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Thao 26

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Karl näherte sich ihr von hinten und legte seinen Kopf auf ihre rechte Schulter.

„Soll ich?"

Das Punkermädchen zögerte einen Moment, dann nickte sie.

Sie hörte mit Absicht weg, als Karl mit Anelise über die Konditionen verhandelte. Wenn sie schon in dieser Stadt wohnen sollte, dann hier. Die Gegend war ruhig, der Fluss auf der anderen Straßenseite, der Ausblick atemberaubend ... abgesehen von einem zuweilen kläffenden Spitz sprach nichts dagegen, hier zu wohnen. Die Zimmer waren geräumig, die Küche ebenfalls, nur bei dem kleinen Bad und dem noch kleineren Flur galt es Abstriche machen zu müssen.

„Wir kriegen sie."

Thao schloss die Augen und atmete aus.

„Freut dich das?"

Sie sah zu ihm hoch, lächelte und nickte ihm schließlich zu. Der Junge riss sie regelrecht in seine Arme und rang mit seinen Tränen.

„Ich lass euch noch einen Moment allein. Wenn Ihr loswollt, klingelt bei mir unten, ich gebe Euch dann den Mietvertrag."

Thao winkte Anelise zu, dann hörten sie die Wohnungstür ins Schloss fallen.

„Was hat dich umgestimmt?"

Karl trocknete sich die Augen.

„Es ist schön hier und ich mag Anelise. Die ist wirklich echt. Das spürt man."

„Du meinst, weil sie selbst mal ein Punk war?"

Sie winkte ab und schüttelte den Kopf.

„Es ist einfach ein Gefühl, genauso wie bei dieser Wohnung. Ich habe dagegen angekämpft, aber sie gefällt mir wirklich."

Sie rutschte an der Außenwand des Balkons zu Boden, bis sie auf dem Steinboden zu sitzen kam. Karl tat es ihr gleich, dann genossen sie minutenlang schweigend die herrliche Aussicht. Thao brach schließlich das Schweigen.

„Wie teuer ist sie?"

Karl schüttelte den Kopf.

„Das ist egal. Ich habe Kredit bei meinen Eltern und kann ihnen das später wieder zurückzahlen."

Sie sah ihn fragend an.

„Jetzt sag schon! Das geht uns beide etwas an. Schließlich muss ich meinen Teil dazu zahlen."

Der Junge zögerte. Er befürchtete, dass Thaos Stimmung wieder kippen könnte.

„Ich habe sie auf sechshundertfünfzig Euro runterhandeln können."

Thao riss die Augen auf.

„Ach du Scheiße!"

Sie lehnte den Kopf an die Wand und starrte vor sich hin. Sie hatten eine Obergrenze von fünfhundert Euro vereinbart.

„Scheiße, Karl! Verdammt, das sind dreihundertfünfundzwanzig Euro für mich. Wie soll ich das denn machen?"

Karl wollte das nicht gelten lassen.

„Wir bekommen das schon hin. Wäre ich allein hier, hätte ich, außer beim Studentenwohnheim, noch mehr zahlen müssen. Du gibst dazu, was du kannst. Mir ist das schon klar, dass du da nicht die gleiche Unterstützung hast, wie ich."

Thao schüttelte ihren Kopf.

„Ich finde das aber scheiße, Karl. Ehrlich jetzt."

Sie wandte sich ihm zu, ihr Blick gab ihren Ärger preis.

„Das würde bedeuten, dass dir die Wohnung gehört und ich von dir abhängig bin."

Karl stöhnte auf.

„Weißt du, was du für einen Scheiß erzählst? Du stehst mit im Mietvertrag! Das Einzige, was Anelises Vater interessiert, ist, dass die Kohle pünktlich auf dem Mietkonto eingeht. Mehr nicht! Und wenn es mal eng bei dir wird, helfe ich dir und umgekehrt genauso. Hör doch auf mit diesem Mist, das hat doch noch nie eine Rolle bei uns gespielt, oder etwa doch?"

Sie ging nicht weiter darauf ein. Es störte sie trotzdem.

44. Der Weg nach Hause

„Willst du nicht mal ne Pause machen? Schaust ziemlich alle aus."

Karl drehte seinen Kopf kurz in Richtung seiner neben ihm sitzenden Freundin, die aber sein Gesicht sofort wieder zurück drückte.

„Spinnst du? Achte gefälligst auf die Straße!"

Er lächelte. Im letzten Halbjahr hatte er schon einige Fahrpraxis gesammelt, eine derart lange Fahrt bislang allerdings noch nicht hinter sich gebracht. Er wäre froh gewesen, hätte Thao ihn ablösen können, doch da sein Mädchen ihren Führerschein noch nicht gemacht hatte, musste es eben so gehen.

„Hast du dich wieder eingekriegt?"

Karl ärgerte sich sofort über seine Wortwahl. Thao, die vor sich hingestarrt hatte, sprang sofort darauf an.

„Na klar habe ich mich wieder eingekriegt. Das muss ich doch immer. Weil ich die bekloppte Punkertussi bin, die allein nichts auf die Kette bekommt. Ist es nicht so? Aber der gute Karl nimmt sie bei der Hand und dann darf sie brav neben ihm herlaufen. Er weiß schließlich am besten, was gut für sie ist."

Der Junge trat unvermittelt auf die Bremse, setzte den Blinker und lenkte den Wagen auf den Pannenstreifen.

„Was soll die Scheiße jetzt? Fahr weiter!"

Er aber hielt das Fahrzeug an, zog die Handbremse und schaltete die Warnblinkanlage ein.

„Weißt du eigentlich, was ich für eine Angst hatte, dass du heute alles verweigern würdest? Merkst du nicht, wie schlecht es auch mir geht, weil du nicht mitkommen möchtest? Thao, du glaubst wohl, ich sehe nicht, wie sehr du dich verbiegen musst? Aber wenn dir meine Liebe als Lohn nicht ausreicht, dann ..."

Thao drehte sich langsam zu ihm hin und starrte ihn an.

„Ich hasse das alles. Die ganzen letzten Wochen waren so beschissen."

Sie wendete ihren Blick nicht von ihm ab.

„Wir tun uns so weh und ich habe Angst, dass wir es nicht schaffen werden. Ich versuche ja, mich in den Griff zu behalten, aber das geht halt nicht von heute auf morgen. Das verstehst du, oder? Ich habe einfach Angst vor dem, was komm wird. Es ändert sich alles, ich mag das einfach nicht. Scheiße verdammt, ich hasse das!"

Den letzten Satz hatte sie regelrecht heraus gezischt. Karl sah sie mit ernstem Blick an, griff nach ihrer Hand und zog sie näher an sich heran.

„Halte durch! Wir brauchen nicht viel mehr als uns selbst, das hast du doch gesehen. Monatelang haben wir eine echt gute Zeit miteinander gehabt. Wir können das wieder haben und dieses Mal in vier Wänden, die uns gehören, dir und mir."

Er überlegte kurz, kämpfte seine aufkommende Unsicherheit nieder und stellte ihr schließlich jene Frage, vor deren Antwort er Angst hatte.

„Thao, bitte sag mir, ob du wirklich mitziehen möchtest. Mehr brauche ich nicht."

Sie sah ihn an, ihre braunen Augen hatten in diesem Moment keinen Glanz. Ihr Kopf arbeitete fieberhaft, dann aber nickte sie.

„Ja, ich will bei dir sein."

Ihre Antwort war nicht spontan erfolgt, dennoch gab sich der Junge damit zufrieden. Sie mussten erst einmal ein klares Verhältnis schaffen und das war erst dann erreicht, wenn sie beide in der neuen Stadt angekommen waren.

„Fahren wir weiter?"

Er nickte und sah sich, dabei über seine linke Schulter blickend, nach hinten um. Es dauerte einige Minuten, bis die rechte Fahrspur endlich frei war, er sich wieder in den Verkehr eingliedern und dem Tempo der Autobahn anpassen konnte.

„Mach das bitte nicht noch einmal, ich hab dann Schiss."

Er nickte.

„Du aber auch nicht, ich nämlich dann genauso."

Er spürte ihren Blick von der Seite.

„Was ist?"

„Du schaust aus wie dein Vater, wenn du Auto fährst."

Karl musste lachen. Er wusste sofort, was sie meinte.

„Hör auf mit dem Scheiß! Niemals!"

Es wurde wieder ruhig im Wagen. Thao hatte ihren Kopf an die Seitenscheibe gelehnt, ihre Augen verfolgten die Lichter der vorbeiziehenden nächtlichen Landschaft. Der Junge warf einen flüchtigen Blick auf sie und sah das Bild vor seinen Augen, als sie damals zusammen vom Angeln wieder nach Hause gefahren waren. Optisch hatte sie sich kaum verändert, wie er trotz des spärlichen Lichtes im Wageninneren feststellen konnte. Wie aber sah es in ihrem Inneren aus? Und in ihm selbst? Was hatte sie ihm vorhin vorgeworfen?

Irgendwo begann plötzlich ihr Handy zu surren und löste beide mit sonorem Ton aus ihren Gedanken. Sie fingerte an ihren Jackentaschen herum, fand es schließlich und hielt es an ihr linkes Ohr.

„Bea? Was gibt´s denn?"

Karl war sofort hellwach. Würde sie die Arbeitskollegin jetzt abwürgen, wusste er, dass sie ihn belogen hatte. Bei ihm klingelten sämtliche Alarmglocken. So gern hätte er gewusst, was Beatrice von Thao wollte.

„Ich war mit Karl in Hamburg. Haben unseren Mietvertrag unterschrieben."

Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu.

„Warum? Weil er mir wichtiger ist als du."

Beatrices Stimme legte an Lautstärke deutlich zu, trotz der Fahrgeräusche konnte selbst der Junge sie hören.

„Morgen werde ich es ihr sagen. ... Nein. Es ist mir aber egal, was sie darüber denkt. Ich hasse es, manipuliert zu werden, und genau das hat sie zu ihrem Beruf gemacht."

Thaos Miene verfinsterte sich.

„Ach? Und ist das mein Problem? Ich habe keinen Vertrag unterschrieben und wenn ich heute einen Unfall gehabt hätte, wäre auch nichts von euch gekommen. Also red keinen Scheiß! ... Boah, Bea, du bist so dämlich. Verkaufe dich nur weiter in diesem Laden, hast schon recht."

Karl wollte nach ihrer Hand greifen, sie aber entzog sich ihm. Sie sah ihn kurz an und schüttelte den Kopf.

„Wie, sie ist nicht da? ... Übermorgen? ... Auch egal. ... Nein! Ich werde nicht arbeiten! ... Auch kein letztes Mal! ... Mir egal! ... Weißt du was, Bea? Fick dich doch!"

Die Punkerin drückte auf den roten Knopf ihres Handys und lehnte ihren Kopf wieder zurück an die Scheibe. Tränen liefen ihre Wangen hinunter, das Gespräch hatte sie sehr mitgenommen.

„Thao, ich ..."

Sie schüttelte den Kopf.

„Lass mich mal, ja? Bitte!"

Er verzichtete darauf, seinen Satz zu vollenden, und vertiefte sich schweigend in seine Gedanken. Sie hatte auch hier einen Schlussstrich gezogen, ihm bewiesen, dass sie zu ihrer Beziehung stand und trotzdem war er nicht glücklich. Wieder dachte er darüber nach, was sie ihm vorgeworfen hatte. Es hatte sich in seinem Kopf festgesetzt.

45. Drei Tage später

Am Eingangstor zum Palais angekommen, zögerte Thao und blieb stehen. Sie stand unter der Kamera im toten Winkel, wollte vermeiden, dass sie vom Büro der Gräfin aus beobachtet werden konnte.

Ein kurzer Blick auf das Display ihres Handys, sie hatte noch zehn Minuten Zeit. Vielleicht würde es ihr als Schwäche ausgelegt werden, wenn sie früher als vereinbart erscheinen würde.

Die Gräfin wusste Bescheid, Thao hatte sie vor zwei Tagen angerufen und um diesen Termin gebeten. Die Gebieterin über dieses Etablissement hatte diese Nachricht sehr gefasst aufgenommen, eine Tatsache, die Thao im ersten Moment verwirrt hatte.

Sie sah diesem Gespräch mit Angst und Unruhe entgegen. Man wusste, wie sehr sie diesen Job geliebt hatte, wie gut sie sich mit den Kunden und Kolleginnen verstand und wie wichtig ihr die Bedeutung war, die sie in diesem Haus erlangt hatte. Sie hatte sich vorzubereiten versucht, überlegt, womit man sie umzustimmen probieren würde, hatte versucht, sich vorzustellen, wie der Worst Case für sie aussehen könnte.

Karl hatte alles Mögliche unternommen, um sie abzulenken, ihr Mut zugesprochen und sie immer wieder auf den gemeinsamen Umzug eingeschworen. Sie waren mit seinen Eltern im Shopping-Center gewesen, hatten für die gemeinsame Wohnung Möbel und Alltägliches gekauft und am Abend des gestrigen Tages das Wesentliche mit Anne besprochen.

Thao sah auf ihre Schnürstiefel herunter. Ihre Mutter hatte die Nachricht ihres Wegzuges sehr positiv aufgenommen. Es schien mehr dahinter gesteckt zu haben, als die bloße Freude über den gemeinsamen Schritt der beiden.

Ein weiterer Blick auf ihr Handy zeigte der Punkerin, dass ihr noch zwei Minuten bis zum Termin blieben. Sie schloss ihre Augen, atmete noch einmal tief durch und trat dann an die Tür um zu klingeln.

Es dauerte einige Augenblicke, dann vernahm sie den Summer. Die Punkerin erinnerte sich an den Tag, an dem sie von der Gräfin dort abgeholt worden war. Sie stemmte sich gegen die schwere Tür, dann nahm sie den Weg durch den Vorhof zum Vordereingang.

Das Café war menschenleer, was aber nichts bedeuten musste. Thaos Blick schweifte in Richtung des Vorzimmers, in dem Andrea arbeitete, doch auch dort war niemand zu sehen. Dies allerdings war ungewöhnlich für diese Zeit.

Sie war noch nicht ganz an der Bürotür der Gräfin angekommen, als diese sich öffnete und die Chefin persönlich sie in Empfang nahm. Die Hausherrin reichte der jungen Mitarbeiterin die Hand und nickte ihr zu.

„Setz dich schon mal bitte! Es kam gerade noch ein Anruf rein."

Die Gräfin ging hinter ihren Schreibtisch, setzte sich und griff zum Hörer ihres Tischtelefons. Thao sah sich um, sie hatte mit einem anderen Empfang gerechnet. Die Geschäftsfrau hinter dem Schreibtisch wirkte ruhig und gelassen, ihre Stimme hatte an diesem Tag nichts Resolutes an sich, wie es sonst so oft der Fall gewesen war.

„Gut! So machen wir das. Bring sie dann am Nachmittag vorbei. Danke!"

Die Besitzerin des Palais war in ein enges, schwarzes Kostüm gekleidet, trug eine dezente Perlenkette um den Hals und zwei schmale, goldene Armreifen am rechten Handgelenk. Sie nickte dem vor ihrem Schreibtisch sitzenden Punkermädchen zu, das seine Unsicherheit ihr gegenüber zu verbergen versuchte. Die erfahrene Geschäftsfrau hatte sensible Antennen für Menschen und diese würde sie auch brauchen, um dieses Mädchen umzustimmen. Sie selbst wusste ihre Gefühle zu verbergen, auch wenn es ihr in diesem Moment schwerfiel. Sie hatte sehr viel in dieses Mädchen investiert, ihr Potential erkannt und gefördert, sich am Erfolg der letzten Monate berauscht. Ihre Augen blieben auf dem Mädchen ruhen und trotz ihrer sonst so beherrschten Art schien auch sie sich für dieses Gespräch erst sammeln zu müssen.

„Thao, ich muss gestehen, dass ich keinerlei Vorstellungen davon habe, wie ich dieses Gespräch mit dir führen soll."

Sie warf einen kurzen Blick aus dem Fenster.

„Weißt du, man liest Bücher darüber, wie man Personalgespräche am besten führen sollte, psychologischen Druck ausübt, Unsicherheit bei den Untergebenen schürt, seine eigene Stellung absichert. Das gelingt mir virtuos, Thao, nur bei dir gibt es da diese gewisse Unsicherheit. Du hast dich zu nichts verpflichtet, schienst dem Geld nicht abgeneigt zu sein, wurdest aber auch nicht abhängig davon, hast es immer wieder an Respekt mir gegenüber mangeln lassen, ohne dabei den Bogen überspannt oder mich in Handlungszwang gebracht zu haben. Bei keiner anderen meiner Damen hätte ich Ähnliches toleriert, aber dein Erfolg sprach einfach für dich."

Sie holte einen Stapel Blätter aus einer der Schreibtischladen und reichte ihn dem Mädchen.

„Weißt du, was das ist?"

Die Punkerin schüttelte den Kopf.

„Lies sie, Thao!"

Das Mädchen nahm den Stapel aus der Hand der Gräfin entgegen und überflog die vielleicht zwanzig Blätter. Es waren Begeisterungsbekundungen, dringende Anfragen, ja regelrechte Gebote um einen Termin bei Beatrice und ihr.

„Man könnte es als dumm bezeichnen, sie dir zu zeigen, aber ich habe das Gefühl, dass ich deinen Entschluss, uns zu verlassen, nicht rückgängig machen kann. Aber ich will dir die Tür offenlassen und dir sagen, wie sehr du mir willkommen bist, solltest du es dir doch noch anders überlegen."

Die Punkerin hatte bisher geschwiegen, ihre Augen blieben auf die Papiere gerichtet, die ihr die Gräfin überreicht hatte. Sie überflog die restlichen Schreiben und spürte, wie sehr sie von deren Inhalt berührt wurde.

„Thao, du bist eine erstklassige Domina, eine der besten, die ich jemals hatte. Hast du gelesen? Deine Kunden hatten das Gefühl, dass du echt bist, das genau richtige Maß zwischen persönlicher Akzeptanz, Zuwendung und Schmerz gefunden hast. Und Beatrice hat dem Ganzen noch eine sexuelle Note gegeben. Ihr seid etwas Einzigartiges auf dem ganzen Markt, kein anderes Etablissement hat ein ähnliches Angebot. Es ist einfach nur schade, Mädchen, dass das nun vorbei sein soll."

„Bea hat mit ihnen gesprochen?"

Die Gräfin nickte.

„Nimm es ihr nicht übel, sie verliert durch dein Ausscheiden lukrative Kunden und fällt auf ihren normalen Status zurück. Bea ist eine gute Bizzarlady, mehr wird sie aber nie sein."

„Sie hat Angst, dass ihr sie schlecht behandeln werdet."

Die Gräfin sah das Mädchen belustigt an.

„Wir?"

„Sie hat besonders vor Kali Angst."

Die Geschäftsfrau lehnte sich zurück und betrachtete das Mädchen aufmerksam.

„Was hätte ich davon? Außer, dass vielleicht noch eine weitere meiner Damen gehen würde? Da musst du dir keine Sorgen machen, Thao, eher im Gegenteil. Sie wird noch viel motivierter sein, als vorher."

Das Punkermädchen sah der Gräfin das erste Mal direkt in die Augen.

„Darf ich Sie etwas fragen?"

Die Geschäftsfrau nickte ihr aufmunternd zu.

„Natürlich, Thao!"

„Haben sie mich gekauft?"

Die Gräfin schien das Mädchen im ersten Moment nicht zu verstehen.

„Wie meinst du das?"

„Bernard? Schmerzkunst?"

Es war das erste Mal, dass die Geschäftsfrau ihre Unsicherheit nicht verbergen konnte. Das Mädchen schien sich an dieser Frage die ganze Zeit festgehalten zu haben. Vielleicht war dies auch der Grund für ihre Stärke?

„Woher weißt du ...?"

„Ist es so?"

„Ja. Ich habe Bernard eine Provision dafür bezahlt, dass er dich an mich vermittelt hat. Du erschienst mir vielversprechend, es war nicht verwunderlich, dass Kali Begeisterung gezeigt hat und sich jemand gegen Xena behaupten konnte."

Das Punkermädchen hielt weiterhin ihren Blick auf die Businessfrau gerichtet.

„Und wie viel war ich ihnen wert?"

Die Gräfin schüttelte ihren Kopf.

„Nein, Thao, das geht jetzt zu weit. Ich ärgere mich sehr darüber, dass du das erfahren hast. Es gibt unserem Verhältnis eine Note, die dieses nicht verdient hat. Du trägst weder ein Brandmal noch einen Sklavenring um Deinen Hals und meine Damen können jederzeit gehen, wenn es ihnen in meinem Haus nicht mehr gefallen sollte. Ob nun Sub oder Dom spielt dabei keine Rolle."

Thao starrte die Gräfin weiterhin an. Die Frau, die ihr gegenübersaß, schien aalglatt zu sein. Sie bot keine Angriffsfläche und das Mädchen musste sich gegen die charismatische Ausstrahlung dieser Frau zur Wehr setzen.

„Es versaut die Menschen, wissen Sie das?"

„Was meinst du?"

„Diese ganze SM-Scheiße, im Atelier oder auch hier. Ich hasse mich dafür, dass ich mich so leicht von euch habe anfixen lassen. Es macht einen kaputt, schauen sie sich doch selbst an!"

Thao stand auf und wandte sich zur Tür. Sie wollte nur noch raus aus diesem Haus.

„Sie mögen reich geworden sein, aber trotzdem wirken sie arm und jämmerlich auf mich. Sie versuchen, nett rüberzukommen, aber Ihnen fehlt die Wärme dabei. Sie scheinen das Menschliche irgendwann verloren zu haben. Und wissen Sie was? Es kann nicht mein Ziel sein, genauso zu werden, wie Sie es geworden sind."

Die Gräfin stand auf und kam langsam um den Schreibtisch herum. Thaos Worte hatten sie getroffen, sie schien, um ihre Beherrschung ringen zu müssen.

„Setz dich wieder! Du kannst so etwas nicht behaupten, ohne dass ich mich dazu rechtfertigen darf, Thao."

Sie deutete auf den Sessel.

„Los! Setz dich wieder hin!"

Die Punkerin zögerte, gab dann aber dem Drängen der Gräfin nach. Die aber ging wieder zurück auf die andere Seite es Tisches, öffnete eine weitere Schreibtischlade und holte eine Brieftasche hervor, die sie dem Mädchen reichte.

„Öffne sie! Sieh dir die Fotos an, Thao! Das ist meine Familie, mein Mann, meine beiden Kinder und ..."

Sie lächelte und zeigte dem Punkermädchen ein weiteres Foto.

„... siehst du, sogar eins von unserer Katze ist dabei."

Sie stand auf, ging um den Schreibtisch herum und setzte sich zu Thao auf die Armlehne.

„Ich trenne das Geschäftliche vom Privaten ganz strikt, Thao. Ohne Wenn und Aber! Außer dir habe ich niemandem vorher etwas davon preisgegeben."

Sie zögerte.

„Du hast recht, man braucht eine gewisse Stärke, um sich aus dieser Szene wieder zu lösen, klare Prioritäten, damit man von dieser Welt nicht vereinnahmt wird. Aber wenn man etwas hat, das einen in der Normalität hält, gelingt es ganz gut. Thao, ich kann deine Angst verstehen und ich werde auch nicht versuchen, dich umzustimmen. Nur verleugne dich nicht! Das ist es nämlich, woran man kaputtgehen kann. Du wirst niemals normal sein, weil du es nie gewesen bist. Jedem Menschen, der hier arbeitet oder uns besuchen kommt, geht es ähnlich."