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Sex in Serie S1E05

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Erst nach einer Viertelstunde traute sie sich aus ihrem Versteck. Verstohlen warf sie einen Blick um die Straßenecke in Richtung Hexenhaus. Möglichst unauffällig näherte sie sich dem Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ihre Hände krampften sich nervös in die Jackentaschen. Lara wechselte vom Bürgersteig auf den Parkplatz einer Baufirma, die dort ihr Gelände hatte, und postierte sich zwischen zwei geparkten LKW. Direkter Blick aufs Zollamt. Leider war der Geruch kaum angenehmer als hinter den Mülltonnen, denn die LKW stanken, als hätte man auf ihnen einen faulenden Sumpf transportiert. Lara hätte fast laut gequiekt, als eine Ratte die Straße überquerte und vor ihr im Gestrüpp verschwand. Was machte sie nur hier? Frierend, verängstigt, in der schlecht riechenden Nacht auf einem Baumaschinenparkplatz? Wenn sie ihre Mutter gefragt hätte, wo sie sich unter keinen Umständen herumtreiben sollte, wäre die Antwort wohl genau dies hier gewesen.

Was sie ausharren ließ, war Julia. Die taffe Julia aus der Romeo-und-Julia-Saga, die sie den ganzen Tag über mit Spencer und Zoe überarbeitet hatte. Julia musste sich auch verstecken, Freunde und sogar Familie ausspionieren und deren finsteren Machenschaften aufdecken. Und das, obwohl Julia von Haus aus nicht mutiger war Lara, sondern sich stets nach Romeos starken Armen sehnte. Diego kam Lara in den Kopf. Wäre er jetzt hier, würde sie sich nicht fürchten. Auch ihr Ex-Freund Ben könnte willkommene Unterstützung sein. Er war stets pragmatisch und bekam Situationen besser in den Griff als Lara. Aber leider war sie allein.

Da! Am Zollamt öffnete sich die Tür. Die Hexe streckte den Kopf heraus und blickte sich suchend um. Lara ging in die Hocke und spähte zwischen den niedrigen Büschen hindurch. Die Hexe verschwand wieder, dafür tauchten zwei andere Gestalten auf. Beide zogen sich Mützen tief ins Gesicht, als wollten sie darunter verschwinden, aber die zweite setzte ihre Mütze erst auf, als sie bereits auf der Straße war. So konnte Lara einen Moment lang ihr Gesicht und die blonden Haare sehen, die im Licht glänzten, das aus der offenen Tür fiel.

Eine Frau. Bei ihrem Anblick breitete sich ein unbestimmtes, mulmiges Gefühl in Laras Magengrube aus. Warum nur? Was missfiel ihr an der Frau? Sie hatte das dumpfe Gefühl, dieses Gesicht zu kennen, konnte es aber nicht einordnen. Hatte sie die Frau schon einmal in Zoes Nähe gesehen? Laras Neugier siegte. Sie verließ ihren Beobachtungsplatz, den sie ohnehin satthatte, und folgte den beiden. So verlor sie zwar Zoe aus den Augen, aber zumindest hatte sie eine neue Fährte.

Zu Beginn musste sie höllisch aufpassen, da die beiden sich mehrfach umschauten, als fürchteten sie, verfolgt zu werden. Lara fühlte sich in ihrer Vermutung bestätigt, dass es hier nicht mit rechten Dingen zuging. Warum sonst benahmen sich die beiden wie flüchtige Verbrecher?

Nachdem sie ein paar Mal abgebogen waren, schienen sich die beiden sicher zu fühlen. Laut schnatternd strebten sie der Straßenbahn zu, ohne sich weiter umzusehen. Lara verringerte den Abstand und schaffte es schlussendlich sogar, noch in die Straßenbahn zu springen, die gerade einfuhr, als die Verdächtigen die Haltestelle erreichten.

Laras Herz klopfte bis zum Hals. Sie stand keine zwei Meter von den beiden entfernt, die sich in einer Sitzgruppe gegenübersaßen. Bisher wendete Lara ihnen den Rücken zu. Sollte sie sich umdrehen? Einen besseren Blick konnte sie sich nicht wünschen -- allerdings wäre sie für die Verdächtigen ebenso gut zu erkennen.

Sie holte ihr Smartphone aus der Tasche und tat, als lese sie intensiv die neuesten Messages. Den Kopf tief nach unten gebeugt, drehte sie sich um. Die Bewegung mochte den beiden auffallen, doch so übers Telefon gebeugt, war ihr Gesicht nicht zu erkennen. Erst nach einer Weile blickte sie kurz auf. Nein. Sie musste sich getäuscht haben. Noch ein rascher Blick. Das konnte nicht wahr sein!

Lara musste ein drittes Mal hinsehen, bis sie ihren Augen traute. Die eine Gestalt saß mit dem Rücken zu Lara. Ihr gegenüber erkannte sie wieder die blonde Frau, bei deren Anblick ihr spontan mulmig geworden war. Jetzt wusste sie auch, wen sie da vor sich hatte. Das breite kaukasische Gesicht war ebenso unverkennbar wie die üppige Figur. Svetlana. Ihre Jeans-Jacke hatte sie um die Taille zugeknöpft, darüber sprengte der Busen förmlich die Knöpfe.

Ausgerechnet Svetlana, diese blonde Kuh, mit der Ben sie betrogen hatte! Deretwegen er jetzt ihr Ex-Freund und nicht mehr ihr Freund war. Die Welt schien sich zu drehen und in einen Strudel zu verwandeln, der Lara in unheimliche Tiefen hinab zog, wo sie niemand schreien hörte.

Was zur Hölle hatte Svetlana mit Zoe zu tun? Was verband die beiden, außer, dass sie Lara das Leben schwermachten? Dass die eine ihr den Freund und die andere ihr den Job wegnehmen wollte? Gab es eine Verschwörung, die es speziell auf sie persönlich abgesehen hatte?

Die Bahn hielt. Als Svetlana beim Aussteigen an Lara vorbeimusste, brach Lara kalter Schweiß aus. Sie kroch förmlich in ihr Smartphone hinein, um nur ja nicht erkannt zu werden. Der Geruch von billigem Parfum wehte sie an, als Svetlana, den drallen Hintern schwenkend, ausstieg. Dann war die Gefahr vorbei. Aufatmend lehnte sich Lara mit geschlossenen Augen an die Trennwand hinter ihr, sobald die Bahn anfuhr. Puh, das war knapp.

Sie öffnete die Augen - und blickte frontal die zweite Gestalt an, die auf Svetlanas Platz gewechselt hatte. Eine rothaarige Frau, deren Sommersprossen sich auf der Nasenspitze ballten, was ihr ein katzenhaftes Aussehen verlieh. Lara erstarrte. Mist. Ertappt. Aber die rothaarige Katzenfrau wandte nur gelangweilt den Blick ab und schaute aus dem Fenster.

Auf dem Fußweg von der Bahn nach Hause suchte Lara immer wieder nach Erklärungen. Es konnte doch unmöglich Zufall sein, dass ihre beiden größten Feindinnen unter einer Decke steckten! Da sie Svetlana nicht zutraute, ihr bei D-ream nachzuspionieren, blieb nur eine Erklärung: Zoe musste Svetlana gefunden und kontaktiert haben. Erst gestern, nachdem Zoe von Laras Beförderung erfahren hatte? Kaum vorstellbar. Oder -- Lara überlief es eiskalt bei dem Gedanken -- hatte Zoe sie etwa schon die ganze Zeit im Visier? War Zoe ihr stets einen Schritt voraus und sie, Lara, nie die Verfolgerin gewesen, sondern von Anfang an die Verfolgte?

Als sie die Haustür öffnete, wünschte Lara sich, Julia zu sein. Dann würde jetzt Romeo auf sie warten und nicht nur ein kaltes Bett.

***

Montagmorgen saßen sie in einer Art Stuhlkreis in Diegos Büro: die beiden männlichen Hauptdarsteller der kommenden Streaming-Serie Love-me-Tinder zusammen mit Kendra, dem weiblichen Star und Lara. Lara hatte sich zwar vorbereitet, so gut es ging. Trotzdem war ihr schon wieder unbehaglich zumute, denn in einem der männlichen Darsteller erkannte sie niemand anderen als Jörg, den sie heimlich beim Sex mit Julia aus der Romeo-und-Julia-Saga beobachtet hatte. Das erklärte zumindest, warum Jörg nicht in der Besetzungsliste von Romeo-und-Julia stand.

„Was macht sie hier?" Jörg nickte mit dem Kinn zu Lara hinüber, die plötzlich panische Angst bekam, er könne bemerkt haben, wie sie ihm über die Trennwand der Dusche hinweg beim Sex zugesehen hatte.

„Sie wird uns helfen, diese lausige Serie erfolgreich zu machen." Diego war auf dem Kriegspfad. Anstatt sich hinzusetzen, tigerte er durch den Raum. „Ich habe mir das Material angesehen, das wir bisher im Kasten haben. Was glaubt ihr, wie ich es finde?"

Betretenes Schweigen in der Runde. „Sag du's ihnen", forderte Diego Lara auf.

„Uninspiriert." Sie fand es unfair, dass er sie vorschob.

„Langweilig", bestärkte Diego, „und unerotisch. Sex and the City war zehnmal besser. Und seitdem ist eine Menge passiert. The L-Word. Fifty Shades of Grey. Archer. Wir sind nicht auf der Höhe der Zeit."

„Wir waren uns doch einig darin, nicht auf die SM-Schiene zu gehen", wehrte sich Kendra. Lara bewunderte die Schauspielerin, seit sie ihr vorhin zum ersten Mal begegnet war. Allein schon, wie Kendra auftrat! Sie bewegte sich in Stretch-Jeans und engem weißem Top so geschmeidig, als wäre es ein Sportdress. Ihre hohen Hüften und der eher flache Po streckten ihre Figur optisch. Kendras Brüste waren nur mittelgroß, standen aber ausgesprochen keck von ihrem schlanken, drahtigen Körper ab. Nur die lockigen blonden Haare, die sie ständig nach hinten warf, gaben dem sportlichen Look etwas sanft Feminines.

„Leichte Unterhaltung", betonte Kendra. „Wie damals bei Sex and the City."

„Schwachsinn!" Diego trat mit solcher Wucht gegen einen leeren Stuhl, dass der laut polternd in eine Ecke flog. "Wenn ich das schon höre, leichte Unterhaltung! Wir müssen die Zuschauer bei den Eiern packen. Sie aufwühlen, große Gefühle erzeugen. Liebe, Angst, Lust, die ganze Palette. Ist das klar?" Er spuckte den Schauspielern die Worte regelrecht ins Gesicht. „Hört auf, nur irgendwas zu spielen. Ihr müsst wirklich fühlen, was der Charakter fühlt, den ihr darstellt. Nur dann seid ihr glaubhaft."

Diego ließ sich kopfschüttelnd auf den letzten freien Stuhl fallen und winkte entnervt zu Lara hinüber. „Erklär du es ihnen."

„Kendra." Lara setzte sich kerzengerade auf und versuchte, professionell zu wirken. „Wie siehst du Deine Rolle? Was ist ihre Ausgangssituation?"

Kendra bewegte sich keinen Millimeter. Ihre grünen Augen fixierten Lara mit einem Blick, der signalisierte: „Ungeziefer wie dich zerquetschte ich mit dem kleinen Zeh. Mühelos. Eine meiner täglichen Yoga-Übungen."

„Kendra?" Diego hakte nach.

Unwirsch zogen sich ihre Mundwinkel nach unten. „Das hatten wir doch schon x-mal. Ich bin Single und auf der Suche nach Mr. Right. Meine beste Freundin hat ihren Lover über Social Media kennengelernt, also versuche ich es auch damit. Lerne gleich auf Anhieb Jörg kennen, der perfekt für mich wäre. Aber weil ich ihn über Tinder kontaktiert habe, traue ich dem Braten nicht. Glaube, dass er nur mit mir ins Bett will, aber nichts Festes. Also suche ich weiter. Finde Khan -- it's a match. Er ist mir zwar unheimlich, zieht mich aber auch an. Ich kann mich zwischen Jörg und Khan nicht entscheiden und tindere deshalb weiter, kehre aber immer wieder zu den beiden zurück."

Diego legte die Fingerspitzen aneinander und führe sie an seine Lippen. „Jetzt bitte Deine Version, Lara."

Sie räusperte sich. Saß immer noch kerzengerade und schaute Kendra an, obwohl deren verächtliche Blicke sie einschüchterten. „Du bist Single und liegst sexuell schon zu lange auf dem Trockenen. Vielleicht machst du dir vor, den Mann fürs Leben zu suchen, aber deine Hormone suchen einen Mann fürs Bett. Deine beste Freundin hingegen ist verheiratet und hat neuerdings zusätzlich eine Affäre, die sie übers Internet managed. Du bist rasend eifersüchtig auf Deine Freundin, weil sie gleich zwei Kerle an der Angel hat, während bei dir überhaupt nichts läuft. Deshalb willst du unbedingt zu Tinder. Um zu beweisen, dass sich die Männer um dich reißen."

Lara holte Luft. Sie merkte genau, wie unruhig Kendra wurde, deren Augen zwischen Jörg und Khan hin und herwanderten, um zu sehen, ob einer von ihnen Lara zustimmte.

„Auf Tinder triffst du Jörg und hast Sex mit ihm. Er wäre der richtige Partner für dich, jemand, der langfristig zu dir passt. Aber jetzt bist du auf den Geschmack gekommen. Warum sich mit einem Typen begnügen, wenn es bei Tinder so viele gibt? Wenn sogar deine beste Freundin sich nicht mit einem einzigen Mann zufriedengibt? Also tinderst du weiter und findest Khan. Er ist anders als Jörg. Dunkler. Geheimnisvoller. Kein Mann zum Heiraten, aber einer, dem du hoffnungslos verfallen könntest."

Lara schaute kurz zu Diego rüber. Er lächelte versonnen und nickte ihr zu.

„Du tinderst weiter, um von Khan loszukommen. Eigentlich ist es keine Flucht vor ihm, sondern vor der dunklen Seite in dir selbst, die sich Khan bis zur Selbstaufgabe unterwerfen möchte. Du suchst nach jemandem, der ebenso aufregend ist wie Khan, aber harmloser. Du findest ihn nicht. Alle sind sie entweder langweilig oder noch bedrohlicher als Khan. Innerlich bleibst du gespalten. Einen Teil von dir zieht es zu Jörg. Dieser Teil möchte eine moderne, respektierte Frau sein, die mit einem charmanten Partner glänzt. Jörg ist praktisch der Traum Deines Tages-Ichs. Dein Nacht-Ich aber sehnt sich nach Khan. Es möchte für immer eintauchen in seine dunklen Begierden, auch wenn du genau weist, dass du letztlich darin ertrinken wirst."

Unbehaglich blickte Lara in die Runde. Es war so still, dass man Kate im Vorzimmer auf der Tastatur klackern hörte. Kendra stierte die leere Wand an.

„Deine Version, Kendra", sagte Diego ruhig, „ist, was sich Deine Rolle selbst vormacht. So will sie sich sehen, so rechtfertigt sie ihr Verhalten vor sich selbst. Aber was sie wirklich fühlt, auch wenn sie es verdrängt, ist Laras Version. Diese Fassung musst du verinnerlichen, bist du sie körperlich spüren kannst. Und dann spielst du Deine Version drüber weg. Verstehst du? Es wird aussehen wie nette Unterhaltung, aber man wird spüren, was wirklich in dir steckt. Unter der polierten Oberfläche muss die Leidenschaft so heftig brodeln, dass sie jederzeit durchzubrechen droht. Du bist kein sexy Tinder-Girl, du bist ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch."

Wieder unangenehme Stille. „Kriegst du das hin?"

„Natürlich. Wenn es das ist, was wir wollen, kann ich es auch spielen. Nichts leichter als das." Kendra klang bockig, aber sie hatte den Kampf ersichtlich bereits aufgegeben.

„Das will ich hoffen. Wenn ich nämlich sowas sehe, frage ich mich, ob du die Richtige bist." Diego nahm eine Mappe von seinem Schreibtisch, zog ein Hochglanz-Blatt heraus und gab es Kendra. Lara konnte gerade noch erkennen, dass darauf Fotoabzüge von Kendras Gesicht zu sehen waren.

„Du siehst aus, als hätte der Postbote dir gerade ein Paar neue Schuhe geliefert. Und nicht wie eine Frau, die nach einem vollen Jahr Enthaltsamkeit endlich wieder mit einem Kerl ins Bett gegangen ist und gerade von ihm in eine Umlaufbahn um den Planeten Mega-Orgasmus gefickt wurde."

„Fotos." Kendra gab das Blatt angewidert zurück. „Was besagen die schon? Es kommt auf den Film an."

„Wenn es ausdrucksstark gespielt ist, sieht man das auch auf den Fotos. Schau her." Diego reichte Kendra ein weiteres Blatt. Diesmal konnte Lara nicht erkennen, was darauf zu sehen war. Nur, dass Kendra erbleichte, aufschaute und Lara bitterböse Blicke zuwarf. Warum ausgerechnet ihr? Jörg zog die Augenbrauen hoch, und auch seine Augen wanderten zwischen dem Foto und Lara hin und her. Nur Khans Mine blieb unbeweglich.

„Sowas will ich sehen." Diego sammelte das Blatt wieder ein und ließ es in der Mappe verschwinden. „Wir drehen die Szene nochmal, in der du zum ersten Mal mit Jörg in der Kiste landest. Die Zuschauer müssen spüren, dass du dich nicht in ihn verliebst, sondern in den Sex. Damit klar wird, warum du nicht einfach bei Jörg bleibst, sondern ständig neuen Sex suchst."

Als Kendra aufstand, schien jede Körperspannung aus ihrem sonst so sportlichen Auftreten gewichen zu sein. Mit gesenktem Kopf ging sie zur Tür, reagierte nicht einmal mehr auf Diego, der ihr nachrief: „Und bereite dich gefälligst vor! Ich will, dass du es fühlen kannst, wenn wir drehen."

„Khan, bitte bleib hier." Lara und Jörg verstanden Diegos Worte so, dass sie nicht mehr benötigt wurden und verließen den Raum. Diego schloss die Tür hinter ihnen. Zu Khan gewandt: „Ich hätte dir dieselbe Predigt halten können wie Kendra."

Khans Mundwinkel zuckten minimal. Der Halbasiate blickte den Studioboss so unverwandt an wie ein mongolischer Krieger, der einen mächtigen Feind studiert. Er hatte das flächige Gesicht der Steppenreiter, ihre klaren, aber schmalen Augen und dichte, geschwungene Augenbrauen, so präzise rasiert, dass sie an zwei Säbel erinnerten. Das kurze dunkle Haar trug er nach hinten gekämmt, den Vollbart akkurat gestutzt.

Khan war ein Mann, der Blicke auf sich zog, die sich gleich wieder ängstlich abwendeten. Aber Diego war der Boss. „Wenn ich Deine Szene sehe ..." Diego schüttelte den Kopf. „Zu weich, Mann, zu lasch. Dir fehlt das Abgründige." Die stier-tätowierten Arme ruderten, als wollten sie etwas schwer Greifbares einfangen. „Dunkel. Magisch. Böse. Faszinierend."

Khan nickte, ohne seinen Gesichtsausdruck im Geringsten zu verändern.

„Und du sollst es nicht spielen. Du musst es fühlen! Ich habe dir schon gesagt, dass ich mir eine andere Vorbereitung wünsche. Ich glaube, es wird Zeit, dass du auf mich hörst. Ich kenne jemand, der eine Reise ins Dunkle für dich organisieren kann. Als Recherche."

Khans Hände ballten sich zu Fäusten, aber er sagte nur: „In Ordnung."

Diegos Zeigefinger schnellte nach oben. „Und Klappe halten, kapiert? Die Leute wollen das Böse im Film sehen, nicht in den Nachrichten. Ganz besonders unsere Investoren nicht."

„Mach dir keine Sorgen."

Diego öffnete die Tür, als Zeichen, dass die Besprechung beendet war. Khan nachblickend, stand Diego im Türrahmen wie ein Rausschmeißer. „Vögelchen! Was gibt's?"

„Kann ich dich kurz allein sprechen?" Laras große Augen blickten zu ihm auf.

„Klar." Er trat einen Schritt zurück, sodass sie gerade eben ins Zimmer treten konnte, blieb dann aber gleich stehen. Überrascht stieß Lara gegen ihn und stolperte zurück gegen die sich schließende Tür. Diego drückte ihre Schultern so fest ans Türholz, dass die Tür endgültig ins Schloss fiel. Ohne zu zögern, glitten seine Hände abwärts und schnappten sich ihre Brüste. Er griff fest zu, eigentlich zu fest, aber trotzdem gab es Lara einen erotischen Kick.

„Das wollte ich schon die ganze Zeit tun, Vögelchen."

Die intensiven Blicke seiner dunklen Augen und sein unverkennbarer Geruch, der Lara spontan an ihre gemeinsame Liebesnacht erinnerte, an heiße Lust in seinen Armen - zum Glück hatte sie vor der Tür Zeit genug gehabt, sich auf ihre Frage zu konzentrieren, sodass sie nicht sofort im Strudel der Erinnerungen versank. „Was war auf dem zweiten Foto zu sehen?"

„Ein echter, überwältigender Orgasmus." Seine Lippen, so nah, formten die Worte langsam, als berauschten sie sich daran. Lara versuchte zaghaft, seine Arme zur Seite zur schieben. „Etwa mein Orgasmus? Hast du uns gefilmt?"

Diego ergriff ihre Hände und drückte sie neben ihrem Kopf an die Tür. Sein Gesicht näherte sich ihr bis auf wenige Zentimeter. „Was denkst du von mir? Wenn ich dich filme, siehst du die Kamera, darauf kannst du dich verlassen. Versteckte Kameras kommen mir nicht ins Haus und ins Büro erst recht nicht. Sowas ist viel zu riskant für einen Mann in meiner Position. Man weiß nie, wann sie aus Versehen mitlaufen und wo die Clips dann landen."

Seine Lippen pressten sich auf ihre. Dass er küsste, als er wolle er ihren Mund unterwerfen, erschien Lara nur natürlich, wo er sie ohnehin bereits an die Tür presste und ihre Arme fixierte. Irgendwo in ihrem Hinterstübchen blitzte der Gedanke auf, dass ihr selbst wiederfuhr, was in der Love-me-Tinder-Serie Kendra mit Khan verbinden sollte: Dunkle, magische Erotik, deren Abgründe sie erahnen, gegen die sie sich aber nicht wehren konnte.

„Warum hat Kendra mich dann so angeschaut? Und Jörg auch?"

„Lass die Hände, wo sie sind. Was bist du so schlabbrig angezogen?" Von Pat Spencer beeindruckt, hatte Lara sich die Regisseurin zum Vorbild genommen und sich betont leger gekleidet. Sie fand eigentlich, dass ihr der rote oversized Pullover gut stand, auch wenn ihre Figur von der vielen Wolle verschluckt wurde. Dafür leuchtete ihr blondes Haar super auf dem Rot. Diego hatte ihre Hände losgelassen, den Pulli über ihre Hüften hochgeschoben, und fuhr gerade mit beiden Händen über ihren flachen Bauch.

Lara sog die Luft ein. „Bitte, Diego, was sollte Kendras Blick bedeuten?" Sie wollte ihn umarmen, aber als er sie zurechtwies: „Arme nicht bewegen!", ruckten ihre Hände wie von selbst wieder in die Position, in der er sie festgehalten hatte. Da stand sie also. An die Bürotür gelehnt, die Hände erhoben, als wären sie gefesselt, während Big Boss Diego unterm Pulli ihre schmale Taille umfasste. Und das einzige, was sie erhoffte, war eine Antwort auf ihre Frage, bevor ihr Kopf sich endgültig leerte und sie nur noch Diegos Hände auf ihrer Haut spüren wollte.