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Thao 22

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„Lass ihn in Ruhe, Xena! Jetzt!"

Doch die große Blonde schüttelte ihren Kopf.

„Das ist ein Arschloch, Amelie! Der kennt sich damit aus. Was denkst du, wie oft er anderen schon so mitgespielt hat? Wird Zeit, dass ihm jemand mal zeigt, wie das ist."

Das Mädchen stand neben Patricks Bett, war außer sich und maßlos enttäuscht über die Gewaltbereitschaft ihrer Freundinnen und die Dummheit dieses Jungen. Patrick aber war still geworden und starrte das Mädchen an, das seinetwegen weinte.

Xena bemerkte die Veränderung und nahm ihren Handschuh von seinem Mund. Er war über und über mit Patricks Blut beschmutzt.

„Hey, Amelie! Mann, jetzt hör schon auf zu heulen.", bat Patrick das um Fassung ringende Mädchen.

Amelie sah ihn enttäuscht an, versuchte sich aber, zu fangen.

„Ihr könnt so scheiße sein! Wirklich. Das ist so zum Kotzen."

Patrick und Xena warfen sich vielsagende Blicke zu. Sie wussten beide, dass dies an ihre Adresse gerichtet war. Aber auch Thao fühlte sich angesprochen und mied Amelies Blick, der nun auch auf ihr lag.

„Hey! Jetzt beruhig dich!"

Patrick nahm jetzt selbst eines der Taschentücher, die Xena ihm in einer Packung reichte, und hielt sich dieses an seine Nase.

„Ich sag´s dir ja."

Amelie nickte dem jungen Mann zu.

„Es gibt bei uns im Hafen eine Kneipe, Würfelbecher heißt die. Deren Wirtin hat Lena immer mal wieder auf die Beine geholfen, wenn es ihr dreckig ging. Fragt sie nach ihr."

Patrick schien etwas eingefallen zu sein.

„Sagt aber auf keinen Fall, dass Ihr von mir kommt. Ich habe mal versucht, bei ihr einzubrechen."

Xena sah den Jungen nachdenklich an, reichte ihm noch ein Taschentuch und wandte sich dann an Amelie.

„Jetzt hat er sich seinen Kaffee verdient, oder?"

Das Mädchen nickte und verließ eilig das Zimmer. Patrick wurde unwohl. Xena hielt ihre blauen Augen auf ihn gerichtet, sie schien nachzudenken.

„Hast du ein Handy?"

Patrick runzelte seine Stirn und sah fragend zu ihr hoch.

„Warum willst du das wissen?"

Xena hob neuerlich ihr Bein, um es nochmals auf seinen Oberschenkel zu legen, als Patrick auch schon nickte.

„Ja! Hier ist es."

Er zog eine Schublade seines Nachtschränkchens auf und holte sein schwarzes Klapphandy hervor. Xena griff danach, sah Patrick grinsend an und ließ es auf den Boden fallen. Es ging nicht sofort kaputt, die Domina musste erst noch mit ihrem Stiefelabsatz nachhelfen.

„Hey! Spinnst du? Was soll das? Die wachsen nicht auf den Bäumen."

Patrick war ehrlich bestürzt über seinen Verlust.

„Warum hast du das gemacht? Ich habe doch gesagt, was Ihr wissen wolltet."

Xena aber erklärte sich ihm nicht weiter, trat noch einmal auf dem Plastikmüll herum und kniete sich dann nieder, um die einzelnen Teile aufzuheben. Ganz nebenbei reichte sie dem Jungen seine Sim-Karte und wandte sich dann an Thao.

„Ich frage für Euch. Fahr morgen mal hin."

Thao war verblüfft.

„Aber doch nicht mit deinem Moped, oder?"

Xena grinste.

„Ich lasse es vielleicht von Tauben ankacken, aber mir sicher nicht im Hafenviertel klauen. Nein! Keine Sorge. Ich nehme mir ein Taxi und kutsche damit morgen Nachmittag hin."

Sie drehte sich erneut zu Patrick um.

„Wann macht denn die Spelunke auf?"

Patrick sah die hübsche Frau erstaunt an.

„Gegen vierzehn Uhr, denke ich. Hast du deshalb mein Handy kaputtgemacht? Dachtest, ich hetz dir meine Clique auf den Hals, oder? Scheiße! Hättest doch was sagen können! Denkst, ich leg mich mit so einer Gestörten wie dir an?"

In diesem Moment kam Amelie zurück. Erleichtert stellte sie fest, dass Patrick nach wie vor in demselben, wenn auch erbärmlichen Zustand war, wie zu dem Zeitpunkt, als sie das Zimmer verlassen hatte. Sie reichte ihm den Kaffeebecher und setzte sich demonstrativ an sein Bett. Xena schüttelte nur den Kopf, ging an Karls Fußende zurück und lehnte sich dort an die Wand.

„Karl?"

Der Junge winkte nur müde ab.

„Geht einfach nach Hause! Ich komm schon klar."

Er warf den Mädchen einen müden Blick zu.

„Danke, dass Ihr gekommen seid."

Es lag wenig echte Begeisterung in seinen Worten. Xena kam an sein Bett und umarmte ihn zum Abschied.

„Tut mir leid, Karl. Aber hättest du mit Thao im Bett gevögelt und nicht in der Badewanne, wäre das alles nicht passiert."

Thao lachte laut auf, während Karl neuerlich errötete.

„Geht jetzt! Bitte!"

Das Punkermädchen gab ihm einen Kuss, streichelte nochmals über die Stirn ihres Freundes und löste sich dann von seinem Bett.

„Kommst du, Amelie?"

Ihre Freundin reichte Patrick einen Zettel.

„Hier! Ruf mich an! Aber nur das Eis!"

Der Junge nickte und starrte auf das Papier, das sie ihm reichte. Er mochte das Mädel, auch wenn er sich wegen dieses Gefühls schwach vorkam.

17. Lena wird gefunden

Noch einmal heulte die Maschine auf, dann stellte die Fahrerin den Motor ab. Sie nahm den Helm vom Kopf und ordnete sich ihre Haare, um sie hinter ihrem Kopf zu einem Pferdeschwanz zusammenzubinden. Zwei Jungen betrachteten staunend die junge, große Frau in ihrem engen, schwarzen Motorradanzug, die ihnen mit ihren blauen Augen zuzwinkerte.

Die beiden warfen sich vielsagende Blicke zu und stießen sich gegenseitig in die Rippen. Ein helles Lachen war zu hören, einmal drehten sie sich noch um, doch die Motorradfahrerin war schon auf dem Weg zu einem der kleinen Reihenhäuser am Straßenrand.

Rikes Häuschen war nicht schwer zu finden gewesen. Die vielleicht fünfzigjährige Wirtin hatte es von ihrer Großmutter geerbt, wodurch sie dem Hafenviertel zumindest mit einem Bein entkommen hatte können, wie sie es Xena gegenüber zum Ausdruck gebracht hatte.

Sie hatten sich gut miteinander verstanden, wenngleich die Barbesitzerin zunächst sehr verhalten auf die Blondine reagiert hatte. Was hatte auch solch ein Frauenzimmer in ihrer Gegend verloren? Ihr erster Gedanke war Polizei, doch nachdem das Mädel ein Bier bestellt hatte, schwanden Rikes Zweifel zusehends. Gäste waren keine im Lokal, was den beiden Frauen ganz gelegen kam. So hatten sie sich in aller Ruhe miteinander unterhalten können.

Xena hatte sich das Hafenviertel erbärmlich vorgestellt, aber es war noch schlimmer, als sie befürchtet hatte. Dreckig und verwahrlost ragten große Mietskasernen in den Himmel, unpersönlich und eher wie Ställe wirkend, denn wie Wohngebäude. Gruppen von Jugendlichen standen an den Straßenecken, hockten auf Parkbänken oder gammelten an den wenigen Spielplätzen herum.

Xena war schockiert, das Klischee des Gettos war hier Realität. Sie löste sich aus dieser Erinnerung und sah in den kleinen Vorgarten, der, mit vielen bunten Blumen bepflanzt, sehr einladend wirkte. Sie öffnete die Pforte in dem grünen Maschendrahtzaun und ging zu der weißen Haustür, um zu klingeln.

„Rike ist nicht da. Wenn Sie Post haben, werfen Sie die in den Kasten!"

Xena erkannte Lenas Stimme sofort wieder.

„Ich bin es! Xena!"

Hinter der Tür wurde es still.

„Ich kenne Sie nicht. Sie müssen sich in der Tür geirrt haben."

Xena atmete tief durch.

„Lena! Karl würde gerne mit dir sprechen. Er macht sich Sorgen um dich."

Wieder blieb es einem Moment ruhig hinter der Tür. Xena fürchtete schon, dass Lena sich von ihr entfernt hatte und wollte erneut klingeln, als sie deren Stimme hörte.

„Was will er von mir? Mir vorwerfen, dass ich seine Nervensäge getötet habe?"

Lenas Stimme verlor ihren selbstbewussten Ton und klang nun brüchig.

„Lass mich rein, Lena! Wenn du ihn nicht treffen magst, kann ich immer noch gehen. Aber ich glaube, euch beiden würde ein Gespräch gut tun."

„Verpiss dich doch, du Sadomasohure!"

Xena schluckte. Dafür hätte das dürre Weib eigentlich die Fresse voll verdient.

„Mach auf, Lena! Ich weiß, dass es dir scheiße geht. Rike hat es mir erzählt."

Lena blieb aggressiv und unnahbar.

„Und? Was ist daran neu? Mir geht es mein ganzes verkacktes Leben schon so, ohne dass dich Kuh das interessiert hat. Also? Warum jetzt? Damit Karl seinen Frieden findet, oder? Ich bin dir doch, verdammte Scheiße noch mal, total egal! Geh zu Deinen Liebchen, Xena! Lass mich in Ruhe und sag dem Karl, dass er sich nichts vorzuwerfen braucht. Die Lena ist schuld! An allem!"

Die Domina seufzte.

„Lass mich rein, Lena! Bitte!"

Xena wartete einige Minuten, doch das Mädchen ließ die Tür verschlossen. Erst als sie sich zum Gehen wandte, öffnete sie sich.

„Warte!"

Die große Frau drehte sich zu dem Mädchen um, das jetzt hinter ihr in der Tür stand.

„Ich weiß nicht, warum Rike dir verraten hat, wo ich bin. Aber ich möchte noch ne Weile hier wohnen bleiben und deshalb hoffe ich, dass du mir das nicht kaputtmachst."

Sie trat aus der Tür und ließ Xena an sich vorbei in das kleine Häuschen.

„Dort rechts! In die Küche!"

Xena überhörte den Befehlston in Lenas Stimme.

„Du kannst dir einen der Stühle nehmen! Ich biete dir keinen Kaffee an, du gehst ja gleich wieder. Richtig?"

„Weißt du, ich bin eigentlich sonst immer ganz schnell damit, anderen Menschen wehzutun, die mich provozieren. Aber bei dir, Lena ... dir ist es noch beschissener ergangen, als mir."

Lena verdrehte die Augen.

„Was willst du Tante schon wissen? Komm, Xena! Geh einfach wieder! Vergiss, dass du mich gefunden hast, und sag Karl, dass ich weg bin. Ich komm schon klar und er wird das auch. Irgendwann zumindest."

„Hast du Simon gemocht?"

Das hagere Mädchen blickte Xena erstaunt an.

„Gemocht?"

Sie schien über die Bedeutung des Wortes nachzudenken.

„Ich denke schon. Er war mir jedenfalls nicht egal. Sonst es hätte es nicht so wehgetan, ihn tot zu sehen."

„Und vorher? Hattest du keine Gefühle für ihn?"

Lena hob ihre Schultern. Sie schien sich diese Frage schon selbst gestellt, aber keine zufriedenstellende Antwort darauf gefunden zu haben.

„Wenn wir zusammen waren, ging es mir ganz gut. Er war nett zu mir. Zumindest im letzten Jahr."

„Habt Ihr miteinander geschlafen?"

Lena warf der Blondine einen giftigen Blick zu.

„Hat dir das die Punkerschlampe erzählt?"

„Ja! Das weiß ich von Thao."

Xena warf Lena einen mitleidigen Blick zu. Das hagere Mädchen wollte etwas entgegnen, aber die Frau im schwarzen Overall hielt sie mit einer energischen Handbewegung davon ab.

„Du hältst jetzt die Fresse, Lena!"

Lena schwieg, sie wollte eine Eskalation vermeiden, schon allein wegen Rikes Nachbarn.

„Warum also, Lena?"

„Ich hätte ihm nichts anderes zurückgeben können."

Für einen Moment blieb Xena der Mund offen vor lauter Staunen.

„Was starrst du mich jetzt so blöde an? Simon hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass es ihm vor allem darum ging. Er hat oft wegen seiner Jungfräulichkeit geklagt, denkst du, ich habe nicht verstanden, was er mir damit sagen wollte? Ich habe nicht geglaubt, dass er mich wirklich lieben könnte. Er schien so egoistisch zu sein, wie jeder andere auch, den ich kenne. Ich habe mich geirrt, aber das hat es nicht leichter werden lassen. Glaub mir das! Er hat mir keine Ruhe mehr gelassen, Xena. Jeden Tag klingelte mein Handy, unentwegt ist er vor meiner Tür gestanden oder hat mich von der Schule abgeholt. Er hat mir sogar Blumen geschenkt und Pralinen."

Sie sah auf ihre Füße hinunter.

„Ich habe versucht, mich ihm zu erklären, Xena. Aber er wollte nicht hören. Nur weil er seinen Schwanz in mich reinstecken durfte, schien er zu glauben, dass ich ihm gehörte. Ich habe ihn angeschrien, ihn bedroht und beleidigt. Doch er kam immer wieder. Ich hielt es einfach nicht mehr aus!"

„Was hast du ihm gesagt?"

Lena biss sich auf die Lippen, während eine Träne über ihre Wange rollte.

„Dass, wenn er mich noch einmal trifft, ich nicht mehr leben mag."

Sie warf Xena einen leeren Blick zu.

„Wenn ich mich mit Karl treffe ..."

Sie legte eine kurze Pause ein und nickte Xena zu.

„Dann lasst ihr mich in Ruhe?"

Xena stand von ihrem Stuhl auf und ging zu Lena, die ihr mit den Augen folgte und instinktiv eine abwehrende Haltung einnahm. Doch die Frau in der schwarzen Lederkombination legte nur ihre Hand auf die Schulter des Mädchens.

„Ich lasse dir meine Karte hier. Ruf einfach an, wenn du so weit bist. Wenn du magst, hole ich dich auch ab. Aber melde dich bitte, Lena. Es ist Karl wichtig und mir auch."

Lena sah, nachdem sie sich die Karte angesehen hat, zu Xena hoch.

„Warum dir?"

„Du erinnerst mich an eine Zeit, in der es mir selbst nicht besonders gut gegangen ist."

Lena glaubte zu verstehen.

„Tut mir leid. Ich war ziemlich scheiße zu dir."

Sie grinste auf plötzlich und zeigte auf ihr Handgelenk.

„Die Uhr ... erinnerst du dich? Hast bestimmt geglaubt, ich verticke sie, oder?"

Xena lächelte.

„Passt schon, Lena. Ich haue jetzt ab und lass dich wieder in Ruhe. Du meldest dich, ja?"

Das dünne Mädchen nickte ihr zu.

18. Amelies Feier

„Geht's?"

Karl nickte. Er hatte ab und an noch Kopfschmerzen, aber sonst ging es ihm wieder einigermaßen gut. Fünf Tage waren seit dem Unfall mittlerweile vergangen. Vorgestern hatte Xena mit Lena gesprochen. Noch hatte sie sich nicht bei ihm gemeldet.

„Ich denke schon. Wenn es mir zu viel werden sollte, kann ich mir ja ein Taxi nehmen."

„Als ob ich dich allein nach Hause fahren lassen würde! Lass uns einfach mal abwarten, wie es dir geht."

Thao gab ihm einen Kuss und beobachtete dann Amelie, die gemeinsam mit ihrem Bruder einige Tische zusammenschob.

„Wer kommt denn alles?"

Amelie blickte Thao kurz an, während sie eine große Tischdecke ausbreitete und die Falten glatt zu streichen begann.

„Ein paar aus meiner Klasse und von der Schule. Die meisten wollten nicht zur Fetti, aber zu meiner Überraschung haben nicht alle nein gesagt."

Thao wusste genau, was sie meinte. Ihr fielen all die Spottnamen ein, mit denen ihre Freundin traktiert worden war und die sie ebenfalls gern genutzt hatte, um sich auf ihre Kosten zu amüsieren. Sie empfand keine Reue bei dieser Erinnerung, vielleicht deshalb nicht, weil Amelie ihr es nie verübelt hatte. Thao musterte ihre Freundin noch einmal von oben bis unten. Wie hübsch sie doch geworden war.

„Sag mal ... dieser Patrick. Hat er sich bei dir gemeldet?"

Amelie hielt in ihrer Arbeit inne und lächelte das Punkermädchen an.

„Du kannst ihn nicht leiden, oder?"

Thao schüttelte den Kopf.

„Er scheint ein Arschloch zu sein. Ich will nicht, dass er der Erste wird ..."

Ihre Freundin vollendet den Satz für sie.

„... der mich fickt? Warum nicht? Er ist doch nicht hässlich."

Sie grinste über Thaos ehrlich schockierten Gesichtsausdruck. Die gaffte sie blöd an und verdaute nur mit Mühe Amelies so ungewöhnlich hart formulierte Worte. Karl beobachtete die beiden mit stiller Genugtuung. Es kam nicht oft vor, dass seine Freundin sprachlos war.

„Grins nicht so blöd! Die Schickse wird richtig schlagfertig. Man sieht ihr Ego regelrecht wachsen."

Günter grinste.

„Wie es scheint, ist sie verliebt, Thao. Gönn ihr doch den Moment! Vielleicht bleibt ja diese Liebe nicht nur Theorie."

Thao ließ ein hässliches Lachen hören. Amelie aber war richtiggehend sauer auf ihren Bruder.

„Du kannst echt so ein Arschloch sein, Günter! Aber gleich kommt ja Xena wieder und dann kannst du dich in deiner Sehnsucht nach ihr verzehren."

Die beiden Geschwister sahen sich mit Hass erfüllten Blicken an. Niemals hätte Karl eine derartige Emotion bei Amelie für möglich gehalten.

„Jetzt macht halblang! Sag mir lieber, wie ich Euch helfen kann, Exfetti."

Amelie wandte sich Thao zu und schüttelte nur den Kopf. Sie zeigte auf einen hohen Stapel Geschirr. Karl griff ebenfalls zu und so deckten die beiden den Tisch, während Günter und Amelie hinter der Bar verschwanden, um weitere Vorkehrungen zu treffen.

„Sie hat mir jetzt gar nicht geantwortet.", stellte Thao verblüfft fest.

„Meinst du, dieser Gossenjunge kreuzt heute auch auf?"

Karl nickte. Für ihn konnte das eigentlich gar nicht anders sein.

„Was hältst du von ihm? Du bist doch immer so schlau, was Menschen betrifft."

„Er hat eine Chance verdient. Amelie ist stärker, als du glaubst. Vielleicht biegt sie ihn sich zurecht."

„Amelie?"

Thao sah ihren Freund erstaunt an.

„Die wird doch nur von ihm ausgenutzt und verarscht. Du weißt doch, wie man mit ihr in der Schule umgegangen ist."

Karl nickte ihr zu.

„Ja! Das weiß ich nur zu gut."

Thao verstand ihn erst jetzt. Wie hatte sie diesen Jungen unterschätzt ... und heute? Sie gestand ihm seine Dominanz über sie nur ungern zu. Sie sah über ihre Schulter zu der Wirtstochter hinüber, die damit beschäftigt war, Gläser zu polieren. Könnte es bei ihr und Patrick ähnlich sein?

„Ich habe das Sama gebucht, für das kommende Wochenende. Vielleicht ist es das letzte Mal."

Das Punkermädchen sah ihren Freund entsetzt an.

„Häh? Warum das denn?"

Karl seufzte.

„Ich bekomme in dieser Woche die Bestätigung aus Hamburg. Das heißt, wenn sie mich genommen haben."

Er trat an Thao heran, die gerade das Besteck neben einem Teller zurechtlegte und drehte sie zu sich um. Sie war bleich geworden und schien diese Nachricht nur schlecht zu verdauen.

„Du hast dich bis jetzt nicht gekümmert, stimmt´s?"

Sie wich seinem Blick aus.

„Wie soll das weitergehen zwischen uns, Thao?"

Sie wusste keine Antwort auf seine Frage.

„Gib mir noch Zeit, Karl! Bitte. Scheiß auf das Jahr!"

„Und wenn ich wegziehe? Kommst du dann nach?"

Thao wusste genau, worauf seine Frage abzielte. Er wollte, dass sie endlich eine Entscheidung traf.

„Ja, Karl! Ich komme nach."

Sie sah zu ihm hoch, wirkte trotzig und missgestimmt.

„Wann kommst du nach, Thao? Wie lange hältst du mich noch hin? Du hast mir etwas versprochen, erinnerst du dich?"

„Ja! Du erinnerst mich ja auch ständig daran. Karl, ich werde es halten, aber zick mich nicht immer an. Vertrau mir einfach, okay!"

Karl löste sich von ihr und ging um den Tisch herum. Er konnte seine Wut nur schlecht vor ihr verstecken. Ihr vertrauen? Scheiße! Warum konnte er es nicht? Sie zeigte ihm doch deutlich, wie zwiegespalten sie war. Warum zögerte sie? Warum wollte sie nicht mitkommen?

„Karl!"

Der Junge sah seine Freundin mit fragendem Blick an.

„Bitte gib mir noch Zeit!"

Er nickte. Der Abend war für ihn gelaufen, dessen war er sich sicher.

„Thao?"

Die Punkerin löste ihren besorgten Blick von ihrem Freund und ging zur Theke.

„Was ist los, Schickse?"

Sie grinste. Sogar Amelies Schminke konnte sich jetzt sehen lassen.

„Du machst gleich kein Theater, wenn die anderen kommen, oder?"

Amelies Blick war flehend auf Thao gerichtet.

„Warum sollte ich das? Die gehen mich nichts an, brauchst keine Angst haben."

Ihre Freundin aber mochte ihr nicht recht glauben.

„Es ist mein Abend! Vergiss das bitte nicht!"

Thao wirkte jetzt eingeschnappt.

„Ohhhh. Ich bin wieder mal die Böse. Keine Angst. Bevor ich kotze, verschwinde ich, brauchst dir keine Sorgen machen."

Amelie spürte die Wut in den Worten der Punkerin.

„Hey! Jetzt sei nicht zickig. Du weißt genau, worauf ich hinauswill, oder nicht?"

Karl gesellte sich zu den beiden Mädchen, um Amelie zu helfen.

„Komm, wir decken fertig und dann genießen wir einfach den Abend, okay?"

Thao sah ihn schweigend an, nickte dann aber.

19. Die ersten Gäste kommen.

„Siehst du die? Die sind nicht wegen Amelie hier. Die wollen nur sehen, was aus Doppelvollfett geworden ist. Ein Foto auf Facebook hätte dafür auch gereicht."

Karl sah sich die Mädchen und Jungen an, die staunend Amelie begrüßten und nicht so recht zu glauben schienen, dass sie es wirklich war. Sie ergaben sich in ehrfürchtiges Staunen und schienen sich zweimal versichern zu müssen, dass es wirklich die einst so vollschlanke Schul- und Klassenkameradin war, welche jetzt vor ihnen stand.

Ein aufgeregtes Getuschel füllte die Gaststube und so dauerte es eine Weile, bis auch Thao und Karl von den Klassenkameraden Amelies registriert wurden.

„Hey, Karl! Thao!"

Ein Junge setzte sich zu den beiden und nickte freundlich.