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Rameaus Geburtshaus

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Nach einer Ruhepause zeigte ein Blick auf die Uhr, daß wir heute sogar noch früher dran waren als gestern und noch Zeit für ein kulinarisch ausgefeiltes Abendessen hatten. Gastons Vorschlag, unsere nun schon recht tiefgehende Bekanntschaft mit Hummern oder Austern zu feiern, lehnte ich mit der wahrheitsgemäßen Begründung ab, daß mir diese Meeresviecher nicht schmecken, und so wählten wir eine burgundische Spezialität, deren Namen ich vergessen habe, aber, um ganz ehrlich zu sein, ein guter Rinds- oder Schweinebraten hätte mir wahrscheinlich noch besser geschmeckt.

Für den folgenden Tag entschuldigte sich Gaston vielmals, daß er keime Zeit für mich haben würde, denn es komme eine Delegation aus dem Pariser Unterrichtsministerium und alle Lehrer, die nicht verreist waren, seien in die Schule beordert worden -- aber wir könnten wohl uns wohl um vier Uhr Nachmittags bei den Drei Fasanen am Freiheitsplatz zum Essen treffen, er lade mich ein.

So schlief ich am Morgen lange und ausgiebig, badete, frühstückte in aller Ruhe und begab mich so genau um zwölf auf einen Stadtbummel. Es regnete nicht mehr, die Sonne kam zeitweise durch, es begann warm zu werden, aber ich hatte auf alle Fälle mein Reisekostüm angezogen. Irgendwann fiel mir ein, daß ich ja für meine Lieben daheim auch einige Mitbringsel kaufen sollte. In der Musikalienhandlung fand ich für meine Mutter einige Schallplatten mit Aufnahmen französischer Interpreten, die man in Deutschland wohl kaum finden würde, für Dieter kaufte ich in einem Warenhaus eine Garnitur äußerst knapper Slips: wir waren zu Beginn der warmen Jahreszeit übereingekommen, auf dem Unterwäschesektor mal etwas Gewagteres zu wagen, und Dieter würde sich nicht trauen, sich selbst solche Fummel zu kaufen. Tragen würde er sie sicher, wohl auch bei seinen gewissen Besuchen.

Und für Otto? Ein Buch! Ich stöberte in einer großen Buchhandlung, an der ich in den letzten Tagen schon oft vorübergegangen war, und fand bald etwas Interessantes: ein Buch über Umweltschutz in Frankreich. Das war genau das Richtige für Otto. Aber schon in der nächsten Sekunde fiel mir siedendheiß ein, daß ich von Otto ja so manches wußte, ihn auch schon mal -- man sollte es nicht glauben -- nackt gesehen hatte, aber so etwas Intimes wie, ob er Französisch könne, das wußte ich nicht. Aber ein Herr seines Alters, studiert, Beamter in hoher Position: wahrscheinlich konnte er auch Französisch, und so kaufte ich dieses Buch. Wenn Otto es nicht verstünde, würde ich es selbst lesen.

Darauf machte ich noch einen Abstecher in die Außenbezirke des mittelalterlichen Stadtkerns, entdeckte eine turmlose gotische Kapelle, die mir Gaston bisher vorenthalten hatte -- oder wahrscheinlich war es eines der Kirchlein, die er mir an jenem denkwürdigen Nachmittag vorgestern aus meinem Hotelzimmer gezeigt hatte. Ich spiralte allmählich zum Freiheitsplatz und erreichte ihn fünf nach vier von der den Drei Fasanen gegenüberliegenden Seite. Alsbald begann ein Herr an einem der draußen auf dem Platz stehenden Tische wild zu gestikulieren, und ich erkannte, daß es Gaston war. Es saß aber noch ein weiterer Herr an dem Tisch, und so winkte ich nur damenhaft mit abgezirkelten, kaum sichtbaren Bewegungen zurück, ging aber auf gerader Linie auf die Drei Fasanen zu. Das hätte ich vielleicht nicht tun, sondern lieber an den Hausfassaden entlanggehen sollen, aber ich hatte Glück: Keine der Tauben, die ich aufscheuchte, ließ etwas auf mich fallen.

Als ich an Gastons Tisch angekommen war, begrüßte mich dieser landesüblich mit Küßchen links -- rechts -- links und stellte mir seinen Begleiter vor: Es war Herr Lamazère, ein Dezernent aus dem Pariser Ministerium, den Gaston schon seit längerem kannte. Nachdem Gaston als "Madame Dr. Kerstin Knaack de Hambourg" vorgestellt und ich den "Doktor" wegkorrigiert hatte, sagte Herr Lamazère:

",Excusez, Madame, je ne parle pas l'Allemand.`"

Die Unterhaltung während des Essens kreiste, wie zu erwarten, um Schul- und Unterrichtsprobleme und verlief auf Deutsch, wovon der gebildete Herr Lamazère gar nicht so wenig verstand, auf Englisch, Italienisch, natürlich Französisch -- und Latein. Gaston kriegte von Herrn Lamazère einen Rüffel, daß er mich nicht zu den Besprechungen in der Schule eingeladen hatte, und ich nahm ihn in Schutz, ich sei ja schließlich auf eine Ferienwoche hier und wolle nicht unbedingt auch bei dieser Gelegenheit von solchen Problemen hören.

Bei dieser Unterhaltung war übrigens ich es, die mit Fragen nach dem deutschen Schulwesen gelöchert wurde. Meistens antwortete ich auf Deutsch, und Gaston übersetzte. Herr Lamazère konnte es nicht fassen, daß jedes Bundesland seine eigenen Lehrpläne habe, und ich konnte es nicht fassen, daß man in Paris beim Ministerium betteln mußte, wenn man Mittel für eine Klassenreise beantragen wollte. Gaston steuerte den tiefschürfenden Gedanken bei, daß es im Endeffekt egal sei, ob man das beantragte Geld von der drei Kilometer entfernten Schulbehörde oder von dem dreihundert Kilometer entfernten Ministerium nicht bekäme.

Das Essen war vorzüglich, das Gespräch ein wenig langweilig, dauerte aber über zwei Stunden, bis sich der hohe Herr aus Paris entschuldigte und in sein Hotel gehen wollte. Ich sollte wohl nicht, aber ich verstand einiges von dem, was Gaston Herrn Lamazère zuflüsterte, nämlich die augenblickliche Rangfolge der ,maisons closes` in Dijon.

Darauf gingen wir zu Fuß nach Hause, wo wir wohl schon Auguste antreffen und in den "normalen" Tagesablauf eintreten würden. "Normal" bedeutete für mich: so wie in den ersten Tagen bei den Durands. Und wirklich: Auguste fuhr vor, als Gaston und ich auf das Haus zusteuerten. Es gab ein stürmische Begrüßung und eine hektische Diskussion, wer welche von Augustes Einkaufstüten aus dem Auto ins Haus schleppen sollte. Wir Frauen kriegten es hin, daß Gaston fast alles zu tragen bekam, was er gutmütig lächelnd bewerkstelligte. Uns einander auf die Füße tretend verstauten wir die Sachen im Eisschrank und in der Speisekammer, und nach wenigen Minuten saßen wir in den Sesseln, mit Saftgläsern bewaffnet, und begannen, unsere Erlebnisse zu erzählen. Auguste hatte mehrere Notfälle in der Klinik, und wir beiden erzählten von unseren Besichtigungen, unseren Mahlzeiten, einiges von unseren Gesprächen und -- nein, davon nichts. Auguste hakte nicht nach, obwohl große zeitliche Lücken in unserem Bericht ja offensichtlich waren.

Mir rutsche es dann noch heraus, daß ich heute auch Geschenke gekauft hatte, und natürlich wollten die lieben Durands gleich sehen, was das war. Es gelang mir, die Slips für Dieter in den Tiefen meiner sackartigen Tasche vor den beiden zu verbergen, und so "bekam" Dieter das Buch über den Umweltschutz.

"Kann Dieter denn Französisch?"

"Ja, das kann er", sagte ich wahrheitsgemäß.

"Dann mußt du ihn mal mitbringen, wenn du nochmalherkommst!"

"Wird gemacht, Chef!"

Als letztes zeigte ich die Platten für Mama, und als Auguste bald darauf aufstand, um in der Küche das Abendessen vorzubereiten, umarmte sie mich und sagte leise etwas, das ich als ",Tu es une bonne fille, une très bonne fille!`," verstand.

Um so mehr fiel ich aus allen Wolken, als in der Küche -- ich half Auguste beim Putzen des Salats, und Gaston kämpfte im Wohnzimmer mit einer zu öffnenden Weinflasche -- Auguste in leisem, aber sehr scharfem Ton zu mir sagte:

",Tu as couché avec Gaston, n'est-ce pas!?`"

Ich wurde puterrot, versuchte etwas zu stammeln, aber bevor ich ein Wort herausbekam, fuhr Auguste fort:

",Surtout, que tu saches: Gaston ne m'abandonnera jamais de la vie, jamais! Ne te berce pas d'illusions!`"

Es gelang mir nicht, auch nur ein sinnvolles Wort herauszubringen, aber meine Gestik sagte wohl klar genug, daß ich nicht die Absicht hatte, Auguste ihren Gaston wegzunehmen, denn als sie mit dem Arrangement der Käseplatte fertig war und diese ins Wohnzimmer tragen wollte, berührte sie sanft und wieder mit einem Lächeln meinen Arm.

Und das Abendessen verlief wieder in herzlicher und gemütlicher Atmosphäre. In nichts, aber auch gar nichts wurde auf Gastons und meine ,liaison` Bezug genommen, von der nun alle wußten. Nur ich hatte mich von dem Angriff in der Küche -- war es überhaupt ein Angriff oder nur eine Warnung? -- noch nicht erholt, aß wenig und wurde gerade von Auguste immer wieder freundlichst dazu aufgefordert, kräftig zuzulangen.

Nach dem Essen spielte ich wieder einen ,ordre` von François Couperin, aber schon beim Spielen kam mir der Gedanke, meine aufgewühlten Gefühle mit einem anderen Stück auszudrücken. Ich fragte:

"Habt ich nicht vielleicht auch Noten von Bach -- die Englischen Suiten oder das Wohltemperierte Klavier?"

"Ja, das müßte hier irgendwo sein", sagte Gaston und begann im Notenregal zu kramen. Bald wandte er sich mit einem Notenstapel auf dem Arm wieder mir zu und sagte:

"Hier ist, glaub ich, alles: Suiten, Toccaten, Inventionen -- und hier das Wohltemperierte Klavier."

Ich wählte eines meiner Lieblingsstücke, ja: eigentlich mein Lieblingsstück: Präludium und Fuge in fis-moll aus dem zweiten Teil. Das Präludium mit seinen schier unendlich langen Melodiezügen spielte ich in verhaltenem Tempo, aber bei der Fuge legte ich ein teuflisches Tempo vor, brauchte es nach der Hälfte des Stückes beim Einsatz des dritten Themas mit seiner Sechzehntelbewegung kaum zurückzunehmen, spielte das Stück auch -- vom Wein enthemmt und angefeuert -- ohne gravierende Fehler zu Ende, sah schon bei einem Blick von den Noten, wie die Durands fasziniert mein Spiel verfolgten und erntete schließlich frenetischen Beifall. Diese Fuge hat aber auch einen ,drive`.

"So haben wir dieses Stück noch nie gehört", meinte Gaston.

"Habt ihr das Stück überhaupt schon einmal gehört? Diese Präludien und Fugen werden ja selten gespielt, die in den schwierigen Tonarten schon gar nicht."

"Ja, du hast recht, eigentlich kennen wir das Wohltemperierte Klavier nur von den Platten von Glen Gould. Er spielt diese Fuge nicht so schnell, wenn ich mich richtig erinnere."

Bevor mich Gaston wieder zum Hotel brachte, erntete ich von Auguste noch eine innige Umarmung und ein ",merci pour le concert!`"

Wir gingen den mir jetzt schon wohlbekannten Weg zu Fuß, da kein Taxi in der Nähe zu sehen war, und als wir vor dem Hotel standen, verständigten wir uns mit einem minimalen Kopfnicken, daß Gaston noch kurz zu mir raufkäme. Also hinderte Augustes Wiederauftreten in unserem Tagesablauf nicht eine Vertiefung unserer intimen Bekanntschaft.

Wir konnten uns nicht an der Rezeption vorbeischleichen, denn ich mußte meinen Schlüssel entgegennehmen. Der Portier reichte ihn mir mit absolut unbewegter Miene, obwohl ich ersichtlich zu nachtschlafener Zeit mit einem offensichtlich fremden, ja, hierorts als verheiratet bekannten Mann auf mein Zimmer verschwand. Allerdings war dieser Mann hierorts wohl schon von ähnlichen Gelegenheiten her bekannt, ging es mir durch den Kopf. Ich müßte ihn doch mal darauf ansprechen.

Aber nicht heute abend. Heute abend genoß ich, nachdem die Zimmertür hinter uns ins Schloß gefallen war, seine Wärme in einer innigen Umarmung, während der er mich aufs Bett schmiß und sich auf mich. Aber nur für eine Sekunde. Dann setzte er sich neben mich -- unsere Beine baumelten noch über die Bettkante -- und tat etwas, von dem wohl jeder pubertierende Junge träumt, was man aber in späteren Liebesjahren als Mann nicht mehr so oft tut, da man auch andere Methoden der Annäherung aufs Intime kennt: Er griff mir herzhaft unter den Rock. Zwar lag das erste Ziel dieses klassischen Griffs, die zu früheren Modezeiten noch nicht sichtbaren Knie, bei meinem modisch kurzen Kostüm Gastons begehrlichen Blicken und Händen frei, aber meine Schenkel erforschte er schnell, aber gründlich bis zum Anschlag. Er lächelte mich selig und voller Stolz auf seine Liebeskünste an, als er die Feuchtigkeit dort spürte.

Schnell entledigten wir uns unserer Kleider, schnell fielen wir nackt übereinander her, schnell befriedigten wir unsere nun schon seit über vierundzwanzig Stunden aufgestaute Lust, und doch kosteten wie dieses Quickie bis auf die Neige aus. Ein Widerspruch? Nicht für uns!

Zu dieser Neige gehörten doch auch einige Kuschel-Minuten "danach". Während ich spürte, wie Gastons reichliche Hinteralassenschaften das bis dato makellose Bettuch befleckten, sagte ich:

"Auguste weiß von uns."

"Ja, das war kaum zu vermeiden; ich bin für sie ein offenes Buch -- sie für mich aber auch."

"Wie meinst du das?"

"Na, wie wohl? Ich hab den deutlichen Eindruck, sie hatte dieser Tage auch Besuch von ihrem Galan."

"Arbeitet er auch in der Klinik? Kennst du ihn?"

"So viele Fragen auf einmal! Er ist Elektro-Ingenieur und hatte die Installationen in der Klinik unter sich. Später hat er sich mit einer Elektro-Firma selbständig gemacht. Er betreut immer noch die Klinik und hat auch bei uns schon Reparaturen gemacht. Ja, ich kenne ihn; er heißt Serge."

"Auguste hat mir gesagt, du verläßt sie nie und ich soll mir keinerlei Hoffnungen machen. Sag ihr bitte auch nochmal, daß ich keinerlei Absichten habe, dich ihr wegzunehmen."

"Ich hab gehört, daß Auguste in der Küche leise mit dir gesprochen hat, ich konnte aber nichts verstehen, hab mir aber so was gedacht. Na klar, es bleibt eine Ferienaffäre -- du bist doch nicht traurig darüber?"

"Ich? Nö! Das ist doch schon viel mehr, als ich vor der Reise hoffen konnte. -- So, jetzt solltest du dich aber anziehen und nach Hause entschweben -- sonst denkt Auguste noch, du testest die ,maisons closes`!"

"Das hast du auch gehört?"

"Und verstanden, du Schlawiner! -- Und morgen früh?"

"Ich komme so gegen zehn, dann frühstücken wir und fahren los."

"Und wie machst du das mit den Rädern?"

"Ganz einfach: Ich fahre auf einem und schiebe das andere dabei neben mir her."

"Aber wäre es nicht einfacher, ich käme zu euch raus?"

"Ja, das wäre auch schön. Dann komm um zehn, wir frühstücken alle zusammen, und vielleicht können wir ja Auguste doch noch dazu überreden mitzukommen."

Hmm -- Auguste -- ja -- ja, warum eigentlich nicht?

Gaston hatte wohl meine Gedanken erraten und beeilte sich zu sagen:

"Ich glaube nicht, daß Auguste mitkommen will, schon gar nicht nach einer so anstrengenden Woche wie dieser."

Mit diesen letzten Worten war Gaston wieder fertig angezogen und ich ließ ihn, selbst "unsichtbar" nackt hinter der Tür stehend, aus dem Zimmer.

Obwohl es spät war, nahm ich noch ein Bad und legte meine Sachen für den nächsten Morgen bereit: bauchfrei mit hurzem T-Shirt und knappen Jeans-Shorts, dazu einen Jeans-Rock, den ich umnehmen konnte, wenn mein sonstiger Dress für eine Kirchenbesichtigung vielleicht nicht schicklich genug sein sollte.

Nachdem ich am Morgen etwas spät aufgewacht war, machte ich mich in Windeseile fertig, suchte noch ein etwas längeres T-Shirt heraus, überhaupt und wenn das erste zu sehr verschwitzt sein sollte, packte dies alles in meine sackartige Tasche und machte mich auf den Weg zu dem Haus der Durands. Das Wetter war sonnig, aber nach den Regentagen noch nicht zu heiß: ideales Ausflugswetter.

Der Frühstückstisch war auf der Terrasse in der Sonne gedeckt, Gaston auch schon reisefertig in einem khaki Hemd und knielangen khaki Shorts, dazu eine Baseballmütze, mit der er putzig aussah. Ich mußte ihn doch necken:

"Willst du nicht doch noch eine Krawatte umbinden?"

Auguste, angetan in einem fest zusammengeschnürten, aber recht durchsichtigen Négligé, mußte lachen und sagte:

"Du hast auch schon gemerkt, daß sich Gaston gern hyperkorrekt anzieht! Mir gefällt das."

"Mir auch."

"Ach, ihr beiden hübschen, dann sehe ich doch wie ein Offizier in den Kolonien aus!"

"Fehlt nur noch der Tropenhelm", sagte Auguste und fuhr an mich gewendet fort: "Nimmst du nichts auf den Kopf?"

"Das tu ich nie."

"Es wäre aber doch besser, es könnte ja recht warm werden. Komm, ich geb dir hier noch eine weiße Kappe."

Wir ließen uns das Frühstück in aller Ruhe schmecken. Gaston entwickelte seine geplante Fahrtroute; die Namen der Dörfer sagten mir nichts, aber in dreien von ihnen würden wir romanische Kirchen besichtigen können und in einem sei ein Vier-Sterne-Restaurant, das im Michelin leider nur zwei Sterne habe und deshalb zum Glück nicht so überlaufen sei: Dort könnten wir essen und überlegen, ob wir noch weiterfahren oder umkehren wollten.

Beim Sitzen war Augustes Morgenmantel etwas auseinandergefallen und gab den Blicken ihre etwas fleischige Kniepartie preis. Gaston verteilte seine Männerblicke gerecht auf diesen schönen Anblick und meine fast ganz nackten herrlichen Wanderbeine. Ja, diesen Ausdruck, der bei fast allen meinen bisherigen Liebhabern auf verläßliche Weise zunächst Unverständnis verursacht hatte, den mußte ich bei Gaston auch noch ausprobieren. Gelegenheit dafür würde noch sein.

Wie erwartet, hatte Auguste heute keine Lust auf sportliche Betätigung, sondern wollte den freien Tag lieber zu Hause genießen, vielleicht sogar noch etwas Schlaf nachholen, "der ist auch in der Nacht etwas kurz gekommen" -- aha!

Gaston gab seiner Auguste einen lieben Kuß, dann holte er zwei Räder aus dem Schuppen, zwei achtundzwanziger, also große, Herrenräder. Er schraubte mir den Sattel etwas niedriger, weil ich sonst mit meinen zwar herrlichen, aber nicht allzu langen Beinen nicht bis an den tiefsten Punkt der Pedale gelangt hätte, erklärte mit die Zwanzig- oder Dreißig-Gang-Schaltung, ließ mich auf der stillen Villenstraße etwas üben, und dann ging's mit einem "Viel Spaß!" seitens Augustes los.

Wir fuhren ein Stück auf der vielbefahrenen Nationalstraße, aber bald zweigte eine kleine Seitenstraße zu dem ersten Dorf mit der ersten romanischen Kirche ab. Da weit und breit niemand zu sehen war, holte ich meinen Rock nicht raus und ging "so" in die Kirche. Als wir wieder ins Freie traten, kam uns der Priester entgegen, grüßte uns freundlich, verlor kein Wort über meine Aufmachung, fragte uns, wie uns die Kirche gefallen habe -- und gab uns zum Schluß doch Ratschläge, welche Priester der Nachbardörfer sich an meinem Dress vielleicht ein wenig stoßen könnten. Schließlich entließ er uns mit guten Wünschen auf die Weiterfahrt.

Wir fuhren auf stillen Straßen und Wegen von Dorf zu Dorf, besichtigten hier eine Kirche, dort eine alte Mühle, tranken einen Saft, genehmigten uns ein Eis, wir konnten fast immer nebeneinander fahren, und ich mußte Gaston des öfteren mahnen: Sieh doch auf den Weg und nicht auf meine Beine!" Wir landeten bei dem Zwei- oder Vier-Sterne-Restaurant, das nur wenig besucht war, und aßen fürstlich.

Als sich das Mahl dem Ende zuneigte, fragte Gaston:

"Sollen wir nun noch zum nächsten Dorf fahren -- dort wäre eine besonders schöne gotische Kirche und daneben ein Restaurant, da konnten wir unter den Linden Kaffee trinken --, oder sollen wir umkehren?"

"Wie weit ist es denn zu diesem Dorf, und wie weit ist es nach Hause?"

"Zum Dorf noch sechs oder sieben Kilometer, nach Dijon von hier zwanzig oder zweiundzwanzig."

"Dann würde ich sagen: Kehren wir um. Ich bin zwar von zu Hause längere Wanderungen gewohnt, aber nicht mehr das Radfahren. Können wir uns aber nicht auf dem Rückweg irgendwo noch etwas sonnen?"

"Doch -- doch -- das können wir: Dann nehmen wir den Weg durch die Apfelplantagen, der ist nur um zwei oder drei Kilometer weiter, aber da können wir uns unter den Bäumen oder in der Sonne -- sonnen -- schönes Deutsch das!"

"Wie recht du hast, so machen wir's!"

"Und das nächste Dorf können wir vielleicht auch morgen anlaufen, wenn wir vielleicht alle zusammen, auch mit Auguste, nach Langres fahren."

"Ach ja, das steht ja auch noch auf dem Programm -- ich freu mich schon!"

So wählte Gaston am Dorfausgang nicht den Weg links, sondern den Weg rechts, der leider nicht nur drei Kilometer länger, sondern auch erheblich bergiger war, aber uns durch die Obstplantagen führen sollte. Von der zweiten Höhe schon sah man in der Ferne die vielen Bäume, aber ich jammerte und jammerte und quälte mich die Steigungen rauf, bis mich Gaston freundlich, aber bestimmt zurechtwies:

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