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Thao II - Teil 14

Geschichte Info
Konfrontation.
12.2k Wörter
4.68
4.7k
1

Teil 41 der 48 teiligen Serie

Aktualisiert 06/09/2023
Erstellt 09/23/2019
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Unerwartetes Gespräch

Unter der Mauer, auf der sie sich niedergelassen hatte, wurde hektisches Hecheln laut, gefolgt von dunklem Kläffen. Attila sprang an der Mauer hoch, stellte sich gegen deren verwitterte Steine und versuchte tatsächlich, zu Thao hinaufzukommen, wobei er unentwegt heftig mit seinem Schwanz wedelte. Sie lachte, rutschte vom Mauersims hinunter und ließ sich von dem kräftigen Rüden ausgiebig begrüßen.

„Du, Gerd?!? Eigentlich hatte ich mit Blondie gerechnet."

Xenas Partner schlenderte lässig heran, beugte sich unter einem tiefen Ast durch und umarmte die Freundin, nachdem er die letzten Schritte auf sie zu gemacht hatte. Er wirkte müde, wahrscheinlich war er gerade von der Arbeit gekommen.

„Hast dir einen schönen Platz gesucht, hier habe ich auch schon gesessen."

Thao lächelte und zeigte Anstalten, wieder auf den Mauersims zu steigen.

„Magst dich zu mir setzen?"

Gerd überlegte kurz, dann folgte er ihr. Er war sportlich und geschickt, wie Thao bemerkte, von daher passte er gut zu seiner Frau.

„Was hast gemacht? Nachgedacht?", fragte er sie, während er sich eine bequeme Sitzhaltung suchte.

„Einem Freund geschrieben."

„Diesem Karl?"

Thao blickte ihn erstaunt an.

„Hat dir Xena von ihm erzählt?"

Gerd nickte.

„Muss dir nicht unangenehm sein, sie ist ziemlich beeindruckt von ihm. Ich bin fast eifersüchtig geworden."

Thao wischte sich eine Strähne aus dem Gesicht und beobachtete nachdenklich den Hund zu ihren Füßen.

„Nein, war nicht Karl. Ich bin auch ganz froh darüber. Ich glaube, da ist nicht mehr viel zwischen uns, auch wenn er das im Moment anders sehen mag."

Gerd schien ihr nicht wirklich zu glauben.

„Xena hat mir erzählt, dass ihr ziemlich gut zusammengepasst habt. Und so ganz sicher bist du dir da noch nicht wirklich, oder?"

Verhalten schüttelte Thao den Kopf.

„Hast recht. Ich wäre es aber gerne. Die ersten paar Jahre waren schön, dann gab es aber immer mehr Kleinigkeiten, an denen wir uns so lange gerieben haben, bis von dem, was uns einmal verbunden hat, nicht mehr viel übrig geblieben war. Zumindest bei ihm nicht. Es ist die Hölle, wenn man spürt, dass man einen Menschen, den man über alles liebt, verliert und es trotz aller Bemühungen nicht verhindern kann."

„Es gibt da keine Sicherheit, Thao. Egal, wie gut man sich kennt, oder wie lange man zusammenlebt. Ich spüre das bei Xena und mir auch und es bereitet mir eine Heidenangst, dass es uns irgendwann ähnlich ergehen könnte wie dir und Karl."

Thao legte Gerd ihren Arm um die Schultern. Er störte sich nicht daran und blickte unsicher zu ihr rüber..

„Dann seid ihr wenigstens zu zweit."

Gerd zögerte, dann presste er seine Frage regelrecht heraus.

„Hat dir Xena von unserem Streit erzählt?"

Thao hatte nun die Gewissheit, dass sie sich nicht zufällig hier getroffen hatten, dennoch wollte sie ihm die Antwort nicht schuldig bleiben.

„Ja, hat sie."

„Ich glaube, es ist immer noch nicht ausgestanden. Selbst jetzt, wo Magas Hof nicht mehr in direkter Gefahr ist. Mir erscheint das so absurd. Jahrelang war die Domina kein Thema mehr für sie und jetzt fängt sie plötzlich wieder davon an. Ich verstehe das einfach nicht."

„Du hast sie dir doch zurückgewünscht, oder habe ich da etwas falsch verstanden?"

Gerd wurde rot, Thao hatte ihn eiskalt erwischt.

„Nein, das ist schon richtig, aber ..."

„Auch sie wird nicht nur Negatives mit ihrer Vergangenheit verbinden, Gerd. Das ist doch völlig normal. Sie war in ihrem Geschäft erfolgreich, wurde von vielen Menschen als etwas ganz Besonderes hofiert und fühlt sich jetzt, wo ihre Rolle auf Mutter sein und Hausfrau beschränkt ist, nicht ausgelastet. Mir würde es da nicht anders gehen und dir wahrscheinlich auch nicht, nur haben wir eben Alternativen, sie allerdings nicht."

„Sie muss doch deshalb nicht als Domina arbeiten. Es gibt genügend andere Jobs. Das kann doch kein Grund sein."

„Du weißt, wie viel sie früher in welcher Zeit verdient hat?"

Gerd wurde unsicher.

„Nicht genau. Wenig war es aber nicht, das mag stimmen."

„Sie hätte dann auch die Sicherheit, dass sie keinen von euch vernachlässigen müsste."

„Scheiße, Thao. Worüber reden wir hier eigentlich? Hast du jemals gesehen, wie kaputt sie nach einer ihrer Sessions war? Wie oft sie selbst mir ihrer Rolle gehadert hat? Wie schwer es ihr nach einer harten Sitzung fiel, sich selbst noch etwas Menschliches zuzugestehen? Sie hat nicht nur ihren Kunden oder mir Angst gemacht, sondern vor allem sich selbst. Das darf nicht wieder passieren, das würde alles, was uns wichtig ist, zerstören."

„Hast du ihr das so gesagt?"

Gerd schüttelte den Kopf.

„Solltest du aber. Das ist etwas, was sie sofort nachvollziehen können wird, Gerd. Sie hat mir erzählt, wie schwer sie dir gegenüber in die Rolle der Gebieterin oder Herrin findet, wie stark dein Einfluss auch dann noch auf sie ist, wenn du als ihr Sklave vor ihr kniest. Sie liebt dich und die Kleine grenzenlos und würde das nie gefährden. Ich würde ihr da etwas Vertrauen schenken."

„Und wenn es irgendwann rauskommt?"

„Sie muss einfach nur vorsichtig sein. Es gibt da durchaus Möglichkeiten."

„Ich muss die Gewissheit haben, Thao, sonst kann ich es nicht zulassen. Das, was du erlebt hast, spricht doch Bände. Und wir als Familie würden regelrecht massakriert werden, allein schon wegen der Kleinen."

Schweigend saßen sie eine Weile auf der Mauerkrone, während Attila vor ihnen seine Nase durch das Gelände schob. Ab und an blickte er zu den beiden hinauf, dann folgte er auch schon der nächsten Fährte.

„Xena war früher ganz anders. Es ist komisch, aber ihre Wirkung war eine ganz besondere. Herrisch, kalt und abweisend, hochnäsig, in ihrem ganzen Auftreten pure Arroganz und Überheblichkeit. Und wenn sie mir gegenüber dann ihre weiche Seite zeigte, die Frau, die wir heute als so selbstverständlich sehen, dann kam es mir vor wie ein Geschenk, das sie mir machte. Niemanden sonst, mir allein."

„Dafür hast du aber vorher auch ganz schön den Arsch voll bekommen, oder?"

Gerd erblasste augenblicklich.

„Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, ein Glück für mich, aber ich wäre teilweise gerne vor lauter Schmerzen aus meiner Haut gefahren. Wenn sie mich nicht so zuverlässig abgeholt hätte und wir nicht so leidenschaftlich miteinander umgegangen wären nach solchen Momenten ..., ich hätte es nicht ausgehalten, auch für sie nicht."

„Suche mit ihr zusammen nach einer Lösung, Gerd. Ich helfe euch gerne dabei und sie sieht dann, dass du bereit bist, für sie über deinen Schatten zu springen. Sie verbiegt sich ständig für andere, das kann auf die Dauer auch bei ihr nicht gut gehen. Das habe ich an mir selbst gemerkt. Man findet irgendwann seine Grenze."

„Wie meinst du das?"

Thao suchte nach den richtigen Worten.

„Ich habe, bevor ich mit Karl zusammengekommen bin, eigentlich immer mein eigenes Ding durchgezogen. Ich war nicht gerade die Gesellige, sag ich dir, und sicher auch ziemlich anstrengend, aber mir hat auch keiner reingepfuscht in mein Leben oder versucht, Einfluss darauf zu nehmen. Zumindest nicht lange."

Sie lachte heiser.

„Mit Karl hat sich das geändert. Ich wollte ihm ein Stück entgegenkommen, genauso wie später dann meinem Chef, den Kollegen, seinen Freunden, aber ich habe auch immer mehr etwas von mir selbst dabei aufgeben müssen. Zum Teil war das okay für mich, aber jetzt, wo ich wieder alleine bin und keine Rücksicht mehr auf jemanden nehmen muss, spüre ich einfach, wie sehr ich mich in vielen Dingen verleugnet habe."

„Auf der anderen Seite bist du aber auch Domina geblieben, Thao, und Karl hatte es widerwillig akzeptiert. Also hat auch er sich verbogen, wie in vielen anderen Dingen auch. In einer Partnerschaft gehört das einfach dazu."

„Blondie hat ja einiges losgelassen."

Gerd bejahte.

„Ich hoffe, du nimmst es ihr nicht übel."

Sie winkte ab. Es gab da nichts, was sie vor Gerd hätte verheimlichen wollen.

„Bis zu einem gewissen Punkt hat ihm SM ja auch Spaß gemacht. Ich denke, was das Vögeln betrifft, haben wir uns überhaupt nicht beschweren können. Und Xena und du sicherlich auch nicht."

Gerd lachte.

„Nein, das stimmt."

„Also gibst du Xena eine Möglichkeit?"

Gerd wurde sofort wieder ernst.

„Versprechen werde ich jetzt nichts, aber wir können das Ganze einmal gedanklich durchspielen."

„Das ist doch schon viel. Blondie wird sich sehr darüber freuen, wirst sehen."

Gerd sah sie mit einem merkwürdigen, prägnanten Blick an, dem Thao unsicher begegnete.

„Was guckst du denn jetzt so?"

„Du bringst hier ganz schön viel frischen Wind rein, Thao. Du siehst, wie nötig wir den hier alle haben ... Danke."

Die junge Frau winkte ab, hob ein welkes Blatt von der Mauerkrone auf und begann damit zu spielen, indem sie es an dessen Stiel drehte.

„Da ist schon eine gesunde Portion Egoismus dabei, Gerd. So komme ich nämlich selbst besser zur Ruhe, weißte?"

„Das mit Romy hast du dir gut überlegt?"

Thao nickte.

„Ich will einfach, dass sie hier mal rauskommt, Gerd. Ich hatte früher ein Scheißverhältnis zu meiner Mutter, überhaupt zu Menschen. Vielleicht tickt Romy da ähnlich."

„Bei der Kleinen kommen mir manchmal unschöne Gedanken. Ich habe da die eine oder andere Schublade, in die sie gut passen würde."

„Welche meinst du?"

Gerd winkte ab.

„Sie ist noch ein Kind, Thao. Vergiss bitte, was ich gesagt habe."

Beinahe eine Stunde lang saßen die beiden noch auf der Mauerkrone und unterhielten sich über Gott und die Welt. Gerd erzählte Thao auch von seinem Bruder und seinen Eltern, die eigenwillige Freundschaft zu Erthan und wie sehr Xena seine Welt damals als Domina beeinflusst hatte. Auch Agnes und Ruppert erwähnte er, wenngleich seine Freundschaft zu den beiden eine seltsame Richtung genommen hatte. Rupperts Begegnung mit Clara verschwieg er allerdings, weder er selbst, noch alle anderen Beteiligten wollten daran erinnert werden.

„Eine 24/7-Beziehung?", staunte Thao.

„Ich hätte nicht gedacht, dass man so etwas tatsächlich leben könnte.", setzte die junge Frau nach.

Gerd schien ihre Meinung zu teilen.

„Die machen mich beide bekloppt damit. Agnes dominiert Ruppert so konsequent, dass er wirklich nur noch ihr Schoßhündchen ist, im wahrsten Sinne des Wortes."

Thao lachte heiser auf bei dieser Vorstellung.

„Aber was soll ich tun? Er liebt sie abgöttisch und ist ihr vollkommen hörig. Tja ... und sie scheint ihn zu lieben und hält ihn konsequent unter ihrer Fuchtel."

„Wenn es sie glücklich macht, Gerd. Mein Fall wäre es nicht."

Gerd stimmte ihr zu.

„Hätte mir Xena nicht immer gezeigt, dass ihr auch meine normale Seite wichtig ist, hätte ich mich niemals auf eine derartige Konstellation eingelassen. Auch wenn ich ab und an die Fantasie als solche ganz erregend finde."

Da Gerd seinen Gedanken nicht weiter ausführen zu wollen schien, hakte Thao nach.

„Du vermisst etwas an Xena, stimmt´s?"

Gerd schien Thaos Feststellung unangenehm zu sein. Er nahm sich jetzt ebenfalls ein Blatt und spielte damit auf ähnliche Weise wie Thao mit dem ihren. Seine Gesichtszüge waren angespannt, genauso sein Körper, der von einem Moment auf den anderen völlig steif geworden war.

„Ahhhh, wie sage ich es nur, ohne dass es so blöd klingt?"

Da Thao gespannt auf seine Erklärung wartete, kam Gerd aus dieser Nummer nicht mehr heraus.

„Sie ist ..."

Er warf der jungen Frau neben sich einen verzweifelten Blick zu.

„Das ist total bescheuert eigentlich ..."

Thao stöhnte und knuffte ihn hart gegen seinen Oberarm.

„Jetzt rück schon damit raus!"

„Sie ist einfach zu lieb geworden, Thao."

Thao verdrehte die Augen.

„Wie kann ein Mensch zu lieb sein? Das ist doch bescheuert."

„Du kennst sie doch schon viel länger als ich, Thao. Du weißt doch genau, was ich meine, oder etwa nicht?"

Sie war sich nicht sicher, konnte sich aber gut an die eine oder andere Szene erinnern, da Xena den Menschen ganz anders gegenüber getreten war als heute. Babybitch. So hatte die blonde Domina sie damals genannt.

„Ich glaube schon. Meine erste Begegnung mit ihr war nicht gerade die freundlichste."

„Erthan nennt sie nicht umsonst Eiskönigin. Sie hat früher wirklich so gewirkt."

„Und das ist es, was du an ihr vermisst?"

Gerd nickte.

„Tja, dann ist das noch ein Grund, warum sie wieder zu arbeiten beginnen sollte. Ist doch völlig logisch, Gerd. Solang sie hier in ihrem gewohnten Umfeld ist, muss sie sich nicht so geben."

Thao hatte recht. Gerd konnte sich noch gut an das Wochenende auf dem Gestüt erinnern. Xena hatte ungeniert die Domina zum Besten gegeben, sogar seinen Arbeitskollegen gegenüber, die munter drauflos spekuliert hatten und sich auch jetzt noch ihr Mäuler über seine Partnerin zerrissen. Sie war ihm im ersten Moment peinlich gewesen, zu deutlich hatte sie in seinen Augen ihre Rolle ihnen gegenüber gezeigt. Dabei war es doch genau das gewesen, was er sich von ihr gewünscht hatte.

„Gehen wir weiter?"

Thao deutete auf Atilla, der zu ihren Füßen an einem dicken Ast kaute.

Gerd zeigte sich einverstanden, wollte er doch mit Xena reden, je früher, desto besser.

Vor der Scheune, in der Xena und Gerd ihre Autos geparkt hatten, trennten sich ihre Wege fürs Erste. Später wollte man sich, nach dem Abendbrot, auf Xenas und Gerds Terrasse wiedersehen.

Streit

Obgleich der Tag für Thao relativ frei von körperlichen Anstrengungen geblieben war, fühlte sie sich hungrig und zudem auch ein wenig müde. Vielleicht eine Stunde hinlegen und ausruhen vor dem Abendbrot? Viel Hoffnung hatte sie nicht, dass sie von Magas Kindern in Ruhe gelassen werden würde. Vor allem die kleine Rike forderte sie immer wieder aufs Neue, meist im Gespann mit Xenas und Gerds Lieschen.

Sie stemmte die schwere Haustür auf und hörte, trotz des langen Ganges, lautes Geschrei, Weinen und Schimpfen. Unsicher zog sich Thao die Stiefel aus, schlüpfte in ihre Hausschuhe und hängte ihre Jacke an die Garderobe. Sie wollte Zeit schinden, in der Hoffnung, dass sich die Wogen in der Zwischenzeit wieder glätten würden. Maga und Ruth waren zu hören, Thomas, vor allem aber Romys und Rikes Weinen.

„Xena?!? Was ist denn passiert?"

Die große Blondine kam ihr entgegen, doch ihr Gesicht zeigte keinerlei Regung. Ohne ein Wort oder auch nur das geringste Anzeichen der Kenntnisnahme ging sie an Thao vorbei und verließ das Haus.

„Scheiße, was ist hier nur los, verdammt?"

Völlig verunsichert blickte Thao ihrer Freundin nach, blieb eine Weile stehen, unschlüssig, ob sie weitergehen wollte. Das Geschrei war nicht abgeflaut, im Gegenteil, es schien noch lauter geworden zu sein.

Thao hätte sich am liebsten am Wohnzimmer vorbeigedrückt, aus dem ihr der Lärm entgegenschallte, doch Margarete kam ihr zuvor. Die Mutter hatte ihre Tochter am Oberarm gepackt und zog sie hinter sich her. Das Mädchen warf Thao im Vorbeigehen einen hilfesuchenden Blick zu, doch die junge Frau konnte sich, ohne zu wissen, was vorgefallen war, unmöglich einmischen. Zumal Margarete sie in diesem Augenblick ebenso ausklammerte wie zuvor Xena.

„Was ist denn passiert?"

Thomas´ Blick war starr auf den Fernseher gerichtet, während Ruth versuchte, ihre kleine Schwester zu beruhigen, die herzzerreißend weinte.

„Was schon? Die Gestörte ist wieder ausgerastet."

Thao wusste nicht, ob sie nachfragen durfte, warf aber Ruth einen eindringlichen Blick zu, um sie zu sich auf den Gang hinaus zu locken. Das Mädchen durchschaute Thaos Ansinnen sofort, löste sich widerwillig von Rike, verließ das Wohnzimmer und schloss die Tür hinter sich.

„Habt ihr gestritten?"

Ruth verneinte.

„Nein, dieses Mal war Sören dran. Glaub mir, Thao, du willst nicht wissen, was sie losgelassen hat."

„Jetzt erzähl schon! Ich will nicht dumm sterben, vor allem dann nicht, wenn ich eine Woche mit der Kleinen verbringen möchte."

„Das ist ungerecht, Thao. Ich habe dich viel früher ..."

„Ruth!"

Magas Älteste schwieg beleidigt.

„Du willst also wissen, was die Bekloppte getan hat? Sie hat Sören angestarrt, sich dann vor ihn hingestellt und dann mit ihrer Faust so getan, naja, du weißt schon, wie es Jungen machen, die sich selbst ..."

Ruth suchte vergeblich nach den passenden Worten.

„Verstanden. Und was weiter?"

„Sie hat dabei Ttttttttthhhhhhhhhaaaaaaaaooooooo gestöhnt."

Thao schloss ihre Augen. Auch sie fühlte jetzt die Wut auf Romy in sich aufsteigen.

„Wie hat Sören darauf reagiert?"

„Er hat versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Aber sie hat ihn getroffen, das hat jeder gespürt, als er rauf in sein Zimmer gegangen ist."

Thao wollte sich abwenden und nach oben gehen, aber Ruths Mitteilungsbedürfnis hatte noch kein Ende gefunden.

„Xena ist völlig ausgetickt. Sie ist aufgesprungen, auf die Gestörte losgestürmt und jeder im Raum hat geglaubt, sie haut Romy eine runter, aber in letzter Sekunde stand sie dann vor ihr und hat sich wieder einbekommen. Krass, oder? Ich meine, wir reden hier von Xena, die kann keiner Fliege etwas zuleide tun. Ich meine, die sammelt die Spinnen von der Wand und trägt sie raus ins Freie."

Thao blickte Magas älteste Tochter verwirrt an, bekam sich aber schnell wieder in den Griff. Sie ahnte, worum es Xena ging, und würde später mit ihr reden. Sören war jetzt wichtiger. Ihre Freundin hatte Gerd, Romy Margarete, nur der junge Mann blieb mit seiner Scham und seinem verletzten Stolz allein. So ließ sie Ruth einfach stehen, nahm die alte Stiege nach oben und blieb vor Sörens kleiner Kammer stehen.

„Sören?!? Ich bin es, Thao."

Drinnen blieb es ruhig, kein Ton war zu hören.

„Kann ich reinkommen?"

„Gggggggeeeehhhhh bbbbbiiiiitttttttttttttteeeeee wwwwwwiiiiiieeeeedddddddeeeeeeeerrrrrr. AAAAAAlllllllllllllleeeeeeesssssss ggggguuuuuuuuuuutttttttt."

Thao dachte nicht daran, drückte die Türklinke und huschte in das abgedunkelte, kleine Zimmer hinein.

„Rück mal!"

Sören wollte ihr etwas entgegnen, sie wieder wegschicken, aber sie drückte seinen Körper mit beiden Händen zur Seite und legte sich neben ihn.

Die Stille im Zimmer wurde nur vom Wind unterbrochen, der draußen ins Geäst der Bäume griff. Sören atmete flach, ihre Gegenwart schien ihn immer noch aufzuregen.

Thao überlegte, warum sie das tat, weshalb sie so sehr die Nähe zu Sören suchte, es ihr bei ihm so leicht fiel, ihn um sich zu haben. Bei Steven war immer auch ein Stück Überwindung dabei. Lag es vielleicht daran, dass er nichts von ihr forderte? Sören war einfach nur da, verrichtete seine Arbeit, beobachtete, hörte zu und schwieg, abgesehen von einigen wenigen, mühsam ausgesprochenen Worten. Erstaunlich, wie wenig man eigentlich von seinem Gegenüber brauchte.

Sie lagen eine Weile nebeneinander, dann setzte sich Thao auf, nahm den linken Arm des jungen Mannes und legte ihn so, dass sie ihren Kopf darauf betten konnte. Es war schön, neben ihm zu liegen, auch Sören schien jetzt mit ihrer Gegenwart einverstanden zu sein.

Wie sehr hatte sie solch eine Nähe vermisst. Wie wichtig diese Art von Geborgenheit für sie eigentlich war. Sex war notwendig, etwas Existentielles für sie, aber das hier war etwas, das sofort Frieden schaffte, versöhnte und besänftigte. Wie ein Schlafmittel, das einen dazu zwang, endlich Ruhe zu finden.

Thao wachte erst auf, als es draußen bereits dunkel geworden war. Sie fingerte ihr Handy aus der Tasche, blickte auf das Display, es war bereits 21 Uhr vorbei. Sie erschrak, eigentlich hätte sie längst bei Xena und Gerd sein sollen. Sie wandte sich zu Sören um, doch der junge Mann hatte nicht geschlafen, sie nur schweigend beobachtet. Die wenigen Umrisse seines Gesichtes, die sie erkennen konnte, verrieten ihr nichts über seine Stimmung.

„Das ist schön, Sören."

Der junge Mann neben ihr regte sich nicht.

„Ist alles okay?", flüsterte sie leise.

Thao machte sich jetzt wirklich Gedanken. Er schien ihr gegenüber immer verkrampfter zu werden.

„Duuuuuu muuuuuuuusssssssssstttttt ddddddaaaaasssss nnnnniiiiiicccccchhhhhhhtttttt."