preston löste sich abrupt von Sawyer und bevor diesem dämmern konnte, was Preston da tat, wurde er schon herumgewirbelt.

Preston hing nun quer über ihm, befeuchtete einen Finger mit der Zunge und drang dann in unerforschte Gefilde ein. Sawyer schrie erschrocken auf.

Das... ging auch sanfter, verdammte Axt.

Kurz darauf flutete ein angenehm bekannter Schmerz seinen Arsch. Der Schließmuskel protestierte anfangs noch gegen den eindringenden Fremden, entspannte sich aber erstaunlich schnell.

Über Prestons Lippen zuckte dieses wissende Grinsen. Er hatte längst geahnt, welchen Neigungen Sawyer nachging, wenn er sich in seinem Zimmer einschloss. Dankeschön für die Bestätigung.

Als Sawyers Atem wieder ruhiger ging, versenkte Preston den nächsten Finger in seinem Arsch. Erneut zuckte Sawyer zusammen, wimmerte leise. Er hatte gewusst, dass es wehtun würde, mehr als seine kleinen Spielzeuge... aber dieser Schmerz war unbeschreiblicher als erwartet.

Wie es sich wohl erst anfühlen würde, wenn Preston... - oh nein. OH NEIN. Den Gedanken schob Sawyer ganz ganz schnell wieder weg.

Als hätte er die Gedanken seines Zwillingsbruders aus dessen Augen herausgelesen, zog Preston langsam seine Finger aus Sawyer heraus, um stattdessen seine aufrecht stehende Härte anzulegen. Mit der anderen Hand verteilte er das angewärmte Gleitgel großzügig auf der vollen Länge.

Sawyer spürte Prestons samtige Spitze gegen ihn stoßen und kniff die Augen zu. Anspannung und Vorfreude fochten einen Machtkampf über die Oberhand in seinem Innersten aus. Schließlich gewann die Anspannung.