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Seraphime 01

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„Weil du du bist, und ich bin ich." Sein Blick glitt über ihre Hand, ihren Unterarm, ihre Narben. Ihren Hals entlang, über ihre Lippen bis zu ihren Augen, in denen er versank.

„Du bist viel zuviel Gentleman." sagte sie. Dann ließ sie los, und Markus ging schweren Herzens.

Er wartete, bis sie sicher schlief, dann holte er sich mit ihrem Gesicht vor seinem inneren Auge dreimal einen runter, bis er endlich Ruhe hatte. Verdammt, seine Traumfrau hatte sich angeboten, und er lehnte ab. Aber er wusste auch, dass es richtig war.

Montags war er lange im Büro, viel länger als geplant. Mit einem mulmigen Gefühl kam er in die Wohnung. Seraphime war den Tag über alleine gewesen, er konnte nur hoffen, dass sie noch da war. Vielleicht war er auch etwas von seinen Gefühlen verblendet, und von der idealisierten Gestalt, die sei für ihn hatte, aber er hatte keinerlei Angst um seine Sachen, nur um sie.

Seraphime war noch da. Nicht nur ihre Haare sahen besser aus, sie trug das Top und wirkte weniger angespannt. Unsicher sah sie ihn an. „Ich war alleine unterwegs und habe mir noch ein paar Sachen gekauft, um meine Haare in Ordnung zu bringen, und... naja, wenn ich noch ein paar Tage da bleibe..."

„Das ist völlig in Ordnung, dafür habe ich das Geld ja hingelegt." Er schnupperte. „Hast du gekocht?"

Ja, hatte sie. Und weil sie nicht genau wusste, wann er kommt, hatte sie Gulaschsuppe aufgesetzt, die besser wird, je länger sie köchelt. Das Kochen brachte ein Stück einer Normalität in ihre Gedanken, die sie schon lange nicht mehr kannte.

Dass Markus die nächsten drei Tage Zeit für sie hatte, freute Seraphime. Die Gespräche am Abend blieb aber auf ihrer Seite vage. Sie spürte selbst, dass es auf Dauer schwer würde, ein einseitiges Erzählen aufrecht zu erhalten. Aber sie brachte es nicht fertig. Obwohl er einer der wenigen war, die sich für sie einsetzten, als sie mit ihrem Freund wegging. Und er schon früher immer wieder mal für sie da war.

„Nimmst du mich wenigstens mal in den Arm?" fragte sie am Ende der Woche schüchtern. Es erschien ihr immer noch so fremd, so irreal, dass sie seit einer Woche von der Straße war. Bei Markus, dem besten Freund ihres Cousins, den sie schon ihr halbes Leben kannte. Als sie Abitur machte, hatte er schon seine kleine Softwarefirma und finanzierte damit sein Studium. Aber er war damals ein uninteressanter Nerd. Nett und hilfsbereit, ja, aber nicht mehr. Sie fand den adrett gekleideten Kerl deutlich anziehender, der keinen Zweifel an seinem starken Willen ließ und sie mit sich nahm und ihr allen Spaß der Welt bot.

Es fühlte sich gut an, wie Markus seine Arme um sie legte. Ehrlich. Sicher. Ein Moment der Geborgenheit. Zu schön, um wahr zu sein. Mit so einer Umarmung fing damals alles an. Der Gedanke raste wie ein Schock durch sie, sie stieß Markus zurück, zuckte vor sich selbst zusammen und kniete sich im Reflex hin, erwartete... was? ‚Er ist nicht so, er wird mich nicht schlagen!' dachte sie. Aber Jahre der Konditionierung ließen sich nicht so schnell abwerfen, schon gar nicht nach einem dreiviertel Jahr auf der Straße. Sie wollte nie wieder so sein... und kippte zitternd zur Seite, wo sie zitternd liegenblieb.

Perplex starrte Markus sie an. Nach ein paar Schrecksekunden kniete er sich und nahm das bebende Häufchen Elend in den Arm. Dann hob er sie hoch und trug sie auf die Couch.

Irgendwann brach es aus ihr heraus. Es war damals so toll, sich keine Gedanken machen zu müssen. Ihr Freund kümmerte sich um alles, er gab ihr Halt, Sex, und etwas, das sich für sie wie Liebe anfühlte. Er hatte Geld, irgendwo her, und so war sie nicht mehr auf ihre Familie angewiesen. Tagsüber studierte sie, nachts feierten sie, sie vögelte mit Männern und Frauen, hatte eine Geliebte, Camille, das Leben war eine nie enden wollende Party. Kurz nach ihrem Bachelor war sie nochmal bei ihrer Familie, ihre Geliebte war dabei, es kam prompt zum Eklat und sie wurde hinausgeworfen.

Dann, kurz vor dem Beginn ihres Masterstudiums, verschwand er. Nach ein paar Tagen tauchte seine Leiche auf, es wurde nie aufgeklärt, was geschah. Seraphime stürzte total ab, verstieß die wenigen, die sich interessierten, nur ihre Freundin blieb unbeeindruckt und ließ sich nicht vergraulen. Dann geriet sie an den Falschen. Schneller als sie es bemerkte, hatte er sie in eine Abhängigkeit gedrängt. Camille wollte sie herausholen, fast hätte Seraphime den Absprung geschafft. Nur fast, er manipulierte sie geschickt. Sie hielt es in ihrem Schmerz für eine gute Idee, wieder alle Verantwortung auf jemand anders abzugeben, und ihre Geliebte wollte sie nicht. Es war einfach in ihr drin, ihre Veranlagung. Und dann kam er, der sie kurz umwarb und dann an sich nahm. So geriet sie in die Abwärtsspirale und tat bald alles, was von ihr verlangt wurde. Sie lernte Gehorsam, auf eine unschöne Weise, bis sie akzeptierte, dass sie nicht mehr sich selbst gehörte. Manchmal war es ihr bewusst, dann ritzte sie sich, fügte sich Schmerz zu und hatte kurze Momente der Erkenntnis. Und immer wieder schob er sie zurück in den Sumpf.

Und dann begehrte sie auf, rastete aus, als man ihr nach Jahren in Selbstaufgabe ihr herzförmiges Piercing entfernen wollte. Das einzige, was sie noch hatte, was sie noch an ihr Leben erinnerte. Das war der Weckruf, sie brach aus sich heraus, biss dem „Gast" halb seinen Schwanz ab, der ihr die letzte Erinnerung nehmen wollte, nachdem er sie geschlagen und wund gefickt hatte. Er machte sich daran zu schaffen, sie zerrte an ihm, zappelte wild, schlug und schrie, und er hielt es für eine gute Idee, ihr seinen Schwanz in den Mund zu stecken, um sie ruhig zu bekommen. Am nächsten Morgen wurde sie wie ein Stück Dreck irgendwo abgeladen, halb tot geprügelt. Alleine und nur mit dem, was sie am Leib hatte. Seitdem schlug sie sich auf der Straße durch. Sie existierte nicht mehr, hatte niemanden mehr, nicht einmal ihre Familie wollte noch etwas von ihr wissen. Als sie dort anrief, legte ihre Mutter einfach auf, bevor mehr als ihr Name heraus war.

„Ich habe schreckliche Dinge getan!" heulte sie in Markus' Armen.

Markus blieb die ganze Nacht bei ihr und hielt sie fest. Irgendwann schlief er ein. Er erwachte, als sie nackt vor ihm saß, sein Ding im Mund. Bevor er etwas sagen konnte, saß sie schon auf ihm und ritt ihn. Er wollte aufhören, es schien ihm so falsch wie nur irgendwas. Aber, verdammt, es war Seraphime! Seit sie da war, wichste er jede Nacht mit ihrem Gesicht vor seinen Augen, und nun wurde es wahr.

Seraphime sah ihn an. Sie hatte viele Männer und Frauen beim Sex gesehen. Sie sah seinen inneren Zwist, und auch, dass er den Sex nicht ablehnte. Sie führte seine Hände an ihre Hüfte. „Lass sie da!" Seine Hände waren so warm und anders, fest und irgendwie doch sanft hielt er sie. Sie legte eine Hand über sein Gesicht, sie wollte ihm nicht in die Augen blicken dabei. Es dauerte nur kurz, er kam viel schneller, als sie es erwartete. Die Art, wie er ihren Namen stöhnte, war so... anders, als sie es erwartete. Eigentlich hatte sie gar nicht erwartet, ihren Namen zu hören.

Als er wieder aufwachte, war Seraphime fort. Auf der Theke lagen die Schlüssel, dabei ein Zettel. „Danke für alles" stand darauf.

Fünf Minuten später suchte er im Auto die Straßen ab. Maximal zwei Stunden Vorsprung waren eigentlich nicht viel, aber es reichte. Er fand sie nicht. Auch nicht in der sicheren Unterkunft für Obdachlose, da hatte er zuerst gesucht. Nachmittags trommelte er seine Mitarbeiter zusammen, soweit er sie erreichte. Für irgendwas musste seine Cyber Security Firma doch gut sein. Sonntags abends fanden sie Seraphime rund 150km entfernt, sie tauchte in den Überwachungskameras einer Tankstelle eines ihrer Kunden auf. Es war nicht wirklich legal, sie so zu suchen, aber das war ihm in dem Moment egal. Im weitesten Sinne gehörten solche Tests zu ihrem Auftrag, wenn man alles ein bisschen zurecht bog.

Zwei Stunden später stand er vor ihr, sie wollte gerade in einen LKW steigen.

„Was willst du noch von mir?" fragte sie leise.

„Warum bist du gegangen?"

„Was soll ich noch bei dir?" Ihre Lippen bebten. „Du weißt jetzt, was aus mir geworden ist, ich habe dir gegeben, was du wolltest."

Er runzelte die Stirn. „Blödsinn. Das einzige was ich will ist, dir zu helfen."

„Hey, lass die Nutte, ich habe sie schon bezahlt!" rief der LKW-Fahrer und stieg aus. Seraphime sah Markus an. ‚Siehst du, was ich bin?' stand in ihrem Blick.

„Ich geb' dir die Kohle, und leg noch was drauf, wenn du wieder in deinen LKW steigst." meinte er.

„Vergiss es." knurrte der Typ und wollte sie wegzerren. Markus drängte ihn ab, da schlug er zu.

Markus hatte das kommen sehen. Sein ganzes Studium über hatte er Kampfsport an der Uni getrieben, und danach auch immer noch, wenn auch weniger intensiv. Nun kniete der Fahrer vor ihm am Boden und stöhnte, sein Arm war hinter seinem Rücken hoch gebogen. „Also, wie ist das nun? Ich gebe die die Kohle, den Bonus aber nicht mehr. Die Alternative ist ein ausgekugelter Arm und eine Anzeige. Hmm?"

„Ok, ok" stöhnte der Trucker.

Seraphime hatte die kurze Aktion mit großen Augen verfolgt. „Du... willst wirklich, dass ich mit dir komme? Trotz dem hier?"

„Ja"

Zurück in der Wohnung brachte er ihre Sachen wieder in ihr Zimmer. Dann nahm er sie an die Hände und blickte sie an. „Hör mal, es ist mir egal, was war. Du kannst hier bleiben, so lange du willst."

Bevor Seraphime etwas erwidern konnte, legte er ihr einen Finger auf die Lippen. „Erst zur Ruhe kommen. Nachdenken. Morgen reden wir. So lange bleibst du auf jeden Fall!"

Er wachte mitten in der Nacht auf, als er sie in der Küche hörte. Daran hatte er gar nicht gedacht, er war so abgelenkt, dass er keinen Hunger verspürte. Und nun grummelte sein Magen auch.

Sie unterhielten sich bei dem kleinen Mitternachtssnack. Seraphime lächelte bald ein wenig. Sie war inzwischen vorsichtig und tat sich schwer, an das Gute zu glauben. „Und du willst wirklich keine Sex?"

Was sollte er darauf antworten? ‚Am besten die Wahrheit, oder nahe dran...' beantwortete er sich die Frage selbst. „Nicht aus Dankbarkeit oder Pflichtgefühl. Nur, wenn du es wirklich willst, und dann lass es langsam angehen, bis du dir sicher bist."

„Aber da ist doch nicht viel dabei?!"

‚Wenn du wüsstest...' es stand alles in seinen Augen geschrieben, aber sie erkannte nicht. „Jein. Ich will nicht, dass du denkst, ich nutze dich aus."

Die nächsten Tage verbrachte Seraphime wie in einer Art Trance, bis sie akzeptieren konnte, dass sie wirklich aus dem Sumpf heraus war. Markus war ganz Gentleman, und mehr als ein kurzes In-den-Arm-nehmen bekam sie von ihm nicht. Es gab Momente, da hätte sie schon... aber es schien ihr selbst mehr ein Reflex zu sein, wie früher. Die Gespräche taten ihr gut, meist war er ein guter Zuhörer. Er erfuhr mehr über sie und verstand nun wenigstens ein bisschen, was in ihr vorging. Sie verlor nach und nach weitere Vorbehalte und öffnete sich immer mehr. Verwundert stellte sie fest, dass sie begann, ihm zu vertrauen.

Ab und zu kam sie zu ihm und setzte sich neben ihn, schmiegte sich an und genoss die Wärme seiner Umarmung. Sie spürte seinen Puls, und auch, dass er manchmal erregt war, aber er machte keine Anspielung, und sie wusste auch nicht, wie sie damit umgehen sollte. Ausziehen und sich als Gefälligkeit ficken lassen war früher, dieses Leben war für sie vorbei, hatte er ihr klar gemacht. Zumindest, so lange sie bei ihm wohnte.

Er wollte sich mit ihr um einen Ausweis kümmern. Sie hatte keinen mehr, existierte praktisch nicht mehr. Der Gedanke, vor einem fremden Beamten ihr Leben auszubreiten, war ihr zuwider. Die Vorstellung daran ließ sie zittern und heulen, also ließen sie es vorerst.

In der dritten Woche wurde sie endlich ruhiger. Sie fand in seinem Arbeitszimmer die „Telefonbücher". Analysis I und II, die uralten Ausgaben aus dem vorigen Jahrtausend. Generationen von Studenten hatten sich über das blöde Format der beiden Bücher geärgert, B4 übergroß, schwer und in jeder Tasche schlecht zu tragen. Irgendwann lange vor Markus' und ihrer Zeit gab es neue, kleinere Ausgaben, aber die alten Dinger wurden noch lange weitergereicht. Der Inhalt war ja statisch, und die alte Rechtschreibung den MINT-Studenten oft egal. Vier unterschiedliche Handschriften fand sie, und drei Namen. Der letzte war Markus. Sie nahm eine Notiz vom Kühlschrank und verglich sie mit den Anmerkungen in den Büchern. Es war ihre ganz eigene Methode, seine Denkweise zu ergründen.

Markus fand sie in die Telefonbücher vertieft auf dem Boden sitzend, mit Block und Papier voller Gekritzel und Notizen. Erschrocken fuhr sie hoch. „Ich habe... es ist Mathematik..." Sie hatte versprochen, zu kochen, und alles über die Bücher vernachlässigt. Fast hätte sie sich hingekniet, der Reflex war noch immer da, wenn sie dachte, etwas falsch gemacht zu haben. Markus kam aber schnell genug zu ihr herunter und legte seinen rechten Arm um sie, als er ihre Bewegung ahnte. Das war das erste Mal, dass er das von sich aus tat, seit er sie wieder eingesammelt hatte.

„Es ist schön, dass du etwas gefunden hast, was dir gefällt."

Kurz lehnte sie sich an ihn, dann wollte sie aufstehen. Markus stoppte sie. „Lass dich nicht von mir abhalten. Ich mache uns was zu essen." Aber er stellte fest, dass er dazu keine Lust hatte.

Seraphime konnte ihre Gedanken nicht mehr aufnehmen und kam zu ihm in die Küche, in der er rat- und lustlos herumstand. „Essen gehen?" fragte er. Ihr Lächeln war Antwort genug. Sie einigten sich auf Asia-Buffet. Auf dem Weg dahin schob er sie wieder in einen Modemarkt. „Du brauchst noch ein paar Teile." Gerne hätte sie widersprochen, aber es gab schlicht keine Argumente. Es war ihr nicht recht, dass er Geld für sie ausgab, aber sie hatte kein eigenes. Diesmal blieb sie an der Kasse dabei.

Sie trugen die Tasche ans Auto, Markus wollte nicht vollgepackt ins Restaurant. Im zweiten Anlauf führte er sie einen anderen Weg. „Das Asia-Restaurant ist dort vorne." erklärte er ihr mit einem Grinsen.

Kurz vor dem Restaurant blieb er stehen. „Hier hinein bitte." sagte er bestimmt. Es war der Laden einer anderen Modekette. Mittelklasse, und etwas besser als der große Markt.

Seraphime zögerte. Markus lächelte, sein Blick ließ keinen Widerspruch zu, als er ihr die Tür öffnete. Sie betrat das Geschäft mit einem kleinen Schauer, der ihr über den Rücken lief. Zwei Gedanken rangen miteinander. ‚ich will nicht, dass es wieder losgeht!' und ‚ein paar schöne Sachen wären wirklich gut'. Und ganz tief in ihr drin seufzte sie auf.

Zögerlich sah sie sich um. Es war fast fünf Jahre her, dass sie das letzte Mal in so einem Laden eingekauft hatte.

„Du traust der Sache immer noch nicht?" fragte er leise hinter ihr und sah ihr schwaches Kopfschütteln.

„Du hättest lieber etwas Praktisches, Warmes?" Sie nickte leicht, immer noch kein Wort herausbekommend.

Er drehte sie zu sich. „Vorschlag: eine Bluse, ein, zwei Tops, und eine schöne Mütze. Ich halte mich zurück, du suchst aus. Und morgen gehen wir eine robuste, warme Hose und eine dazu passende Winterjacke kaufen. Deal?"

Markus sah es in ihr arbeiten. Ihre Augen bohrten sich wieder in ihn. „Deal" sagte sie. Eine andere Sache, die sie schnell und mit einiger Verwunderung herausgefunden hatte war, dass er ihrem Blick nicht lange widerstehen konnte.

Es war eigenartig, er blieb wirklich in der Männer-Abteilung, sie war nur mit der Verkäuferin zugange. Ein wenig Schiss hatte sie an der Kasse, sie hatten kein Budget ausgemacht. Aber er zahlte einfach, nahm die Tasche und sie gingen endlich essen.

Der geplante Einkauf fiel wegen eines dringenden Geschäftstermins aus. Er kam mittags nach Hause, packte schnell ein paar Sachen und war schon wieder weg für die beiden nächsten Tage. Sie war nun zum ersten Mal längere Zeit alleine in seiner Wohnung.

„Um 3 Uhr kommt jemand für dich, eine Überraschung." sagte er am nächsten Tag, als sie um die Mittagszeit einen kurzen Videochat hatten. Seraphime war ein wenig bange. Solche Ansagen waren in den letzten Jahren nie angenehm ausgegangen. ‚Er wird nichts böses vorhaben' sagte sie sich immer wieder vor. „Alles wird gut." Nervös öffnete sie die Tür, als es klingelte.

Eine brünette Frau kam hereingehüpft, deutlich jünger als sie. „Hi, ich bin Jeanette. Bist du heute mein Opfer?" sprudelte sie fröhlich hervor. Seraphime zuckte zusammen und wollte schon flüchten. „Ach herrjeh, da hat Markus ja nicht übertrieben, da war ja ewig kein Friseur mehr dran!" und schon hatte sie ihre Hände in Seraphims zotteligen Haaren. Flucht vereitelt! Seraphime atmete auf, er hatte ihr eine Friseurin bestellt, der Fluchtreflex verschwand wieder.

Eine Stunde später stand Seraphime vor dem Spiegel und heulte. Ihre langen rotblonden Haare sahen toll aus und fielen in leichten Locken herab. Wie oft hatte sie mit einer Schere in der Hand in irgendeiner Toilette gestanden und es nicht fertig gebracht, sie abzuschneiden? Sie war immer stolz auf ihre langen Haare, es war eines der letzten schöne Dinge, die sie noch hatte.

Jeanette wusste gar nicht, was los war und hatte schon Angst, irgendwas falsch gemacht zu haben.

„Nein, alles gut, es ist nur..." Seraphime schluckte „so schön habe ich schon lange nicht mehr ausgesehen" Sie griff nach Jeanette und drückte die überraschte Friseurin an sich. „Danke"

Diese Nacht schlief sie in Markus' Bett und wünschte sich, er wäre da.

Als er zurückkehrte erwartete sie ihn mit einem Abendessen und Nachtisch. Es war das pure Klischee, aber was hatte sie sonst für Möglichkeiten?

Markus reichte es schon, sie glücklich zu sehen. Und die zwei Stunden, die er sie beim Fernsehen im Arm halten durfte, bedeuteten ihm mehr als alle Restaurantbesuche der Welt.

Seine Hand lag auf ihrem Arm. Wie gerne hätte er ihre Schulter geküsst, ihren Nacken, aber er beherrschte sich.

Und Seraphime wagte auch nicht mehr. Es fühlte sich inzwischen etwas anders an, wenn sie in seiner Nähe war.

Und, er hielt Wort und ging mit ihr robuste Kleider einkaufen.

In der folgenden Woche kümmerten sie sich um ihre Papiere. Auf dem Rückweg von seinem Geschäftstermin machte er einen Abstecher bei ihren Eltern vorbei. Egal, was er ihr versprach, sie musste wieder an einen Pass kommen, und da führte kein Weg an Dokumenten vorbei. Ihre Mutter blockte völlig ab, als er sich nach ihr erkundigte, um die Lage abzuchecken. Aber ihr Vater machte sich Sorgen, immer noch. Er nahm ihn beiseite und sagte ihm, dass sie in Sicherheit war, nicht mehr. Es reichte ihrem Vater schon zu wissen, dass sie bei Markus war und versprach, es für sich zu behalten. Er übergab Markus eine Abstammungsurkunde und einen alten Reisepass, den sie noch zuhause liegen hatte. Damit, und mit einer Menge Papierkram, beantragte Seraphime neue Papiere und zog offiziell bei Markus ein. Sie existierte wieder.

Die Bürokratie war ihr unglaublich unangenehm, aber zum einen war sie nicht alleine, und zum anderen ließ ihr Markus einfach keine Wahl. Er hatte schnell gemerkt, dass sie sich ein Stück weit führen ließ, gerade wenn sie unentschlossen war, oder gehemmt. Und genauso merkte er auch, wie es danach in ihr arbeitete.

Und wie es in ihr arbeitete! Ihre leicht unterwürfige Ader hatte ihr die ganze Scheiße eingebrockt, in der sie steckte. Sie wollte es nie wieder, und nun war sie doch wieder abhängig, und auch ihr gelegentliches Verlangen, sich führen zu lassen, kam hier und da wieder durch. Sie zitterte in solchen Augenblicken vor Angst, schwankte zwischen Flüchten und Bleiben.

Sie blieb.

Die nächste Zeit brachte eine gewisse Routine. Sie kümmerte sich ein wenig um den Haushalt und viel um die Mathematik. Als Markus von einem Problem erzählte, das sie zu knacken hatten, stieg Seraphime in das Thema ein. Während er es ihr erklärte, rekapitulierte er nochmal die Thematik und durchdachte das Problem von einer anderen Seite, und für sie war es die perfekte Ablenkung von trüben Gedanken. Und zusammen ergaben sich neue Ansatzpunkte. Er nahm sie nach ein paar Tagen mit in sein Büro und sie begann, sich dort richtig in die Materie einzuarbeiten. Seine Mitarbeiter hießen sie willkommen und waren natürlich neugierig auf sie. Anfangs fühlte es sich für sie ein wenig eigenartig an, welche Blicke sie ab und zu wahrnahm. Was sich nach ein paar Tagen aber gab. Sie schob es auf die Situation, schließlich wussten sie, wo er sie aufgegabelt hatte. Auf seinem Schreibtisch stand ein Foto von ihr, das er in den ersten Tagen mit dem Handy gemacht hatte. Sie wunderte sich ein wenig, dachte aber nicht weiter darüber nach.