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Thao 24

Geschichte Info
langsam aber sicher....
10.5k Wörter
4.67
7k
00

Teil 24 der 48 teiligen Serie

Aktualisiert 06/09/2023
Erstellt 09/23/2019
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25. Lena trifft Karl

„Mann! Du bist doch bescheuert!"

Lena riss sich den Helm vom Kopf und boxte der großen, blonden Frau auf den Oberarm.

„Dir haben sie doch sowas von ins Hirn geschissen! Bring dich doch alleine um, du Kuh!"

Sie wurde bleich, als sie den Jungen entdeckte, der auf der Flussbegrenzungsmauer saß und zu ihr herüber blickte.

Langsam kam sie heran. Der Junge sah wieder auf den Fluss hinunter, der unter ihm vorbeizog. Hier hatte alles begonnen. Er spann den Faden unaufhaltsam weiter, bis er an die Stelle kam, wo er zumindest für seinen Freund Simon ein Ende gefunden hatte.

„Wenn er und Thao hier nicht an dieser Stelle ..."

„Karl?"

Er blickte zu Lena hoch, die ihm ihre Hand reichte. Die Sonne stand schon tief, es würde nicht mehr lange hell bleiben. Er musste blinzeln, als er sie begrüßte. Der Junge hatte ein paar Zeitungen auf den Steinen ausgebreitet. Lena zögerte nicht lange und setzte sich zu ihm. Er wollte gerade das Gespräch beginnen, doch kam sie ihm zuvor.

„Karl, es tut mir leid um Simon. Wirklich."

Sie sah ihm in die Augen, vielleicht, damit er ihr Glauben schenkte. Er aber wandte sich von ihr ab, blickte starr zwischen seinen Beinen hinunter auf das träge vorbeiziehende Wasser.

„Ich weiß nicht, was du von mir willst, Karl. Aber die Bekloppte da drüben hat gemeint, es würde uns beiden besser gehen, wenn wir miteinander reden."

Karl drehte sich um und blickte Xena an, die an ihrem schwarzen Motorrad lehnte und vor sich hinstarrte.

„Die Bekloppte da ist ne gute Freundin von mir."

Lena legte ihren Kopf schief.

„Aber nicht meine."

Karl hob seinen Kopf und sah sie jetzt eindringlich an.

„Warum hast du mit ihm geschlafen, Lena! Weshalb denn, verdammt noch mal?"

Lena wurde bleich.

„Scheiße noch mal! Warum machst du mich jetzt dumm an, Karl? Ich dachte, wir wären hier, um miteinander zu reden? Wenn das jetzt aber ne Anklage wird, gehe ich wieder. Kapiert?"

Sie meinte es ernst. Karl wandte sich neuerlich von ihr ab und sah wieder auf das Wasser hinunter.

„Tut mir leid."

„Mir auch, Karl!"

„Lena! Bitte!"

Das dünne Mädchen zeigte Anstalten, aufzustehen. Karl sah zu ihr hoch. Er wollte nicht, dass sie ging.

„Hey! Setz dich bitte wieder hin, Lena!"

„Karl, was willst du von mir hören? Dass ich ihm nichts anderes geben konnte? Dass ich versucht habe, mich mit meiner Muschi von ihm freizukaufen? Fuck, Mann! Ich dachte, das wäre alles gewesen, was er von mir wollte. Ich kenn das nämlich nicht anders und es war kein Problem für mich. Ich habe gehofft, er würde sich danach endlich aus meinem Leben verpissen."

Lena blickte dem Jungen ins Gesicht. Sie musste sich abwenden, er weinte.

„Er war mein Freund."

Das Mädchen schüttelte den Kopf.

„Es war jemand, von dem du geglaubt hast, dass er dein Freund ist, Karl. Sorry. Aber Simon war jemand, der sich vor allem mit sich selbst beschäftigt hat."

Wut stieg in ihm auf. Warum sprach sie nur so über ihn?

„So wie du selbst auch, oder?"

Sie lachte heiser auf.

„Klar! Lebst du nur für andere? Fuck, was bist du denn für ein Idiot?"

Der Junge schwieg. Er hätte ihr in diesem Moment gern wehgetan.

„Kapierst du es nicht, Karl? Er hat mich nicht um meiner selbst willen geliebt! Er wollte das Stück Fleisch zwischen meinen Beinen, in das er sein Schwänzchen stecken konnte, wenn ihm danach war. Oder meine Stimme hören, die vielleicht gut genug gewesen ist, um ihn auf seiner Gitarre begleiten zu dürfen. Aber sonst? Nach der Nacht, in der ich ihm das von mir gegeben hab, was er haben wollte, dachte er, ich würde ihm gehören. Es war der blanke Horror, Karl. Dein „Freund" war ein Psychopath, der mich und sich selbst in Situationen gebracht hat, in denen ich ihn am liebsten ..."

Lena blickte den Jungen ruhig an.

„Er war nicht der Erste und er wird nicht der Letzte gewesen sein."

Sie sah über ihre rechte Schulter zu der großen, blonden Frau hinüber.

„Auch sie hat einen Grund, warum sie das und alles andere für dich tut. Vielleicht nennst du das ja Freundschaft, aber es steckt Absicht dahinter. Auch wenn es dir nicht offensichtlich erscheint."

Sie stand auf, sah auf den Jungen zu ihren Füßen hinunter.

„Du bist breiter geworden. Schaust richtig gut aus, Karl."

Sie drehte sich um und ging auf die Domina zu.

„Was war dein Grund bei Simon?"

Sie blieb stehen, drehte sich wieder zu ihm um.

„Ich glaubte, dass jemand, der so viel besitzt wie er, auch glücklich sein müsste. Ich habe gehofft, er würde mir etwas davon abgeben können."

Sie lachte heiser auf, es hörte sich nicht authentisch an für den Jungen.

„Ausgerechnet Simon sollte mir Glück bringen. Scheiße!"

Ihr Körper bebte.

„Scheiße! Ausgerechnet er."

Ihre Fassade brach, Tränen füllten ihre Augen.

„Ausgerechnet er."

Karl stand auf und schloss das dünne Mädchen in seine Arme. Er hatte sich geirrt. Dieses Treffen hatte keinem von ihnen geholfen.

„Hey!"

Karl zuckte erschrocken zusammen. Es war schon vor einiger Zeit dunkel geworden. Bestimmt war es schon eine Stunde her, seitdem Xena und Lena davongefahren waren.

Er musste an das hagere Mädchen denken. Wie lange er sie in seinem Arm gehalten hatte, wie lange sie und er selbst gebraucht hatten, um sich wieder zu beruhigen. Sie hatten sich nochmals auf die Mauer gesetzt, noch einmal über Simon gesprochen.

Er hatte Lena vorgeschlagen, an die schönen Situationen und Momente zu denken, die sie mit Simon verbunden hatten, und darauf gehofft, dass auch sie für sich welche finden konnte.

„Es hat sich hier nichts verändert."

Thao sah sich um, bevor sie sich zu ihm setzte. Karl legte seinen Arm um ihre Hüften.

„Danke, dass du gekommen bist."

Sie wandte sich ihm zu und gab ihm einen Kuss.

„Ich liebe dich!"

Er blickte in ihre braunen Augen, die ihn aufmerksam ansahen.

„Ich dich auch."

Er fühlte ihre Finger über seine Nase und seine Lippen gleiten. Es war schön und half ihm mehr, als sie vielleicht ahnte.

„Du hast geweint?"

Er nickte.

„Lena auch."

Thao verstand

.

„Das ist das Einzige, was neben der Zeit wirklich hilft, glaube ich."

Ihr Kopf kam auf seiner Schulter zu liegen.

„Wie war es?"

Karl zögerte.

„Ich weiß es nicht. Ich fühle mich im Moment einfach nur scheiße, aber Lena vielleicht nicht mehr ganz so. Dann hat es wenigstens etwas gebracht."

Thao hob ihren Kopf und sah ihn erstaunt an.

„Wieso? Ist es ihr egal?"

Karl schüttelte seinen Kopf.

„Dann hätten wir wohl kaum miteinander geheult, oder?"

Thao nickte, er hatte natürlich recht.

„Was also meinst du?"

„Durch Simons Tod hat sie für sich einen Grund gefunden, von hier zu verschwinden. Sie fühlt sich jetzt das erste Mal frei."

Thao legte ihren Kopf wieder zurück auf seine Schulter.

„Ist viel passiert seit damals, oder?"

Karl nickte. Er wusste, was sie meinte.

„Ich hatte damals echt Schiss vor dir."

Thao konnte nichts anderes, sie musste lachen.

„Naja. Das hat sich ja mittlerweile gelegt, wie es scheint."

Karl wandte ihr langsam sein Gesicht zu, gleichzeitig entzog er ihr seinen Körper.

„Nein, hat es nicht."

Die Punkerin fühlte, worum es ihm ging. Sie wollte aber nicht darauf eingehen. Nicht jetzt, nicht hier. So schwiegen sie beide, starrten wieder hinunter auf den Fluss.

„Du wolltest eigentlich nicht herkommen, oder?"

Thao schüttelte ihren Kopf.

„Nein. Wollte ich nicht. Es erinnert mich zu sehr an ihn."

„Und warum bist du dann doch hergekommen?"

Sie schloss die Augen. Verbitterung machte sich in ihr breit.

„Wegen dir, Karl. Auch wenn es dir so schwerfällt, mir zu glauben. Ich gehe dorthin, wo du hingehst, egal, wie schwer es mir auch fällt. Das ist es, was du hören willst, oder?"

Die letzten Worte hatten gereizt geklungen. Karl starrte vor sich hin. Es wurde von Tag zu Tag schlimmer.

„Ich habe einfach Angst, dass auch du gehst, dass diese Scheiße dir wichtiger ist als ich. Es würde einfach passen, weißt du? Simon geht. Du gehst."

Thao stieß ihm schmerzhaft gegen seine Schulter.

„Warum vertraust du mir nicht? Verfickte Scheiße, warum nicht? Du hörst dich mittlerweile schon an wie er!"

Der Junge schüttelte seinen Kopf und stand auf. Er sah nicht zu ihr hinunter, sondern ging den Weg zur Fabrik zurück. Sie folgte ihm, wusste sie doch, dass sie mit ihren letzten Worten übertrieben und das für ihn erträgliche Maß überschritten hatte.

„Warte, Karl! Scheiße! Jetzt warte!"

Das Mädchen lief ihrem Freund hinterher.

„Das war Kacke jetzt. Mann! Jetzt bleib doch stehen!"

Der Junge verlangsamte seine Schritte. Endlich hatte sie ihn eingeholt. Er aber blieb mit dem Rücken zu ihr stehen.

„Thao? Du hast es mir versprochen, oder nicht?"

Sie schloss ihre Augen, ballte ihre Hände zu Fäusten und stampfte mit dem Fuß auf den Boden.

„Ich weiß! Mensch, ich weiß es doch! Ich höre auf, gib mir nur noch ein wenig Zeit!"

„Bis zum Ende der Ferien?"

„Karl. Es ist nicht wegen mir. Bea ..."

„BIS ZUM ENDE DER FERIEN?"

„JA! JAAA!"

Sie schrien jetzt beide.

„Ich kann nicht mehr ohne dich! Verdammt! Ich will nicht von dir weg sein! Das macht mir Angst!"

Sie hatte Karl noch nie so verzweifelt gesehen.

„Denkst du, mir geht es anders? Ich liebe dich doch, Karl! Glaub mir das bitte. BITTE!"

Endlich drehte er sich zu ihr um. Sie ging die letzten zwei Schritte auf ihn zu, umarmte ihn und hielt sich an ihm fest, wurde beinahe hysterisch. Wie besessen begann sie, sein Gesicht mit Küssen zu bedecken. Sie sprang an ihm hoch, umschlang seine Hüften mit ihren Beinen und brachte ihn damit aus dem Gleichgewicht. Sie fielen beide ziemlich hart auf den Boden, Thao aber schien, wie verrannt. Sie öffnete seine Gürtelschnalle, knöpfte seine Hose auf, griff unter seiner Boxershorts nach seinem Schwanz und begann diesen zu wichsen. Sie war genauso wenig geil wie er, es sollte ihnen beiden einfach nur Frieden bringen.

„Hör auf, Thao! Hör bitte auf!"

Er drückte sie von sich weg. Sie hielt inne, hob ihren Oberkörper und biss sich auf ihre Lippen. Dann rollte sie sich ab und blieb neben ihm liegen.

„Du hast recht, ich bin im Moment wirklich wie er. Glaub mir, ich hasse mich selbst dafür. Weißt du, irgendetwas liegt zwischen uns, Thao. Und ich weiß, dass auch du das spürst."

Sie nickte, starrte vor sich hin, wischte sich über die Augen, die längst voller Tränen waren.

„Willst du dich trennen?"

Karl atmete tief durch.

„Nein! Nein!!!! Weißt du, was das bedeuten würde?"

Thao sah ihn müde an.

„Dass alles umsonst gewesen wäre. Verdammt, ohne uns hätte Simon Lena doch nie kennengelernt."

Die Punkerin glaubte, nicht richtig gehört zu haben.

„Du gibst uns die Schuld an seinem Tod?"

Karl schwieg.

„Wem denn noch, Karl? Erst Lena, dann seinen Eltern und jetzt uns?"

Sie wurde bleich.

„Du gibst jetzt nicht mir die Schuld, oder?", hakte das Mädchen nach.

„Nein! Hör auf damit! Hör auf!"

Sie lagen nebeneinander im Staub des Weges und starrten in den Himmel.

„Thao?"

„Ja?"

„Es wird wieder besser bei mir. Ich verspreche es dir."

„Wir sind beide scheiße drauf, Karl. Komm! Wir gehen nach Hause, ja? Bitte! Ich will nicht mehr hier sein."

Sie half ihm auf, er ließ es zu. Schweigend standen sie sich eine Weile gegenüber, dann senkte Karl seinen Kopf, während Thao den ihren leicht in den Nacken legte. Ihre Köpfe näherten sich einander langsam, bis sie sich schließlich Stirn an Stirn berührten. Der Kampf um ihre Liebe war nicht vorbei, aber sie waren zumindest eine Runde weitergekommen.

26. Günter und Xena

Zweimal schon hatten sich Xena und Günter seit Amelies Party wiedergesehen, am heutigen Abend stand das dritte Treffen an. Günter hatte, wie versprochen, Geduld und Zurückhaltung bewiesen, Xena indes lehnte seine Nähe nicht von vornherein ab. Sie versprachen sich beide viel von diesem heutigen Abend und hofften, dass sich wieder ein wenig von der Distanz zwischen ihnen überbrücken lassen würde.

Xena war für ihre Verhältnisse sehr locker gekleidet, eine schwarze Turnhose und ein gleichfarbiges Shirt schienen gut, zu dem geplanten DVD-Abend zu passen. Sie hatte ihre Wohnung einer gründlichen Reinigung unterzogen, Knabberzeug gekauft, Limonade, Cola, Rum und Wodka zum Mixen bereitgestellt, obgleich sie sich fragte, ob Letzteres nicht vielleicht doch zu viel des Guten war. Ein letzter, kritischer Kontrollblick bestätigte ihr, dass sie alle Vorbereitungen für den kommenden Abend getroffen hatte.

Eine Viertelstunde musste sie sich nun noch bis zu Günters Eintreffen gedulden, nochmals betrachtete sie sich eingehend im Spiegel und setzte sich dann auf die Couch, um auf ihn zu warten. Sie war aufgeregt, stellte sie erstaunt fest, ein äußerst seltenes Gefühl bei ihr, mit dem sie nur schwer umzugehen verstand.

Günter war süß gewesen, hatte ihr beim letzten Motorradausflug Blumen und ein Buch geschenkt, das von Freundschaft und Liebe handelte.

Die große Blondine grinste, sie hatte sich nie für romantisch oder emotional gehalten, dennoch hatten Günters Geschenke sie gerührt. Sie hatten sich erstmals richtig geküsst an diesem Tag, auch wenn es bei einem reinen Lippenbekenntnis geblieben war, so konnte Günter dies dennoch als gewaltigen Erfolg für sich verbuchen. War sie bereit, noch weiterzugehen? Wollte sie es überhaupt darauf ankommen lassen? Sie schloss die Augen und versuchte, sich vorzustellen, wie Günter sie berührte, seine Hände sie dort berührten, wo sie Frau war, wie er sich ihr in seiner Nacktheit näherte. Genau in diesem Moment drängten sich diese schlimmen Bilder aus ihrer Vergangenheit wieder in ihr Gedächtnis.

Ihr Atem hatte sich beschleunigt, Schweiß war auf ihre Stirn getreten. Sie musste sich zwingen, tief durchzuatmen, um sich wieder einigermaßen zu beruhigen.

Sie schreckte zusammen, als die Türklingel schrillte. Es kostete sie einiges an Überwindung, von der Couch aufzustehen und den Türöffner zu drücken. Kurz überlegte sie noch, eine Ausrede zu erfinden und ihm abzusagen, doch sie verwarf diesen Gedanken, als sie seine Hand am Treppengeländer erblickte, die zügig nach oben wanderte.

„Hey, Xena!", lächelte Günter seine Angebetete an.

Er war in Hemd und Jeans deutlich schicker gekleidet als sie. Er sah gut aus, sehr gut sogar.

„Grüß dich! Das Hemd steht dir."

Kurz drückten sie sich aneinander, dann trafen seine Lippen auch schon die ihren. Sie zuckte zusammen, als hätte sie sich ob dessen erschrocken.

„Geht es dir gut? Sorry, Xena, aber ich dachte ..."

Sie entzog sich ihm und winkte ab.

„Brauchst dich nicht entschuldigen, Günter. Komm! Ich habe versucht, es uns schön zu machen."

Ihr Lächeln wirkte gezwungen, Günter spürte deutlich, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmte.

„Komm, Xena, rede bitte mir! Ich merke doch, dass dich etwas bedrückt. Ich höre dir gern zu. Oder ist es der Kuss gewesen? Wenn das zu schnell war, dann ..."

„Geh bitte ins Wohnzimmer und setz dich. Ich bin gleich bei dir, ja?"

Er wirkte verwirrt, warf ihr einen unsicheren Blick zu und ging dann zu der großen Doppelcouch.

„Bitte leg schon mal den Film ein, Günter. Und bedien dich bei den Getränken!"

Sie ging ins Bad und lehnte sich dort an die Wand. Es hatte sich etwas verändert in ihr, sie konnte es deutlich spüren. Es war an der Zeit, das Vergangene zu vergessen und ein neues Leben zu beginnen. Sie wollte nicht mehr allein sein und auch nicht mehr vor ihrer Vergangenheit davonlaufen. Günter war lieb zu ihr, zeigte sich verständnisvoll und zurückhaltend. Wie könnte sie ihm da genau das verweigern, was sich jeder normale Mensch wünscht?

Sie ging zum Waschbecken und wusch sich die Hände. Ein Druck auf die Taste der Toilettenspülung, dann ging sie zurück ins Wohnzimmer.

„Was hast du uns denn mitgebracht?"

Günter nahm einige DVDs vom Tisch und reichte sie ihr.

„Sieh sie dir mal durch bitte. Amelie hat mir beim Aussuchen geholfen. Ich hoffe, es ist was für dich dabei."

Sie setzte sich zu ihm und ging die einzelnen Cover durch.

„Scheiße, Günter. Die sagen mir alle nichts."

Sie spürte seinen Blick und sah ihn fragend an.

„Stimmt was nicht?"

„Du siehst toll aus! Selbst in diesen Klamotten."

Sie lächelte ihn freudig an.

„Danke."

Mit fragendem Blick hielt sie ihm ein Cover vors Gesicht.

„Hier! Was ist mit dem?"

Günter stöhnte.

„Was ist? Gefällt er dir nicht?"

Der junge Mann lächelte.

„Nein. Passt schon. Gib her!"

Xena runzelte die Stirn.

„Du wolltest mich aussuchen lassen, was ist los?"

Günter grinste.

„Ist eine ziemliche Schnulze. Aber ich habe es ja so gewollt."

„Du, der hat sieben Oskars gewonnen, steht auf dem Cover. Da kann er doch nicht so schlecht sein, oder?"

Günter sah sie wehleidig an.

„Naja, er hat immerhin schöne Tier- und Landschaftsaufnahmen. Also komm! Sehen wir ihn uns an."

Er legte die DVD in den Bluray-Player ein und setzte sich neben sie.

„Du hast echt ne krasse Anlage, Xena. Aber viel schauen tust nicht, oder?"

Xena hob die Schultern.

„Ab und zu."

Als der Film begann, verstummte die Unterhaltung. Günter rückte ein kleines Stück näher an sie heran und schob ihr seinen Arm in den Nacken.

„Ist das okay für dich?"

Xena blickte auf seine Hand, die rechts von ihrer Schulter herunter baumelte. Ihr Körper versteifte sich augenblicklich, die Muskeln verkrampften.

„Wenn es dich stört, nehme ich sie sofort wieder weg. Versprochen!"

Sie nickte, warf ihm einen flüchtigen Blick zu und widmete ihre Aufmerksamkeit dann wieder dem Film. Ein Herrenhaus war zu sehen, inmitten einer Plantage, eindrucksvoll in Szene gesetzt mit bekannten Schauspielern.

„Tust du das alles, damit ich mich von dir ficken lasse?"

Xenas Frage hatte beiläufig geklungen, Günter antwortete nicht sofort. Stattdessen entzog er ihr seinen Arm und griff zur Fernbedienung, um den Film anzuhalten. Er richtete seinen Blick auf diese unsagbar schöne Frau, die nach wie vor auf den Bildschirm starrte, als ob der Film nie angehalten worden wäre.

„Nein! Nicht deshalb! Aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht gern mit dir schlafen würde."

Er ließ den Film wieder laufen.

„Oder ist es dir lieber, wenn ich gehe?"

Xena starrte weiterhin auf den Fernseher, schüttelte aber schließlich ihren Kopf. Er hielt nun Abstand zu ihr, sie fühlte sich unwohl deshalb.

„Günter, ich ..., es tut mir leid."

Sie drehte sich zu ihm hin, er aber deutete auf den Fernseher.

„Komm, Xena! Sehen wir uns den Film weiter an."

Xena versuchte, dem Film zu folgen, doch immer wieder musterte sie Günter aus ihren Augenwinkeln heraus. Sie fühlte sich nicht wohl, verkrampft, durch eine Nervosität belastet, die sie bislang nicht an sich kannte.

„Möchtest du etwas trinken?"

Günter schien sich nur ungern vom Film zu lösen, der nicht so schlecht war, wie er ursprünglich gedacht hatte. Immerhin war er Xena nahe, auch wenn er sich in Geduld üben müsste, was er ihr auch immer wieder zugesichert hatte.

„Ich mach mir einen Cuba Libre. Willst auch einen?"

Sie beugte sich nach vorn, nahm Limetten und Eis aus dem Kühler, gab diese in ein Glas und goss Rum und Cola auf. Günter betrachtete sie von der Seite, eigentlich wollte er keinen Alkohol trinken.

„Und?"

Er nickte, der Drink sah einladend aus. Sie zwinkerte ihm zu und reichte ihm das Glas, dann mixte sie für sich dasselbe Getränk nochmals.

„Es tut mir leid. Du hast dir mehr versprochen, oder?"

Günter schüttelte den Kopf und deutete auf sein Glas.

„Dein Cuba Libre reicht mir erst mal."

Sie unterließ es, zu antworten, setzte sich aber dicht neben ihn. Erstaunt registrierte er diese Veränderung.

„Xena, du musst das nicht tun. Wir lassen uns Zeit, okay? Es ist alles gut. Wirklich!"

Sie starrte ihn mürrisch an. Sein Verständnis in allen Ehren, doch sie fühlte sich wie eine Behinderte, der durchs Leben geholfen werden musste. Kaum war dieser Gedanke zu Ende gedacht, schämte sie sich seiner auch schon.