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Thao 19

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„So teuer war die Uhr ja nicht. Gönne ihr einfach den Moment, Thao! Ich glaube, die hat da wirklich Defizite."

Sie verließen die Toiletten und wollten wieder zu ihrem Tisch zurückkehren. Als sie dabei an dem Kerl vorbeigehen mussten, der Karl vorhin gedemütigt hatte, zwinkerte dieser Thao hämisch grinsend zu.

„Das Schwein verarscht mich doch!", fauchte das Mädchen wutentbrannt.

Bebend vor Zorn wollte Thao auf den Typen losgehen, doch Xena hielt sie im letzten Moment zurück. Der kurze Ausbruch der Punkerin reichte aber, um dem Mann einen gehörigen Schrecken einzujagen.

„Verdammt, die ist ja total irre!"

Thao drehte sich noch einmal um, aber Xena zog sie einfach weiter.

„Jetzt lass mich! Das Arschloch provoziert es doch!"

Lena hatte den Ausbruch mitbekommen und sah fragend zu Thao hoch.

„Habe ich was verpasst?"

Karl schüttelte den Kopf und zog Thao an sich heran, die immer noch zu dem Kerl hinüber starrte.

„Setz dich jetzt! Mir ist der Typ scheißegal und dir sollte er es auch sein!"

Entnervt wandte sich Karl schließlich von seiner Freundin ab, die ihre Wut nicht in den Griff zu bekommen schien.

„Der Wichser sitzt an unserem Tisch und reißt auch noch Witze über uns."

Xena seufzte und bat Lena, zu Simon hinüber zu rutschen.

„Ich habe eine schwache Blase, muss bestimmt bald wieder."

Lena rückte einen Platz weiter, während Simon dankbar lächelte. Xena war in Ordnung, schwer in Ordnung sogar. Sie zwinkerte ihm zu und lächelte.

Auf der gegenüber liegenden Seite des Tischs war Karl neuerlich damit beschäftigt, Thaos Zorn zu besänftigen, und endlich widmete auch sie sich dem Gespräch am Tisch. Lena erzählte von dem alten Hafenviertel, ihrem Zuhause, ihren zahlreichen Geschwistern und den ärmlichen Verhältnissen, in denen sie leben musste. Ihr Vater war seit vielen Jahren Alkoholiker, die Mutter eine einfache Putzfrau. Wie viele andere Familien in der Gegend, lebte auch ihre am Rande des Existenzminimums.

Selbst Thao verstand jetzt, warum sie sich über Xenas Geschenk so gefreut hatte. Selbst hätte sie sich diese Uhr nicht leisten können. Selbst wenn sie einmal etwas verdient hatte, wanderte das Geld zum größten Teil in die Familienkasse, die streng von der Mutter gehütet wurde.

„Und deine Mam wollte Deinen Vater nie verlassen?"

Thao konnte nicht verstehen, wie Lenas Mutter mit einem Alkoholiker zusammenleben konnte.

„Der macht doch alles kaputt bei Euch."

Lena schüttelte ihren Kopf.

„So einfach ist das nicht,Thao. Mein Vater hat auch seine guten Momente. Und dann ist er toll. Glaub mir!"

Sie wandte sich zu Simon um.

„Ich habe ihm von Simons Haus erzählt, allein seine Etage ist dreimal so groß, wie unsere Wohnung. Er hat gemeint, ich soll ihn so schnell wie möglich heiraten."

Sie lachte schallend, während der blonde Junge sie verunsichert ansah. Er würde sie nehmen, sofort, wenn es sein musste. Sie schien seine Erfüllung zu sein, ein versteckter Traum, der sich ihm endlich offenbart hatte.

„Ich mag dich, hätte kein Problem damit."

Karl starrte seinen Freund erschrocken an. Simon schien das wirklich ernst gemeint zu haben. Lena aber nahm seine Worte auf die leichte Schulter.

„Du bist ja ein Scherzkeks, Simon."

Sie ließ ihre Hand auf seinen Oberschenkel klatschen. Es lag nichts Tiefgründiges in ihrem Handeln.

„Wann seid Ihr bei Balustrade? Nächstes Wochenende?", wollte Thao wissen.

Lena zappelte vor Aufregung auf ihrem Stuhl herum.

„Ist das der Hammer? Simon hat richtig gute Karten besorgt. Krasse Scheiße! Kommt ihr auch mit? Wäre bestimmt lustig zu fünft."

Karl sah seine Freundin verlegen an. Die kapierte jetzt und zeigte ihm ihr besorgtes Gesicht.

Für alle unerwartet, entwickelte sich der Abend doch noch auf erfreuliche Weise. Die Musik war gut, sehr gut sogar, die Stimmung im ganzen Lokal ausgelassen. Selbst Thao ließ sich mitreißen und sang leise den einen oder anderen Refrain mit. Lena fragte Xena über deren Leben aus und so erfuhr sie zwangsweise, welchem Beruf diese nachging.

„Du bist was?"

Die große Blondine lachte.

„Kennst du doch. So eine Peitschentante in Leder und Latex. Hast bestimmt schon mal gesehen, oder?"

Lena sah sie an wie eine Außerirdische.

„Und da kommt jemand freiwillig?"

Xena grinste in die Runde, nickte dem Mädchen dann nachdenklich zu.

„Ich kann ganz gut davon leben, sagen wir es so."

Lena wandte sich an Thao und Karl.

„Und Ihr habt kein Problem damit?"

Thao verschluckte sich fast an ihrem Bier, während Karl Lena irritiert anblickte.

„Wenn es sie glücklich macht?", erwiderte die Punkerin gleichgültig.

Das hagere Mädchen räusperte sich und warf dann einen angewiderten Blick auf die Domina neben sich.

„Sei mir nicht böse, Xena, aber krank finde ich das schon irgendwie."

Die Blondine hob ihre Schultern.

„Aber du schlägst doch nicht richtig zu oder fügst jemandem in echt Schmerzen zu, oder?"

Die Frau im Lederanzug sah in ihr Glas, nahm dann den letzten Schluck daraus.

„Doch, Lena. Und zwar bis an die äußerste Grenze des Ertragbaren."

„Du bist ja krank! Wie kann man sich da Mensch nennen?"

Die blauen Augen der Domina musterten Lena. Die hielt ihrem Blick stand, es schien ihr ernst zu sein.

„Ich glaube, die meisten Menschen sind krank, Süße. Pass aber trotzdem auf, was du sagst, ich kann es nämlich nicht leiden, dumm angemacht zu werden,okay?"

Lena bat Simon, zur Seite zu rutschen, was dieser sichtlich irritiert auch tat. Seine Angebetete nutzte den freien Raum, quetschte sich an Simon vorbei, stand auf und nahm ihre Jacke auf.

„Du bist doch echt nicht ganz dicht! Kamst mir gleich wie eine Psychopathin vor."

Thao stand jetzt ebenfalls auf. Es war jetzt an der Zeit, für Xena Partei zu ergreifen.

„Was weißt du denn schon? Singst im Kirchenchor mit oder woher hast du Deinen Heiligenschein? Hast doch gar keine Ahnung davon!"

Lena schüttelte den Kopf.

„Ich habe mehr Ahnung davon, als du glaubst."

Sie nickte erst Karl, dann Simon zu und ging um den Tisch herum.

„Ich wünsche euch noch einen schönen Abend!"

Simon sah entgeistert in die Runde, er schien hin- und hergerissen zu sein.

„Leute, ich kann sie doch nicht allein nach Hause gehen lassen, oder?"

Keiner antwortete ihm, dennoch nahm er seine Jacke und eilte dem Mädchen nach.

Karl war sichtlich verstört. Konnte nicht wenigstens ein einziges Mal alles normal ablaufen? Thao aber fand sofort ihren Zynismus wieder und wandte sich ihrer Freundin zu.

„Tja, Schätzchen, die Uhr hat sie aber trotzdem mitgenommen."

53. Gespräch mit Rüdiger

Thao hatte sich die ganze Woche krankschreiben lassen. Sie wusste, wie sie ihren Arzt anzupacken hatte, und spielte ihr Unwohlsein plausibel. Mit der Behauptung, zu früh wieder zur Schule gegangen zu sein (sie hatte sich wegen Karl ja ebenfalls krankschreiben lassen), holte sie sich den gelben Urlaubsschein für eine ganze Woche. Sie wollte ihre Ruhe haben, um für Karl und sich selbst einige Dinge klären zu können.

So hatte sie in dieser Woche bereits für den kommenden Freitag einen neuerlichen Termin im Sama vereinbart, um sich bei dieser Gelegenheit bei Karl für dessen gelungene Überraschung revanchieren zu können. Zudem hatte sie Korrespondenz mit ihrer Mutter über deren Arbeit für Schmerzkunst geführt und diesbezüglich auch kurz mit Bernard gesprochen. Dieser schien sich wirklich aufrichtig gefreut zu haben, von ihr zu hören, und erzählte dem Mädchen von der Begeisterung der Gräfin. Thao konnte es kaum glauben, ihr gegenüber war diese Frau so nüchtern und beherrscht gewesen, dass sie sich solch einen Ausbruch nicht wirklich vorstellen konnte. Doch dies war im Augenblick auch nicht wichtig für sie, sie wollte jetzt zu Rüdiger gehen und dort mit ihm und ihrer Mutter Klartext reden. Fünf Tage war Anne nun schon nicht mehr zu Hause gewesen, die Punkerin hatte es endgültig satt, sich weiterhin um ihre Mutter sorgen zu müssen.

Kurz hatte sie noch einmal auf den Stadtplan gesehen, dann fand sie die richtige Straße. Rüdiger wohnte in einem ansehnlichen Stadtviertel, in dem vorwiegend schmucke Ein- und Mehrfamilienhäuser ihre biedere Atmosphäre verbreiteten. Überhaupt hinterließ die ganze Gegend bei Thao einen ungemein spießigen Eindruck, ähnlich wie jene Straßen, in denen Karl und Simon wohnten.

Trotzdem benötigte Thao eine Weile, bis sie das in einem kleinen Seitenweg befindliche Grundstück mit der richtigen Nummer gefunden hatte. Das Haus des „Freundes" ihrer Mutter war zweistöckig, relativ alt und von einem üppig dimensionierten Garten umgeben, in dem alte Laub- und Obstbäume ihre mächtigen Schatten warfen.

Ohne zu klingeln, schritt das Punkermädchen durch die Pforte. Diese war nicht abgeschlossen, vermutlich der Post oder Müllabfuhr wegen, wie das Mädchen annahm.

Thao war bestens vorbereitet, in ihrer Tasche lagen Pfefferspray und Schlagstock griffbereit. Sie würde beides zum Einsatz bringen, wenn es erforderlich werden sollte oder Rüdiger sie davon abzuhalten versuchen würde, ihre Mutter zu sehen.

So stieg sie die kleine Verandatreppe nach oben, atmete noch einmal kurz durch und legte dann ihren Finger über den Klingeltaster. Ein bescheuerter Melodiegong heuchelte Harmlosigkeit, während ein brutaler Sadist möglicherweise gerade ihre Mutter folterte.

Die Tür öffnete sich einen Spalt, ein Teil von Rüdigers Gesicht kam zum Vorschein.

„Thao? Was machst du denn hier?"

Die Punkerin glotzte gespielt verständnislos und ließ ein helles Stimmchen hören.

„Ich will zu meiner Mami!"

Gleichzeitig trat sie aber auch schon mit aller Kraft gegen die Tür, was den völlig überraschten Hausherrn zurücktaumeln ließ. Rüdiger hielt sich laut aufheulend den Kopf an der Stelle, wo ihn die Türkante getroffen haben musste. Er war zivil gekleidet, schien also nicht gerade damit beschäftigt gewesen zu sein, ihre Mutter zu schänden.

„Thao?", klang Annes Stimme überrascht aus dem Hintergrund.

Das Mädchen blickte an dem dürren Kerl vorbei, welcher sich, laut dabei stöhnend, nach wie vor beide Hände gegen seine Stirn drückte. Die Punkerin starrte ihre Mutter verblüfft an. Diese stand zwar in einen normalen Bademantel gekleidet vor ihr, trug aber einen breiten Sklavenring um den Hals. Thaos Verwunderung hielt nicht lange an. Sie schob den Mann einfach zur Seite, ging zu ihrer Mutter und umarmte sie demonstrativ, um Rüdiger ein klares Zeichen zu setzen.

„Können wir reden, Mama?"

Ihre Mutter sah erschrocken zu ihrem Freund und schien unschlüssig zu sein, ob sie ihm helfen oder dem Wunsch ihrer Tochter entsprechen sollte.

„Geh schon! Bevor deine Göre noch völlig ausrastet."

Rüdigers Ton ließ tiefe Verbitterung erkennen, doch war es Thao schlichtweg gleichgültig, was dieser von ihr hielt. Nur ihre Mutter sah ihren „Freund" weiterhin ängstlich an und schien sich nach wie vor im Unklaren zu sein, wie sie sich nun verhalten sollte.

„Bitte, Mama! Ich mag mir einfach keine Sorgen mehr um dich machen müssen, ja? Erkläre es mir einfach und lüge mich nicht an!"

Anne blickte ihrer Tochter ins Gesicht. Es schien ehrliche Sorge darin zu liegen, aber auch Resignation und Angst. Sie schloss für einen kurzen Moment ihre Augen, atmete tief durch und nickte dann.

„Lass uns in die Küche gehen, Thao!"

Die Punkerin warf noch einen Blick auf den Hausherrn, der immer noch jammernd an der Wand lehnte und sich die Stirn hielt. Er warf ihr einen kurzen Blick zu, dann richtete er seinen Blick wieder auf den Boden.

„Nimm dir den Stuhl dort, Thao!"

Anne schloss hinter ihnen die Tür. Die Küche war ebenso modern eingerichtet, wie das ganze Haus, und präsentierte so den Wohlstand ihres Besitzers.

Das Mädchen zögerte, ging noch einmal zu seiner Mutter und gab vor, diese umarmen zu wollen. Anne ließ ihre Tochter gewähren, schreckte aber zusammen, als diese ihr plötzlich den Bademantel von ihrem Körper riss. Hastig suchten die Augen des Mädchens nach Wunden, Schlagmalen oder Blutergüssen, doch außer ein paar leicht geröteten Stellen war nichts zu sehen. Selbst am Rücken der Mutter fiel dem Mädchen nichts Außergewöhnliches auf. Lediglich leichtere, bereits verblassende Spuren einer Auspeitschung zeichneten sich am Rücken ab, jedoch bei weitem nicht in dem Ausmaß, welches Thao eigentlich erwartet hatte. Das Mädchen zeigte sich ziemlich verunsichert.

„Hast du eigentlich eine Ahnung davon, wie demütigend das jetzt für mich ist, Thao?"

Anne sah ihre Tochter vorwurfsvoll an. Thaos Gesicht rötete sich, sie trat von ihrer Mutter zurück. Die Gesichtszüge des Mädchens verfinsterten sich und ließen aufsteigenden Zorn erkennen.

„Und? Was ist jetzt? Wirst du geil dabei, oder was?"

Sie wandte ihrer Mutter den Rücken zu und trat wutentbrannt gegen einen Stuhl, der laut krachend durch die Küche flog. Sie ging zum Fenster und sah nach draußen. Sie war gekommen, um zu reden, um sich Klarheit zu verschaffen ...

„Anne?"

Thaos Mutter blickte zur Tür.

„Bitte gib uns ein wenig Zeit, Rüdiger!"

Draußen blieb es still, er schien also damit einverstanden zu sein. Thao drehte sich zu ihrer Mutter um, der Mann schien sich tatsächlich Sorgen gemacht zu haben.

„Ich möchte wissen, was das zwischen Euch ist. Jetzt! Aus deinem Mund!"

Ihre Mutter starrte sie an, unschlüssig, wie sie antworten sollte.

„Thao! Ich möchte das nicht! Es geht nur Rüdiger und mich etwas an."

Die wütende Tochter kreischte regelrecht auf.

„Nur Euch? Scheiße, ich mache mich fast ein vor lauter Angst um dich! Du hast dir nicht einmal die Mühe gemacht, auf meine SMS zu antworten. Warum gehst du zu diesem Scheusal? Verkaufst du dich an ihn?"

Anne hob den Stuhl vom Boden auf und setzte sich drauf. Sie sah auf die Springerstiefel ihrer Tochter und lächelte. Vor ein paar Jahren waren es noch pinke Sneakers gewesen. Sie seufzte.

„Ich liebe ihn, Thao, auch wenn und weil er mir wehtut. Er kann nicht anders sein und ich auch nicht. Ich weiß, es ist schwer für dich, das zu verstehen."

Das Mädchen starrte auf das Halsband mit dem daran befestigten Ring der O. Sie kannte ihn und wusste über dessen Bedeutung Bescheid.

„Und es ist nicht wegen Geld, Mama?"

Ihre Mutter schien erstaunt.

„Wie kommst du denn darauf?"

Thao reichte ihr die Bankauszüge.

„Ich bin nicht doof, Mutter!"

Anne zuckte erschrocken zusammen. Auf allen Auszügen, die Thao ihr gereicht hatte, waren Rüdigers Überweisungen dokumentiert.

„Er hat mir geholfen, Thao, das stimmt. Ich hatte kaum noch Aufträge in letzter Zeit. Aber es hat nichts mit unserer Beziehung zu tun. Auch wenn du es nicht begreifen willst, ich liebe diesen Mann und er mich."

Ihre Tochter schien nicht überzeugt.

„Wenn es das Geld ist ..., ich kann dir helfen! Ich habe einen super Job gefunden!"

Anne sah ihre Tochter überrascht an. Nie hätte sie gedacht, dass ihr Mädchen so etwas für sie zu tun bereit wäre.

„Was für eine Arbeit denn?"

„Ist doch egal, Mama, das tut nichts zur Sache. Aber ich verdiene wirklich sehr gut dort und kann arbeiten, so viel ich will. Du musst nicht bei ihm bleiben."

Thaos Stimme klang brüchig, sie konnte ihrer Mutter nicht in die Augen sehen. Sie schien am Zweifeln zu sein und ihrer Mutter langsam Glauben zu schenken.

Anne blickte ihre Tochter nachdenklich an. Was sollte das für eine Arbeit sein? Kurz blieb sie an diesem Gedanken hängen. Sie konnte sich Thao nur schwer im Berufsleben vorstellen. Doch es war nicht der richtige Zeitpunkt, um nachzuhaken. Sie hatte nun endlich die Chance, den Konflikt zwischen Thao und Rüdiger zu lösen.

„Thao!"

Sie konnte den inneren Kampf ihrer Tochter förmlich spüren. Sie durfte jetzt nicht klein beigeben.

„Glaub mir! Bitte!"

Das Mädchen zögerte.

„Rüdiger ist in Ordnung! Gib ihm eine Chance, bitte! Wir holen ihn jetzt dazu, ja?"

Ihre Tochter sah vor sich auf den Boden und wich ihrem Blick aus. Dies war kein schlechtes Zeichen, das wusste sie. Es fehlte nicht mehr viel und Thao würde ihr glauben. Noch aber reagierte ihr Mädchen nicht, schien unschlüssig zu sein, was der Wunsch ihrer Mutter für sie bedeuten würde.

„Bitte, Thao!"

Eindringlich blickte Anne ihre Tochter an. Thao aber starrte weiterhin schweigend vor ihr, rang mit sich, legte ihren Kopf schief und blickte dann ihrer Mutter ins Gesicht.

„Wenn er Scheiße labert, verdresche ich ihn nach Strich und Faden, damit er mal sieht, wie das ist."

Anne erhob sich von ihrem Stuhl, ging an ihrer Tochter vorbei und öffnete die Tür.

„Rüdiger?! Kommst du bitte?"

Ihr „Freund" schien im Vorraum gewartet zu haben und zeigte dem Punkermädchen gegenüber einiges an Unsicherheit. Er traute dieser brutalen Göre alles zu und ließ sie nicht aus den Augen. Die aber ignorierte ihn völlig und sah betont an ihm vorbei.

„Ja, Anne?"

Thao hätte kotzen können in dem Augenblick, in dem ihre Mutter einen Arm um Rüdigers Schultern legte. Anne wollte ihrer Tochter die tiefe Verbundenheit zwischen ihnen beiden signalisieren. Diese Geste schien aber in Thaos Augen keine andere Bedeutung zu haben, als der Versuch sie zu beruhigen.

„Thao glaubt, dass wir nur zusammen sind, weil du mich dafür bezahlst."

Ihre Tochter lehnte sich gegen die Wand und warf einen geringschätzigen Blick auf Rüdiger. Der aber sah zunächst erstaunt seine Freundin an, um dann seinen Blick auf das Punkermädchen zu richten.

„Waaaaas?"

Er sah zwischen den beiden erstaunt hin und her.

„Neeeeeiiiin!"

Er suchte nach den richtigen Worten.

„Doch nicht wegen des Geldes, Thao!"

Das Mädchen indessen wehrte sich gegen das aufkommende Verlangen, ihm Glauben zu schenken. Rüdiger aber wagte einen unsicheren Schritt auf das Mädchen zu, welches daraufhin ihren Teleskopschlagstock ausfahren ließ und ihm damit drohte.

„Wohoowwww! Lass mich mal ausreden, okay? Ich weiß, du hast einen denkbar schlechten Eindruck von mir, und ich kann dir das auch nicht verdenken. Ich habe damals eine Grenze überschritten und daraus gelernt. Glaub mir das bitte! Thao, ich liebe deine Mutter und würde alles für sie tun."

Das Punkermädchen musterte ihn nachdenklich. Wenn er log, dann war er ein krasser Schauspieler. Rüdiger und ihre Mutter fühlten Thaos Widerstand schwinden, sie schien endlich aufzutauen.

„Du bist deiner Mutter sehr wichtig, Thao. Sie liebt dich über alles und hätte deinetwegen sogar beinahe ihre Beziehung zu mir beendet. Ich weiß, dass ich keine Bessere als sie finden werde und behandle sie dementsprechend. Ich tue ihr sicherlich hin und wieder weh, einfach, weil es uns beide befriedigt, aber ich werde sie nie wieder dabei verletzten. Das verspreche ich dir! Gib uns dein Einverständnis, Thao! Bitte!"

Thao näherte sich dem Mann. Jede ihrer Bewegungen war eine einzige Provokation. Rüdiger aber stellte sich und war bereit, ihr dieses Mal standzuhalten. Er wollte ihr zeigen, dass es ihm ernst war mit ihrer Mutter. Auch Anne rechnete mit dem Schlimmsten und stellte sich schützend vor ihn.

„Süße, bitte bleib ruhig! Du brauchst mich nicht zu beschützen. Das mit Rüdiger ist okay. Wir sind beide glücklich, wenn wir zusammen sind."

Die Punkerin grinste, blieb einen halben Meter vor dem dünnen Mann stehen, und kniff diesem in die Wange, um ihn nochmals zu demütigen.

„Dann will ich dich mal in unserer Familie willkommen heißen, Rüdi!"

Ihre Stimme klang zunächst spöttisch, dann aber drohend.

„Aber wenn ich meine Mutter sehen will, lässt du sie gehen!"

Rüdiger nickte, dieses resolute und scheinbar zu allem entschlossene Mädchen vor ihm beeindruckte ihn immer noch sehr. Thao war schwer einzuschätzen und von seiner Freundin wusste er, dass sie weder blöd, noch naiv war. Anne aber lächelte ihre Tochter an und schloss sie in ihre Arme.

„Keine Angst, Rüdiger! Dass Thao mich sehen will, kommt nicht allzu oft vor. Stimmt´s nicht, Schatz?"

Die Punkerin konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, ihre Mutter hatte wahrscheinlich recht. Aber sie wusste eines jetzt mit Bestimmtheit, sie liebte sie.